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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Gefährlich überraschend
  2. 2 Klangtest & Vergleiche: Soundmagic E11C

fairaudio's favourite Award 2019Kopfhörer für 50 Euro? „Was für ein Murks, das kosten vielleicht Lautsprecherkabel“, lästert da das HiFi-snobistische Teufelchen in mir. „Zehn Zentimeter davon. Mono.“ Das notorisch übergangene Vernunft-Engelchen säuselt: „Bleib offen! Hier kriegst du die Chance, nochmal so richtig überrascht zu werden.“ Nun, vier aufschlussreiche Testwochen mit dem Soundmagic E11C (www.soundmagicheadphones.de/products/E11/) später kann ich sagen: Nie war es leichter zu entscheiden, wer von beiden Recht hatte. Doch der Reihe nach.

Technik & Praxis – Soundmagic E11C

Soundmagic E11C In-Ear-Kopfhörer mit Ohrteilen

Ein Gutteil meiner Vorbehalte gegenüber vorgeblich audiophiler Kampfpreisware wie dem neusten In-Ear aus dem Hause Soundmagic rührt sicherlich daher, dass ich von dem Hersteller noch nie ein Sterbenswörtchen gehört hatte, als mir Kollege Jörg Dames etwas verschämt diese „doch sehr günstigen“ E11C in die Test-Pipeline komplimentierte.

Da es Ihnen vielleicht ähnlich geht: Soundmagic gibt es bereits seit stolzen 13 Jahren. Internationales Aufsehen erregte das in der boomenden chinesischen 12,5-Millionen-Einwohner-Metropole Shenzhen angesiedelte Unternehmen um Gründer und Chefentwickler Tony Xu allerdings erst mit dem Vorgänger des E11C, dem In-Ear E10. Dieser wurde vom englischen Fachmagazin What-HiFi? immerhin sechs Jahre in Folge zum besten In-Ear unter 50 Euro gekürt. Eine solch kontinuierliche Würdigung macht zumindest neugierig. Und da es ganz offenkundig nicht nur mir so ging, konnte Soundmagic in diesem Jahr seine erste rund 7000 Quadratmeter große eigene Fabrik fertigstellen, in der das Unternehmen nun mehr als 100 Mitarbeiter mit der Erforschung und Hersteller eigener Treiber und weiterer integraler Kopfhörer-Bauteile beschäftigt. Der neue Soundmagic E11C ist mithin auch kein aus Versatzstücken von der Stange zusammengeklöppeltes Massenprodukt, sondern eine von Grund auf durchkonzipierte Fertigung. Ob man das hört? Man kann es jedenfalls sehen. Und fühlen. Angefangen am Gehäuse, das eben nicht aus billigem Plastik, sondern aus präzise zugeschnittenem Aluminium gefertigt ist – und es dennoch auf federleichte 11 Gramm bringt. Die Ohrluft wird je Kanal durch einen 10 Millimeter kleinen Neodym-Treiber angeregt. Dank einer Impedanz von überschaubaren 42 Ohm und einem erklecklichen Wirkungsgrad von 122 dB bei 1kHz/mW sollte der Sound seine Magic mutmaßlich bei so ziemlich allen denkbaren Zuspielern entfalten.

Soundmagic E11C In-Ear-Kopfhörer: mit Klinkenstecker & Steuerung

Der Soundmagic E11C verfügt über eine Drei-Tasten-Fernbedienung mit integriertem Mikrofon

Auch die Ummantelungen der beim Soundmagic E11C ins Kabel integrierten Fernbedienung mit angenehm großen, wertig verarbeiteten Tasten sowie der Y-Gabelung und des 60° gewinkelten Miniklinkensteckers bestehen aus Aluminium.

Das Kabel selbst macht einen nicht minder hochwertigen Eindruck. Umgeben von einem angenehm griffigen Elastomer im dezenten Grau-Beige des Gehäuses, leitet im Innern versilbertes Kupfer das Signal von der Quelle zum Hörer. Je nach Modell entweder unterbrechungsfrei oder durch eine sowohl für iOS als auch für Android geeignete Drei-Tasten-Fernbedienung inklusive Mikrofon hindurch. Während der hier getestete Soundmagic E11C mit Fernbedienung bereits für 49,99 Euro zu haben ist, gibt’s den Soundmagic E11 mit einfachem Kabel bereits für 44,99 Euro. Wahnsinn, was man heutzutage für ‘nen Fünfer so alles bekommt, denke ich mir. Wie das wohl weitergeht? Auch das weiß Soundmagic schon: nämlich mit einem E11BT mit Bluetooth und einem E11D mit digitalem USB-C-Anschluss, also mit integriertem D/A-Wandler.

