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September 2015, Berlin Prenzlauer Berg. Der Autor dieses Textes stöpselt in Gestalt des Portento Audio Incanto zum ersten Mal in seinem Leben ein Kopfhörer-Kabel eines Fremdherstellers in seine Audeze-Lauscher – und wird aus dem Stand und bis heute zum glühenden Fürsprecher der klanglichen Relevanz standesgemäßer Kopfhörerverkabelung. Welche Farbigkeit! Welch geschmeidiger Fluss! Nicht frei von Nostalgie widme ich mich also nun – fünf Jahre und einige Tausend in Kabel investiere Euro später – der neuen Einsteiger-Serie (ab 214 Euro) des Turiner Kabelspezialisten: der aus Netz-, zwei NF- sowie Lautsprecherkabeln bestehenden „Performer“-Reihe (deutscher Vertrieb: www.audiodomain.de).
Technik & Praxis
Ich muss zugeben: Meine Gefühle sind durchaus gemischt, als ich die stattlich dimensionierte Spielkiste des deutschen Portento-Vertriebs Audionext öffne. Warum? Nun, wer schon einmal den Versuch unternommen hat, sich im Erwachsenenalter die „legendären“ TV-Serien erneut anzusehen, die einem als Kind vor Vorfreude auf die nächste Folge regelmäßig den Schlaf geraubt haben, der kennt den Effekt: Manches, was in Wahrheit fragwürdig war, wird unter dem nostalgischen Zuckerguss der Erinnerung zu „grandios“. Bevor wir also das kritische Ohr gegen das verklärende Gehirn in den highfidelen Ring schicken – gönnen wir den italienischen Strippen einen prüfenden Kontakt mit Tast- und Sehsinn.
Stramm kalkuliert – das Portento Power Performer
Fangen wir an beim Netzkabel. Für massive, wertig verarbeitete Stecker mit vergoldeten Kontakten auf Dosen- wie Geräteseite, angebracht an naturgemäß drei jeweils fünf Millimeter dicke Leiter aus OFC-Reinkupfer mit jeweils dreifach geschirmter Ummantelung wird hier – krumm und schlank – die Summe von 214,42 Euro für 1,5 Meter aufgerufen. Dazu freilich kommt ein gewisser nicht-monetärer Preis, den man für die vergleichsweise aufwendige Schirmung aber gerne zahlt – salopp gesagt: Das Power Performer ist steifer als jede Pressekonferenz von RKI-Chef Lothar Wieler. Vor seinem Anschluss sind vom Ende des IEC-Steckers aus also etwa fünf zusätzliche Zentimeter zur Rückwand zu veranschlagen, um das Power Performer nicht über Gebühr zu verbiegen.
Ziemlich klasse, wenig Masse – das Portento IC Performer
Doch warum nicht etwas Aufwand betreiben? Portento macht’s ja offenkundig auch. Ein Beispiel: die Cinch-Stecker des NF-Kabels IC Performer (Preis: ab 242,72 Euro/1 Meter). Derart konsequent auf Niedrigmasse gezüchtete und zugleich stramm sitzende Kunststoff-RCA-Stecker mit Zentralpin aus vergoldetem Tellurium-Kupfer und Erd-Kontakt aus Beryllium-Kupfer finden sich im fraglichen Preisbereich gewiss nicht alle naslang. Schielt man zwei Portento-Klassen höher in Richtung Musica- und Reference-Serie, entdeckt man: An den Steckern ihrer neuen Einstiegs-NF-Strippen haben die Italiener keinen Cent gespart. Es sind dieselben. Und das „dazwischen“? Nun, da klingt die Angabe „doppelt geschirmte Viererverseilung aus OFC-Reinkupfer-Leitern“ zumindest mal solide.
Einzig zum Aufbau des mit 583,90 Euro für 2,50 Meter bepreisten Lautsprecherkabels Portento Speaker Performer ließ sich den Italienern nichts Näheres entlocken. Sei’s drum. Schließlich lehrt mich die Erfahrung, Tests kompletter Kabelserien vorzugsweise mit den NF-Kabeln zu beginnen. Hier geht die Kinnlade im Erfolgsfall zwar meist nicht ganz so weit herunter wie bei Perfect-Match-Netz- oder Lautsprecherkabeln. Eingeschleift zwischen Primärquelle und Verstärker allerdings taugen NF-Verbinder als Erstbotschafter des klanglichen Familiensounds ihrer Serie allerdings ungleich besser.
