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Oktober 2016 / Tobias Zoporowski
Marantz-Fans (www.marantz.de) werden sich erinnern: Eine Produktlinie namens „Music Link“ gab es schon einmal. Anfang der Neunzigerjahre stellte der Hersteller einen ganzen Gerätepark (siehe Foto unten) vor, dessen Komponenten allesamt trotz ihrer kompakten Bauform einen kompromisslosen Ansatz verfolgten. Es gab einen Vorverstärker, Monoendstufen, einen Toploading-CD-Player und einen Plattenspieler. Sogar passende Miniracks konnten geordert werden.
Die Marantz-Music-Link-Serie aus den Neunzigerjahren
Optisch, haptisch und klanglich waren sie „state-of-the-art“, was sich bis heute in erstaunlich hohen Gebrauchtpreisen ausdrückt. Wenn, ja wenn denn mal eine der heute raren HiFi-Preziosen angeboten wird. Die Enthusiasten honorieren dabei, dass über dieser Produktlinie der Geist von Marantz-Mastermind Ken Ishiwata nicht nur schwebte, sondern er auch höchstselbst aktiv an der Entwicklung beteiligt war. Das ist übrigens heute wieder so. Die aktuelle „Music Link“-Serie, die neben den hier besprochenen Komponenten HD-AMP1 und HD-CD1 auch den von uns schon getesteten Kopfhörerverstärker-/DAC-Baustein namens HD-DAC1 umfasst, entstand ebenfalls unter direktem Einfluss der japanischen Entwicklerlegende.
Die neuen „HD“-Komponenten gefallen im angenehm klaren Retroschick, der trotz der Seitenwangen in Wurzelholzoptik nicht aufgesetzt oder altbacken wirkt. In Verbindung mit der blassgoldenen Lackierung meiner beiden Testobjekte wirken die bedruckten Kunststoffapplikationen sogar ausgesprochen edel. Dazu kommt, dass sie mein Herz als leidenschaftlicher Fahrer eines Mercedes-Benz-Youngtimers, dessen Armaturen mit reichlich Wurzelholzfurnier – dort allerdings „in echt“ – versehen sind, ganz besonders erfreuen.
Eine massive Bauweise der Komponenten als klangrelevante Maßnahme entspricht ja seit Jahrzehnten der „Ishiwata-Doktrin“, der sich vor allem die Top-Baureihen des Herstellers auch strikt unterwerfen. Da machen die Mid-Size-Beauties HD-AMP1 und HD-CD1 löblicherweise keine Ausnahme. Ihre Gehäuse wirken dank doppelter Bodenplatte, einer wandstarken Aluminiumfront und eben jener Seitenteile wie kompakte Tresore. Die mit jeweils knapp sechs Kilogramm aber nicht ganz so schwer sind, wie sie aussehen.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Marantz-Entwickler bei den „HD“-Komponenten ihre Aufgabe weniger darin sahen, eine Sonderedition der Standardbaureihen zu kreieren, sondern vielmehr eine kompakte Ausgabe ihrer Premiumrange auf die jeweils vier Dämpfungspucks zu stellen. Besonders augenscheinlich wird das auf der Rückseite des Vollverstärkers.
Lautsprecherterminal am Marantz MusicLink HD-AMP1
Derart massive Lautsprecherterminals gibt es nicht nur in dieser Klasse nicht, sondern auch in höheren Preisklassen eher selten. Marantz hat die „SPKT“-Schraubklemmen ursprünglich für seine Top-Komponenten entwickelt und nicht etwa auf Zulieferer wie WBT oder andere gesetzt. Sie halten jedwedes Kabel bombenfest und wirken, als ob sie dies auch in 20 Jahren noch tun.
Im Inneren geht es weiter, beim bordeigenen D/A-Wandlerchip, der standardmäßig Signale bis 32 Bit/384 Kilohertz entgegennimmt und mit der Unterstützung einer mitgelieferten Software auch DSD bis 11,2 Megahertz verarbeitet, handelt es sich um den Typ ES9010KM2 des Zulieferers ESS Sabre. Dieser Vielfüßer verirrt sich in Produkte der 1.000-Euro-Liga zwar manchmal, aber eben nicht so häufig. Der asynchron taktende USB-B-Eingang auf dem Rücken des HD-AMP1 – nur eine von insgesamt vier Digitalschnittstellen – wurde aufwendig gegen HF-Einstreuungen abgeschirmt. Was auch hinsichtlich der Tatsache, dass es sich bei dem smarten Gerät um einen Schaltverstärker – auch als Class-D-Amp bekannt – handelt, eine wohl folgerichtige Entscheidung ist. Diesen wird von Kritikern nämlich immer noch vorgeworfen, Hochfrequenzrauschen mitunter überhaupt erst zu verursachen.
