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Es waren bereits die achten Westdeutschen HiFi-Tage, welche am Wochenende vor dem Tag der deutschen Einheit wie gewohnt im Bonner Maritimhotel stattfanden. Hifi Linzbach (www.bonnaudio.de), das traditionsreiche HiFi-Haus in der Bonner Region hatte erneut zur Messe geladen und gut hundert Hersteller und Vertriebe waren dem Ruf an den Rhein gefolgt.
Der über die Jahre konstant hohe Zuspruch der Branche erfreut die Inhaber von Hifi-Linzbach, Benno Salgert und Christian Breil, zu Recht, was beim Fototermin vor dem Hotel, den sie zusammen mit Junior Michael Salgert wahrnahmen, ihren entspannten Mienen auch durchaus anzusehen war.
Möglich, dass dieses Jahr gefühlt einige Besucher weniger als in den Vorjahren die Veranstaltung besucht haben, was vermutlich am Brückentag lag, den so mancher für einen Kurzurlaub zu nutzen wusste. Doch die gute Laune bei den interessierten Messebesuchern und Ausstellern dürfte das mehr als ausgeglichen haben, besonders am Sonntag, der seinem Namen alle Ehre machte und die Anwesenden mit wunderbar herbstlichem Sonnenschein verwöhnte.
Dafür gab es am Samstag mal wieder richtig gutes „Messewetter“, was gemeinhin mit kalt-nassem Regenwetter zu übersetzen ist. Damit es den Besuchern des Maritim nicht zu sehr fröstelte, hatte die Hotelleitung offenbar entschieden, just an diesem Wochenende die zentral gesteuerte Klimaanlage auf reinen Heizbetrieb für die kalte Jahreszeit umzustellen, was zu „hitzigen Diskussionen“ vor allem in den kleineren Hotelzimmern führte, wo sich je nach Besucherandrang die eine oder andere Schweißdrüse zu verstärkter Tätigkeit animiert fühlte. Grund genug, die Sichtung der highfidelen Exponate, welche wie immer rein subjektiven Kriterien des Autors unterliegt und daher auch keine Wertung im absoluten Sinne darstellt, in den weitläufigeren und damit besser temperierten Sälen zu beginnen.
Edles gab es bei Audio Reference (https://audio-reference.de) zu entdecken, nämlich den Dreiwege-Standlautsprecher Sonus faber Serafino. Der Neuzugang stammt aus der Linie Hommage Tradition, die laut Sonus Faber eine weitere Reminiszenz an italienisches Design und klassische Handwerkskunst im Geiste der legendären Geigenbaumeister darstellt. So erfuhr man, dass Serafino ein Schüler des berühmten Nicolo Amati war. Wer nach dieser Information ein Paar der hochglänzenden, in rötlich schimmerndem Walnussholz gearbeiteten und mit der typischen lederbespannten Front versehenen Luxus-Schallwandler in Besitz nehmen möchte, darf den Betrag von 20.000 Euro überweisen. Dafür gibt es einen hochtransparenten, klar definierten Hochtonbereich, ausdrucksstarke Mitten und einen für die Größe des Lautsprechers mehr als soliden Bass, der angetrieben von Audio Researchs neuer Röhrenendstufe VT80 (10.900 Euro) auch im relativ großen Hörsaal noch eine gute Figur abgab.
Für das gleiche Geld ließ sich ein paar Räume weiter die Compact Evolution One von TAD-Labs (https://tad.tokyo/) erstehen, welche über der 12.800 Euro teuren, den Einstieg in die wunderbare Welt der japanischen Top-Lautsprecher markierenden TAD Micro Evolution One positioniert ist. Im Katalog wird der 30-kg-Dreiwege-Monitor (mit Beryllium-Magnesium-Koaxialchassis) tatsächlich als Referenz-Regallautsprecher bezeichnet, was entweder die Vermutung nahelegt, dass sie in Japan Regale besitzen, die hierzulande in Hochlagern Verwendung finden würden, oder aber es muss sich um eine besondere Art von Bushido-Ironie handeln. Der piekfein verarbeitete Lautsprecher wurde in der Olivenholzausführung mit silbernen Alu-Seitenwangen gezeigt.
Hier hätte ich gern ein Ohr riskiert, allerdings hatten sich Mirek Duda und Benedikt Dohmen vom deutschen TAD-Team für die bereits auf den Norddeutschen HiFi-Tagen 2017 präsentierten Kette mit der kleineren Micro Evolution One entschieden, was angesichts des regen Interesses des Publikums an der gut eingespielten Anlage sicher auch seine Berechtigung hatte.