Was man für unter 50 Euro für den E11C außerdem noch bekommt: ein robustes Case von der Größe einer Zigarettenschachtel für den Rucksack. Und Gummistopfen in drei Größen fürs Ohr, die nicht nur einen allseits korrekten Sitz, sondern auch die Möglichkeit zu einem dezenten Klangtuning offerieren sollen. Da bei mir allerdings nur der mittlere Stopfen passte (dafür allerdings perfekt), konnte ich dieses kleine Feature leider nicht austesten. Problemlos überprüfen ließ sich hingegen Soundmagic für einen Hörer dieser Klasse durchaus vollmundige PR-Behauptung, durch den Einsatz eigens für den E11/E11C entwickelter Treiber klangliche Meriten wie „immersive Räumlichkeit“, „transparente Mitten“ und einen „warmen, knackigen Tiefbass“ zu Gehör zu bringen. Klingt ganz schön ambitioniert, nicht wahr? Nun denn: Preis vergessen, Stöpsel rein – und vorbehaltlos nachgeprüft, wie’s wirklich klingt.

Klangtest & Vergleiche: Soundmagic E11C

Soundmagic E11C In-Ear-Kopfhörer: einzeln, mit Ohrpassstück

Lieber Leser, bitte: Steinigen Sie mich für dieses Geständnis erst, wenn Sie den Soundmagic E11C selbst gehört haben. Damit’s gleich raus ist: Ich habe ihn nicht am Kopfhörerausgangs meines iPhones getestet, sondern am Chord Hugo (Preis: 1.690 Euro). Ja, mir ist bewusst, dass der Hugo den 34-fachen Wert des E11C aufweist. Und doch: Der kleine Soundmagier wächst dermaßen imposant mit der Qualität des Zuspielers mit, dass er an besagtem iPhone-Ausgang zwar nicht verschenkt ist, aber doch – ohne jetzt gleich schlecht zu klingen, ganz und gar nicht – weit entfernt von seinem klanglichen Optimum agiert. Einen externen DAC oder Kopfhörerverstärker der Kragenweite eines Audioquest Dragonfly Red (Preis: 199 Euro) sollte sich also schon gönnen, wer in den Genuss sämtlicher Qualitäten des neuen Soundmagic E11C kommen möchte. Zur Einordnung des audiophilen Wachstumspotenzials: Sogar mein Kopfhörerverstärker EAR HP4 (Preis: 4.460 Euro) konnte dem E11C noch ein Fünkchen mehr Wohlklang entlocken als der Chord Hugo. Und hier wären wir dann inklusive NOS-Röhren bereits beim 100-fachen Wert des In-Ears. Absurd, aber so ein HiFi-Leben schreibt eben die krudesten Geschichten.

Doch zurück zu den Wortwuchtbrummen des PR-Textes aus dem Hause Soundmagic. Zeit für einen Punkt-für-Punkt-Realitätscheck. Ob die Klang-Behauptungen im Ohr immer noch so steil klingen wie auf dem Papier?

These 1 — warmer, knackiger Tiefbass

Was beim ersten Umhören im akustischen Untergeschoss des E11C als erstes auffällt? Dass zunächst gar nicht auffällt. Angesichts des Preisschilds war ich, Stichwort „Wärme“, ehrlich gesagt auf muffigste Wummerbässe eingestellt. Ein fettiger Bass schließlich ist ohne übermäßige Entwicklungs- oder Fertigungskompetenz preisgünstig zu realisieren. Also ordentlich krachen lassen, und ein Teil der Kunden ist schon mal wunschlos glücklich.

Soundmagic E11C In-Ear-Kopfhörer, runder Rahmen

Der Fall beim Soundmagic E11C ist jedoch das Gegenteil. Ja, den Bass des Soundmagic kann ich tatsächlich ohne rot zu werden als „kultiviert“, „wohldosiert“ und „erwachsen“ bezeichnen. Und das sind bei solchen Kampfpreishörern schon drei unumstößliche „Besonders wertvoll“-Prädikate. Dezidierte Wärme hingegen würde ich dem E11C-Bass nicht zusprechen. Dazu scheint er mir schlicht zu griffig, zu gut kontrolliert, zu schlackenfrei. Und aufs absolute Volumen gehört, geht’s da unten auch eher athletisch mittelgewichtig zu als adipös.