Der Marantz MusicLink HD-AMP1 von Innen
Hinter der so genannten „MMDF (Marantz Music Digital Filtering)“-Technologie steckt ein zweistufiges Digitalfilter, mit dem sich die Klangcharakteristik des Verstärkers moderat an individuelle Wünsche anpassen lässt. Die Filtertypen – von Marantz pragmatisch mit „Filter 1“ und „Filter 2“ bezeichnet – unterscheiden sich im Frequenzgang und im Schwingungsverlauf. Filtertyp 1 bietet laut Marantz-Mitarbeiter Christian Görtz „eine kurze Impulsreaktion sowohl für Pre- als auch für Postecho“, Filtertyp 2 „eine asymmetrische Impulsreaktion, wobei das Post-Echo etwas länger ist als das Pre-Echo.“ Mit anderen Worten: Die Filtercharakteristika wirken auf die Dauer der Ein- und Ausschwingphase und generieren dadurch leicht unterschiedliche Klangeindrücke. Filter 1 wird als breitbandiger und klarer durchhörbar beschrieben, Filter 2 als etwas „zupackender“ und forscher. Beides fand ich im Hörtest bestätigt.
Wie bereits erwähnt, stellt der HD-AMP1 insgesamt vier Digitaleingänge zur Verfügung, zum USB-B-Port kommen noch zwei optische und ein koaxialer. Portis können über einen Front-USB-Anschluss kontaktiert werden, wobei nur jüngere iOS-Generationen dann auch gesteuert und ihre Inhalte auf dem dafür nicht sonderlich gut geeigneten, weil zu kleinen Bullaugendisplay dargestellt werden. Ein älterer „iPod Classic“ etwa kann seine Audioinhalte wiedergeben und wird über die USB-Buchse auch geladen, steuern muss man ihn aber am Gerät selbst – was kein Beinbruch ist.
Die Eingangsseite des Marantz MusicLink HD-AMP1
Für analoge Zuspieler gibt es zwei Hochpegel-Eingänge, auf einen Phono-Pre haben die Marantz-Mannen dagegen ebenso verzichtet wie auf diverse Netzwerkfeatures à la WLAN, DLNA, Internetradio oder Airplay/Bluetooth. Dafür haben sie ihm einen Kopfhörerverstärker eingebaut, der seinen Namen nicht nur qualitativ verdient, sondern sich auch flexibel auf diverse Kopfhörerimpedanzen anpassen lässt. So kann man etwa auch seinen niederimpedanten Mobilhörer, den man eigentlich meist unterwegs am Porti verwendet, ohne Probleme auch am HD-AMP1 betreiben. Das ist wirklich praktisch! Seine volle Performance zeigt der integrierte Headphoneamp indes freilich erst, wenn man ihn mit einem hochwertigen HiFi-Hörer fordert. Ein kurzer Quercheck mit einem Beyerdynamic DT-1990 Pro und einem zum Vergleich herangezogenen, externen Kopfhörerverstärker von Lehmann Audio („Rhinelander“) zeigte, dass zwischen diesem und dem Marantz-Modul wirklich keine Welten liegen. Wer nur gelegentlich „seine Ruhe hören“ möchte, kann den integrierten Pre also bedenkenlos nutzen.
Über den CD-Spieler Marantz HD-CD1 lässt sich nicht ganz so viel erzählen. Abgesehen von der Tatsache, dass er natürlich rein optisch perfekt zum Vollverstärker passt, wurde ihm in Sachen Verarbeitung und Materialqualität offenkundig die gleiche Aufmerksamkeit zuteil. Auch sein Gehäuse ist mit einer doppellagigen Bodenplatte, den auffällig verzierten Seitenteilen und einer recht starken Alufront robust ausgeführt, seine von Marantz selbst entwickelte Laufwerksmechanik entstammt im Kern den Vollformat-Top-Playern des Hauses. Zudem verfügt er ebenfalls über den ausgesprochen hochwertigen Kopfhörerverstärker inklusive Impedanzanpassung, den auch der HD-AMP1 mitbringt. Die D/A-Wandlung mit bis zu 24 Bit/192 Kilohertz verantwortet hier ein Baustein vom Typ Cirrus Logic CS4398. Der HD-CD1 ist ein reiner CD-Player, nimmt also keine SACDs entgegen und besitzt auch keine Digitaleingänge.
Beide Komponenten kommen übrigens jeweils mit einer eigenen Systemfernbedienung. Im Verbundbetrieb benötigt man freilich nur eine davon, muss aber daran denken, beide Geräte vorher über ihren „D-Bus“ (ein entsprechendes Kabel liegt bei) miteinander zu verbinden.
Test: Marantz MusicLink HD-AMP1 und HD-CD1 | CD-Player