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Mai 2016 / Michael Bruß
Jeder Hersteller von Kabeln hat ja seine eigene Vorstellung davon, welche Ziele erreicht werden sollen. Manche versuchen, Klangeigenschaften zu kompensieren, indem man dem Kabel einen gewissen tonalen Charakter mitgibt – mehr Bass, weniger Bass, mehr Funkeln im Hochton und so weiter.
Zielführend dürfte das in den wenigsten Fällen sein. Denn auch wenn in der Mathematik Summen und Differenzen gebildet werden können, so ist das in der Musik und beim Klang leider nicht ganz so einfach. Es ist doch zumindest fragwürdig, eine Färbung oder den Eigenklang einer Komponente durch einen komplementär wirkenden Eigenklang in einer anderen Komponente so kompensieren zu wollen, dass natürlicher Klang dabei rauskommt. Bestenfalls dürfte man die zuvor existierende Färbung damit maskieren können – was aber insbesondere kritische Hörer auf Dauer nicht befriedigen wird. Denn der Preis, den man für eine Maskierung bezahlen muss, ist häufig weniger Information, weniger Unmittelbarkeit, weniger Natürlichkeit – zugunsten eines nur vordergründig angenehmer wirkenden Klangbildes. Laut Audioplan-Chef Thomas Kühn (www.audioplan.de) ähnelt diese gängige Praxis dem Versuch, eine versalzene Suppe mit Zucker zu retten … Igitt.
Ein Verdünnen der versalzenen Suppe aber liefere allenfalls ein faderes Ergebnis, auch das wäre wenig wünschenswert. Genau deshalb arbeite man bei Audioplan grundlegend an der Erforschung und Eliminierung genau der physikalischen Effekte, die den Kabelklang beeinflussen. Das Resultat ist die CRC-Technik (Conductor Resonance Control), die die Effekte von mechanischen Schwingungen im Kabel auf das Musiksignal (auch als Kabel-Mikrofonie bekannt) beseitigen soll. Dazu habe man unzählige Dielektrika (also das Isolationsmaterial) in Hinblick auf ihre mechanischen und elektrischen Eigenschaften untersucht, Leitermaterialien getestet, gemischt und legiert, Litzenanordnungen und Kabelaufbauten verglichen, so Kühn.
Erfahrung trifft auf Innovation
Es dürfte mit Blick auf alle möglichen Herangehensweisen bei der Entwicklung nur wenige Hersteller geben, die Produkte mit solch langen Lebenszyklen bauen und funktionierende Konzepte immer weiter verfeinern, wie Audioplan aus dem baden-württembergischen Malsch. Die Audioplan Kontrast zum Beispiel können schon auf über 25 Jahre zurückblicken und liegen mittlerweile in der fünften Generation vor. Auch die legendären Audioplan MusiCable (1983 mit dem ersten Patent bedacht) haben nun eine grundlegende Überarbeitung erfahren. Dabei hat Thomas Kühn, der Chef und Lenker von Audioplan, ein Manko der ursprünglichen Modelle ausgemerzt: die extrem starre Konstruktion, die das Verlegen in engen Winkeln und hinter Regalen oft zur Zerreißprobe für die Nerven des Besitzers machte …
Audioplan MusiCable SLS9A
Dabei hatte die widerspenstige Hülle der bisherigen MusiCable aus sehr steifem und festem Kunststoff durchaus einen klangfördernden Sinn und wurde nicht etwa aus Ignoranz gegenüber den praktischen Bedürfnissen der Käuferschaft gewählt. Wie bereits erläutert ist Thomas Kühns Meinung nach die Kabelmikrofonie eines der größten Probleme für den guten Klang und maßgeblich für die Unterschiede zwischen verschiedenen Kabeln verantwortlich. Viele Leser mögen das fast schon für Esoterik halten, doch die Physik dahinter ist einfach erklärt: In einem Leiter, der sich in einem elektromagnetischen Feld (wie es ein stromdurchflossenes Kabel nun mal erzeugt) bewegt, wird Strom induziert – und der fließt dann huckepack auf dem Musiksignal mit und verändert es. Das passiert auch bei allerkleinsten Bewegungen und schlägt sich, so Thomas Kühn, oft in einem nervösen, zerfahrenen Klang nieder. Das haben auch viele andere Hersteller und Tuner (Kabelhalter und -böcke gibt es ja schon seit Längerem) erkannt, doch Thomas Kühn sieht nicht nur in den Relativbewegungen der Leiter zueinander, sondern sogar in der der einzelnen Litzen in einem Leiter potenzielles Ungemach und dämpft diese Bewegung mit speziellen Materialien innerhalb der Litzenleiter.
