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Klonk! Ein Euro ins Phrasenschwein für die Überschrift – aber ich mag es einfach, wenn Hersteller ihre Produktlinien pflegen und technische Neuerungen oder Verbesserungen in ihre Produkte einfließen lassen, ohne gleich das Rad komplett neu zu erfinden. So auch Cambridge Audio: Vor rund einem Jahr durfte ich den Netzwerkspieler CXN V2 testen, und nach dem Test verblieb er als neue Preisklassenreferenz gleich in meinem Setup. Hier und heute nehme ich mir nun den frisch aufgelegten Nachfolger Cambridge Audio CXN100 zur Brust. Optisch sieht man fast keinen Unterschied zu unserem letztjährigen Probanden, doch unter der Haube wurde ordentlich aufgerüstet.
Um nicht redundant zu werden, verweise ich, was die grundlegenden Talente und Features des Cambridge CXN100 angeht, auf meinen Testbericht zum CXN V2 und gehe in diesem Test in erster Linie darauf ein, was technisch neu ist, ob sich das auch im Hörraum bemerkbar macht – und wenn ja, in welcher Form. Doch schön der Reihe nach!
Die technischen Neuerungen am Cambridge CXN100
Lecker Chips
Geblieben ist das Konzept des Netzwerkspielers mit optional aktvierbarer Lautstärkeregelung, der auch als DAC und/oder reine Streaming Bridge nutzbar ist. Die wichtigste Neuerung betrifft den Wechsel des Chipsatzes. Im Cambridge CXN V2 besorgte ein dualer Wolfson-WM8740-Chipsatz die D/A-Wandlung, im CXN100 hingegen werkeln zwei ES9028Q2M von ESS Sabre. Das habe – so sagt mir Cambridge-Audio-Spezialist Malte Ruhnke – nicht nur einen gewissen Einfluss auf das Klangprofil, auch rein technisch glänze der ESS-Flaggschiff-Chip mit verbesserten Leistungsdaten, allen voran einer höheren Bitrate von bis zu 32 Bit (gegenüber 24 beim Wolfson-Wandler) und einer höheren Samplerate von maximal 768 kHz gegenüber 384 kHz beim Vorgänger.
Pegeln ohne Poti
Ebenfalls neu ist das Prinzip der – auf Wunsch abschaltbaren – Lautstärkeregelung: Wurde diese im CXN V2 über einen separaten Chip sichergestellt, gestattet die höhere Wortbreite der ESS-Chips im Cambridge CXN100 eine verlustlose und fein abgestufte rein digitale Lautstärkeregelung direkt im Wandlerchip, es kann also prinzipiell eine Stufe im digitalen Signalweg entfallen. Nun gut, es gibt natürlich Puristen, die generell eine digitale Lautstärkeregelung ablehnen und dafür auch gute Gründe anführen – aber auf der anderen Seite bringt ja auch eine analoge Regelung via Potenziometer ihre Nachteile mit sich. Ein Poti ist und bleibt nun mal ein mechanisches Teil mit Verschleißerscheinungen – hier können auf lange Sicht Störungen des Kanalgleichlaufs oder auch ein „Kratzen“ bei stärkerem Alterungsprozess auftreten. Irgendwas ist halt immer – und natürlich kann man in einem Gerät für knapp über 1.000 Euro kein ausgefeiltes Widerstandsnetzwerk oder eine komplette Muses-Lösung verlangen, wie es andere Hersteller anbieten.
(Un)praktsich
Neu beim Cambridge CXN100 ist auch, dass der USB-A-Port zum Anschluss von Speichermedien, der bisher an der Frontplatte angebracht war, nun auf die Gehäuserückseite verbannt wurde. Freunde des geradlinigen Designs werden dies goutieren, wer hingegen häufiger mal einen USB-Stick mit digitalen Musikdaten ein- und ausstöpseln möchte, dürfte das vielleicht etwas unpraktischer finden. Dafür zeigt Cambridge Audio nun ein Herz für alle diejenigen, die Musik per Bluetooth zuspielen möchten: Eine entsprechende Empfangseinheit ist jetzt fest im Gerät verbaut, während man beim CXN V2 hierfür einen zusätzlichen USB-Dongle aufpreispflichtig ordern musste.