Also wohlan: Die IC Performer RCA zwischen Jadis JS2 MKIII DAC (Preis: 6.900 Euro) und meinen Kopfhörerverstärker EAR HP4 (Preis: 4.460 Euro) gestöpselt, die vom Vertrieb empfohlenen rund 100 Stunden Einspiel-Exorzismus veranlasst (Anspieltipp: Scooter!), und dann Ohren gespitzt und Däumchen gedrückt: Jetzt mal bloß nicht meine schönen HiFi-nostalgischen Erinnerungen über den Haufen performen …
„Portento Performer“-Kabel: Klangtest & Vergleiche
… denk ich mir und werde erstmal nicht enttäuscht. Bereits nach wenigen Takten mit dem Portento IC Performer RCA erkenne ich vieles von dem wieder, was mich vor sechs Jahren beim Turiner Erstling, dem Incanto-Kopfhörerkabel, so unvermittelt in seinen Bann ziehen konnte. Verblüffend: Kommend vom vielfach teureren Reinsilberkabel Kondo VzII (Preis: 1.800 Euro) macht mir das Musikhören zu meiner eigenen Überraschung kaum weniger Spaß, obwohl die japanische Edelstrippe nicht nur in allen „harten“ klanglichen Parametern, sondern auch bei den „weichen“ Faktoren wie Farbe, Fluss und Homogenität in einer höheren Liga spielt.
Mild abgestimmt – nicht nur aufs Portemonnaie
Schon erstaunlich: Die kleinen Performer musizieren dermaßen reif und rund und so frappierend frei von vorschmeckenden Schwächen oder tonalen Disbalancen, dass ich ob solch eines musikalisch ganzheitlichen Klangbilds der Geschmacksrichtung „dunkle Herrenschokolade“ – sprich: schokoladig, aber nicht zu süßlich-cremig – beinahe geneigt wäre, von einem „Kondo on a Budget“ zu sprechen.
Schwächen kaum, Charakter durchaus
Doch so voreilig wollen wir jetzt mal nicht sein. Denn erstens zeigt das NF-Kabel Portento IC Performer durchaus einen gewissen Charakter, den man leicht mögen, aber eben auch verschmähen kann. Und zweitens ist der Preisbereich der Ein- und Aufsteiger-Strippen, in dem sich die drei smoothen Performer tummeln, je nach individuellem Hörgeschmack naturgemäß nicht frei von Alternativen. Führen wir uns also beide Aspekte einmal genauer vor Ohren – und stellen uns die Fragen: Inwiefern genau performt’s denn nun „reif“? Und sodann: Was genau für Alternativen?
Dürfte jedem bassen – der Tiefton
Auf der Suche nach einem möglichst aufschlussreichen Testbereich für „klangliche Reife“ beginnt das kritische Ohr für gewöhnlich im tonalen Kellergeschoss. Schließlich zeigen just hier preiswerte Kabel gerne mal Schlagseite: Wer‘s präzise mag, muss häufig auf Substanz verzichten; wer ein sonores Fundament bevorzugt, ist häufig zu Abstrichen bei Kontur, Attacke oder Artikulation gezwungen. Fair enough, denn beides gleichzeitig gibt’s eben nicht für lau.
Das Cinchkabel Portento IC-Performer allerdings geht einen anderen, wie ich finde, klügeren Weg aus dem Untergeschoss-Dilemma. Es verzichtet auf den ultimativen (schwerlich sauber darzustellenden) Tiefbass. Im Gegenzug lässt es den mittleren Bass eine Spur ausführlicher ausschwingen und legt im Oberbass eine winzige Pegel-Schippe drauf, freilich ohne anzudicken.
Ergebnis: Ein stabil im Futter stehender Bassbereich ohne jede Versuppungsgefahr durch indifferentes Grollen aus dem Keller, der Kontrabässe herrlich halbtrocken und organisch federnd und Bassdrums mit flockigem, nie übertriebenem Punch abbildet. Das ist nicht nur feingetunt, sondern auch echt fein getunt.
Richtig gut: die goldene Mitte
Die Comfort Zone der Italiener? Keinmal müssen Sie raten: die Mitten, natürlich. Wer jetzt allerdings meterdick aufgetragenen Cardas-Schmelz oder einen jedwede Artikulation wegspülenden musikalischen Fluss erwartet, wird vom IC Performer abermals eines Reiferen belehrt.