Hatte Focal im letzten Jahr mit mächtigen Bässen aus der Tieftonabteilung der Sopra N° 3 und aufwendiger Elektronik von Naim (www.music-line.biz) die „Bude gerockt“, entschied man sich diesmal kleineres Besteck aufzufahren. Focals Zweiwege-Lautsprecher Sopra N°1 (7.000 Euro) durfte an Naims Uniti Nova (4.998 Euro), dem größten All-In-One-Player aus der neuen Uniti-Serie, und dem Musikserver Uniti Core (2.348 Euro) zeigen, was in ihm steckt.
Dabei war es sicher hilfreich, dass die Naim Uniti Nova über einen naimtypisch überdimensionierten Ringkerntrafo und 2 x 80 Watt leistende integrierte Endstufen verfügt. Auch wenn hier natürlich nicht die Membranfläche der Sopra N°3 zur Verfügung stand, wirkte das Klangbild keineswegs schmächtig, sondern mit Rockmusik immer noch ziemlich kraftvoll und im Bassbereich ansatzweise sogar an die Schubkraft der größeren Schwestern erinnernd. Sobald Kammermusik gespielt wurde, schien die N°1 das Klanggeschehen in guter Monitormanier sogar etwas räumlicher abzubilden als 2016 die Sopra N°3. Ganz sicher wäre es interessant, Focals „Kleine“ mal in einem adäquaten, etwas kleineren Raum zu erleben, zumal die Kette in dem großzügigen Raum optisch etwas unterzugehen drohte.
Richtig etwas erleben konnte man dann in der ersten Etage beim Genuin Audio Vertrieb (www.genuin-audio.de/). Chef Thomas Wendt hatte eine Kette zusammengestellt, die aus dem Musikserver Tars (12.500 Euro mit 1 TB SSD Speicher, eine Eigenentwicklung, die laut Genuin Audio die Musikalität der Schallplatte mit den Vorzügen des Computer-HiFi vereint) bestand sowie dem bereits in München positiv aufgefallenen Plattenspieler Genuin Drive (ab 7.000 Euro), der mit seiner Drehstabfederung über ein eher ungewöhnliches konstruktives Detail verfügt. Verstärkerseitig kam Elektronik aus Neuseeland zum Einsatz: Perreauxs 12.500 Euro teure Vor/End-Kombi bestehend aus dem Preamp Prisma SM6 MkII und der Stereoendstufe Prisma 350, die in der Ausgangsstufe mit Mosfets bestückt ist und, logisch, 350 Watt an 8 Ohm bereitstellen kann.
Der Schallwandler Vantage S Anniversary vom litauischen Hersteller Audio Solutions ist ebenso wenig ein Mainstreamprodukt wie der Rest der Anlage. So ist im gar nicht so riesigen Lautsprecherkabinett ein 8-Zoll-Downfiring-Subwoofer integriert, weshalb es sich hier immerhin um eine Vierwege-Konstruktion handelt. Edle Bauteile von Mundorf, Jantzen und WBT finden sich ebenfalls. Das Finish fällt wegen eines speziellen, wohl Steinmehl enthaltenden grauen Strukturlacks und Akzentstreifen in grellem Orange bewusst aus dem Rahmen. Weniger archaisch wirkende Lackierungen und dezentere Streifen seien, so Thomas Wendt, aber ebenfalls zu bekommen. Heftige 112 dB maximaler Schalldruck in drei Meter Abstand sei laut Produktbeschreibung mit den Jubiläumsspeakern machbar. Welches Jubiläum stand eigentlich an? Ach ja, das fünfjährige. Die Litauer wissen offenbar die Feste zu feiern, wie sie fallen und mit 35.000 Euro für ein Paar Vantage S bleiben sie auch konsequent auf dem Gas.
Ganz so unkonventionell wie sich einige der Mitspieler gaben, klang es dann aber doch nicht. Feinzeichnend und detailreich oben herum, tief und fest strukturiert im Bassabteil. Dazu gelang es der Kette eine durchaus beachtliche räumliche Weite hinter den Lautsprechern zu erschaffen.
