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In ihrer grundsätzlichen Abstimmung ähneln sich der Vollverstärker und der CD-Spieler von Marantz klanglich sehr. Da Ersterer allerdings über diverse Möglichkeiten der Ansteuerung verfügt, die den Klangeindruck jeweils beeinflussen, möchte ich beide Komponenten im Hörtest getrennt beschreiben, obwohl ich sie über weite Teile des Tests tatsächlich im Verbund gehört habe.
Klang: Marantz HD-AMP1
Also lassen wir den Marantz HD-AMP1 „sprechen“, den ich während des Klangchecks zum einen im USB-DAC-Modus, zum anderen per CD-Player – sowohl über den koaxialen Digitaleingang als auch den analogen Input – angesteuert habe. Mir gefiel sofort, mit welch leichtfüßig-federndem Duktus er Stoppoks „2 wunderschöne Augen“ (Album: Operation 17, auf Amazon anhören) in meinen Hörraum „blueste“. Bekanntermaßen schätzt der Ruhrpottbarde analoge Aufnahmetechniken mit „echten“ Bandmaschinen und so wenig Dynamikkompression wie irgend möglich. Erstere vernimmt man als beständiges Grundrauschen, welches nicht gefiltert wird, und Letzteres zeigt sich in einem über den gesamten Frequenzbereich ungewöhnlich breitbandig-lebendigen und mitreißend-direkten Klangeindruck, mit dem der Verstärker geradezu unmittelbar greifbare Studioatmosphäre in den Hörraum überträgt. Toll, wie tief das Bassfundament hinunter reicht, ohne an Trockenheit und Struktur zu verlieren. Das trifft sowohl auf den E-Bass als auch auf das Schlagzeug zu, dessen Bassfell bei kurzen und harten Tritten eben auch nur „Bupp“ macht. Dies aber geradewegs in die Magengrube. Druckvoll und ansatzlos.
Da macht ein mitreißender Dancetrack wie „Plastik“ von Jan Delay (Album: Mercedes-Dance, auf Amazon anhören) gleich doppelt Spaß, wenn der Bass tief, aber gleichzeitig straff gründelt und der Beat mit exaktem Timing aus den Lautsprechern „knallt“. Bei so viel „Pfund“ mag man gar nicht recht glauben, dass dem Amp leistungsmäßig nominell „nur“ 70 Watt pro Kanal zur Verfügung stehen. Der als konventioneller Class-AB-Verstärker konstruierte Yamaha A-S 1000, der mit dem Marantz in einer gemeinsamen Preisklasse spielt, langt im unteren Frequenzbereich nur unwesentlich massiver hin. Was ihm der gewichtigere Yamaha im Frequenzkeller – vor allem bei höheren Pegeln – in Sachen Opulenz dann doch „vorhält“, holt der HD-AMP1 über seine „Schnelligkeit“ und trockene Straffheit wieder heraus. Stämmigkeit kontra Beweglichkeit, könnte man sagen. Letztlich Geschmackssache, die „saftigere“ Interpretation des Yamaha im Tieftonbereich hat auch etwas für sich. Absolut betrachtet, bewegt sich der Marantz im Bass eher auf der neutralen Seite, tritt also nicht heftiger zu, als er es der Vorlage gemäß tun sollte.
Auch im darüberliegenden Mittenband erlaubt sich der kompakte Marantz keine hörbaren Verfärbungen oder tonalen „Temperaturschwankungen“. Stimmen und Naturinstrumente tendieren also weder ins Warme noch ins Unterkühlte. Sie treffen vielmehr den Grad, den man als natürlich-neutral bezeichnen kann. Mit ein Grund dafür, dass der HD-AMP1 in diesem Bereich sehr strukturiert, entschlackt und geordnet abbildet, was zu einem insgesamt homogen-flüssigen und sehr lebendigen Klangeindruck beiträgt. Die Ortung von Einzelereignissen, selbst bei sehr dicht instrumentierten Stücken wie dem treibenden „Little Boy Preacher“ der Blues Pills (Album: Lady in Gold, auf Amazon anhören), gelingt mühelos und ist von verblüffender Klarheit. Somit sind tiefe Einblicke in eine Aufnahme möglich. Mit für diese Preisklasse – nun gut, knapp 1.100 Euro sind jetzt auch nicht wenig – enorm griffiger Präsenz, Konturenschärfe und Dreidimensionalität stellt der Marantz-Verstärker die Musikdarbietung in den Raum, wobei er sich in Sachen Bühnenabbildung streng an die jeweilige Vorlage hält. Über- oder Untertreibungen in Bühnenbreite oder -tiefe sind seine Sache nicht, die Dimensionen wirken stets realistisch.