Mehr aufm Schirm …
Zu guter Letzt spendierten die Entwickler dem Cambridge Audio CXN100 ein höher auflösendes, kontrastreicheres und geringfügig größeres Farbdisplay, das gegenüber dem Vorgänger mit einem guten halben Zentimeter mehr „Bildschirmdiagonale“ aufwartet. Keine wirklich dramatische Veränderung, könnte man meinen, aber tatsächlich begrüße ich die verbesserte Brillanz und die damit ebenfalls verbesserte Ablesbarkeit aus größeren Entfernungen.
Eine kleine Meckerei darf ich dann doch noch verlauten lassen: Schade, dass Cambridge Audio die Modellpflege nicht dazu genutzt hat, dem CXN100 etwas hochwertigere Gerätefüße zu verpassen. Bitte vormerken für den CXN 200 🙂
Cambridge CXN100: Klangtest und Vergleiche
Und was tut sich nun klanglich? Nun, das kommt ein bisschen auf die audiophile Einzeldisziplin an! Rein tonal gesehen begegnen sich der CXN100 und sein Vorgänger absolut auf Augenhöhe – was ich leicht per A/B-Vergleich feststellen kann, da ich mir den CXN V2 nach dem Test seinerzeit kaufte. Vom Subbass bis zum Superhochton ist der Cambridge CXN100 neutral wie ein Studiogerät – oder wie ein echter Schweizer, zum Beispiel der Merason Frérot (999 Euro).
Falls Sie anmerken möchten, dass gerade ein DAC doch eigentlich tonal immer neutral tönt, darf ich beispielsweise auf den MFE Tube DAC SE (3.990 Euro) verweisen, der im Bass- und Grundtonbereich gut gelaunt eine saftige Extraschippe drauflegt – oder auf den Vincent DAC-7, der im Subbass eher etwas zurückhaltender unterwegs ist und das mit einem raffiniert platzierten Oberbasshöcker kaschieren kann. Wie auch immer – dergleichen finden Sie beim CXN 100 nicht. Trotzdem klingt der Cambridge CXN100 zu keiner Zeit überanalytisch oder steril, sondern schlicht und einfach nach reiner Lehre. Nicht mehr und nicht weniger.
Platz da! – Die Dynamik
Was die Dynamik angeht, macht der Cambridge CXN100 gegenüber seinem Vorgänger unterm Strich einen Schritt nach vorne – und zwar sowohl in Sachen Grob- wie Feindynamik. So gibt es beispielsweise in Protomartyrs Stück „Make Way“ (Album: Formal Growth in the Desert) gleich zu Beginn einen schroffen Wechsel: Zunächst erklingen reichlich verhallte und auch etwas windschiefe Gitarren, während Frontmann Joe Casey mit Grabesstimme seinen typischen, düsteren Sprechgesang vollzieht. Nach einer knappen halben Minute schwingt die Stimmung urplötzlich um: Drums, Bass und Gitarren geben Vollgas und Casey wird richtig wütend, gellt immer wieder „Make Way!“.
Dieser für Protomartyr typische Lastwechsel vollzieht sich mit dem CXN100 mindestens so unmittelbar wie mit dem CXN V2, nun aber auch dann, wenn man die eingebaute digitale Laustärkeregelung nutzt. Das ist ein wirkliches Novum, denn im CXN V2 hatte ich schon das Gefühl, dass die Dynamik (leicht, aber spürbar) an Qualität einbüßt, wenn man mehr und mehr Richtung Linkanschlag geht.