Widerspenstig
Der Nachteil der klanglich durchaus effektiven Versteifungsmaßnahme war aber eben immer die schwierige Handhabung – und der Umstand, dass direkter Kontakt mit Wänden oder Möbelstücken dem Klang nicht förderlich ist sowie der Gedanke an den oft erhöhten Druck oder Zug auf Buchsen und Stecker der empfindlichen Seele des Highenders nicht gerade gut tut. Da musste Abhilfe her: Mit den SIC- und BIC-Kabeln der neuen Generation hat Thomas Kühn sich von der möglichst festen Verbindung zwischen Leiter und dämpfenden Materialien verabschiedet. Ein neues, sehr viel glatteres Dämpfungsmaterial soll nämlich auch ohne den mechanischen Zwang der ultrasteifen Kabelhülle für genügend „Druck“ auf die Leiter sorgen, um diese kontrolliert in Schach zu halten.
Audioplan MusiCable SIC9A
Der Clou dabei ist, dass die einzelnen Schichten des Kabels nun reibungslos aufeinander gleiten können, ohne dass die Litzen der einzelnen Schichten beziehungsweise Leiter sich relativ zueinander bewegen müssen – und wo keine Relativbewegungen sind, da ist auch keine Energie, die eine Induktion hervorrufen könnte. Während die inneren Schichten der Kabel aus Gründen der Serienkonstanz maschinell hergestellt werden, bringt man bei Audioplan die äußeren Lagen mit der neuen Mikrofoniedämpfung in Handarbeit auf. Das soll den erwähnten Effekt der aufeinander gleitenden Schichten sicherstellen und so die maximale Flexibilität des fertigen Kabels gewährleisten.
Gleitzeit
Das Lautsprecherkabel MusiCable SLS9A besteht aus vier Hohlleitern aus hochreinen Kupferdrähten, die versilbert sind. Um eine maximale Dämpfung zu erreichen, wurden die einzelnen Leiter um einen nicht leitenden Kern aus Dämpfungsfasern gewickelt. Dieser Aufbau ermöglicht laut Audioplan nicht nur eine optimale Bedämpfung des sonst gerne mal „klingelnden“ Metalls, sondern gewährleiste auch eine phasentreue Übertragung aller Frequenzanteile. Zusätzlich soll die Anordnung und Verschaltung der Hohlleiter eine geringe Induktivität und optimale Feldverteilung sicherstellen.
Dass einige Hersteller gerne Kästchen an ihre Kabel bauen, ist bekannt – dass sie oft kaum oder gar keine Bauteile enthalten, auch. Die aus gebeiztem Naturholz gefertigten Kabelabschlüsse des MusiCable SLS9A täuschen dagegen gar nicht erst eine elektrische Komponente vor: Sie dienen ausschließlich der weiteren Dämpfungsoptimierung. So sollen sie ein den Klang beeinflussendes konstruktives Element des Kabels sein und nicht nur Zierde.
Dämpfender Holzklotz beim MusiCable SLS9A
So steif, wie die alten Audioplan MusiCable Interconnects waren (zum Beispiel das Super AF, mit dem ich mir beinahe mal ein leichtgewichtiges Gerät aus dem Regal gehebelt habe), so flexibel sind in der Tat die neuen Modelle; mit dem MusiCable SIC9A-Kleinsignalkabel (wie auch dem MusiCable SLS9A-Lautsprecherkabel) bekommt man ohne Probleme und ohne fühlbare Krafteinwirkung einen Biegeradius von unter zehn Zentimetern hin.
Ein wichtiges Detail wäre noch zu erwähnen: Die Schirmung aller Kleinsignalkabel von Audioplan ist nur an einem Ende mit der Erde verbunden. Diese Seite sollte laut Thomas Kühn immer am Vorverstärker anliegen – diese Vorgabe hält er für wichtiger als die viel beschworene korrekte Laufrichtung, insbesondere weil die Konstruktion seiner MusiCable den Laufrichtungseffekt bereits größtenteils kompensiere.
Kraftleiter
Schon ein wenig länger im Programm ist das Audioplan Powercord SIII (210 Euro für 1,5 Meter). Um den Strom möglichst verlustfrei zu den angeschlossenen Geräten zu bringen, Einstreuungen von außen zu verhindern und ein möglichst kleines eigenes Streufeld zu verursachen, hat Thomas Kühn sich auch zum Aufbau des „kleinen“ Netzkabels Gedanken gemacht. Das PowerCord S III ist intern symmetrisch aufgebaut, besitzt also fünf statt der sonst meist drei Leiter.
Audioplan Powercord S III
Die Anordnung der Leiter soll für verlustarmen Stromfluss sorgen und gleichzeitig das Streufeld klein halten. So wird laut Thomas Kühn auch gar keine Abschirmung benötigt, die durch Wirbelstrom- und dielektrische Verluste die Dynamik der Wiedergabe reduzieren könnte. Das PowerCord SIII ist ebenfalls mittels CRC-Technik gegen mechanische Schwingungen und die damit verbundenen unerwünschten Induktionseffekte geschützt. Die CRC-Technik soll hier übrigens auch verhindern, dass Artefakte hochfrequenter Störanteile im Dielektrikum gespeichert und zeitverzögert abgegeben werden, und somit die Interaktion zwischen Netzspannung und hochfrequenten Störungen verringern.
Test: Audioplan MusiCable | Kabel