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Sehr gut gefällt mir das klar und akzentuiert vorgetragene Mittenband des Neuseeländers, das Gesangsstimmen ohne jeden Anflug eines Effektes und im besten Sinn natürlich transportiert. So unmittelbar und plastisch klingt Lou Rhodes´ sparsam instrumentiertes „It all“ (Album: One Good Thing) nur über Komponenten, die das Mittenspektrum weder unter- noch überinterpretieren. Dabei stellt der Audiant 80i Gesang räumlich hervorragend ortbar und schön weit vor die Anlage. Manchmal auch ein kleines Stückchen zu weit. So hat es mich einigermaßen verblüfft, wie klar abgegrenzt vom Rest der Band der Gesang von Cure-Frontmann Robert Smith in „Close to me“ (Album: Galore – The Singles 1987 – 1997) an mein Gehör gelangte. Ich kann mich nicht erinnern, dies zuvor in dieser Weise gehört zu haben. Durchaus nicht unsympathisch, wenngleich ein Quercheck mit Symphonic Line RG 9 MK 4 und Musical Fidelity m3i offenbarte, dass die Aufnahme in der Realität wahrscheinlich dichter abgemischt wurde. Nun ja, in Neuseeland gibt es eben viel Platz …
Als weiteres Beispiel für eine natürlich dargebotene Mittenlage mit akustischer Gitarre und gleich zwei Gesangsstimmen mag die athmosphärisch sehr schön gelungene Version des Black-Klassikers „Wonderful Life“ von Smith & Burrows (Album: Funny Looking Angels) dienen. Der Song wurde zudem mit einem sehr breiten Stereo-Panorama aufgenommen (oder dieses wurde nachträglich „hineingemastert“…), was der Neigung des Perreaux zu einer von innen heraus leuchtenden und luftig- weiten Abbildung entgegenkommt, sprich dessen Raumcharakteristik besonders zur Geltung kommen lässt.
Es gibt Zeitgenossen, die MOSFET-Endstufen harmonische Verzerrungen vorwerfen, die sich vor allem durch eine gewisse Härte im Hochtonbereich bemerkbar machen sollen. Zumindest dann, wenn die Schaltung auch hinsichtlich der Bauteilauswahl nicht ausreichend sorgfältig abgestimmt wurde.
Das völlige Ausbleiben dieses doch unschönen Effektes beim Audiant 80i deutet darauf hin, wie viel Erfahrung die Perreaux-Entwickler mit diesem Schaltungslayout in 40 Jahren Verstärkerbau gesammelt haben. Die obere Frequenzetage tönt vollkommen klar durchgezeichnet, brilliant leuchtend mit fast luzidem Charakter und sehr fein nuanciert.
So kommen etwa die Streicherpassagen und Blechbläsersequenzen in der bereits erwähnten Beethoven-Symphonie No.1 (s.o.) in allen Facetten zur Geltung. Rauigkeit oder Schärfe ist diesem Hochtonbereich indes bei aller Strahlkraft fremd. Wer hier akustische Parallelen zu einem guten Röhrenverstärker herausliest, liegt richtig. Damit haben die Neuseeländer einst angefangen. Feine, fast schwebende Obertöne des Pianos bei „Rocky Took A Lover“ von Bell X1, das ich auf einem der wunderbaren Sampler der niederländischen Musik-TV-Show „2 Meter Sessies“ gefunden habe, kommen so zu Gehör und vermitteln zudem durch die Übertragung subtiler Rauminformationen ein sehr glaubhaftes Abbild des Studios, in dem diese Liveaufnahme entstanden ist. Was vermutlich wenige wissen: Die „2 Meter Sessies“ des holländischen Fernsehsenders Veronica gelten als Vorbild für die später kommerziell viel erfolgreichere „MTV Unplugged“-Reihe. Erst im Jahre 2012 stellte Veronica TV das seit 1987 bestehende Format ein.
Abschließend möchte ich der Digitalsektion des Perreaux Audiant 80i noch ein paar gesonderte Zeilen widmen. Im Test zeigte sich, dass sich vor allem die asynchrone USB-Schnittstelle als ziemlich sinnvolles Feature erweist. Über eben diesen Port schickt mein Apple iMac die Daten aus meiner iTunes-Mediathek mit stets sehr klarer Diktion und guter Durchhörbarkeit. In sich stimmig, sehr flüssig und mit – im Vergleich zu den analogen Eingängen des Amps – minimal wuchtigerem und nicht ganz so pointiertem Bassbereich, kommt die Musik via USB aus den Lautsprechern.
Der Direktvergleich mit einem externen DAC – ich verwende einen „DACmagic plus“ von Cambridge Audio – zeigt, dass dieser dem internen Wandlerbaustein vor allem in den Disziplinen „präzise Ortbarkeit von Instrumenten“ und „Klarheit einzelner Töne“, sprich „Feinauflösung“ überlegen ist. Allerdings steht das auch zu erwarten, der „DACmagic plus“ liegt derzeit bei rund 600 Euro Verkaufspreis. Unter uns: Welten trennen die beiden nicht. Perreaux DAC-Mitgift ist also deutlich mehr als eine Verlegenheitslösung.
Der ebenfalls integrierte Phono-Pre, der ausschließlich MM-Tonabnehmer unterstützt, hinterlässt bei mir dagegen einen zwiespältigen Eindruck. Dabei muss man aber wissen, dass ich dem „schwarzen Gold“ trotz aller Vorliebe für Digital- und Streamingtechnologien immer noch häufig fröne. Ich höre in dieser Disziplin also möglicherweise besonders kritisch. Und in meinen Ohren fällt der Phono-Vorverstärker gegenüber allen anderen Eingängen doch etwas ab. Er ist beileibe kein Totalausfall, tönt insgesamt zwar sauber, aber auch seltsam emotionslos. Was so gar nicht zu meinem bis dato gewonnenen Eindruck des Neuseeländers passen wollte. Fazit an dieser Stelle: Wer es mit dem Vinylgenuss ernst meint, sollte sich doch einen externen Phono-Pre gönnen.
Test: Perreaux Audiant 80i | Vollverstärker