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Dass sich gerade in High-End-Zirkeln gewisse teils leidenschaftlich, teils geradezu dogmatisch verargumentierte Antipoden in Sachen grundsätzlicher Herangehensweisen an unser aller liebstes Hobby bilden, ist nichts Neues. Analog oder digital, Röhre oder MOSFET, aktiv oder passiv betriebene Lautsprecher, Kabelklang oder kein Kabelklang – und für eine Weile kam sogar noch diese Verkaufsförderungsaktion namens Surround hinzu, deren Ausbreitung sich aber (glücklicherweise) weitestgehend auf den Heimkinobereich beschränkt. Seit die französische Firma Devialet vor einigen Jahren ihre digitalen All-in-One-Lösungen (heute neben dem Modepüppchen „Phantom“ als „Expert Pro“-Reihe im Programm) vorgestellt hat, rollt ein neuer, meines Erachtens sich weiter verstärkender Trend auf den klassischen Highender zu.
Geräte wie die Devialets, die Naim Uniti-Modelle, der Linn Majik DSM, der Auralic Polaris und seit neuestem auch der MXA80 vom Traditionshersteller McIntosh (!) zeigen, dass Integration auch im gehobenen Qualitäts- und Preisbereich nicht beim Verbauen einer Vor- und Endstufe in einem Gehäuse aufhören muss. Angefangen bei Vollverstärkern über Receiver, CD-Receiver, Streaming-Receiver kommen nun immer mehr Geräte wie der AVM Ovation CS 8.2 (www.AVM.audio) als „Ultima Integratio“ mit WLAN-fähigem Streamingmodul, Slot-Drive-CD-Spieler, UKW-Radio, Vorstufe und Leistungsverstärker daher. Das Ganze ist in ein sehr solides und einwandfrei verarbeitetes Vollmetall-Gehäuse verpackt, das klassischen Vollverstärkermaßen entspricht und mit 13 Kilogramm Gewicht kein Handling-Problem darstellt. Nicht wundern sollte man sich allerdings, dass bei Anlieferung gute 20 Kilo den Besitzer wechseln: Der AVM Ovation CS 8.2 kommt nämlich im ultrahochwertigen Flightcase, das einen wirklich bombensicheren Eindruck macht. So soll das sein!
Ausstattung des AVM Ovation CS 8.2
Wenn ich mir so anschaue, welchen Aufwand ich jedes Mal beim Ein- oder Ausschalten meiner Kette habe, ganz abgesehen vom Kabelwust und dem für die Aufstellung notwendigen Platz für insgesamt vier Geräte plus dem Netzteil des Auralic Aries, dann erschließt sich (sicherlich nicht nur mir) der Sinn einer Komplettlösung wie der AVM Ovation CS 8.2 nach ungefähr zwei Minuten und sieben Sekunden. Nach der ersten Einrichtung (hinstellen, alle Kabel auf der übersichtlich gestalteten Rückseite anschließen, einschalten, WLAN-Verbindung einrichten, wenn gewünscht, das LAN-Kabel tut’s meistens ja auch, Eingang anwählen) dauert es gerade mal genau 42 Sekunden, bis die ersten Töne aus dem AVM kommen. Diese Wartezeit ist vor allem der Röhren-Line-Stage beziehungsweise ihrer Aufwärmphase geschuldet, die den AVM Ovation CS 8.2 vom etwas günstigeren Bruder AVM CS 6.2 unterscheidet. Letzterer beschränkt sich ausschließlich auf Solid-State-Technologie in jeder Verstärkungsstufe. Ansonsten sind die beiden Geräte eineiige Zwillinge. Als CD-Laufwerk kommt ein Slot-Drive von Teac zum Einsatz, dessen Geschichte Sie im Test des AVM Inspiration CS 2.2 nachlesen können. Das Laufwerk wurde akustisch abgeschirmt und so resonanzreduziert wie möglich im robusten Ovation-Gehäuse montiert. Die dort also hoffentlich möglichst fehlerfrei ausgelesenen Daten werden dann vom selben DAC verarbeitet wie diejenigen, die vom Streaming-Modul zufließen oder von den digitalen Eingängen zugefüttert wurden. Zu diesen Eingängen komme ich gleich, zuerst schauen wir uns den D/A-Wandler selbst etwas genauer an. Der ist nämlich ein sogenannter Quad-DAC (vier Sub-DACs und die damit verbundene kanalgetrennte und symmetrische Verarbeitung des Signals sollen den Rausch-Level niedrig halten und die Auflösung verbessern), der PCM-Signale bis zu 384 kHz/32 Bit verarbeiten kann. Auch DSD goutiert er bis zu DSD128 – allerdings nur via asynchronen USB-Eingangs, genauso wie die höchste PCM-Auflösung. Besonders clever ist, dass der gesamte DAC-Baustein als Modul integriert wurde, also im Falle eines Falles sogar ein Hardware-Upgrade mit wenig Aufwand machbar wäre. Natürlich können auch Software-Updates zum Beispiel zur schnellen Aufrüstung der Formatlesefähigkeit eingespielt werden, und zwar Over-the-Air, also aus Online-Ressourcen. Ein manuelles Aufspielen von Updates mit einem USB-Stick ist nicht mehr nötig.
