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Mitte Oktober war es so weit: In der Heidelberger Innenstadt feierte das „Headphone Camp“ Premiere. Im Rahmen eines stilvollen Ambientes fanden sich in einem 600 Jahre alten Kreuzgewölbekeller Freunde sämtlicher Kopfhörer-Fraktionen zum entspannt-ambitionierten Hörgenuss ein. Und zu Recht lässt sich behaupten, der Kopfhörer-Aficionado sei ein Mensch, der Gutes in mehrerlei Hinsicht (akustisch wie kulinarisch) zu schätzen weiß. Da wollte der fairaudio-Redaktionsgesandte natürlich unbedingt dabei sein.

Schließlich finden derartige Events nicht jeden Tag und auch nicht an jeder Ecke statt. Zum ersten „Headphone Camp“ hatte die in Heidelberg residierende, von Thomas Halbgewachs geführte  Headphone Company (https://headphonecompany.com) nicht nur zahlreiche Kopfhörer-Interessierte, sondern auch namhafte Hersteller und Distributoren (eine Übersicht der vertretenen Marken finden Sie hier) eingeladen. Und die ließen sich nicht lange bitten, schließlich gab es neben aller Technik auch einen kulinarisch anspruchsvollen, geselligen Part des Zusammenkommens zu erleben.

Headphone Camp im Kreuzgewölbe in Heidelberg

Das Headphone Camp fand im stilvollen Ambiente eines 600 Jahre alten Kreuzgewölbekellers statt

Thomas Halbgewachs Headphone Camp

Nicht minder entspannt als die Atmosphäre auf seinem ersten Headphone Camp: Veranstalter Thomas Halbgewachs

Das Musikerlebnis per Kopfhörer setzt in der Regel eine ruhige Umgebung voraus. Kommt eine entspannt-gesellige, heimelige Atmosphäre dazu, umso besser. Und wenn sich dann anschließend auch gutes Essen, hochwertige Weine und sogar ausgesuchte Biere qua geführter Bierverkostung hinzuaddieren, dann kann man von einem vortrefflichen Abend sprechen.

Ja, mit dem „Headphone Camp – Vol. 1“ ließ sich Thomas Halbgewachs wirklich etwas Besonderes einfallen. Das eingangs erwähnte Kreuzgewölbe in der Heidelberger Innenstadt ging dabei tatsächlich als optimale Location durch. Verborgen hinter dem Tor eines unscheinbar wirkenden Stadthauses, ging es zunächst über eine steinerne Wendeltreppe eine Etage hinab. Kaum zu ignorieren: die besondere, stilvolle Atmosphäre des Raumes. Das Gewölbe selbst, großzügig geschnitten und mit heller, aber dennoch stimmungsvoller Beleuchtung sowie durchdachter Tischanordnung, bot einen idealen Rahmen für Kopfhörer-Begeisterte.

Headphone Camp

Hinab ins Camp …

Wo anfangen, wo loslegen bei so viel Auswahl? Da unmöglich alle Marken und Modelle gehört werden können, versuche ich mich mal an den Kopfhörern und Verstärkern, die ich aus audiophiler Neugier schon immer mal hören wollte sowie einigen guten „alten Bekannten“.

Mit Neugier auf Neues und Lust auf alte Bekannte: Kopfhörer & Verstärker auf dem Headphone Camp

ALO Audio Studio Six

ALO Audio Studio Six

Gleich zur rechten Hand, Tische in Form einer quadratischen Tafel. Reichlich Platz für die Fraktion der Over-Ear-Kopfhörer. An einem Kaventsmann von einem Röhrenverstärker in Gestalt des ALO Audio Studio Six (5.500 Euro) finden gleich mehrere Magnetostaten adäquaten Anschluss. Das ist bereits deswegen verlockend, weil nicht nur dieser riesige Amp, sondern auch die amerikanischen ZMF-Over-Ears in freier Wildbahn noch recht selten anzutreffen sind. Wer auf seidig betörende Röhrenwärme und wohlunterfütterte Dimensionierung der unteren Oktaven steht, der sollte dieser Paarung unbedingt mal sein Ohr leihen. Rechts davon, eines meiner persönlichen Highlights: Der erst kürzlich getestete Meze Empyrean (3.000 Euro). Ein oberreferenziöser Magnetostat, der zudem mit außergewöhnlichem Tragekomfort und progressivem Design zu überzeugen weiß.