Ebenso transparent geht es im Präsenzbereich und in den oberen Lagen zu. Der Marantz vermag es, im Hochtonbereich mit Detailreichtum, Luftigkeit und Strahlkraft jede relevante Toninformation zu beleuchten, ohne sie in ein zu grelles Licht zu hüllen. Wieder einmal hält mein Yamaha A-S 1000 als „Kontrapunkt“ her und zeigt mit einer leichten Abrundung am oberen Frequenzende eine „gewollt gefälligere“ Abstimmung, bei der es eben auch nie dazu kommen kann, dass Hochtonanteile ins Bissige kippen. Der Yamaha geht in dieser Hinsicht auf Nummer sicher, was ich ihm nicht vorwerfe, was aber in gewisser Hinsicht typisch für Produkte ist, die auf einen Massengeschmack hin konstruiert werden.
Grob- wie feindynamisch gefällt mir der Marantz HD-AMP1 mit seinem hellwachen und jedem Impuls auf dem Fuße folgenden Charakter. Musikalische Strukturen, in denen sich sehr leise mit sehr lauten Passagen mitunter fast blitzartig abwechseln und in denen es zusätzlich dicht verwobene Melodiegeflechte aufzudröseln gilt, wie in „The Leavers“ von Marillion (Album: FEAR, auf Amazon anhören) fordern ihn ohrenkundig nicht heraus. Er schaltet geradezu mühelos rasant zwischen „Schleichfahrt“ und „Volldampf voraus“ hin und her
Wer den „konventionellen Anschlussweg“ sucht und seine Quellen über die analogen Schnittstellen mit dem HD-AMP1 kontaktiert, muss klanglich keine weltbewegenden Abstriche hinnehmen. Bei mir entstand der Eindruck, als verschöbe sich die Gesamttonalität ein Quäntchen ins Dunkle, was vor allem am oberen Frequenzende ein wenig Transparenz und „Atem“ kostet. Das ist aber nichts, was einen davon abhalten sollte, die Analogeingänge zu nutzen. Es kann ja sogar Musikmaterial geben, dem eine etwas dunklere Tendenz entgegenkommt. Wie gesagt, es handelt sich nicht um Welten. Möchte man die Raumabbildung und Transparenz in den oberen und obersten Lagen voll auskosten, sollte man meiner Ansicht nach indes doch eher „digital“ hören.
Es ist insgesamt verblüffend, wie mühelos sich der Marantz HD-AMP1 im Wettbewerbsumfeld behauptet, mehr noch: er sich dort nach vorne spielt. Und da geht es gar nicht einmal darum, dass er alles perfekt kann. Natürlich gibt es noch Luft nach oben. Es kann nicht verwundern, wenn etwa ein Magnat RV-3 sein dreifach höheres Preisschild dadurch rechtfertigt, dass er in allen Belangen noch souveräner und nachdrücklicher auftritt. Das massiv-kraftvolle und dabei kernig-konturierte Bassfundament, das der Rheinländer in Awolnations „Sail“ (Album: Megalithic Symphony) generiert, ist schon in seiner eigenen Preisklasse (um 3.000 Euro) eine ziemliche Ansage. Weniger in Sachen Fein- denn Grobdynamik zeigt der RV-3 zudem, dass dann doch noch mehr geht und Laut-Leise-Passagen mit durchaus markerschütternder Attacke in den Hörraum geschleudert werden können.
Auflösungstechnisch und die Bühnenabbildung betreffend, liegen Marantz und Magnat aber dichter beieinander, als es das Preisschild zunächst vermuten lässt. Man könnte sogar zugunsten des Marantz feststellen, dass er sich bei den Dimensionen der virtuellen Bühne noch enger am Original orientiert, während der Magnat ein Quäntchen mehr Großzügigkeit zulässt (oder in die Aufnahme hineininterpretiert) und insgesamt mit leuchtenderen Klangfarben malt. Was wohl konstruktiv bedingt ist, in seiner Vorstufe werkeln Röhren.
Doch es ist die Gesamtperformance des HD-AMP1, die ihn letztlich besonders erscheinen lässt. Ken Ishiwata selbst hat mir vor Jahren in einem Interview erklärt, dass sein höchstes Ziel als HiFi-Entwickler das der inneren tonalen Balance ist, Harmonie über alle Frequenzbereiche hinweg.
