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Januar 2014 / Tobias Zoporowski
Kurioses Kopfkino: Ich stelle mir vor, wie Magnat-Geschäftsführer Shandro Fischer (www.magnat.de) sinnend vor der offenen Motorhaube eines amerikanischen V8-Musclecars gehockt und sich dabei gedacht hat: „So wird er aussehen. Genau so.“ Vermutlich ist aus einer solchen Initialzündung heraus nicht nur das Design des Hybridvollverstärkers RV-3, sondern auch seine kraftvoll und lässig-souveräne Klangentfaltung entstanden, auf die ich noch im Detail eingehen werde.
So weit hergeholt ist meine Theorie nicht, Fischer gilt als Fan von US-Cars und mag solide und robuste Haptik und Optik ebenso bei den Produkten seines Hauses. Was man an den bisherigen Elektroniklinien der jüngeren Vergangenheit auch bereits sehen und fühlen konnte, allerdings nicht in solcher Konsequenz wie beim RV-3. Letztlich wundert das nicht, ist er doch neben zwei exklusiven Lautsprechermodellen – der kompakten „Quantum Edelstein“ und der Standbox „Quantum Signature“ – anlässlich des 40. Firmenjubiläums von Magnat entstanden. Und da darf man offenbar aus dem Vollen schöpfen. Wovon nicht nur die massive Anmutung des Gehäuses, sondern auch die Materialauswahl auf elektrischer Ebene kündet.
Einem Motorblock in der Tat nicht unähnlich werden die hauptsächlichen Funktionsgruppen des Amps sichtbar präsentiert. Die auffälligen Kühlrippen, unter denen die mit Toshiba-Transistoren kanalgetrennt aufgebauten Endstufenzüge platziert sind, flankieren zwei nicht minder unübersehbare „Dosen“, die zum einen den Netztrafo und zum anderen eine kleine Armada von – gegen störende äußere Einflüsse durch Vergussmasse abgeschirmte – Siebkondensatoren beheimaten. Robuste Gitter schützen je Kanal eine ECC 82-Doppeltriode vor zu forschem Zugriff, jedoch nicht vor Blicken. Was auch jammerschade wäre, setzen sie doch der Optik des rheinischen Kraftpakets das i-Tüpfelchen auf.
Die Röhren aus russischer Produktion übernehmen die Vorverstärkung des RV-3 und werden nach Herstellerangaben vor ihrem Einbau rund 60 Stunden eingebrannt, gemessen und paarweise selektiert. Die Magnat-Entwickler haben sich in der Vorstufe für die „SRPP“-Schaltung (Shunt Regulated Push Pull) entschieden, eine Gegentaktschaltung, die gar nicht so häufig verwendet wird, aber einige Vorteile bietet: So sagt man ihr einen sehr niedrigen Klirrfaktor (der zudem zu höheren Frequenzen hin noch weiter abnimmt), eine hohe Linearität bei hoher Verstärkung und sehr ordentliche Übersteuerungsreserven nach. Zudem sei, je nachdem welcher Röhrentyp verwendet wird, eine sehr niedrige Ausgangsimpedanz realisierbar.
Zwischen den beiden kleinen „Wachtürmchen“ für die Glaskolben befindet sich eine Aluminiumplakette, in die sowohl der Herstellername als auch die Modellbezeichnung des Verstärkers stolz eingefräst sind.
Das alles wirkt schon bis hierhin ausnehmend hochwertig, edel und mit Liebe gestaltet und verarbeitet. Kein Wunder, dass man den Magnat unweigerlich teurer schätzt als er ist. In meinem hifiaffinen Freundeskreis hat zumindest niemand richtig getippt, als die Schätzfrage nach dem Preis aufkam. Alle lagen – teils deutlich – darüber. Denn auch die Bedienelemente an seiner Front – sparsam in der Anzahl, völlig ausreichend in der Funktion – finden sich an wesentlich hochpreisigeren Komponenten auch nicht solider.
Der massive Lautstärkesteller, mittig platziert und aus massivem Alu gedreht, läuft sämig-schwerfällig und hängt an der Achse eines hochwertigen Potis des japanischen Spezialisten Alps. Links von ihm lässt sich die Balance justieren, rechts werden die Eingänge umgeschaltet. Die mitgelieferte Fernbedienung, ebenfalls ein ziemlich massives Alu-Klötzchen, kommt ebenfalls mit nur vier Tasten aus: Eingangswahl, Mute, Lautstärke rauf, Lautstärke runter – das war’s. Eine Standby-Funktion gibt es übrigens nicht. Der Verstärker wird entweder ein- oder ausgeschaltet, keine Diskussion. Eine Konsequenz, die mir gut gefällt.
Das in einem kreisrunden Bullauge untergebrachte Display rechts außen an der Front mag man bei einem Röhrenverstärker – oder wie in diesem Falle einem Hybriden – als Stilbruch empfinden, informativ ist es aber ohne Frage. Es zeigt den gewählten Eingang und illustriert mit einem „Warm-up“-Balken die Aufwärmphase des RV-3 bis zur Betriebsbereitschaft.
Anschlussseitig lässt der „Zwitter“ ebenfalls kaum Wünsche offen. Zu den insgesamt vier Hochpegeleingängen (inklusive einer vollwertigen Aufnahmeschleife für Tape-Freunde) gesellen sich gleich zwei Phono-Eingänge. Jeweils einer für MM- und MC-Tonabnehmer. Das ist ein Wort!
Das Vorverstärkersignal des RV-3 steht über eine Pre-Out-Buchse zur Verfügung. Die Lautsprecherterminals sind jeweils doppelt vorhanden. Man kennt das zwar von einigen Vollröhren, dass Anschlüsse für Vier- und Acht-Ohm-Lautsprecher angeboten werden, hier liegt der Fall aber anders: Der Magnat-Amp erleichtert damit lediglich das Bi-Wiring. Wer entsprechende Schallwandler betreibt, sollte diese Möglichkeit ausprobieren, bei mir zeigte sich das Klangbild insbesondere ab den oberen Mitten bis zum oberen Frequenzende hin noch etwas gelöster, etwas entschlackter und selbstverständlicher. Keine Welt, ausprobieren lohnt sich aber allemal.
Test: Magnat RV-3 | Vollverstärker