ZMF Aleous

ZMF Aleous

Meze Empyrean

Meze Empyrean. Wundervoll

Focal (https://www.focal.com) erfreute mit dem Kopfhörerverstärker Arche (2.500 Euro) samt hauseigener Kopfhörer ebenfalls die Ohren der Anwesenden. Besonderes Schmankerl hier: Der Focal Arche stellt sich per Tastendruck mit einer optimierten Abstimmung auf den offenen Focal Clear (1.500 Euro), den Elear (999 Euro), den geschlossenen Elegia (900 Euro) oder den offenen Utopia (4.000 Euro) ein. Die von mir gehörte Utopia/Arche-Kombination klang jedenfalls sehr natürlich, luftig, transparent. Es fiel schwer, die Focal-Abteilung nach ein paar Songs wieder verlassen zu müssen, aber andere wollten diese Kombi ja auch mal hören … Hab ich etwas vermisst? Den nicht anwesenden Stellia (3.000 Euro), man hört ja so viel Gutes über ihn.

Focal Arche

Focal Arche

Der Focal Clear, im Hintergrund der Focal Elear.

Der Focal Clear, im Hintergrund der Focal Elear – beeindruckend klingende, offen konstruierte Over-Ear-Kopfhörer

Nach all den kostspieligen Highlights noch ein kleiner Kontrast-Schlenker zu den dennoch geerdet gut aufspielenden Meze 99 Classics (299 Euro) und Meze 99 Neo (250 Euro), die mich mit ihrer sonor-warmen Spielweise auch im trauten Heim regelmäßig erfreuen. Beyerdynamic-Modelle (www.beyerdynamic.de) wie der DT 1770 PRO (449 Euro) zeigen, dass mehr Auflösung durchaus geht, ohne übermäßig in helle Gefilde abzudriften. Der geschlossene Campfire Audio Cascade (760 Euro), das sei als kleine Randbemerkung erlaubt, ist ein wahres Fest für Bassfetischisten.

 Der Campfire Cascade (700 Euro)

Der Campfire Cascade (700 Euro). Ein Fest für Tieftonfans: eindeutig warm abgestimmt mit sattem, druckvollem Bass, aber dennoch überraschend klar durchzeichnend

Meze 99 Classics

Meze 99 Classics

Eine Ecke weiter präsentierten Christian Rechenbach und Carsten Hicking von Audionext (https://www.audionext.de) einige Highlights ihres Portfolios. Da wäre etwa der mobile, aber sehr kraftvolle Kopfhörer-Amp QA11 Topaz (1.680 Euro) von Woo Audio zu erwähnen.

Woo Audio Topaz 11

Kopfhörer-Amp Woo Audio Topaz 11: Wirkt etwas groß geraten für unterwegs, macht aber dank seines kraftvollen und anspringenden Klangbilds enorm Freude

Der mit um 3.500 Euro bepreiste neue Kopfhörer von Alexander Rosson, dem mittlerweile ausgeschiedenen Audeze-Mitbegründer, war ebenso dabei wie der Magnetostat Aiva des noch recht unbekannten chinesischen Herstellers SendyAudio (ca. 700 Euro). Und „oha, Achtung, Highlight-Gefahr“ hörte ich mich innerlich ausrufen, der Aiva könnte sich mit seiner recht ausgeglichenen, eher warm angehauchten, aber dennoch ausdrucksstarken und transparenten Spielweise als ein „China-Kracher“ der ziemlich positiven Art erweisen. Natürlich darf bei Audionext auch der Ether 2 von MrSpeakers (2.200 Euro) nicht fehlen, leicht zu tragen wie einer Feder und so wunderbar räumlich, dass es einem fast die Sprache verschlägt.

