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Kunstharz, Sorbothane, Bambus, Kork – das ist die Geschäftsbasis der Tuning-Spezialisten von bFly-Audio. Mit stattlichem Arsenal an Absorbern saugen die Augsburger der audiophilen Szene seit Jahren viel Klangschädliches und dafür vergleichsweise wenig Cash ab. Als „Cable Guy“ kenne ich bFly-Chefentwickler Reinhold Schäffer bislang weniger. Seit einiger Zeit steht den bFly-vertriebenen „Statement“-Netzkabeln von Plixir aber auch ein hauseigenes Netzkabel zur Seite. Das bFly bPower stellt eine gemeinsame Entwicklung mit einem Elektroingenieur aus der Region dar und ist wahlweise mit einfachen Steckern (ab 229 Euro) oder hochwertigen Kupplungen von Furutech (ab 359 Euro) erhältlich.
Technik & Praxis
Warum Schäffer ausgerechnet eine Stromstrippe lanciert und nicht etwa ein im Signalweg liegendes NF- oder Lautsprecherkabel? „Ich bin mittlerweile der Meinung“, so Schäffer, „dass ein gut gewähltes Netzkabel genauso wichtig für den Gesamtklang einer Anlage ist wie ein Signalkabel.“ Gute Netzkabel sind für den Augsburger also kein nebensächliches Accessoire, sondern die Grundlage für guten Klang.
Nach „langjährigen Experimenten“ und notorisch durchwachsenen Ergebnissen mit Netzkabeln verschiedener Hersteller im Preisbereich bis 1.500 Euro hatte Schäffer allerdings, salopp gesagt, die Faxen dicke und große Lust, ein eigenes Netzkabel „frei von Limitierungen bei Dynamik, Kraft und Kontrolle“ zu entwickeln. Wichtig dabei: Das bPower sollte kein spezielles Quellen- oder Verstärkerkabel, sondern ein Allround-Netzkabel sein, das seine Stärken sowohl an kleineren Abnehmern wie Phonovorstufen, CD-Playern oder D/A-Wandlern wie an stromfressenden Endstufen gleichermaßen ausspielt.
Mit seinem Außendurchmesser von 15 Millimetern und seiner ausgesprochenen Steifigkeit wirkt das bFly bPower schon erstaunlich „breit veranlagt“, bevor man es überhaupt anschließt. Der geneigte Käufer sollte etwa 10 bis 15 Zentimeter Platz hinter den Komponenten mit einrechnen, denn das bPower schmiegt sich nicht gerade butterweich seiner Umgebung an.
Des Kabels leicht störrische Natur hat freilich gute klangliche Gründe: Sie resultiert aus einem besonders dicht gepackten Aufbau von acht Einzeladern, die im Kreis um einen Dielektrikum-Kern angeordnet sind. Durch diese Anordnung der in Summe zwölf Quadratmillimeter starken Einzeladern sollen magnetische und elektrische Felder, die sich klanglich negativ auswirken könnten, weitgehend vermieden werden. Das hohe Gewicht des Kabels stammt nicht zuletzt auch vom Abschirmmaterial aus engmaschig geflochtenem Eisen. Als Leitermaterial kommt Reinstkupfer zur Verwendung, dessen Herkunft und Spezifikation in Augsburg aber unter die Rubrik „Betriebsgeheimnis“ fallen. Kabelseele und Innenmantel sind aus schwingungsdämpfendem Kunststoff gefertigt.
Konfektioniert wird das bFly-Audio bPower geräteseitig in allen gängigen Stecker-Varianten. Auf Anfrage auch mit Figure-8 (der „Rasierapparat“) für besonders kleine Abnehmer. Die Verbindung zur jeweiligen Stromdose beziehungsweise Komponente kann der anspruchsvolle Kunde neben den handelsüblichen Standard-Steckern auch Furutech-Kupplungen mit vergoldeten Kontakten überantworten. Die Konfektionierung deluxe geht allerdings mit einem Gesamtaufpreis von 130 Euro je Kabel einher – weshalb wir auf ihren klanglichen Gegenwert im Folgenden auch besonderes Ohrenmerk legen.
bFly-Audio bPower: Klangeindruck
Nun denn: Netzkabel ran an meinen testbewährten Kopfhörerverstärker E.A.R HP4 (Preis: 4.460 Euro), Augen zu, Ohren auf, kurz genickt und fix notiert: „Jep, das bPower ist unüberhörbar ein bFly.“
Ich glaube mich nicht allzu weit aus dem Voodoo-Verdachtsfenster zu lehnen, wenn ich den Produkten der Augsburger neben einer generellen Klangverbesserung auch so etwas wie einen dezenten House Sound zuspreche, den ich als „wohlig natürlich“ fassen würde: unangestrengt auflösend, plastisch-räumlich ohne Reißbrett, dabei speziell im Grundton gut im Futter und vom Subbass bis zum Oberton getragen von einer ganz dezenten Wärme.