Ja, hier strahlen Klangfarben etwas intensiver als gewohnt. Und ja, hier geht die Geschmeidigkeit des Vortrags im Zweifel über die Vermittlung blankpolierter HiFi-Reinheit. Und dennoch: Trotz seiner grundlegend organisch-genießerischen Gangart nimmt sich das Portento IC Performer genügend Zeit zur sauberen Ausartikulation stimmlicher Details und bewahrt sich einen zwar farbigen, aber dennoch klaren und tonal neutralen Mittelton-Charakter. Clara Haberkamps glockenreiner Gesangsstimme auf ihrem Piano-Solo-Album Neon Hill (auf Amazon anhören) etwa raubt das IC Performance trotz betont elegischen Flusses nichts von ihrer Exaktheit bei Phrasierungen. Beachtlich!
Und im Grundton? Wird weder sonor aufgepumpt, noch wird der Anschein von Klarheit durch grundtonale Absenkung zugunsten des mittleren/oberen Mitteltons ergaunert. Zugegeben: Layer über Layer an Klangkörpertexturen legt das Portento Audio IC Performer jetzt nicht unbedingt frei. Aber auch unter Verzicht auf derlei lückenlose Transparenz muss ich den Turinern gratulieren: mittlere Reife mit Bravour bestanden.
Alles, was man braucht – die Höhen
Doch wie das so ist mit mittleren Abschlüssen: Zumindest unendlich hoch hinaus geht’s danach oft nicht mehr. Das gilt in gewisser Weise auch für das Portento IC Performer. In Sachen Feinauflösung bietet das NF-Kabel zwar alles musikalisch Wesentliche. Bei feinstofflichen Mammutaufgaben wie sanft getupften Becken oder hart angerissen Gitarrensaiten wird nicht bis zur letzten subtilen Texturfaser mitgegangen.
Superhochton? Versucht sich das IC Performer erst gar nicht dran. Umso bemerkenswerter: Das kleine Portento-NF ist dennoch kein gedecktes, muffiges oder gar dunkles Kabel, sondern zieht bis an die obere Grenze seines Kompetenzbereichs im mittleren Hochton durch, um sich von dort aus per sanft abfallender Brillanzsenke zu verabschieden. Bisschen blasiert, aber hier leider unvermeidbar: der Begriff „gülden“. Sibilanz? Schärfe? Härten? Ah … scusi?
Genau richtig – die Bühne
Nahezu sprachlos – zu meinem Ärger sogar buchstäblich – macht den geneigten Tester die abermals souveräne Ausgewogenheit des Cinchkabels in Sachen Abbildung. Klingt doof, ist aber so: Die Bühne von Portentos Kleinstem gerät mittelhoch, mittelbreit, mitteltief und, Trommelwirbel, mittelpräzise. Um‘s gnädigerweise dann doch etwas zu präzisieren: Phantomschallquellen bildet das IC Performer stabil und plastisch, allerdings mit leichter Aura und damit nicht maximal konturenscharf ab. Die viel beschworene „Luft“ zwischen den reproduzierten Instrumenten bleibt bei entsprechend sorgfältig abgemischten Aufnahmen erhalten. Löblich: Der Umfang der Bühne wird von der Aufnahme, nicht vom Kabel bestimmt.
Für Feingeister – die Dynamik
Ähnlich sachdienlich präsentiert sich auch das Dynamikverhalten des IC Performance. Feinen Abstufungen innerhalb komplexer Orchesteraufnahme weiß das Performer für den Preisbereich verblüffend differenziert darzustellen. Die „große Keule“ wird woanders zwar noch beherzter geschwungen, dennoch entfaltet sich die Wucht unkomprimiert abgemischter Full-Score-Alben wie des großartigen Andere von Max Riegers Soloprojekt All Diese Gewalt durch die Performer aber in absolut hinreichendem Maße.
Bringt Flow rein – das Portento Speaker Performer
Und die Lautsprecherkabel? Same, same, but different: dezent dunkel schimmernde, intensive Klangfarben, ein minimal an den Frequenzenden auslaufender, ansonsten schnurgerader Frequenzganz und dazwischen linear bepegelte Stressfreiheit ohne jeden Anflug von Effektklang. Einzig einen deutlich hörbaren Extraschluss sahniger Geschmeidigkeit in den Mitten gönnt sich das Lautsprecherkabel dann doch. Diese Eigenheit dürfte das Speaker Performer besonders für Hörer attraktiv machen, die ihrer Anlage einen letzten Rest technoider Eckigkeit abtrainieren möchten, ohne an den restlichen Parametern oder gar der Grundtonalität etwas zu verändern.
