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Januar 2012 / Jochen Reinecke
„Der sieht ja aus wie ein Panzer“, sagte meine Tochter mit einer Mischung aus Neugier und Entsetzen, als ich schwitzend den 24 Kilo schweren Vollverstärker „Audreal V30“ (www.audreal.de) auf die oberste Rackebene wuchtete. Zugegeben, insbesondere mit aufgesetzten Röhren-Schutzabdeckungen wirkt der V30 wirklich bullig, kompakt und rundherum massiv.
Ein wenig relativiert sich dieser Eindruck, wenn man die schwarzen Metall-Verhüterlis abschraubt. Aber nur ein wenig, denn die vier KT-88-Röhren der Endstufensektion sind eher der Fraktion „Wonneproppen“ zuzurechnen. Im Verbund mit je einem Paar ECC83- und EN8P-Röhren, dem mittig hinten angeordneten Netztrafo sowie den zwei Ausgangsübertragern (siehe Transformator) kann sicherlich von einer vollgepackten Gehäuseoberseite gesprochen werden. Doch treten wir nochmal einen Schritt zurück: Was ist das denn nun überhaupt für ein pausbäckiges Kerlchen?
Der V30 stammt aus China und wird dort von dem Unternehmen Xindak, korrekt „Chengdu Xindak Eletronic Co. Ltd.“ gebaut. Der Hersteller ist beileibe kein Newcomer, sondern bereits seit 23 Jahren am Markt – und er darf mit einem Portfolio von mehr als 100 Produkten, darunter zahlreiche Verstärker, CD-Spieler, D/A-Wandler, aber auch Signal-, Lautsprecher- und Netzkabel, fast schon als Vollsortimenter bezeichnet werden. Für den deutschen Markt laufen die Xindak-Komponenten unter dem Label „Audreal“. Insgesamt elf Röhrenverstärker bietet Audreal an: Fünf Vollverstärker, zwei Vorstufen und vier Endstufen, davon drei in Form von Monoblock-Paaren. Der V30 ist unter den röhrenbewehrten Vollverstärkern das Spitzenmodell und kann auf recht beachtliche Eckdaten in Relation zum Preis verweisen.
Da wäre zunächst einmal die Ausgangsleistung von über fünfzig Watt pro Kanal an 8 Ohm (Push-Pull-Pentodenbetrieb, Class-AB) bei einem Klirrfaktor von weniger als 0,2 % – zumindest laut Datenblatt. Des Weiteren drei relaisgeschaltete Line-Eingänge – übrigens in Form von einzeln mit dem Gehäuse verschraubten, vergoldeten Cinch-Buchsen – sowie ein Alps-Motorpotenziometer, was impliziert, dass der V30 fernbedienbar ist. Und ebenjene Fernbedienung ist kein Universalfernbedienungs-Plastikschrott, sondern recht elegant-schwungvoll aus einem Aluminiumblock gefräst. Hinzu kommen separate 4- und 8-Ohm-Lautsprecherabgriffe, getrennte Trafo-Windungen für Vor- und Endstufenteil sowie ein Mix aus platinenbestücktem und handgelötetem Schaltungsaufbau. Statt einer zwar praktischen, bisweilen aber suboptimal arbeitenden Autobias-Schaltung bietet der V30 Trimmpotis zur Bias-Einstellung der Röhren. All dies für ausgesprochen moderate 1.590 Euro. „Wo ist denn da der Haken?“ – das war zugegebenermaßen die drängende Frage, die mir spontan durch den Kopf schoss, als ich den V30 erstmals sah.
Nachdem ich den Pfundskerl dann im Rack stehen hatte und meine unteren Lendenwirbel schlechtgelaunt zwickten, war zumindest schon mal eines klar: Das Ding ist keine Luftnummer. Haptik und äußere Verarbeitung überzeugen, das Teil wirkt solide wie ein Trumm beziehungsweise der eingangs erwähnte Panzer. Drei Knöpfe an der Front: Mittig das bereits erwähnte, schön sämig laufende Alps-Motorpoti. Zur Linken ein „harter“ Netzschalter, zur Rechten ein ebenso solider Taster für das Durchschalten der drei Line-Eingänge. Auf der Rückseite hat’s drei Cinch-Hochpegeleingänge, 4- und 8-Ohm-Lautsprecheranschlüsse sowie den Netzanschluss. Basta.
Test: Audreal V30 | Vollverstärker