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Die hORNS-Mummy-Lautsprecher hörte ich das erste Mal im Hörraum eines Verlagshauses, für das ich ab und an als freier Mitarbeiter schreibe. Dort spielten sie zum damaligen Zeitpunkt mit einem Lindemann-Vollverstärker, und an die Stromversorgung angeschlossen war dieser mit einem ziemlich hochwertig aussehenden Netzkabel. Zu dumm, dass ich mir nicht gemerkt habe, welches genau das war – aber ich habe da fast schon eine Vermutung. Warum? Okay, jetzt wird’s kompliziert. Die Hörerfahrung mit den Mummy war damals ziemlich beeindruckend: So direkt und dennoch feinfühlig, mit so knackigem und dennoch klangfarbenstarkem Bass, mit so analytisch aufgelöstem Hochton ohne Schärfen, so laut und dennoch so unangestrengt hatte ich selten einen Lautsprecher erlebt. Ganz besonders erinnere ich mich an einen Effekt, den ich nur als Holografie beschreiben kann: Es spielte Iron Maidens „Book Of Secrets“ – und ich hatte mit geschlossenen Augen den Eindruck, die Band stünde zum Anfassen echt direkt vor meiner Nase. Nicht nur vor der Lautsprecherbasis abgebildet, sondern wirklich DIREKT vor mir. Quasi Liebe auf das erste Hören war das. Die Mummys waren also folgerichtig die Wahl für meine Zweitanlage, die mit dem Linn Majik DSM als Quellen-Verstärker-Komplettlösung eher übersichtlich ausfällt. Zumal ich schon immer einen Lautsprecher haben wollte, der so richtig Rabatz machen und den Adrenalinanteil im Blut gehörig nach oben korrigieren kann.
Allein: Als die beiden Polinnen mit den extravaganten Formen in meinem Hörraum standen, trat eine gewisse Ernüchterung ein. Irgendwie wollte sich das so prickelnd-ausbalancierte Klangbild mit seinen scheinbar unvereinbaren Gegensätzen nicht mehr einstellen, und die holografische Dimension, die Illusion des Musikers auf dem Nasenrücken, das fehlte fast komplett. Ich schob es zunächst auf die Raumakustik, dann auf den Linn – andere Verstärker machten ihre Sache da tatsächlich teilweise etwas besser, wie zum Beispiel der Norma Audio HS-IPA1, und auch Zubehör wie die leider gerade wieder abgereisten Kryna Palette Audio Boards konnten die Momente des ersten Zaubers wieder in Bruchstücken reanimieren. Dass es aber nun ausgerechnet ein Netzkabel ist, das mich vollumfänglich abermals in den fast schon zum Schemenhaften verblassten Traum zurückführt, das hätte ich nicht gedacht. Dabei sind Linn-Geräte berühmt-berüchtigt für ihr wählerisches Verhalten gegenüber „fremden“ Netzkabeln (bitte kombinieren Sie beispielsweise nie einen Linn mit einem Sun-Audio-Netzkabel!). Mein Majik DSM nuckelt normalerweise am AudioQuest NRG-2, einem leicht in Richtung Fülle tendierenden Vertreter seiner Art. Besser als das dem DSM beigelegte Netzkabel ist das schon, wenngleich nicht einer Offenbarung gleichkommend. Doch dass gegenüber dem AudioQuest NRG-2 (Preis: 189 Euro für 1,5 Meter) nun schon mit dem kleineren der beiden Furutechs eine so deutlich hörbare Verbesserung der tonalen Balance und der holografischen Fassbarkeit der Abbildung einhergeht, überrascht mich dann doch etwas. Welcome back, Iron Maiden!
Unabhängig von der Aufnahme gelingt den Mummys mit dem Furutech-FP-S022N (auf das „größere“ FP-TC31N gehe ich weiter unten gesondert ein) verkabelten Linn Majik DSM aber auch eine angenehmere Balance im Hochton: Schärfen nehmen ab, die Auflösung nimmt indessen leicht zu, wirkt sanfter und sauberer. In Airs „All I Need“ (Album: Moon Safari, auf Amazon anhören) glänzen die Streicher frisch wie nach der Morgendusche, kommt die Stimme von Sängerin Beth Hirsch etwas offener und balancierter rüber (vorher klang’s minimal kehlig), die Artikulationsgeräusche treten hörbarer in den Vordergrund, die räumliche Trennung von Stimme und Instrumenten gelingt eindeutiger. Auch Mikroinformationen gewinnen durch die wahrnehmbar höhere Auflösung, die sich mit dem FP-S022N einstellt. So geraten die elektronischen Hochton-Spielereien im Mittelteil von „Kascade“ von Animals As Leaders (Album: The Joy of Motion, auf Amazon anhören) prononcierter und sauberer voneinander getrennt als mit dem AudioQuest. Das ergibt in der Summe einen gefühlten Sprung in eine höhere Wiedergabeklasse.
Im Bassbereich gibt sich das mit den Steckern Furutech FI-E50 NCF und FI-50 NCF konfektionierte Furutech FP-S022N als Energizer, scheint die Mummys tiefer in den Keller spielen zu lassen und stellt die Textur von Bassstrukturen und Klangfarbenschattierungen exakter dar. Etwas indifferenter und weniger gut definiert dagegen wirkt der E-Bass in „All I Need“ mit dem Audioquest NRG-2 – und erst recht mit meinem selbst konfektionierten Phonosophie-Netzkabel. Zwar strafft es den Bassbereich im Vergleich zum Audioquest NRG-2 ebenfalls etwas, fällt aber in Sachen Tiefgang, Basstextur, räumlicher Ausdehnung sowie Mittel-Hochtonauflösung hinter das AudioQuest zurück.
