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April 2014 / Jens Bondarenko
Neil Young spricht aus, was wir Audiophile vermutlich gern des Öfteren in die Runde rufen würden: Gebt Musik auch Klangqualität! Nun können wir uns viel Mühe geben, das Maximale bei der Hardware – also diversen Audio-Gerätschaften – herauszuholen. Wenn die Software, die Musik, dem gesetzten Qualitätsstandard nicht standhält, ist viel der Mühe umsonst.
Beim mittlerweile alltäglich gewordenen Download von Musik aus dem Internet füttern wir einen DAC, wie Herr Young meint, teils nur mit 10 % von dem, was tatsächlich im Studio produziert wurde. Damit kann uns aus den Lautsprechern eigentlich nicht viel Gutes erreichen. Besonders der Faktor „Auflösung“ spielt beim Klang einer Wiedergabekette neben der Datenkompression eine wichtige Rolle. Denn was nicht da ist, kann auch nicht gehört werden.
Ich möchte hier einige ausgewählte Dienstleister vorstellen, die uns mit Hochauflösendem in verlustlos komprimierten Dateiformaten versorgen wollen, und habe sie dafür auch gleich ausprobiert. Wir beziehen uns primär auf das sogenannte Download-to-own-System, wobei man die uneingeschränkten und unwiderruflichen, nicht übertragbaren Nutzungsrechte am Musikmaterial einmalig kauft und sie autark offline auf Datenträgern speichert (im Gegensatz zu Streaming-Angeboten).
Nun muss man allerdings auch sehen, dass sich die Bezugsquellen für digitale Musik nicht nur hinsichtlich Auflösung, Dateiformat oder Kompressionsrate unterscheiden, sondern leider auch im Mastering. Bei CD und Vinyl ist das wegen der Eigenheiten der Tonträger und Abspielgeräte naturgemäß so, werden sie doch verschieden gemastert, bekommen also vom Tonmeister unterschiedliche Klangcharakteristiken mit auf den Weg.
Spotify und iTunes, um zwei Anbieter verlustbehafteter komprimierter Musik zu nennen, greifen zum einen zu gezieltem „Mastering für die anvisierten Endgeräte“, zum anderen normalisieren sie den Wiedergabepegel, so dass Playlisten unterschiedlicher Veröffentlichungen beim Abspielen nicht permanent in der Lautstärke wechseln. Bei beiden lässt sich diese Lautstärkeanpassung im Client abschalten. An iTunes/Apple kann vom Künstler oder Studio speziell gemastertes Material als „Mastered for iTunes“ (MFiT) mit 24 Bit/96 kHz geliefert werden. Apple wandelt für den Endverkauf dann aber ins verlustbehaftete AAC-Format (Advanced Audio Coding) mit 256 kBit/s. Klanglich unterscheidet sich damit ein bei einem anderen Anbieter erworbener Track von dem bei Apple gekauften. Keiner von ihnen ist dabei zwingend besser oder schlechter.
Seit einigen Jahren versprechen Downloadservices, die zum Ziel haben, uns Hörer mit möglichst aufnahmetreuen und damit einhergehend hochauflösenden Audioformaten (High Definition oder High Resolution) zu versorgen, maximal möglichen Digitalklang. „HiRes“ heißt das Zauberwort und umfasst alle Quelldateien, die in höherer Auflösung als den bei der CD maximal möglichen 16 Bit bei 44,1 kHz Samplingfrequenz vorliegen. Gemäß des Nyquist-Shannon-Abtasttheorems (siehe Samplingrate) sind die Tracks einer CD auf Frequenzen unterhalb 22050 Hz beschränkt, CD-Player geben aufgrund zahlreicher Maßnahmen zur Vermeidung von Verzerrungen fast immer nicht mehr 20 kHz wieder.
In Aufnahmestudios wird aufgrund der sehr viel höheren oberen Grenzfrequenz von Mikrofonen und des benötigten Headrooms für Bearbeitungen mit höheren Samplingfrequenzen und Bitraten gearbeitet. Die Industrie-Standardsoftware Avid ProTools z. B. erlaubt derzeit, abhängig von der verwendeten Hardware, maximal 64 Bit und 192 kHz. Einige HiFi-DACs verarbeiten inzwischen intern 64 Bit (z. B. Antelope), lassen sich dabei aber PCM-Daten mit 24 Bit und maximal 384 kHz anliefern. Bei DSD sieht es etwas anders aus, hier ist derzeit bei DSD 512 (22,5792 MHz) Schluss – derartig codierte Musik bietet soweit ich weiß niemand kommerziell an, DSD 128 dagegen schon. Das inzwischen als Quasistandard etablierte FLAC, ALAC und WAV sind die beliebtesten Dateiformate bei PCM, DFF z. B. wird für DSD-Dateien gerne angeboten.
