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Quasi nebenan bietet der Teufel-Stand (www.teufel.de) mit seinem rauen Street-Design ein echtes Kontrastprogramm zum kühlen, durchgestylten Auftritt von Yamaha. Beim mittlerweile richtig großen Berliner Hersteller freut sich ein bestens gelaunter Mitarbeiter ganz offensichtlich über den Sound aus den grundlegend überarbeiteten Teufel Stereo L (sieht so aus, als ob man da noch Platz in der Hierarchie für ein „XL“ ließe …) für 1.800 Euro das Paar. Im Gegensatz zum direkten Vorgänger (siehe Test) besitzen die Neulinge jetzt die Definion-Koax-Treiber im Mittel-/Hochton, sind Bluetooth-fähig und haben Kurzwahltasten für Play, Pause und Skip auf der Lautsprecherfront.
Ein kurzer Hörcheck der im Spätherbst erhältlichen Lautsprecher sorgt selbst unter widrigen Messebedingungen für ein breites Grinsen bei tiefbassverliebten Hörern, die es auch gerne mal krachen lassen – und dabei eine exzellente Räumlichkeit genießen wollen. Ich bin gespannt!
Eher ruhiger geht es bei Beyerdynamic (www.beyerdynamic.de) zu, denn hier hört man, klar, mit Kopfhörern. Der Star der Show ist definitiv der neue Aventho Wireless, ein sehr schicker und verdammt gut verarbeiteter geschlossener On-Ear, der im Spätherbst für 449 Euro in den Regalen stehen soll. Wireless alleine reicht heute wohl nicht mehr, aptX ist Pflicht, aber Beyerdynamic setzt mit dem Qualcomm aptX-HD-Standard noch einen drauf und streamt so auch 48 kHz/24 Bit LPCM-Daten über Bluetooth.
Aber damit nicht genug: Mit dem neuen MIY (Make It Yours) App-Konzept kann der Hörer zum Beispiel das Touchpad seines Aventho Wireless in der Sensitivität einstellen und seine „Tagesdosis“ an Lautstärke ermitteln, die für das Gehör nicht abträglich ist.
Doch das eigentliche Highlight und namensgebend ist die Individualisierungsmöglichkeit auf der Klangebene: Mit einem Hörtest lassen sich nämlich der Frequenzgang und die Lautstärke genau auf die Fähigkeiten beziehungsweise Unzulänglichkeiten des individuellen Gehörs anpassen. Per Sinus-Sweep-Ton ermittelt die MIY-App die untere Hörschwelle über den gesamten Frequenzgang, natürlich für linkes und rechtes Ohr getrennt, und passt das Ursprungssignal entsprechend an. Das ermittelte Hörprofil wird auf dem Kopfhörer abgespeichert, sodass man unabhängig von der Verwendung der App in den Genuss der Klangoptimierung kommen kann. Es lassen sich übrigens zwei Bluetooth-Geräte parallel an den Aventho Wireless koppeln, sodass man gleichzeitig über die App auf dem Smartphone optimieren und von einem Player Musik hören kann.
In einem ersten Test, der sich auf Durchschnittswerte anhand des Alters stützt, macht das schon mal einen recht positiven Eindruck – ich bin sehr gespannt auf den Effekt mit meinem genauen Hörprofil.
Audio Technica (www.audio-technica.com) präsentierte auf der IFA ein echtes Kopfhörer-Schmuckstück, den ATH-ADX5000. Dieser ab November verfügbare Over-Ear spielt die Rolle des Referenz-Kopfhörers für zu Hause und soll 2.190 Euro kosten. Und wenn der erste Höreindruck nicht täuscht, wird das ein echtes Hammerteil: superpräzise in allen Frequenzen und so weiträumig und offen, wie ich es bisher von einem Kopfhörer nicht kannte. Als Klangquelle implementiert Audio-Technica einen 58 Millimeter großen Treiber mit Tungsten-beschichteter Membran schraubenlos in die aus hochsteifem Polyphenylensulfid und Glasfaser hergestellte Schallwand. Diese sitzt wiederum in einem extrem leichten, offenen Gehäuse aus Magnesium. Das wabenartige Gitter soll die Seiten des Kopfhörers komplett abdichten, sodass es nicht zu ungewollten Luftströmungen kommt.
Der Kopfhörer ist ungewöhnlich leicht und sitzt deshalb – und wegen der sehr angenehmen Alcantara-Earpads – extrem luftig auf dem Kopf. Ein 6NOFC-Kabel mit Edelstahl-Klinkenstecker liegt dem exklusiv gestylten Hardcase bei. Und weil man in dieser Preisklasse Exklusivität auch einfordern kann, wird die Seriennummer jedes Exemplars per Laser eingebrannt.
Apropos Exklusivität: Bang & Olufsen (www.bang-olufsen.com) beeindrucken auf der IFA mit einer nicht nur optisch vollendeten, sondern auch sehr klangstarken Präsentation ihrer Beolab 50 Lautsprecher. Man kann ja von Design-HiFi halten, was man will – die Dänen haben hier auf jeden Fall technisch wie ästhetisch einen echten Hingucker und Hinhörer geschaffen.