Dass Schäffer diese charakteristische Melange audiophiler Akzente bei seinen Absorbern/Basen durch Kombination verschiedener Schichten aus Holz, Kork oder Aluminium wiederholbar hinbekommt, mag wenig überraschen. Dass bFly-Audio seinen klassischen „Analogsound“ aber nun auch eins zu eins dem Netzkabel eingepflanzt hat, ist dann schon erstaunlich.
Long story short: Insgesamt selten und noch nie in dieser Preisklasse habe ich durch ein einziges Netzkabel eine derartige Verbesserung in „technischen“ Klangparametern wie Auflösung, Dynamik und Sauberkeit erreicht, ohne dafür „musikalische“ Attribute wie Fluss, Wärme oder Farbigkeit zu opfern.
Die Säule dieser erstaunlichen Souveränität, mit der das bPower meinen netzseitig durchaus anspruchsvollen E.A.R HP4 an die Kandarre nimmt, stellt in meinen Ohren das nachgerade sensationelle Dynamikverhalten dar. Grobimpulse, sei’s bei einzelnen Pauken oder kompletten Orchestertutti, werden vollkommen anstrengungslos nachvollzogen – und auch mit „feindynamischer Lesebrille“ für winzigste Pegelabstufungen etwa bei Klavieranschlägen macht das bPower eine überzeugende Figur. Die 1976er Einspielung von Schumanns Klavierquartett des Beaux Art Trio (Album: Schumann: Piano Quartett; Piano Quintett) dürfte zu den größten Herausforderungen für jede Musikanlage gehören. Denn das vollendet harmonische Ineinandergreifen von Klavier und Streichern, das diese Aufnahme nahezu einzigartig macht, können nur sorgsam abgestimmte Audioketten akkurat wiedergeben. Beim Wechsel vom 1.400 Euro teuren Kondo ACc Persimmon, das normalerweise am E.A.R seinen Dienst verrichtet, zum bFly bPower fällt das selige Zusammenspiel des Trios keineswegs auseinander, sondern bleibt nuanciert, spannend und harmonisch exakt.
Hören wir uns nun einmal genauer an, woraus sich die hier geschilderte „wohlige Natürlichkeit“ des bPower – Etage für Etage – konkret aufbaut.
Locker-flockig – basst
Im Untergeschoss liefert das bPower ein ordentliches Maß an Kontrolle, ohne das Klangbild künstlich zu verschlanken. Tatsächlich gibt sich das bPower im Bass eher satt, füllig und „locker flockig“ und schüttelt dank seines tadellosen Timings jederzeit einen ebenso wuchtigen wie lässigen Punch in bester halbtrockener Manier aus dem Schrumpfschlauch.
Wenn es im Bassbereich überhaupt etwas zu meckern gibt, dann würde ich für ein etwaiges bPower mk2 „noch schärfere Konturen“ und „etwas mehr Tiefgang“ auf den Wunschzettel schreiben. Zur Klarstellung: Vermisst wird beides nur im Direktvergleich mit Netzkabeln, die genau dort ihre Stärken besitzen. Das etwas teurere Stromkabel Tellurium Blue (Preis: 560 Euro/2 Meter), das neben dem massiven bFly bPower nicht nur optisch wie ein zartes NF-Käbelchen wirkt, präsentiert Bassimpulse genauer, zeichnet etwa Kontrabass-Soli wie in „341 Free Fade“ des Keith Jarrets Trio-Livealbums Inside Out (auf Amazon anhören) noch gewissenhafter, griffiger nach. Dafür wirkt es – zumindest an stromintensiveren Verstärkern – neben dem sonoren Souverän bPower fast etwas ausgemergelt, angestrengter und durch das fehlende Fundament letztlich etwas zu mittenlastig.
Klar, nicht verkünstelt – die goldene Mitte
Derlei könnte man unter „Geschmackssache“ verbuchen – wenn, ja wenn das bFly-Netzkabel nicht auch im Mittenbereich mindestens auf Augenhöhe mit seinem britischen Pendant spielen würde. Das Mittenband nämlich schließt beim bPower ohne Überlappung an den Bassbereich an und musiziert organisch, geschmeidig und transparent. Weibliche Stimmen etwa geraten wunderbar akzentuiert und dennoch geschmeidig fließend, und trotz hoher Detailtreue leistet sich das bPower keinen Anflug von Eckigkeit oder analytischem Sezierertum. Allenfalls Klangfarben geraten der Konkurrenz wie dem Audioplan Powercord SIII (ab 170 Euro/1 Meter) bisweilen lebensechter, unterscheidbarer und intensiver.
Frisch, nicht frech – der Hochton
Allerdings sind wir beim SIII dann bei einem Kabelvertreter mit speziellen Stärken. Denn das „kleine“ Audioplan ist so etwas wie der Mitten-Maler-Meister unter den Einstiegsnetzkabeln – der vom Präsenzbereich aufwärts aber zu leicht gedeckten Farben greift. Da präsentiert sich das bPower nach oben hin etwas offener: Schäffers natürlicher Generalist nimmt vom Präsenzbereich bis zum mittleren Hochton nur sehr vorsichtig den Fuß vom Pegelgas, um schließlich erst irgendwo zwischen oberen Hochton und Superhochton die Segel zu streichen. Zugegeben: Feinstoff-Exegeten wie das Nordost Blue Heaven (Preis: 250 Euro/2 Meter) bieten mehr „Bells ’n‘ Whistles“ – spielen dafür aber auch nicht so unverschämt natürlich. Und: Verrundet klingt das bPower nie, sondern sämig, dennoch informativ und dabei frei von Härte, Schärfe oder Sibilanz. Es funkelt wenig, aber dafür zischelt auch nix. That’s the deal here.