Rosson Audio Design RAD-0

Rosson Audio Design RAD-0

SendyAudio Aiva

SendyAudio Aiva: Ein vielversprechender, vorzüglich klingender Magnetostat aus Fernost – zudem hervorragende Verarbeitung und ein sagenhafter Tragekomfort

MrSpeakers Ether 2

MrSpeakers Ether 2. Der Hersteller hat sich jüngst in Dan Clark Audio umbenannt

Elektrostaten und das Feuer in mir …

Aber genug der Magnetostaten, ich erblickte Elektrostaten, die mit besonderer Auflösung und Transparenz gemeinhin einen besonders unmittelbaren Blick ins Geschehen bieten – und tja das Feuer in mir loderte schlagartig noch höher. Als erstes an den Ohren: Der mit 6.700 Euro im Preisschild versehene  Sonoma M1 von Warwick Acoustics (ebenfalls bei Audionext im Vertrieb) mitsamt seines passenden Treiberverstärkers. Ausdrucksstark und feingliedrig aufspielend, puuh, hoher Suchtfaktor, definitiv, mir persönlich aber zu hell.

Der Sonoma M1 von Warwick Acoustics

Sonoma M1 von Warwick Acoustics

Der zum Sonoma M1 dazugehörige Kopfhörer (Elektrostat)

Der zum Warwick Sonoma M1 zugehörige Kopfhörer (Elektrostat) und rechts daneben der SendyAudio als Beifang

Der Aperio von Warwick Acoustics

Der Aperio-Verstärker von Warwick Acoustics

Der zum Aperio zugehörige Kopfhörer

Der elektrostatische Kopfhörer des Warwick Aperio

Wem das nicht reicht, der greift zum neuen Spitzenmodell, dem Aperio. Sowohl der beeindruckende anschlussfreudige Treiberverstärker als auch die ätherische Auflösung liefern erste Hinweise darauf, dass eigentlich nur der Kopfhörer-Olymp das gesteckte Ziel sein dürfte. Ungeachtet dessen, dass vorher hierfür jedoch ein titanenhaftes Sümmchen von 25.000 Euro über den Tresen wandern sollte.

The World of Stax

The World of Stax

Bleiben wir beim Thema, denn nur ein paar Meter weiter gaben sich die elektrostatischen Kopfhörersysteme des 1938 in Japan gegründeten Herstellers Stax (Vertrieb: https://www.audiotra.de) die Ehre. Die Range der Verstärker und Kopfhörer geriet beeindruckend und dabei so, dass sich dem geneigten Hörer recht schnell das „Mehr“ an feinstofflicher Auflösung und Ausdehnung hinsichtlich räumlicher Tiefe und Weite erschloss, wenn man zwischen Stax Lambda SR-L300 (525 Euro), SR-L500 MK2 (900 Euro) und SR-L700 (1.700 Euro) verglich. Frei nach Gusto konnte auch zwischen den unterschiedlichen Stax-Treiberverstärkern gehört werden, sehr nice.

Das Spitzenmodell, der Stax SR-009S

Das Spitzenmodell Stax SR-009S

Und natürlich durfte das Spitzenmodell, der Stax SR-009S (5.250 Euro) nicht fehlen. Ein besonderes Highlight hatte Norbert Leder, sehr kompetent und außerordentlich freundlich im vertrieblichen Dienst von ATR Audiotrade unterwegs, natürlich noch zusätzlich dabei. Den neuen Treiberverstärker Stax SRM-D50, der sich mit bezahlbaren 1.350 Euro und neuem Design erfrischend von der japanisch-konservativen, seit den 80er-Jahren gehegten Einheitsschuhkarton-Formgebung abhebt.

Stax SRM-D50 (rechts) sowie die Stax-Kopfhörer SR-L 500 MK2 / SR-L700

Der neue Treiberverstärker Stax SRM-D50

Klingende Knöpfe: In-Ears

Weiter ging es in Richtung „In-Ear-Abteilung“, die sich vor der offenen Küche erstreckte und aus zwei Bereichen bestand. Hier luden sowohl Custom-Fit-In-Ears, das heißt „maßgeschneidert“ an den Gehörgang anpassbare als auch „normale“ Universal-Fit-In-Ears zum Probehören ein.

