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Klangliches zum Primare I32 (Teil 1)

Inhaltsverzeichnis

  1. 3 Klangliches zum Primare I32 (Teil 1)

Primare I32

Nun aber endlich zu meinen Hörerfahrungen mit dem Primare I32. Beim ersten Schnelldurchgang bleibe ich erstaunlich häufig bei schrägem Zeug hängen, sei es nun Ethno-Musik vom Marie Boine, das präparierte Klavier von Herbert Henk oder auch das Mantra von Stockhausen. Wenn ich bei solchen Sachen zuhören mag, ist das meist ein Zeichen dafür, dass eine Komponente irgendetwas bietet, das mich anspricht, mir Aspekte vermittelt, die ich so noch nicht wahrgenommen habe.

Primare I32

Um in medias res zu gehen, wechsele ich von neuer Musik zu Klassik. Liszts Preludes (Georg Solti mit dem London Philharmonic Orchestra) macht mir schnell klar, dass großes Orchester ganz klar etwas für den Primare ist. Bei Klassik nehme ich meist erst den Raum wahr. Besonders beeindruckend ist es, wenn man schon bei leisen Passagen den ganzen Orchesterraum wahrnehmen kann und bereits beim ersten, leisen Anklingen des Leitmotivs heraushört, dass da noch was kommen wird, dass das ganze Orchester da ist und förmlich darauf wartet, bei den Crescendi loszulegen. Diesen Raum und diese Spannung macht der Primare sehr eindrucksvoll erfahrbar, weil er die feinen Geräusche, die dem Ohr die entsprechenden Informationen geben, nicht unter den (Rausch-)Teppich kehrt, sondern an den Hörer weiter reicht.

Ansonsten gefallen mir vor allem Spielfreude und Drive, die der Primare mit diesem Musikmaterial an den Tag legt. Mein Lieblingssatz von Beethovens Neunter ist nicht etwa der zum Gassenhauer verkommene vierte Satz, das Presto, die „Ode an die Freude“, sondern der zweite, das Molto Vivace (hier Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern). Ich mag die gewaltigen Dynamiksprünge des beinahe barocken Grundmotivs, das sich in Variationen von verschiedenen Beethoven 9. SymphonieInstrumentenkonstellationen gespielt zu mehreren Crescendi steigert und dabei immer wieder von retardierenden Momenten unterbrochen wird. Die Kraft des Themas wird spielerisch zurückgenommen, um sich dann erneut zu formieren und eindrucksvoll in Szene zu setzen. Hier punktet der Primare durch seine dynamischen Fähigkeiten. Sowohl feindynamische Musikereignisse, beispielsweise wie er wunderbar die feinen Nuancierungen der Flöten vermittelt, als auch grobdynamische Sprünge, etwa beim Einsatz der Kesselpauken, schiebt der Primare voran, dass es eine Freude ist. Unwillkürlich sehe ich die Szene aus der Verfilmung von „A Clockwork Orange“ von Stanley Kubrick vor mir, bei der Alex vor einer Wand aus Lautsprechern auf dem Bett liegend diesen Satz hört. Ach ja, der Primare I32 ist übrigens einer der wenigen Verstärker, bei denen ich ganz klar für die Verwendung der symmetrischen Eingänge plädiere. Hier wirkt das Klangbild wirklich etwas „frischer“ als unsymmetrisch über Cinch.

Anlage mit Primare I32

Die räumliche Wiedergabe ist dabei sehr gediegen. Meist neigen meine Geithains dazu, einen ziemlich nah an das Musikgeschehen heranzubringen, ja, einen fast zwischen die Musiker zu setzen. Mit dem Primare bleibe ich dagegen mehr auf Distanz. Das Orchester sitzt ein Stück hinter den Lautsprechern, die „Bühne“ geht dabei weit über den Abstand zwischen den Lautsprechern hinaus. Wie gesagt, der Primare vermittelt mir alles in allem einen sehr realistischen Eindruck des Konzertsaals. Dabei verzichtet er aber auf die messerscharfe Lokalisation einzelner Instrumente, die manche anderen Verstärker bieten. Ich persönlich habe aber noch in keinem Konzertsaal live eine solch artifiziell hohe Lokalisationsschärfe gehört und empfinde sie meist als künstlich. Insofern kommt der I32 meinem persönlichen Hörgeschmack entgegen.

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Test: Primare I32 | Vollverstärker

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