Der abschließende Klangcheck via frontseitigem USB-Eingang (iPod „Classic“ mit ALAC-Files) gefiel mir im Vergleich zu den übrigen Betriebsmodi nicht ganz so gut. Die beschriebenen tonalen Merkmale bleiben grundsätzlich erhalten, die Abbildung gerät jedoch insgesamt flacher, vordergründiger und räumlich enger. Die Mitten tönten ein Quäntchen fülliger, leicht „angewärmt“, während der Hochtonbereich je nach gehörter Musik mitunter ein wenig zischelig wiedergegeben wurde. Natürlich darf man bei alldem nicht vergessen, dass ein iPod mitnichten ein audiophiler Zuspieler ist. Dafür ist er auch nicht gedacht. Für Hintergrund- und Partybeschallung ist das trotzdem vollkommen okay, als prioritäre Quelle würde ich diesen Eingang jedoch weniger empfehlen. In der Praxis wird er das auch wohl nicht sein.
Klang: Marantz HD-CD1
Natürlich hat Marantz den HD-CD1 vorrangig als Spielpartner für den Verstärker aus der Serie konzipiert. Optisch ergänzen sich beide Komponenten denn auch zu einem sehr reizvollen Gesamtsystem, auch klanglich harmonisieren sie mit ihrer jeweils lebendigen, aber doch tonal ausgewogenen und transparent-feingeistigen Abstimmung sehr gut – eine Kompaktkette für gehobene Ansprüche. Das war zu erwarten, weshalb mich auch mehr die Frage umtrieb, wie sich der Player im Zusammenspiel mit Geräten anderer Hersteller schlagen würde. Also habe ich ihn kurzerhand mit meiner „Hausreferenz“, dem Hybridvollverstärker Magnat RV-3, verbandelt und erneut zu Stoppoks neuem Album „Operation 17“ gegriffen.
Die wunderbar atmosphärische Ballade „Weg hier raus“ fließt mit Leichtigkeit und gleichzeitig intimer Präsenz aus der Anlage, das wie improvisiert wirkende Instrumental im Mittelteil des Stücks schwebt geradezu durch den Raum und umfängt meinen Hörplatz mit betörender Intensität. Einer akustischen Lupe gleich, legt der Marantz HD-CD1 alle Details der Aufnahme offen, ohne aber den musikalischen Fluss zu unterbrechen. Gegensätze? Nicht für den Marantz-Player, der sich wie sein Verstärkerbruder in Sachen Raumabbildung ebenfalls extrem der jeweiligen Vorlage verpflichtet fühlt und sich auch im Mittenband eidgenössisch – also im besten Sinn neutral – verhält. Wer Schönfärberei sucht, ist bei diesen Komponenten, eben auch beim CD-Player, an der falschen Adresse.
Dennoch versteht es der HD-CD1 – auch hier folgt er dem Beispiel des Marantz HD-AMP1 – Neutralität nicht mit tonaler Kälte zu verwechseln. Stimmen und Naturinstrumente klingen eben „richtig“, sprich: völlig verfärbungsfrei. Die unteren und untersten Lagen reichen, wenn es die Vorlage hergibt, sehr tief hinab und liefern ein angenehm präsentes Bassfundament, das sich weniger durch Wucht, sondern vielmehr eine reliefartige Struktur auszeichnet, die für einen erdig-trockenen Grundton sorgt. Das obere Frequenzende präsentiert sich bis in Verästelungen fein aufgelöst und beleuchtet, zeigt sich mit fast kristalliner Klarheit und Durchzeichnung.
Mit einem Pioneer PD-50, einem Standardformat-Gerät zum ähnlichen Preis, das zudem SACDs abspielen kann und seinen DAC auch für externe Quellen zur Verfügung stellt, lieferte sich der Marantz nur scheinbar ein akustisches Kopf-an-Kopf-Rennen. Zunächst gefiel mir der Pioneer mit seiner klangfarbenstärkeren und mitreißend-agilen wie kraftvollen Diktion bei Udo Lindenbergs „Einer muss den Job ja machen“ (Album: Stärker als die Zeit) sogar etwas besser. Nach einer gewissen Zeit fiel mir jedoch auf, dass der PD-50 zwar nicht auffallend auf Effekte setzt, aber doch mit einem vergleichsweisen wärmer temperierten Grundton und „satter“ wie vollmundiger dargebotenen Mitten dem Hörer mehr schmeichelt. Das kann gefallen – tut es auch –, auf lange Sicht aber ist die neutralere Interpretation der Vorlage, wie sie der HD-CD1 liefert, „echter“, entfaltet seinen Charme nachhaltiger.
Am Ende steht für mich fest: Dieser Marantz-Player „kann’s“ nicht nur mit seinem Bruder (dem Verstärker HD-AMP1, mit dem er ein kongeniales Paar bildet) im Geiste, sondern ergänzt aufgrund seines unprätentiösen Charakters und seiner Spielfreude nahezu jede bestehende Kette.
Test: Marantz MusicLink HD-AMP1 und HD-CD1 | CD-Player