Vollaktiv mit sieben mal 300 Watt, drei 10“-Bässen, ebenso vielen Mitteltönern und mit der B&O-eigenen Acoustic-Lense-Technologie im ausfahrbaren Hochton-Pod ausgestattet, sollen die Beolab 50 bis 25 kHz hinauf- und bis auf 18 Hz hinuntersteigen (glaubwürdig nach dem ersten Hören) und über USB Daten mit bis zu 192 kHz/24 Bit abspielen können. Kabellos gehen immer noch 96 kHz/24 Bit, und analog darf man die Beolab 50 ebenfalls füttern. Mit einem Paarpreis ab 27.000 Euro sind die seit dem 8. August 2017 verfügbaren und pro Stück 61 kg schweren Lautsprecher sicherlich nicht billig, aber alleine schon wegen ihres skulpturalen Äußeren eben auch besondere Lautsprecher.
Ach ja, gegen Aufpreis lassen sich zukünftig auch die Abdeckgitter (im Standard aus Eichenholzlamellen) gegen andere Designs austauschen.
Mit einem wirklich beeindruckenden Auftritt okkupierte Harman (www.harmankardon.de) gleich den halben Funkturm-Innenhof des Messegeländes in Berlin. Neben den (wahrscheinlich) ersten Wireless-HD-Audio-Streamern der H/K-Muttermarke namens Omni 10+/20+/50+ (bis 192 kHz/24 Bit über WLAN) interessieren uns bei fairaudio natürlich vor allem die auf besten Stereoklang spezialisierten Aushängeschilder des Konzerns.
Zu Harman gehört auch der österreichische Kopfhörer-Hersteller AKG (www.akg.com), und der zeigt mit dem N90 Q einen Wireless-Kopfhörer, der in Zusammenarbeit mit Quincy Jones entwickelt wurde und die Gehörgänge des Trägers per Ultraschall vermisst. Anhand des so ermittelten Abbilds soll der Klang an die spezifischen Gegebenheiten angepasst werden. Preislich liegt der NC90 Q bei 1.500 Euro und ist ab 17. Oktober 2017 zu haben.
Da es in den letzten Jahren in Deutschland etwas still geworden ist um einige legendäre Marken aus den USA, will Harman jetzt wieder richtig durchstarten und stellt die Luxury-Sparte (Mark Levinson, Revel, Teile des JBL-Programms) komplett neu auf.
Und so zeigt die Surround-Marke Lexicon (www.lexicon.com) auf der IFA den ersten Prototypen eines AV-Receivers namens RV-6.
Mark Levinson (www.marklevinson.com) zieht die Blicke mit dem bei VPI nach strengen Spezifikationen gebauten Plattenspieler ML No. 515 auf sich. Der besitzt einen Aluminium-MDF-Sandwich als Basis sowie einen externen Motor. Der Einpunkt-Tonarm kommt zu großen Teilen aus dem 3D-Drucker und gehört zwingend zum No. 515.
Die Kombi soll noch in diesem Herbst zu Preisen ab 10.000 Euro (mit dem Ortofon Cadenza: 12.000 Euro) bestellt werden können.
Last but not least kommen wir zu einer der großen Wiederauferstehungsgeschichten der HiFi-Szene, die seit ein paar Jahren in aller Munde ist: Technics (www.technics.com) wird nicht müde, neue Geräte auf den Markt zu bringen, die einerseits Reminiszenzen an alte Klassiker sind, andererseits aber deren Qualitäten mit den neuesten technischen Errungenschaften kombinieren sollen. Nach dem Technics SL-1200 kommt nun ab Frühsommer 2018 die Neuauflage des Technics SP-10R. Ein erstes Mockup steht schon auf der IFA 2017 – kein funktionierender Prototyp, leider, denn der wird erst zur CES im Januar erwartet.
Das direktangetriebene Teil mit „extraschwerem Plattenteller“ wird es mit und ohne Zarge geben, sodass Besitzer der alten SP-10 Mk2 und Mk3 das neue Herz in ihre existierende Zarge implantieren können.
Der Technics SP-10R wird über einen neu entwickelten, kernlosen Direktantriebsmotor verfügen, der über das bereits im SL-1200G angewandte Zwillingsrotor-Antriebssystem hinaus auf beiden Seiten des Rotors angebrachte Statorspulen integriert. Auf diese Weise soll der Plattenspieler ein noch höheres Drehmoment erzeugen. Preise nennt Technics noch nicht, da noch zu viele Parameter intern ungeklärt seien. Ganz vorsichtig will man aber von „auf jeden Fall über 10.000 Euro, auf jeden Fall aber auch unter 20.000 Euro“ sprechen.
Alles in allem bot die IFA 2017 erstaunlich viel für das audiophile Herz, und zwar für Innovationsjunkies genauso wie für Traditionsbewusste. Vom High-End-Phonokabel und Retro-Plattenspieler bis zum selbsteinmessenden Kopfhörer oder vom rein passiven bis zum vollaktiven Wireless-Lautsprecher – das Herz des Musikliebhabers dürfte vor allem in Halle 1.2 sehr viel höher geschlagen haben als zuvor gedacht.
Messebericht: IFA 2017