Eines sei deutlich gesagt: Nicht alles, was High Resolution genannt wird, ist es auch. Gerade ältere Aufnahmen, die vom Mastertape einst für die CD digitalisiert (und hinsichtlich Dynamik „verbessert“) wurden, rechnet man teils künstlich auf höhere Auflösung als die damals technisch sinnvolle hoch, natürlich ohne den geringsten Informationsgewinn. Die hier vorgestellten HiRes-Anbieter sind aber ausnahmslos seriös und sollten, so ist zu hoffen, bei Kenntnis dessen diese Tracks nicht wissentlich verkaufen. Aber ob und wie das geprüft wird, ist relativ unbekannt. Mehr oder weniger aktuelle Aufnahmen liegen produktionstechnisch gesehen aber fast sicher in mindestens 24 Bit/96 kHz oder besser vor. Details zu diesem unleidigen Thema bietet das Internet.
Der Unterschied zwischen CD-Niveau-Auflösung und HiRes ließ sich für mich sehr gut an Arvo Pärts „My Heart’s In The Highlands“ aus dem klanglich wie musikalisch feinsinnigen Album Theatre Of Voices – Arvo Pärt Creator Spiritus des amerikanischen Labels Harmonia mundi erfahren.
Else Torps Sopran und die Orgel, gespielt von Christopher Bowers-Broadbent, besitzen Tiefe, Textur, Größe, Obertöne und Transienten in audiophiler Aufnahmequalität. Zunächst hörte ich diesen Titel in 16/44,1 (ich kürze ab hier Angaben zu Bittiefe und Samplingfrequenz ab), der aber geradezu nach maximal möglicher technischer Auflösung schreit – das Wort schreien ist übrigens ein sehr schöner Kontrast zu diesem Titel. Kaufen konnte ich das Stück später in 24/88,2. Anhand dieses exemplarisch herausgegriffenen Tracks lässt sich der praktische Nutzen einer höheren Datenqualität zeigen. Bei jedem anderen Track kann das aber ganz anders aussehen, verallgemeinern will ich hier deshalb nicht. HiRes-Daten sind nicht per se oder zwingend klanglich besser.
Betrachtet man nun diese beiden Versionen des Tracks, die ein unterschiedliches Mastering (für CD/HiRes-Download) erfahren haben dürften, so sollten sich Effekte der höheren digitalen Auflösung zeigen. Höhere Bitraten ermöglichen theoretisch eine höhere Dynamik, 88,2 kHz Samplingfrequenz einen Frequenzgang bis maximal 44100 Hz, abzüglich Spielraum für Anti-Aliasing-Filter effektiv also circa 40000 Hz. Wozu man diese Filter benötigt, habe ich in meinem Artikel über Grundlagen audiobezogener Digitaltechnik beschrieben.
Für den folgenden Vergleich habe ich einen circa 10-sekündigen Ausschnitt der LowRes- und HiRes-Variante des Tracks betrachtet, um nicht nur eine Momentaufnahme zu vergleichen. Das Rauschen war innerhalb dieser 10 Sekunden beispielsweise konstant.
Die geringer aufgelöste Version hat einen höheren Gesamtpegel (oben, blau) und der Rauschteppich liegt um circa 20 dB höher als bei der HiRes-Version. Zudem fällt das Frequenzspektrum ab 10 kHz schneller ab. Bedingt wird Letzteres durch Eingriffe beim Mastering, nicht durch das verfügbare Frequenzspektrum bei gegebenen 44,1 kHz Samplingfrequenz. Die HiRes-Variante zeigt Frequenzen bis knapp 40 kHz (links unten im Bild), kurz zuvor stark abfallend. Leichte Unterschiede gibt’s auch im Tiefton, aber 35 Hz bei circa -50 dB wollen erst mal gehört werden. Der auffällig erhöhte Rauschpegel der HiRes-Version bei circa 40 kHz zeigt meiner Ansicht nach Filtereffekte.
Meine (Hör-)Erfahrung ist insgesamt, dass HiRes-Varianten eines Tracks oft das natürlichere Mastering aufweisen und damit lebensechter klingen. Praktisch hängt ein Klanggewinn gegenüber LowRes allerdings vom Ausgangsmaterial ab und von der Qualität der verwendeten Technik beim Digitalisieren beziehungsweise Recording.
Im Falle des genannten Tracks ist über meinen hinsichtlich D/A-Wandlung nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch sehr hoch auflösenden Naim Audio DAC-V1 ein in der HiRes-Variante saubereres, natürlicheres Klangbild mit besserer räumlicher Ausleuchtung bei gleichzeitig höherer Durchsetzungsfähigkeit einzelner Klangquellen wahrnehmbar. Doch genug davon, sehen wir uns die Services im Einzelnen an!
Computer-Audio: Übersicht über High-Resolution-Download-Portale