Astell&Kern Kann

Etwas klotzig, aber ein wahrer Könner: Astell & Kern KANN Cube

Während an der ersten Tischreihe fachkundige Entwickler und Produktmanager zu finden waren, fanden sich dahinter, in einer Art Lounge, unzählige In-Ears aus dem ausgesuchten Repertoire der gastgebenden Headphone Company wieder. Beispiele gefällig? Der Empire Legend (2.500 Euro) mit klarem, druckvollen Spiel. Oder der Meze Audio Rai Penta (1.100 Euro) – auf der etwas helleren Seite von neutral mit hoher Spielfreude unterwegs, machte er Lust auf mehr. Nach Lust und Laune in bequemen Sesseln sitzend, konnten all diese Preziosen entweder an mitgebrachten Quellgeräten oder an den zahlreichen Astell & Kern-DAPs in Ruhe gehört werden. Eine Erwähnung wert ist mit Sicherheit der Astell & Kern A&ultima SP2000 (3.900 Euro), der unbestritten zu den Besten seiner Zunft gehört. Erstaunt war ich dann auch vom Astell & Kern KANN Cube (1.700 Euro, demnächst im fairaudio-Test), der ziegelgleicher Optik zum Trotz nicht nur kraftvoll, sondern auch feingliedrig musiziert.

In-ear-Kopfhörer ProMission X gewöhnlicher In-Ear, teuer aber spektakulär im Klang

Der ProMission X  – ein außergewöhnlicher In-Ear, spektakulär im Klang

Für mich persönlich, der meist über Over-Ear-Kopfhörer hört, war es erstaunlich, was der In-Ear ProMission X (2.500 Euro) des deutschen Herstellers InEar (www.inear.de) klanglich an den Tag legt. Das Gehäuse besteht aus einem Hybridmaterial aus Holz und Epoxydharz. Jedes Paar wird „Made in Germany“ in Handarbeit hergestellt und vereint ganze zehn BA-Treiber. Deren Frequenzweiche wird anhand eines Referenzhörers feinjustiert, was zu durchweg gematchten Einheiten führe, so der Hersteller. Das Ergebnis? Selten hat mich ein In-Ear-Kopfhörer so aus den Socken gehauen: die Bühne, Weite und Impulsivität sind schlicht phantastisch.

Das famose Finale

Headphone Camp Weinangebot

Lustig zu beobachten war, dass sich beim für den Abend angekündigten kulinarischen Abschluss der Veranstaltung viele Anwesende kaum freiwillig von den Kopfhörern und Amps trennen wollten. Der das Bier-Tasting ausrufende Braumeister sorgte aber rasch mit einem aus der Champagner-Flasche kredenzten Bier-Gran-Cru für klare Verhältnisse. Sushi, feine Salate, eine erlesene Käse-Platte und zart gebratenes Fleisch fegten die Hörplätze vollends leer, während sich mit jedem weiteren Craft-Beer der Erfahrungshorizont des Autors angenehm erweiterte. Ja, das Headphone Camp sollte unbedingt wiederholt werden, denn neben interessanten Gesprächen und angenehmen Begegnungen erwachsen bei solchen Events auch neue Ideen, die nicht nur das Testerherz höher schlagen lassen.

Headphone Camp - das leibliche Wohl

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Lindemann Move

Über die Autorin / den Autor

Equipment

Analoge Quellen: Plattenspieler: Linn LP12, Pro-Ject Perspective Anniversary

Digitale Quellen: D/A-Wandler: Mytek Brooklyn DAC+ CD-Player: Sony CDP X-707 ES Musikserver: Innuos ZENMini MK3, Roon Nucleus Streamer: Auralic Aries Femto, Wattson Audio Emerson Digital Sonstiges: Mutec REF10 SE120 und MC-3+USB, Innuos PhoenixNET und PhoenixUSB

Vollverstärker: Cayin MT-34L

Vorstufen: Hochpegel: Sony TA-E 80 ES Phonoverstärker: Mytek Brooklyn DAC+

Endstufen: 2 x Sony TA-N 80 ES (Bi-Amping)

Lautsprecher: Kii Three, KEF LS 50 Meta

Kopfhörer: Beyerdynamic DT 1990 PRO, Beyerdynamic T1 (3rd. Gen.), HiFiMAN Deva PRO

Kopfhörerverstärker: Mytek Brooklyn DAC+

Mobiles HiFi: Astell&Kern AK 380, Chord Mojo