Die Verbesserung gilt erfreulicherweise auch für die Feindynamik, insbesondere die Transientenwiedergabe: Im Ride-Song „I came to see the wreck“ (Album: Interplay) treffen wuchtiger Bass und ebensolche Drums auf sehr feinziselierte Gitarrenpickings. Dem Cambridge Audio CXN100 gelingt es, diese subtil abgestuft zu reproduzieren, auch wenn die anderen Instrumente mit ordentlich Dampf dagegenhalten. Und das funktioniert ebenso mit der „eingebauten“ Lautstärkeregelung auch bei geringen Pegeln noch sehr gut, sodass sich hier gegenüber dem CXN V2 ein handfester Mehrwert ergibt: So lautete mein Fazit beim Test des Vorgängers, dass das volle Dynamik-Potenzial des Streamingplayers eigentlich nur dann abgerufen werden kann, wenn die interne Lautstärkeregelung übergangen wird – mithin also eine separate Vorstufe notwendig ist. Das kann ich für den Cambridge CXN100 so nicht stehen lassen, denn er lässt sich ohne spürbare Klangverluste auch direkt an eine Endstufe oder Aktivbox hängen. Nicht übel!
Raumgewinn
Ebenfalls zugelegt hat nochmal die Räumlichkeit, vor allem bei Hi-Res-Dateien, was vermutlich dem höher auflösenden Chipsatz zu verdanken ist. Attestierte ich dem CXN V2 ein minimal überbreites, horizontal sehr sauber aufgelöstes Panorama mit etwas abfallender Tiefenstaffelung, so geht der CXN100 hier mehr den Weg eines echten Studiogeräts: Die Abbildungsbreite ist etwas geringer – und damit am Ende näher an dem, was auf der Aufnahme wirklich „drauf“ ist, dafür legt die Tiefenstaffelung einen erklecklichen Schritt zu. Das bringt deutlich mehr Immersion bei elektronischen Tracks, wo die einzelnen Synthie-Klänge schön fein abgestuft dem Stereopanorama zugewiesen werden – z.B. bei Slowdives „Chained to a cloud“ (Album: Everything is alive). Es macht schon richtig Spaß zu hören, wie der Cambridge CXN100 diese millimetergenau festnagelt, und zwar auch auf der Z-Achse. Von dieser „Bühnenkunst“ profitieren ebenso klassisch mikrofonierte Produktionen von Jazz über Kammermusik bis hin zu großem Orchester: Alles fächert sich realistisch breit, tief und exakt auf – so, wie ich es eigentlich nur von deutlich teureren Geräten wie dem Eternal Arts DP DAC MK2 (2.000 Euro) kenne.
Gut aufgelöst
Noch ein paar Worte zur Feinauflösung: Schon beim CXN V2 begeisterte mich angesichts der Preisklasse das Niveau der klanglichen Transparenz und Feinauflösung, selbst beim Redbook-Standard. Das ist beim Cambridge CXN100 nicht anders, wird aber bei echtem High-Res-Material nochmal so richtig deutlich: Kürzlich leistete ich mir über Highresaudio eine FLAC-192-Einspielung von Anton Bruckners Sinfonie Nr. 8, gegeben vom Cleveland Orchestra unter George Szell. Wenn das Orchester im dritten Satz nach der Exposition organisch wie die langsamen Flügelschläge eines Albatros auf- und abschwingt, während zugleich die berühmten Harfen-Arpeggios perlen, dann kann das schon mal einen metaphysischen Schauer über den Rücken – oder eine Träne talwärts – schicken.
Hier stimmt dann einfach alles: die dynamische Abstufungen, die Klangfarben, die Weite und Tiefe des Raums – und das alles für einen gerade eben vierstelligen Kostenpunkt. Respekt! Natürlich geht aber – das wissen wir Hifi-Nerds – immer noch mehr. So war beispielsweise vor einigen Monaten bei mir der SPL Diamond zu Gast, den Kollege Jörg Dames im ausführlichen Test behandelte. Dieser kann feine Texturen und Klanggespinste – zumindest im Fixpegelmodus – noch feiner ausbuchstabieren und kontrastreicher vor einem schwarzen Hintergrund abbilden, kostet als reiner DAC aber mit 2.499 Euro auch mehr als das Doppelte. Auch ein TEAC T-505X (1.999 Euro) ist dem CXN100 in Sachen Feinauflösung eine Naslang voraus, aber gleichfalls zum doppelten Preis.
Test: Cambridge Audio CXN100 | Netzwerk-Player