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Der neuste D/A-Wandler der Marke Hegel Music Systems hört auf den Namen „HD11 32 Bit“. Er ist der Mittlere von drei DACs, die die Norweger im Programm haben, und die Bit-Angabe im Namen bezieht sich nicht auf eine Datenformat-Obergrenze, sondern auf den AKM-DAC-Chip im Innern, der auf 32-Bit-Basis arbeitet. Der HD11 verdaut über USB eine Auflösung von bis zu 24 Bit/96 kHz, via (zweier) Koax-Buchsen und Toslink auch bis zu 24 Bit/192 kHz.
Der Hegel-DAC kostet fast 400 Euro mehr als der Lindemann – was bietet er zusätzlich? Der zweite Koaxialeingang wurde schon genannt, aber anschlussseitig relevanter dürfte wohl ein symmetrischer Ausgang sein, der beim Lindemann fehlt und den der Hegel besitzt. Der HD11 ist – wird er über USB betrieben – über einen scheckkartengroßen Geber fernbedienbar, wenngleich nur die Funktionen Stopp/Play und Vor/Zurück funktionieren (Input und Volume nicht, das kann erst der Hegel HD20), aber immerhin, eine nette Minimalistenlösung (die beispielsweise auch der Audio Research DAC8 bietet). Rein äußerlich fällt natürlich sofort ins Auge: Der Hegel ist deutlich größer und schwerer als der Lindemann, mit 3,5 kg wiegt er fast das Neunfache. Und woran das unter anderem liegt, wird klar, zieht man das U-Blech ab, das ihm als Deckel dient.
Die Stromversorgung erfolgt nicht über ein externes Steckerschaltnetzteil wie beim Lindemann, sondern über ein komplett diskret aufgebautes, „analoges“ Netzteil, zu dem auch ein Ringkerntrafo gehört – und der wiegt halt was. Dem nach hauseigenen Spezifikationen gewickelten Trafo stehen 30.000 µF an Siebkapazität zur Seite – im Vorverstärkerspitzenmodell der Norweger (ein Gerät für circa 5.800 Euro) komme die gleiche Stromversorgung zum Einsatz, sagt Anders Ertzeid von Hegel, was wohl den hier betriebenen Aufwand illustrieren soll. Insgesamt 15 Spannungsregler stehen den einzelnen Abteilungen der Schaltung – Wandlerchip, Masterclock, Ausgangsstufe etc. – zur Verfügung. Und dass die Stromversorgung sehr rauscharm ausfalle, mache sich auch hinsichtlich eines niedrigen Jitterniveaus positiv bemerkbar, so Ertzeid weiter.
Den asynchronen USB-Modus hält man bei Hegel übrigens für eine überwiegend marketinggetriebene Idee, die zwar theoretisch schön sei, in der Praxis aber dazu führe, dass der DAC ganz unten in der Prioritätsliste des Computer-Betriebssystems lande, was letztlich den Jitter in die Höhe treibe. Deshalb verwende man im HD11 den adaptiven Modus. Der USB-Empfängerchip reduziere in einem ersten Schritt den Jitter, wandele das Signal dann ins S/PDIF-Format und schicke ihn zum entsprechenden S/PDIF-Empfänger, hinter welchem eine komplette Neutaktung (und damit: weitere Jitterreduktion) auf einheitlich 192 kHz anstehe, bevor der Datenstrom den eigentlichen Wandlerchip erreiche.
Asynchroner Modus – reines Marketing? Und Apodizing-Filter? „Apodizing filter is the ‚new‘ buzzword these days“, so Ertzeid: Die Entfernung des Pre-Ringings sei ein Phänomen, das eher im Messlabor Relevanz habe, wenn ein DAC mit hochfrequenten Testsignalen gefüttert werde, welche ein solches Vor- und Nachschwingen der Filter erst anrege. Doch in der Musik kämen derartige Signale sehr selten vor, weshalb der Vorteil nur ein vermeintlicher beziehungsweise ein geringer sei. Deshalb und aus Kosten/Nutzen-Erwägungen habe man sich beim Hegel HD11 für einen Linear-Phasen-Filter entschieden.
Also dann mal an den Rechner mit ihm! Für den Hegel HD11 32 Bit benötigt man keine weitere Treiberinstallation via CD oder Download, denn er verwendet generische, schon auf dem Rechner befindliche Treiber, und so kommt es, dass er zehn Sekunden nach Kontaktaufnahme via USB spielbereit ist. Sehr bequem.
In einigen klanglichen Bereichen ist der Hegel der Gegenentwurf zum Lindemann. Manches mag man da – nach klassischen HiFi-Kriterien bemessen – als besser bezeichnen, anderes als Geschmackssache. Dass der HD11 tiefer in den Basskeller marschiert als der Lindemann und auch den (Super-)Hochtonbereich straight durchzieht, ist das Ehrlichere an ihm. Die tonale Gesamtlage freilich und das Mittenband im Besonderen werden – auch je nach Anlagenkonstellation – in erster Linie eine Frage des persönlichen Hörgeschmacks sein.
