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Auf großer Klangfahrt: Audez’e LCD-2

Inhaltsverzeichnis

  1. 3 Auf großer Klangfahrt: Audez’e LCD-2

Nachdem man den Kopfhörer das erste Mal aufgesetzt und sich an das Gewicht und den Blick in den Spiegel gewöhnt hat, wird man relativ schnell gespannt auf die Musik sein. Den Anfang macht bei mir das dieses Jahr erschiene Album Blood Pressures der Band The Kills.

The Kills/Blood Pressures

Alison Mossharts Stimme (auch bekannt von The Dead Weather) ist im Zusammenhang mit der rauen und scheinbar unfertigen Musik faszinierend – und das Album enttäuscht in dieser Hinsicht keineswegs. Beim LCD-2 hingegen stellte sich zunächst Ernüchterung ein. Die Darstellung war gut fokussiert und tonal absolut ausgewogen – und auch die so wichtige Energie dieser Musik kam sehr gut herüber. Dennoch hatte ich kein Aha-Gefühl. Das soll aber nun nichts Schlechtes bedeuten, hatte ich doch in der Vergangenheit bereits festgestellt, dass dieses fehlende „Aha“ nicht das Zeichen eines Mangels, sondern eher auf das Fehlen eines ebensolchen hindeutet. Bleibt also zu ergründen, was den LCD-2 nun ausmacht.

Audeze LCD-2

Klarheit hierüber verschaffte mir der Wechsel auf einen anderen Kopfhörer. Der LCD-2 macht eine unglaublich weite Darstellung. Er erreicht dies allerdings anders als andere Kopfhörer. Während man sich bei einem Sennheiser HD800 oder AKG K701 wie in einem größeren Raum vorkommt, bei dem auch alle Instrumente weiter von einem weggerückt sind, erzeugt der LCD-2 diese Weite, ohne den Abstand der Instrumente zu vergrößern. Ich vermute, dass die Größe der Treiber diese Art der Darstellung begründet. Da die Audez’e-Chassis wesentlich größer als klassische Kopfhörertreiber sind, wird der Klang zu sehr großen Teilen über Reflexionen an der Ohrmuschel in den Gehörgang und nicht direkt über vor dem Gehörgang zentral platzierte Treiber beeinflusst. Diese Räumlichkeit lässt einen besonders bei elektronischen Aufnahmen aufhorchen.

The Knife/Silent Shout

In meinem Fall geschah dies bei dem Song „Like a Pen“ von The Knife aus ihrem dritten Album Silent Shout. Von Beginn an gibt es hier einen Sound, der ständig herumwandert. Kein Kopfhörer hat diesen Sound bisher so von den beiden Treibern losgelöst dargestellt. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass der Klang von außerhalb kam und nicht vom Kopfhörer selbst.

Im HiFi-Hobby habe ich mich eigentlich recht schnell von reinen technischen Daten verabschiedet und festgestellt, dass man einfach „erhören“ muss, was einem gefällt. Nichtsdestotrotz bedeutet High-Fidelity „Hohe Wiedergabetreue“ und diese Prämisse sollte bei einem ernsthaften Produkt in gewissen Maßen noch gegeben sein. Der LCD-2 sticht hinsichtlich dieser Wiedergabetreue eindeutig heraus und bei Audez’e scheut man sich auch nicht, das zu zeigen. Wie gesagt, liegt jedem einzelnen Hörer seine Messkurve bei. Der Verlauf des LCD-2 im Bassbereich ist nichts anderes als unglaublich. Solch einen Bass habe ich bei keinem Kopfhörer bisher gesehen. Und das wichtige: Auch nicht gehört. Schnurgerader Verlauf bis zu 10 Hz herunter. Es ist nicht so, dass der Klang durch den Bassbereich dominiert wird – nein, er wird nur einfach perfekt dargestellt. Während man bei anderen Kopfhörern eine Präferenz zu Gunsten bestimmter Bassanteile (Kickbässe, Tiefbässe etc.) heraushört, stellt der LCD-2 alles so dar, wie es abgemischt wurde. Dank seiner extrem hohen Pegelfestigkeit von 133 dB (!) kann man es hier bei Rockmusik mal so richtig krachen lassen. Aber bitte nur in Maßen, sonst hat der Ohrenarzt nachher zu viel zu tun.

Dabei hat die Magnetostatentechnik auch abseits der tiefen Töne einige technische Vorzüge. Aufgrund der dünnen Folien ist das Gewicht, welches bewegt werden muss, nur äußerst gering – es folgt deshalb dem angelegten Signal sehr flink. Hörbar ist dies unter anderem in der Detailauflösung des LCD-2. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich beim Audez’e um den bestauflösenden Kopfhörer handelt, den ich je gehört habe, aber er bewegt sich mit Sicherheit ganz weit oben.

Audez'e-Kopfhörer

Der Bassbereich ist sicherlich das herausragende Merkmal am LCD-2, das soll aber nicht heißen, dass der Rest nicht überzeugen kann, es liegt einfach an der Tatsache, dass er in diesem Bereich definitiv einen neuen Standard gesetzt hat – und das nicht mit zu kleinem Abstand. Auch im restlichen Frequenzbereich arbeitet der LCD-2, so langweilig wie es klingen mag, unspektakulär neutral. Er spielte jede (!) Musik, die ich ihm Anne Haight/Different Placesvorgeworfen habe, absolut sauber und klar. Dabei schafft er es aber, die Musik nicht trocken und langweilig werden zu lassen. Es wird ja gern von Lebendigkeit gesprochen: Der LCD-2 hat definitiv lebendige Mitten – wenn die Aufnahme es zulässt. Ein Vergnügen für mich war zum Beispiel das Debütalbum der in Berlin lebenden Anne Haight – Different Places. Reduzierte Singer-/Songwritermusik in sehr schöner Aufnahmequalität. Die Stimme steht klar im Vordergrund und der LCD-2 lässt keine Langeweile aufkommen. Man kann mit ihm tatsächlich die Musik auskosten.

Überrascht hat mich dabei die Performance mit schlechten Aufnahmen. Neutrale Hörer sorgen hier oft für mehr Frust als Freude – der LCD-2 schönt zwar nichts, doch es wird auch nicht nervig anstrengend, wenn durch Dynamikreduktion bei der Aufnahme verursachtes Clipping (siehe Loudness-war) zuschlägt. Allerdings hört man jeder Aufnahme ihre Qualität deutlich an. Eine Tatsache, mit der man bei hochwertigen Kopfhörern leben muss beziehungsweise: bei hochwertigen Aufnahmen leben darf.

Noch ein kurzes Wort zur Verstärkung: Der LCD-2 klingt auch schon ohne Kopfhörerverstärker erstaunlich gut. Die hohe Effizienz sorgt dafür, dass man nur eine hochwertige Quelle, nicht aber viel Leistung zur Verfügung stellen muss. Der Unterschied zwischen Kopfhörerverstärkern verschiedener Bauart fiel für mich geringer aus als bei anderen Kopfhörern. Die geringe Qualität mancher eingebauter Kopfhörerausgänge hat sich aber erneut erschreckend gezeigt.

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Test: Audez'e LCD-2 | Kopfhörer

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