Als eher bodenständig denn extravagant gelten die Herren Trenner und Friedl (www.trenner-friedl.com) aus der Steiermark. Da überrascht es wenig, dass es dem wirklich bildschönen Vollverstärker Crayon CIA-1T (5.600 Euro) gelang, mit den kleinen Zweiwegemonitoren Art von Trenner & Friedl einen sehr stimmigen, natürlichen Klang mit fein-seidigen Hochtongespinsten und ausdrucksvollen Mitten zu zaubern. Sicherlich wurden hier keine Berge in Sachen Tieftonfundament versetzt und auch beim Schalldruck hielten sich die Monitore vornehm zurück, punkteten dafür aber mit auditiver Eleganz und einer Leichtigkeit, die den Hörer bestimmt auch nach Stunden nicht so schnell ermüden lässt. Im Gespräch mit den Entwicklern musste ich dann erfahren, dass es den Monitor Stone Art 2014 in einer auf nur 20 Stück limitierten Mini-Auflage zum zwanzigjährigen Bestehen der Lautsprechermanufaktur zu kaufen gab und die ursprünglich 4.500 Euro teuren Schallwandler auf dem Gebrauchtmarkt inzwischen, falls man denn je einen zu Gesicht bekommt, erstaunlich hohe Liebhaberpreise erzielen. Und, nein, an eine Neuauflage sei leider nicht gedacht, wohl aber an die baldige Erneuerung des Art-Monitors, weshalb man den Stone Art in Bonn sozusagen als Platzhalter mitgenommen habe.
Auf dem Flur begegnete ich einem ausnehmend gut gelaunten Andreas Proske von Connect Audio (www.connectaudio.de/). Die Freude hatte ihren Grund, denn endlich konnte der Chef von Nordosts Deutschland-Vertrieb die neueste Geheimwaffe des Kabel- und Stromversorgungsspezialisten präsentieren.
Bei Nordosts Qkore handelt es sich um eine Serie aus drei Geräten, die eine zusätzliche parallele Erdung herstellen, indem sie entweder mit der Erde der Netzleiste oder mit der Gerätemasse, beispielsweise über Cinchbuchsen, verbunden werden. Forschungen auf dem Gebiet der Materialkunde hätten, so Nordost, zu Legierungen geführt, die für diesen Zweck optimal geeignet seien. Logisch, dass sogleich die Probe aufs Exempel folgte und man nicht umhin kam, den amerikanischen Spezialisten Recht zu geben. Stimmen wirkten klarer umrissen, die Klangereignisse besser separiert und der Hintergrund hörbar ruhiger und schwärzer, wenn die Qkores ins Spiel kamen. In hochwertigen Anlagen sind solche Dinge alles andere als Bagatellen.
Gleiches gilt allerdings auch für die sportliche Preisgestaltung, die Nordost bei den Qkores an den Tag legt. Der Einstieg für die primärseitige Erdung beginnt mit dem Qkore1 bei 2.890 Euro, während das Qkore 3, welches drei isolierte Anschlüsse für die Gerätemasse zur Verfügung stellt, 4.090 Euro kostet. Ein Qkore 6, das die beiden vorgenannten Geräte in einem Gehäuse integriert und zusätzlich Anschluss für Monoendstufen bietet, ist mit 5.790 Euro leider auch kein Schnäppchen. Doch selbst wer die Anschaffung eines Qkore nicht ernsthaft in Betracht zieht, sollte sich die Wirkung der kleinen Kästen zumindest einmal demonstrieren lassen.
Rieb man sich angesichts der kleinen Wunderkästchen von Nordost bereits die Augen, konnte man beim Anblick der Lautsprecher von Spalt Art (www.spaltart.de) erst recht ins Staunen geraten. Obwohl dieser Terminus den aus handgespaltener Tonfichte bestehenden Klangkörpern nicht wirklich gerecht zu werden schien.
Im Inneren der Konstruktion sorgen ein oder mehrere Breitbandsysteme dafür, dass die verwendeten Tonhölzer in Schwingungen geraten und dabei den Schall – einem Instrumentenkorpus nicht unähnlich – gleichmäßig in den Raum abstrahlen. Durch das Spalten der Hölzer vermeidet Entwickler Klaus Wangen, dass die langen Fasern der Tonfichte verletzt werden, da deren Unversehrtheit für eine kohärente Schallausbreitung unabdingbar sei. Die mit Schalllöchern in L-Form versehenen Objekte erinnern dann auch mehr an Instrumente als an klassische Lautsprecher, was der selbst Cello spielende Designer und leidenschaftliche Holzspalter wohl auch im Sinn hatte. Kaufwillige müssen mit Preisen ab 7.000 Euro pro Paar rechnen. Der Klang? Speziell, weshalb ich mich diesmal in Schweigen hülle und allen Interessenten rate, sich besser selbst einen Höreindruck zu verschaffen.