Das Kondo nicht wahr sein – das Portento Power Performer
Besonders herausheben muss ich dabei allerdings die Leistung des Power Performer! Dicke Überraschung, dass sich das Klangbild meiner Kette kaum wesentlich zum Schlechteren verändert, wenn ich netzseitig vom Kondo ACc Persimmon (Preis: 1.4000 Euro) aufs günstige Portento wechsele. Die dynamischen Einschränkungen sind marginal, der Raum komprimiert etwas, fällt jedoch keineswegs „in sich zusammen“. Und Auflösung und Klangfarben bleiben ebenfalls weitgehend erhalten. Eigentlich genau das, was ich von einem guten Netzkabel erwarte. Ein „First Do No Harm“-Ansatz, das ähnlich wie das Kondo Persimmon die Stärken der Kabelfamilie zur vollen Geltung bringt, ohne das klangliche Gesamtbouqeut zu verwürzen.
America first? Cardas und Audioquest als echte Alterativen
Wagen wir vorm Einparken ins Fazit nun noch den versprochenen Schulterblick nach rechts und links im Preisbereich. Und da ich oft die Erfahrung gemacht habe, dass NF-Kabel die Klangsignatur von Kabelserien am prägnantesten zum Ausdruck bringen, schicke ich fürs „Team Turin“ das IC Performer RCA ins Rennen. Wogegen? Nun, konkret fallen mir zwei NF-Kabel ein, die sich Liebhaber effektfrei-entspannten Wohlklangs ebenfalls vor Ohren führen können, ehe sie sich für eines oder gleich alle Portento Performer entscheiden.
Klingt auch nach Fluss: die Alternative Audioquest Mackenzie
Da wäre zunächst das Audioquest Mackenzie (Preis: 271,97 Euro für 1 Meter NF-Kabel), das bei nahezu identischer Grundabstimmung sowohl den Raum als auch die Frequenzenden noch etwas weiter öffnet. Dafür gelingen dem Mackenzie Klangfarben weniger intensiv, und im Gegensatz zum makellos organischen Musikfluss des IC Performer kann die US-Strippe einen Rest „Eckigkeit“ nicht ganz abschütteln. Es klingt, wenn Sie so wollen, minimal „technischer“.
Noch etwas Schmelz? Die Alternative Cardas Parsec
Klangfarben, Fluss und Raum nach Belieben (und bisweilen darüber hinaus) bietet das mit 380,17 Euro/1 Meter) etwas teurere Cardas Parsec. Allerdings macht das Parsec – wie alle mir bekannten günstigen Strippen des Herstellers – eher in Anlagen eine gute Figur, die von Haus aus entweder im Bass etwas zu schlank oder in den Höhen etwas zu harsch abgestimmt sind. Mit dem kleinen Cardas kann’s also schonmal zu füllig oder zu samtig werden, während sich das Performer also in jede Anlage einfügen dürfte.
Test-Fazit: „Portento Performer“-Kabel
Mit ihrer neuen Einsteigerserie haben die Turiner Kabelexperten von Portento Audio buchstäblich eine Reife-Leistung abgeliefert. Nach Kabeln, die im moderaten Preisbereich ähnlich effektfrei, balanciert, flüssig und farbstark musizieren, dürften insbesondere Fans natürlicher Instrumente lange gesucht haben.
Wer also mit dem Klang seiner Anlage grundsätzlich zufrieden ist, aber einen ersten Schritt auf dem Kabel-Upgrade-Pfad wagen möchte, kann angesichts des stressfrei neutralen Naturells ohne echte Schwächen oder tonale Schlagseite bedenkenlos zuschlagen. Einzig beinharte Analytiker und dynamikfixierte Effekthörer wird diese Performance kalt lassen. Tipp: Unbedingt mit dem IC Performer anfangen – und sich dann Mal ums Mal freuen, wie sich der durch die NF-Strippen etablierte Grundklang unter Zugabe der restlichen Familienmitglieder konsequent entfaltet.
Im Test:
Portento Audio Performer Netz-, Lautsprecher- und NF-Kabel
Weitere Informationen über Portento-Kabel finden Sie auf der Portento-Markenseite des Vertriebs.
UVP zum Testzeitpunkt:
Netzkabel Portento Power Performer ab 214,45 Euro (1,5 Meter)
NF-Kabel Portento IC Performer XLR oder RCA ab 242,72 Euro (1 Meter)
Lautsprecherkabel Portento Speaker Performer ab 583,90 Euro (2,5 Meter)
Vertrieb:
audioNEXT GmbH
Isenbergstr. 20
45130 Essen
Telefon: +49 (0) 201 – 79939404
E-Mail: info@audiodomain.de
Web: www.audiodomain.de
Test: Portento Audio Performer | Lautsprecherkabel, Netzkabel, NF-Kabel