Brad Mehldau Long Ago and Far AwayWas bei aller Ausgewogenheit indes heraussticht, ist der Groove, die Fluffigkeit, die der Soundmagic E11C selbst anspruchsvoll flott vorgetragenen Basslinien mitgibt. Mitverantwortlich für die eingebaute Fußwipp-Garantie: Timing und Impulstreue sind klassenbezogen außerordentlich. Kontrabass-Zupfexzesse wie auf Charlie Hadens posthum erschienener Duett-Aufnahme mit Brad Mehldau (Album: Long Ago and Far Away; auf Amazon anhören) habe ich in dieser Preiskategorie und deutlich darüber hinaus nicht annähernd so definiert, beweglich und, am wichtigsten: zeitrichtig gehört. Was man sich noch wünschen könnte, wäre mehr Tiefgang. Die Extension nach unten raus ist dann doch eher Klassenschnitt. Freunde von Elektro und Techno dürften mit dem E11C daher vielleicht nicht vollkommen glücklich werden. Der Rest aber freut sich über ein locker-flockiges Fundament mit ausreichend Punch, aber herausragender Kontrolle.

These 2 – Transparente Mitten …

Auch hier ein klares „Ja, aber“. Transparent im Sinne von „aufgelöst“ und „durchhörbar“ sind die Mitten allemal. Dazu fürs Geld bemerkenswert artikulationsscharf. Keine Spur also von der berüchtigten LowFi-Versuppung. Bei alldem: Was bei der Vorgabe „transparente Mitten“ ja durchaus mitschwingt – nämlich „kühl“, „ausgezehrt“, „leblos akademisch“ – ist hier in keiner Weise vorzufinden. Im Gegenteil: Die insgesamt verblüffendsten Kompetenzen des Soundmagic E11C liegen just im elegant-organischen Fluss und in den intensiv schimmernden Klangfarben im Mittenband.

keith jarrett la feniceEin Klavier ist hier tatsächlich ein Klavier, eine Geige anhand ihres Timbres problemlos von einer Bratsche zu unterscheiden. Das mag in den Ohren des eingefleischten Highenders zwar herzlich trivial klingen. In der Preisklasse des Soundmagic E11C ist eine solche klangfarbliche Trennschärfe allerdings eine mittlere Sensation. Jawohl, man „kann“ mit dem Soundmagic sogar klassische Musik, etwa ein Streichquartett hören, ohne an Fingernägel erinnert zu werden, die eine Kreidetafel entlang kratzen. Man „kann“ gar eine Solo-Pianoaufnahme wie Keith Jarretts kürzlich aus dem Nichts erschienenen Improvisations-Marathon La Fenice hören, ohne sich pausenlos zu fragen, welche Art Drogen der Klavierstimmer da eigentlich genommen hat. Mehr Farbe fürs Geld gibt’s nur bei Hornbach.

These 3 – … und Höhen

Soundmagic E11C In-Ear-Kopfhörer, Steuerung

Überraschend kultiviert geht der Soundmagic E11C auch im klanglichen Obergeschoss zu Werke. Bruchlos angebunden ans Mittenband, ist von inhomogener Zerklüftung des Gesamtklangbilds, wie sie vielen günstigen Hörern zu eigen ist, null und nichts zu hören. Die Höhen präsentieren sich schlicht als konsequente Weiterführung des Mittenbands auf ähnlich hohem Qualitätsniveau. Die Auflösung bleibt dabei bis in den mittleren Hochton tadellos und weithin ausreichend, um Geigen strahlen und Becken auch mal richtig schön metallisch scheppern zu lassen. Auf den allerfeinsten Oberton, namentlich etwa auf Hallfahnen, Luftzüge von Drumsticks sowie die eine oder andere Transiente freilich muss verzichtet werden. Dafür nerven die Höhen nie, sondern präsentieren sich gut ausbalanciert. Ob das Kupferkabel den stets milden, aber nie muffligen Charakter der Höhen zu verantworten hat? Werden wir sicher herausfinden, sobald sich Soundmagic an Silber versucht. Spannend wär‘s, soviel ist sicher.