Kann einem der deutsche DAC nicht zuletzt durch seine etwas wärmeren und sanfteren Mitten, die mit leicht abgemildeter Transientenwiedergabe einhergehen, gut gefallen, so verhält es sich beim Norweger eher umgekehrt: Der Grundtonbereich ist Marke schlank und drahtig und beim Übergang Mitten-zu-Hochton gibt er kein Jota nach. Impulse sind in voller Härte da – überhaupt besitzt er ein mitreißendes Timing- und Rhythmusgefühl – und bei guten Aufnahmen bekomme ich vom „Startmoment“ der Noten (Gitarrenpicks, Becken- und Klavieranschläge, Anblasgeräusche etc.) einfach mehr mit, sowas stellt er klarer dar als der Lindemann. Aber bei einer schlank aufspielenden Anlage und/oder zu dürrer Abmischung der Musik, wird mit dem Hegel-Wandler eben auch kein Pflästerchen auf die Wunde geklebt. Natürlich geht’s hier nicht um Welten, sondern um Nuancen – gleichwohl sehe ich darin das einzige Caveat: Auch im Direktvergleich zum (fast doppelt so teuren) North Star USB dac32 gab sich der HD11 schlanker in den Mitten, und der italienische Wandler ist nun nicht gerade ausgeprägt vollmundig, sondern neutral in der Darstellung.
Ich erwähnte schon kurz das hervorragende Timinggefühl dieses Wandlers, und das kommt, meiner Ansicht nach, nicht nur von der subjektiv empfundenen „filterfreien“ Impulswiedergabe im Mitten/Hochtonbereich, sondern auch von den auffällig konturierten, sehr schnellen und durchgezeichneten Basslagen. Rhythmusinstrumente wie Schlagzeug und Bass werden punktgenau und hoch differenziert dargestellt – und auch mit dem nötigen Schmackes und Schwung. Kontrabassspiel lässt sich hervorragend verfolgen und wirkt dabei nie zu substanzlos. Synthetische Tieftonkost wird mit deutlich mehr innerer Struktur dargeboten, als ich das erwartet hätte. Keine Frage: Die Art, wie der Hegel die Tieftonkost anrichtet, halte ich für eine klare Stärke des Geräts, das ist richtig, richtig gut!
Neben dem punktgenauen Timing und der konturieren, tiefgründigen Basswiedergabe muss als weitere Stärke des Hegel HD11 die transparente Raumausleuchtung gelten – die fällt einem so ziemlich als erstes ins Ohr. Interessant ist wiederum der Vergleich mit dem Lindenmann, denn es gibt einige Abweichungen im Detail festzustellen. Zunächst einmal in der Gesamtperspektive:
Charles Lloyds Saxophon (Charles Lloyd Quartet, Album: Mirrow, als Higheres-Download) kommt mit dem deutschen DAC einen halben Schritt auf mich zu, es wirkt zudem größer abgebildet als mit dem Norweger – und dass es etwas sonorer tönt, muss ich ja nicht nochmal erwähnen. Der Hegel lässt die Musik auf der Grundlinie der Boxen beginnen, er gibt sich also, relativ gesehen, etwas distanzierter; es herrscht hier eher eine Draufsicht aufs Geschehen als mit dem Lindemann, der eine Spur raumgreifender, nach vorne agiert.
Natürlich sei auch nicht verschwiegen, dass der Hegel-DAC die Bühne deutlich tiefer staffelt, dass das Saxophon zwar nun etwas kleiner abgebildet wird, dafür aber auch plastischer, dreidimensionaler und – wie die Musik insgesamt – klarer im Bühnenraum verortet wirkt. Sprich: Es gibt nun etwas mehr Platz zwischen den einzelnen Klängen, und diese erscheinen einem klarer „parzelliert“. Auch das Auflösungsvermögen im Kleinstsignalbereich (das Ausschwingen einer Saite, das Ausklingen eines Beckens usw.) ist sehr gut, und dies schlägt sich ebenfalls im Bühneneindruck nieder, da noch leiser Raumhall nachgezeichnet wird und weil man den Eindruck bekommen kann, dass das Verklingen einer Noten nicht nur ein zeitliches Phänomen ist, sondern auch ein Verlaufen, ein Ausfaden im Raum … wirklich highendige Kost wird einem hier geboten!
DAC-Vergleiche: Hegel, Benchmark, Lindemann (v.l.n.r.)
Na klar gibt’s in der Hinsicht auch noch Besseres, der schon erwähnte North-Star-Wandler zum Beispiel zeichnet nochmals akkurater nach (leider war der kürzlich getestete North Star Essensio plus zu einem Vergleich nicht mehr verfügbar, aber der klang, zumindest via Cinch, doch sehr ähnlich wie der USB dac32). Ein Benchmark DAC1 USB zieht in dieser Hinsicht aber gegenüber dem Hegel HD11 recht klar den Kürzeren. Wie auch immer, für einen Wandler der 1.000-Euro-Klasse wird einem ein geradezu famoser Raumeindruck geboten.
Test: Lindemann USB-DAC 24/192 und Hegel HD11 32 Bit | D/A-Wandler