Nun denn – da Progressive Audio Distribution mir netterweise auch je einen Schuko- und Kaltgerätestecker „lose“ beigelegt hat, wollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen auszutesten, inwieweit die genannten Klangverbesserungen auf das Konto des Kabels (FP-S022N) oder eben der Stecker (FI-E50 NCF und FI-50 NCF) gehen.
Stecker oder Kabel – wer trägt die Verantwortung?
Hmmmmmm … Die Antwort darauf ist „sowohl als auch“. Das Phonosophie-Netzkabel mit den Furutech-Steckern springt insbesondere in Sachen Auflösung über den gesamten Frequenzbereich, Offenheit im Hochton und Weiträumigkeit der Abbildung fast auf das Niveau der kompletten Furutech-Lösung (schön nachvollziehbar mit Yellos „Toy“-Album, auf Amazon anhören), erreicht dieses aber nicht, wenn es um Details in den niedrigeren Frequenzen geht. So verschwimmen die Bassdrum und der akustische Bass in „It’s A Wonderful World“ von Nine Horses (Album: Snow Borne Sorrow) immer noch etwas miteinander und schwingen nicht so fein moduliert wie mit dem FP-S022N als Verbinder. Die Stecker scheinen mir also insbesondere für den Mittel- und Hochton sowie die räumliche Weite handfeste Vorteile zu bieten, während das Furutech-Kabel in diesem Fall die Präzision im Bass maßgeblicher beeinflusst – und auch die skulpturale Darstellung dreidimensionaler Klangkörper, denn dies erlebe ich nur mit dem Komplettpaket aus Furutech FP-S022N und NCF-Steckern wieder so wie beim Mummy-Erstkontakt.
Think Big
Die Performance schon des „kleinen“ Furutechs an der Linn/hORNS-Kombi macht mich neugierig auf das „Samuraischwert unter den Kabeln“, das Furutech FP-TC31N mit seinen zigfach gefalteten Kupferleitern. Da die Stecker am 31er die gleichen sind – und nach der Erfahrung mit dem Furutech-getunten Phonosophiekabel – erwarte ich weitere Verbesserungen eher im Bassbereich und vielleicht auch bei der dreidimensionalen Darstellung. Und werde dann ein weiteres Mal überrascht. Das „große“ Furutech weist nämlich im Prinzip zwar dieselben Meriten auf wie der kleinere Bruder, treibt die Detailfreude gerade im Hochton aber nochmals einen Schritt weiter. Sehr offen, ausnehmend transparent und mit gegenüber meinem Graditech Voima 2 (1,5 m für 1.180 Euro) nochmals zackig-präziserer Transientenwiedergabe löst sich das Klangbild zudem noch etwas besser von den Lautsprechern ab als es das zuvor eh schon tat. Zum Einsatz kommt das Furutech FP-TC31N übrigens am Norma Audio SC-2-Vorverstärker in meiner Hauptkette mit Norma-Audio-Monos und Lansche-Audio-Lautsprechern. Dazu kommt eine fast schon erstaunliche „Verfestigung“ virtueller Klangkörper im Raum – Stimmen und Instrumente stehen mit mehr Präsenz vor mir.
Im Bass kommt das FP-TC31N etwas schlanker, definierter und dabei genauso tief spielend wie das Voima 2 rüber. Darüberhinaus zeichnet es Dynamikabstufungen noch etwas akkurater nach (die Bongos in „Sarè Tete Wa“ vom Chesky Records 1998 Sampler, gespielt von Babatunde Olatunji). Das Graditech Voima 2 dagegen versteht es noch ein wenig eleganter, musikalische Zusammenhänge zu integrieren und dürfte so eher introvertierte Genießer einer gesamtheitlichen Wiedergabe ansprechen, die insbesondere musikalische Integration und pointierte Feinsinnigkeit im Ausdruck favorisieren. Die Furutech-Lösung kommt zudem im Hochton spritziger und insgesamt etwas expressiver rüber und liefert so letztendlich auch etwas mehr Details und Einsicht ins klangliche Geschehen. Letzteres ist natürlich stets im Kontext des eigenen Geschmackes sowie der gesamten Kette – generell eher hell oder doch dunkler abgestimmt? – zu bewerten. „Ausprobieren“ heißt wie immer die Devise.
Übrigens kommen beim Graditech Voima 2 ebenfalls Furutech-Stecker zum Einsatz, jedoch versuchen die Finnen bewusst, den Metallanteil der Stecker, zum Beispiel des Gehäuses, so gering wie möglich zu halten, um klangschädliche elektromagnetische Einflüsse zu vermeiden (das gilt auch für die RCA-Verbinder und Lautsprecherkabel), so dass anderen Modellen (Furutech FI-E11-N1) der Vorzug gegeben wird. Laut Graditech-Geschäftsführer Sauli Liitiäinen übt Metall oft negative Effekte auf die Reinheit und Sauberkeit des Klangs aus. Es hänge jedoch auch sehr von der Architektur, also dem Leiteraufbau im Zusammenspiel mit dem Dämmmaterial, des Kabels ab, ob ein metallisches Steckergehäuse in der Praxis die beschriebenen negativen Einflüsse aufweise oder nicht. Und da scheint Furutech einen sehr guten Job gemacht zu haben, denn von Unreinheiten oder gar Verschmutzungen im Klangbild kann keine Rede sein – das fiele über die diesbezüglich unbestechlichen Corona-Hochtöner meiner Lansche Audio No. 3.1 auch direkt auf.
Test: Furutech FP S022N / FP TC31N | Netzkabel