These 4 – immersive Räumlichkeit

Ach Gott, auch das noch: In-Ears und Räumlichkeit. Ganz ehrlich: Diese beiden Begriffe in einem Satz zu verwenden, da schießt mir gerade nicht nur ein Zehennagel in die Höhe. Und ganz objektiv: „immersiv“ – also im Wortsinn „die Illusion des realen Umgebenseins“ von den wiedergegebenen Instrumenten hervorrufend – ist der Soundmagic E11C bei aller Liebe nun so überhaupt nicht. Nein, wie bei In-Ears konzeptbedingt üblich, bildet auch der Soundmagic die virtuelle Bühne praktisch ausschließlich im Kopf des Hörers ab. Da dies auch weit teureren, ambitionierteren In-Ears passiert, sei’s dem Soundmagic E11C freilich in keiner Weise angekreidet. Zumal es ihm gelingt, das innerhalb der Schädelknochen eingeklemmte Bühnchen bemerkenswert sauber und hier und da auch „dreidimensional“ zu ordnen. Schallquellen jedenfalls sind klar und stabil zu lokalisieren, ihre Grenzen trennscharf konturiert. Dass die Instrumente trotzdem nicht wirken, als hätte ich sie (was leider beschämend oft passiert) im falschen Trocknerprogramm laufen lassen, sondern stets Volumen und Körperhaftigkeit behalten, ist für einen In-Ear ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Insofern: PR-Begriff „immersiv“ aus meiner Sicht nicht komplett Nagel-auf-den-Kopf. Alternative Attribute wie „trennscharfe“ oder „top-organisierte“ Räumlichkeit dafür mit umso größerem Recht verwendbar.

Bilanz des Hörchecks bis hierhin? Vier Begriffe, drei Treffer, ein Streifschuss beim Thema Räumlichkeit. Billig ist hier also tatsächlich nur das Produkt, nicht seine Vermarktung, seine Verarbeitung oder gar sein Klang. Was zu einem runden Gesamtklangbild noch fehlt? Zwei Parameter, die nicht expressis Werbe-verbis auf dem Beipackzettel des Soundmagic E11C stehen: nämlich seine gesamttonale Abstimmung und sein Dynamikverhalten.

Gesamttonalität

Soundmagic E11C In-Ear-Kopfhörer von hinten

Analog zu jenem illustren Berlin-Promi, der trotz aller Feierei sogar hier und da noch Zeit fand für einen Nebenberuf (Bürgermeister), könnte man hier sagen: Ich liebe Mitten, und das ist auch gut so. Ja, der Pegelverlauf des Soundmagic E11C verläuft zwischen den Extremen nicht unbedingt schnurgerade, sondern macht mittig einen Katzenbuckel. Ungewöhnlich vor allem, da das Gros der 50-Euro-Konkurrenz ja bekanntlich frequenztechnisch eher die Badewanne bevorzugt, sprich: viel Bass, viel Höhen, dazwischen wenig bis nichts. Ob das Gegenteil da dem Soundmagic anzukreiden ist? Gegenfrage: Was ist verkehrt daran, wenn ein Hörer seine Stärken – Klangfarbenpracht und natürlich fließender Mitten-Vortrag – mit einem Hauch mehr Pegel pusht. Ich finde, wenn damit zugleich im Untergeschoss jegliches Wummern und im Hochton jegliches Nervpotenzial von vornherein ausgeschlossen wird: so geschenkt wie der Hörer selbst.

Dynamik

So oder so nichts zu bekritteln gibt‘s in puncto Dynamik. Zunächst zur Abteilung Grobes. Trommel? Kracht. Kontrabass? Schnalzt. Elektrobeat? Pumpt. Was kann man noch mehr wollen? Ja, gut, vielleicht ein Orchestertutti, bei dem wie aus dem Nichts fünfzig oder mehr virtuelle Schallquellen unisono in den Maximalpegelbereich schießen.

Alisa Weilerstein Transfigured Night. Haydn SchönbergAber hey, it’s economy, stupid! Mein Audeze LCD-XC (Preis: 1299 Euro) kriegt sowas hin, durchaus. Aber das auch nur, wenn er am EAR HP4 hängt. Aber that‘s dann halt alles andere als economy und mit dem E11C zu vergleichen mithin, exakt: stupid. Also hören wir lieber noch, was der Soundmagic E11C feindynamisch auf dem Kasten hat. Weil er’s halt kann, legen wir Schönbergs Verklärte Nacht in der Einspielung mit der Cellistin Alisa Weilerstein (Album: Transfigured Night. Haydn & Schönberg) auf – und hören: eine wunderbar fein gerasterte Abstufung der Lautstärken sowohl verschiedener als auch der einzelnen Töne desselben Instruments. Das Ergebnis: So spannend, so lebendig, so erwachsen habe ich Schönbergs womöglich „menschlichstes“ Streicherwerk mit gleichwelchem Einsteiger-Equipment noch nie gehört. Eieiei, mit In-Ears dieser Qualität, die noch dazu so fest und bequem sitzen, da könnte ich ja glatt, unter Umständen, womöglich, demnächst, dem Wetter zum Trotz, tatsächlich mal wieder Joggen gehen. Also schnell wieder zum Vertrieb damit. Gefährlich gut, die Dinger …

Soundmagic E11C In-Ear-Kopfhörer: Kabel

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Teufel

Test: Soundmagic E11C | In-Ear-Kopfhörer

  1. 1 Gefährlich überraschend
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