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Fontaines D.C. – Dogrel

Fontaines D.C. aus Irland sind in Deutschland vielleicht kein großer Name, doch im Vereinten Königreich haben sie mit ihrem Debut-Album Dogrel einige Wellen geschlagen. Die Mercury-Prize-Nominierung kam verdient und obwohl sie nicht gewannen, haben sie andere Preise wie die Trophäe für das Album des Jahres von BBC Radio 6 Music mit nach Hause genommen. Das liegt an ihrem erfrischenden Sound, der Einflüsse von Punk, Garagen-Rock, Post-Rock und Rap aufweist. Auf den eigentümlichen Bandnamen kamen sie aus Copyright-Not. Eigentlich wollten die Musiker nur den Charakter Johnny Fontane aus „Der Pate“ im Namen weitertragen. Weil es aber schon eine Band namens Fontaines gab, entschlossen sie sich ein D.C. für Dublin City dranzuhängen.

fontainesdc - drogel

Das Lokale kommt manchmal auch in der Musik durch. Sänger Grian Chatten spricht in staccato und erzählt in den Songtexten Geschichten. Bei Too Real fällt sein irischer Dialekt besonders auf, wenn er „is it too real for ya?“ fragt. Der Song beginnt mit Uptempo Drums und Gitarrenarpeggien, die in ein dröhnendes Instrumental aus verzerrten Akkorden und schepperndem Schlagzeug übergehen. Die instrumentalen Passagen sorgen für eine Atmosphäre, die typisch für Post-Rock ist. Der Mix mit Chattens rappender Stimme macht das ganze aufregend und neu. Das besondere Augenmerk auf die Texte kann man auch als irisches Erbe einstufen. Die fünf Musiker kamen nämlich zuerst durch ihre Leidenschaft für Poesie zusammen.

Vor der Musik veröffentlichten sie Gedichtbände, die von den Beat Poets wie Allen Ginsberg und irischen Dichtern wie James Joyce oder W.B. Yeats inspiriert waren. Der eher melancholisch anmutende Track Televisions Screens war eigentlich als Gedicht gedacht. Hier hinterfragt Chatten auf gekonnte Weise die Realität, die hinter dem Bildschirm abgebildet ist. Dabei lässt die erste Strophe noch offen, in welcher Wirklichkeit man sich befindet. Chatten steigert das Narrativ so weit, dass er in der letzten, dritten Strophe direkt zum Fernsehen spricht. Er beschimpft es mit „You’re a cluster of nothing, You are a beauty for the sake“ und wird von einem klickenden Schlagzeug, melodischen Bass und aufgewühlten Gitarren unterstützt. Deshalb: Beim Anhören unbedingt auf die Worte achten!

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Angel Olsen – All Mirrors

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Angel Olsens Karriere begann 2012 mit einem Singer-Songwriter-Album. Drei Platten voller Akustikgitarren, zarten Melodien und ein paar Rock-n’-Roll-Momenten später kommt die Sängerin aus den USA mit einem neuen Album zurück. Von ihren ruhigeren musikalischen Anfängen hört man auf All Mirrors jedoch wenig und das ist nicht negativ. Der opulente Sound eines Orchesters und viel Hall auf der Stimme zeigen gleich auf dem ersten Song Lark, wie gut Olsen die neue musikalische Richtung steht. Hier befreit sie ihren Gesang nach und nach von Zurückhaltung und lässt ihn auf ungeahnte Größen anschwellen. Das wirkt theatralisch, aber passt perfekt zur finalen Dramatik der sich aufbäumenden Musik des Orchesters, zu dem sich ein Schlagzeug gesellt.

Der Titelsong All Mirrors besticht durch Synthesizer und Elektro-Drums, die eine 80er-Jahre Ästhetik hervorrufen. Der Wechsel aus Drum-Schlägen und schlagzeuglosen Synthie-Wolken macht den Track geheimnisvoll – er ist nicht vorhersehbar und die Musik gleicht einem Wechselbad der Gefühle. Die Drum-Akzente werden erst nach den ersten Minuten zu einem pochenden Beat und verstummen wieder, wenn die Klangwolke aufzieht, die sich wie eine musikalische Schwebe anhört. In den bewegten Passagen steht Olsens Stimme im Vordergrund. Sie singt von einer zerflossenen Vergangenheit, ungenutzten Chancen und hinterfragt die eigene Perspektive. Das Hinterfragen wurde zum Credo für das ganze Album. All Mirrors soll laut Olsen dafür stehen, dass wir immer Spiegel für einander sind. Das Spiel mit anderen Sichtweisen und das Betrachten aus anderen Winkeln könnten weitere Gründe für das Geheimnisvolle des Titelsongs sein.

Viele Songs des Albums überzeugen mit einer Dramatik, die filmische Szenen im Kopf entstehen lassen. Songs wie Spring sorgen dazwischen für einen erfrischenden Hauch von Leichtigkeit und runden das Album als Gesamtpaket ab. All Mirrors beweist, dass man noch viel von Angel Olsen erwarten kann – was noch in ihrem musikalischen Zauberhut steckt, wird das nächste Album offenbaren.

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Beck – Hyperspace

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Beck konnte man noch nie wirklich in eine Schublade packen. Nach seinem Erfolgshit Loser 1993 experimentierte der Musiker mit Pop, Trash, Blues, Hip-Hop, Soul und ließ fast kein Musikgenre in seinen Alben aus. Bei Hyperspace half ihm der Alleskönner Pharrell, der als Produzent zu funkigen Momenten, aber auch Ambient-Passagen auf dem Album beitrug.

Die Platte beginnt ganz ruhig. Der kurze erste Song Hyperlife besteht aus atmosphärischen Soundwolken, über die sich Becks effektbelegte Stimme legt. In einem Interview sagte Beck, dass das Wort „Hyperlife“ die Momente im Leben beschreibt, in denen alles gleichzeitig passiere. Das überladene Chaos, das man sich darunter vorstellt, kann man in den meditativen Klängen aber nicht wirklich finden. Der Zen-Sound passt viel besser zum nächsten Track Uneventful Days. Flankiert von Becks poppigem Gesang setzen die Synthesizer hier ihre Klänge fort, die in Hyperlife ihren Anfang nahmen. Dazu kommen allerlei Klicks, elektronische Bassläufe und musikalische Details aus der digitalen Trickkiste.

Revolutionär und nach neuer Musik klingt das nicht. Man fühlt sich vielmehr an eine runtergedrehte Version alter House-Tracks erinnert. Das ist auch in Songs wie Chemical der Fall. Der elektronische Beat plätschert hier vor sich hin und zieht unspektakulär an einem vorbei. Vielleicht kommt die Enttäuschung, weil man sich von Pharrell als Produzenten mehr versprochen hätte. Als Mitglied der Neptunes hat er schon früh bewiesen, dass er richtungsweisende, neue Musik kreieren kann. Neben vielen Songs, die sich belanglos anfühlen, gibt es aber auch musikalische Highlights auf dem Album. Der Blues-Song Saw Lightning ist da ganz vorne dabei. Zwischen der House-belasteten Langeweile ist Saw Lightning mit einem rappenden Beck und Slide-Gitarren-Einlage eine funkige Abwechslung, in der man den trotzenden Loser-Beck der 90er Jahre wiedererkennt.

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