Charaktervoll neutral – die Gesamttonalität
Berechtigte Frage: Ist das noch „Akzentsetzung“ oder nicht doch schon „Trade-off“? Nun, es kommt drauf an. Will sagen: auf die Kette. Denn abgesehen von seinem wohlig ausgebauten Grundton und der, wie oben geschildert, äußert feinfühligen Brillanzsenke zeigt das bPower einen ansonsten praktisch linearen Frequenzverlauf. Auf die Frage, ob das bPower womöglich schlank oder heller abgestimmten Ketten zu mehr Stabilität und Substanz verschaffen kann, würde ich antworten: Ja, das bPower kann zur tonalen Kompensation eingesetzt werden.
Doch seinen Paradeplatz findet das bPower an Gerätschaften, die von sich aus bereits tonal balanciert aufspielen. Vom erzneutralen Lehmann Linear Kopfhörerverstärker (Preis: 849 Euro) bis zum schummrig timbrierten D/A-Wandler Jadis JS2 MKIII (Preis: 7.350 Euro) – allen testweise angeschlossenen Komponenten brachte das bFly bPower mehr Sonorität und Langzeittauglichkeit, ohne deren natürlichen „Ton“ in irgendeine Weise zu verfärben.
Darf’s ein bisschen mehr sein – Räumlichkeit
Die einzige charakteristische Eigenschaft des bPower, die vielleicht nicht jedem zusagen wird: seine durchaus ausladende Räumlichkeit. Phantomschallquellen präsentiert das bPower nämlich nicht unbedingt in Pin-Point-Manier, sondern durchaus voluminös. Nein, direkt auf den Füßen stehen sich die imaginären Musiker nicht, dazu ist die virtuelle Bühne schlicht zu breit und tief. Doch was über Kopfhörer zu willkommen wuchtigen Klangbildern führt, kann über Lautsprecher schon mal überlebensgroß geraten. In Kombination mit meinen eher kompakt zeichnenden Harbeth SHL5+ (Preis: ab 4.400 Euro) war das nie ein Makel. Bei stattlichen Standboxen mit ausladenden Raumtendenzen wäre allerdings zu prüfen, ob Konturenschärfe und Stabilität der Abbildung unter dem dezenten Zoom-Effekt des bPower nicht doch irgendwann leiden – zumindest ab einer gewissen Anzahl eingesetzter bPower-Netzkabel.
Die gute Nachricht zum Schluss: Für genau 130 Euro pro Kabel können Sie sich eben jene Konturenschärfe bequem zurückkaufen. Die optional erhältlichen Furutech-Kupplungen verschaffen Phantomschallquellen nämlich deutlich schärfere Umrisse und dem Gesamtklangbild etwas mehr Kontur und Fokus. Unten gibt’s außerdem ein Eckchen Basskontrolle dazu und obendrauf eine Prise mehr Präsenz, Frische und Auflösung. Geopfert wird hierfür allerdings eine kleine Portion Geschmeidigkeit und Grundtonwärme. Die Standard-Stecker des bPower sind also keineswegs per se die schlechtere Option.
Testfazit: bFly-Audio bPower
Wuchtig, dynamisch, mild-geschmeidig: Mit dem Netzkabel bPower haben die Augsburger von bFly-Audio ihren natürlich entspannten House Sound perfekt in den Stromkreislauf eingespeist – und damit nicht nur in Sachen Preis-Leistung ein Statement abgeliefert.
Mit seinem satten, großformatigen und langzeittauglichen Klang haucht das bPower analytisch oder neutral abgestimmten Komponenten gleich welcher Geräteklasse zuverlässig Substanz, Wärme und Farbigkeit ein, ohne bei Dynamik und Kraft auf die Bremse zu treten – ganz im Gegenteil. Wer eine bereits wärmer oder gar dunkel abgestimmte Kette besitzt, fährt aber womöglich mit der 120 Euro teureren Furutech-Variante besser. Das müssten Sie ausprobieren.
Wie auch immer – beinharte Analytiker oder Schlankheits-Fetischisten werden anderswo fündig, keine Frage. Für alle anderen stellt das bPower, sofern ausreichend Manövrierfläche hinterm Rack vorhanden ist, ein klangstarkes und faires Angebot dar.
Im Test: Netzkabel bFly-Audio bPower
- mit Standard-Steckern: ab 229 Euro
- mit Furutech FI-E11: ab 359 Euro
Vertrieb:
bFly-Audio
St.-Martin-Weg 1 | 86986 Schwabbruck
Telefon: +49(0)8868-1818755
E-Mail: info@bfly-audio.de
Web: https://www.bfly-audio.de/
Test: bFly-Audio bPower | Netzkabel