Verlassen wir also die schwer auszulotenden Untiefen des High End und kehren zu weniger Verfänglichem zurück. In der landschaftlich reizvollen Umgebung des Bodensees entstehen die Schallwandler von Lansche Audio deren wichtigstes Merkmal der Einsatz des Corona-Ionenhochtöners ist. Diplom-Ingenieur Rüdiger Lansche hat ihn über die Jahre immer weiter perfektioniert und setzt ihn auch in seiner neuen Lansche 5.2 ein, einem Dreiwege-Standlautsprecher mit einer zum Boden abstrahlender Bassreflexöffnung. Mit 87 dB/W/m Wirkungsgrad und einer verstärkerfreundlichen Nennimpedanz von 8 Ohm soll die 5.2 eine recht große Auswahl an passenden Verstärkern zulassen.
Welche, die wirklich gut zu passen schienen, waren die Monoamps Liszt von Linnenberg. Die vollsymmetrisch aufgebauten und 2 x 200 Watt starken, dennoch kompakten Monoblöcke versprühten gemeinsam mit Linnenbergs DAC-Vorstufe Telemann an den Lansche 5.2 eine ordentliche Portion Souveränität und gaben sich dabei angenehm neutral, ohne das akribisch-analytische Moment zu sehr zu betonen. Das harmonierte gut mit den seidig und sehr fein auflösend klingenden Plasmahochtönern der 5.2, die pro Paar ab 33.000 Euro zu haben sind.
Der zuständige Distributor Len-Hifi (www.lenhifi.de) verlangt für die Monos 6.000 Euro und für die DAC-Vorstufe, die DSD und PCM wandelt und deren Preamp-Sektion rein analog aufgebaut ist, 4.400 Euro. Praktischerweise hat Linnenberg dem Telemann auch einen Line-Eingang spendiert, an den sich beispielsweise eine externe Phonovorstufe anschließen lässt.
Nicht unterschlagen wollen wir Ihnen natürlich die Marvel (13.500 Euro/Paar) von Tune Audio, deren ausführlichen Test wir erst kürzlich ins Netz gestellt haben. Obwohl uns nicht ganz klar wurde, ob sich Distributor Walter Kircher auf unserem Bild über den positiven Bericht so erfreut zeigt oder eher darüber, dass er sich beim Transport der beiden massigen Stromverbesserer von Isotek, Evo3 Genesis und Evo3 Supertitan, die er mit nach Bonn gebracht hatte, offensichtlich keinen Bruch gehoben hatte.
Lag es am Ende auch am sauberen Strom? Jedenfalls konnten die Marvel, die über Tractrixhörner im Hochtonbereich und Backloaded-Downfire-Hörner hinter zwanzig Zentimeter Tief-Mitteltönern verfügen, auch im Bonner Hotelzimmer unter deutlich ungünstigeren Bedingungen als im heimischen Hörraum einen guten Teil dessen zeigen, was sie auszeichnet. Dies ist neben einer über alle Frequenzen kohärenten Spielweise vor allem das hohe Maß an Natürlichkeit, mit der sie insbesondere akustische Musik wiederzugeben verstehen. Horntypischen Speed und einen ungewöhnlich beweglichen Bass gab es natürlich auch noch. Dass sie sich mit Einsteins Hybrid-Vollverstärker „The Amp Ultimate“ gut verstand, war ebenfalls zu erwarten. Also doch Daumen hoch für die Marvel!
Richtig gut hat es auch im Raum von AHP-Audiophile HiFi Produkte und Jawil (www.jawil-audio.de) geklungen, wo erneut die Bragi-Lautsprecher von Jawil ihren Auftritt an PS-Audio-Elektronik absolvierten. Hatte es letztes Jahr schon gefallen, so war an diesem Wochenende nochmals eine Steigerung der Perfomance zu verzeichnen. Stimmen kamen extrem plastisch zu Gehör und verfügten über einen realistischen Brustton. Das Klangbild war feinsinnig-farbig aufgefächert, während ein kräftiger, dennoch stets gut definierter Tiefton für mächtig Laune unter den Zuhörern sorgte. Andreas Jungblut von AHP, der sich nach dem bedauerlichen Tod des SSC-Gründers Wolfgang Kisseler im letzten Jahr der bekannten Entkoppelungselemente angenommen hat, wies darauf hin, dass die Bragi nunmehr auf SSC-Füßen stehen und dies einen Großteil der Klangsteigerung herbeigeführt habe.
Messebericht: Westdeutsche Hifi-Tage