Streamingseitig bietet der AVM Ovation CS 8.2 so ziemlich alles, was das Digitalo-Herz begehrt. Bis auf AirPlay, welches aber (zumindest theoretisch) ebenfalls nachrüstbar sei, so AVM-Chef Udo Besser. Andererseits braucht man, zumindest meiner bescheidenen Meinung nach, dieses Feature mit dem AVM auch dank der nativen Integration von Tidal und Qobuz nicht wirklich – ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass Nutzer des AVM Ovation CS 8.2 gerne datenreduziert von Spotify, Deezer, Apple Music & Co auf ein solches High End-Gerät streamen wollen – Perlen vor die Säue, sag ich da nur. Meine Lösung: Google Chromecast oder Apple TV am LCD-TV nutzen und per optischem Digitalkabel rein in den AVM (beziehungsweise bei mir in den Norma Audio DAC). An Formaten sind neben WAV-Dateien natürlich alle gängigen Normen dabei: MP3, WMA, AAC, OGG Vorbis, FLAC, WAV und AIFF mit bis zu 192 kHz / 32 Bit über LAN und ALAC mit bis zu 96 kHz / 24 Bit über LAN. Als Media-Server unterstützt der CS 8.2 UPnP 1.1, UPnP-AV und DLNA-kompatible Server sowie Microsoft Windows Media Connect Server (WMDRM 10). Dazu kommt der Airable-Webradio-Service mit automatischer Netzwerkkonfiguration. All das lässt sich wirklich intuitiv und einfach mit der robust laufenden AVM-App (kostenlos erhältlich zum Download auf Tablets und Smartphones im Google Playstore und im Apple App-Store) bedienen und problemlos verwalten, inklusive des Zugangs zu den genannten Streamingdiensten.
An „klassischen“ digitalen Eingängen herrscht ebenfalls kein Mangel. Ein S/PDIF-Coax-Input, zwei optische Eingänge und wie bereits angedeutet ein asynchroner USB-Eingang stehen bereit, um die Datenströme an den Quad-DAC weiterzuleiten. Digital raus geht’s übrigens auch: Je ein Coax- und optischer digitaler Ausgang stehen bereit, sollte man einem externen Wandler Daten zuspielen wollen. Auf der analogen Seite finden sich zwei Eingänge, unsymmetrisch mit Cinch und symmetrisch mit XLR ausgeführt. Was den AVM Ovation CS 8.2 dann endgültig zum Alleskönner macht, sind seine drei Ausgangspaare: Das XLR-Buchsenpärchen ist lautstärkegeregelt, ebenso das Cinchbuchsen-Paar. Ein zweites Cinch-Pärchen gibt einen fixen Pegel aus, so dass zum Beispiel ein externer Prozessor oder ein Kopfhörerverstärker ins Spiel kommen können – eine Option, die ich bei meiner Norma Audio SC-2 durchaus vermisse. Was fehlt? Nun, für mich als Tester nicht ganz unerheblich wäre ein Endstufeneingang (okay, man kann natürlich einfach einen Eingang auf „Fix“ setzen), so dass ich auch mal einen Vorstufentest durchführen könnte. Aber in der Praxis dürfte eine solche Funktion von 99,9% der Kunden sowieso nicht genutzt werden.
Das Kraftwerk des AVM Ovation CS 8.2
Auch die Endstufe im AVM CS 8.2 hat es ganz schön dick hinter den Ohren. Es gibt sicher nicht wenige HiFi-Fans, die AVM besondere Kompetenz im Endstufenbereich zusprechen, und das hat gewichtige Gründe: So sind zum Beispiel Endstufen-Titanen wie die Ovation SA 8.2 oder Ovation MA 8.2 auf Messen gerne genommene und gehörte Spielpartner selbst für die größten und anspruchsvollsten Lautsprecher. Sie klingen hervorragend und sind absolut stabil unter allen Bedingungen. Nicht zuletzt aber haben bezahlbare Power-Briketts wie die Class-D-Monos Evolution MA 3.2 einen entsprechenden Ruf gefestigt. Diese kleinen Endstufen haben viel Kraft und Kontrolle, klingen dabei weder technisch noch spitz, sondern drücken kommentarlos und mit viel Elan im Bass. Nun besitzt der AVM Ovation CS 8.2 ebenfalls Class-D-Endstufen, allerdings mit nochmals etwas mehr Saft als die AVM Evolution MA 3.2. Statt zwei mal 420 Watt an vier Ohm liefert die Endverstärkersektion des CS 8.2 satte 500 Watt pro Kanal in vier Ohm. Mit den Endstufen in den MA 3.2 haben die Kraftwerke im CS 8.2 allerdings technisch nichts zu tun, sie sind spezifische Lösungen für die CS-Modelle und besitzen laut AVM-Chef Udo Besser einen Wirkungsgrad von 96-97%, so dass sie trotz der gewaltigen Ausgangsleistung nur minimale Wärmeverluste haben. Die entstehende Wärme kann komplett über den Gehäuseboden und die miteinander verzapften und daher schraubenlosen Seitenteile und die massive Font des AVM Ovation CS 8.2 abgeleitet werden – Kühlkörper oder sogar eine Belüftung sind damit obsolet.
Test: AVM Ovation CS 8.2 | All-In-One-Lösung