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Progressive Audio Extreme III: Klangeindrücke

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Progressive Audio Extreme III: Klangeindrücke

Showdown
Theoretisch wie messtechnisch mögen die Progressive Audio Extreme III als verzerrungsarme, phasenlineare Lautsprecher mit exzellenter Impulsantwort hohen Hörgenuss versprechen – in der Praxis macht mir erst mal die Akustik meines Hörraums einen Strich durch die Rechnung. Die Extreme III gehen im Bass gleich so zur Sache, dass sie eine Raummode meines Zimmers anregen. Selbst durch eifriges Experimentieren mit der Aufstellung – was in Anbetracht des vergleichsweise geringen Gewichts der Säulen eine eher leichte Übung ist – dröhnt es untenherum so stark, dass an entspannte Hörsessions nicht zu denken ist. Dafür können freilich weder der Entwickler noch die Lautsprecher etwas. Trotzdem hat Ralf Koenen eine Lösung parat: Ein verlängertes Bassreflexrohr, das er auf Bestellung allen Käufern der Extreme III mit ähnlich gelagerten Problemen liefert.

Progressive Audio Extreme III

Durch die Verlängerung der Bassreflexrohre ändert sich die Abstimmung in der Form, dass der Bass im Pegel früher abfällt, dafür aber insgesamt sogar noch tiefer hinab reicht. Das Problem mit der Raummode gereicht mir damit zum Vorteil, weil dessen Lösung den Übertragungsbereich der Lautsprecher nochmal nach unten erweitert. Um es gleich zu sagen: Die Sache klappt hervorragend!

Und zwar so hervorragend, dass ich geneigt bin, spontan meine kürzlich erkorene Referenz in Sachen Basswiedergabe, die Nubert NuVero 140, in Frage zu stellen. Natürlich können die vier 18-Zentimeter-Langhub-Woofer mit ordentlich Volumen im Rücken, wie sie die Nubert bieten, hinsichtlich Maximalpegel oder Grobdynamik noch mehr. Was allerdings die Performance in meinem Hörraum betrifft, gehen die Extreme III die Sache noch substanzieller an. Sie überzeugen durch ein tiefreichendes und sehr gut konturiertes Bassfundament. Insgesamt würde ich den Tiefton der Progressive Audios als „satt“ – er hat Punch und kann Druck machen –, aber nicht als „dick“ – also aufgequollen und unkontrolliert – bezeichnen.

Patricia BarberDer Kontrabass im Track „Postmodern Blues“ auf dem Album Modern Cool von Patricia Barber schnalzt sowas von satt, dass ich die Töne auch physisch über mein Sofa spüre. Das hat Substanz, Kraft, Körper. Und doch ist das etwas völlig anderes als das unkontrollierte Dröhnen der Raummode zuvor, denn die Ein- und Ausschwingvorgänge der Saiten, die Resonanz des Instrumentes, alles, was den Ton des Kontrabasses ausmacht, geben die Progressive Audio Extreme III klar differenziert wieder. Da ist nichts Unkontrolliertes. So lasse ich mir das gefallen.

Die Progressive Audio Extreme III. Mit dem Knebelschalter oben lässt sich der Hochton um ein dB anhebenBlick aufs Terminal der Die Treiber-Bestückung der Progressive Audio Extreme III. Mit dem Knebelschalter oben lässt sich der Hochton um ein dB anhebenBlick aufs Terminal der Die Treiber-Bestückung der Progressive Audio Extreme III. Mit dem Knebelschalter oben lässt sich der Hochton um ein dB anhebenBlick aufs Terminal der Die Treiber-Bestückung der Progressive Audio Extreme III im Hörraum

Bleiben wir noch kurz bei den unteren Oktaven. Ich fröne ein wenig meinem Faible für Filmmusik – besonders dem für kitschige Tanzfilme. Sie können angesichts der mauen Klangqualität früherer Tonauskopplungen von Filmen jetzt die Nase rümpfen – wenn wir von „Saturday Night Fever“ oder „Grease“ reden, gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht. Allerdings hat sich beim Film in den letzten 20 Jahren nicht nur bei der Bildtechnik unglaublich viel geändert. Ich möchte behaupten, dass der Fortschritt beim Ton noch viel dramatischer ist. Surround-Techniken wie diverse Dolby-Systeme bis hin zu Dolby Atmos, SDDS oder DTS sowie die über allem schwebende THX-Zertifizierung von Lucasfilm haben dem Ton auf ein Level verholfen, dem auf der optischen Seite vielleicht ein perfekter 3D-Film, den man ohne 3D-Brille sehen kann, entspräche. Entsprechend hat der Sound auch aufnahmeseitig eine extrem wichtige Rolle eingenommen. Und wenn die zahlreichen Tonspuren – für den Film in höchster Qualität aufgenommen – sorgfältig stereofon abgemischt werden, ergibt das häufig eine exzellente CD. So etwa im Fall der Music Music from the Miramax Motion Picture Chicagofrom the Miramax Motion Picture Chicago. Hören Sie sich etwa den „Cellblock Tango“ einmal über die Extreme III an. Die verschiedenen Paukenschläge zu Beginn des Stücks bringen die Progressive Audio eindrucksvoll plastisch zu Gehör. Das hat einen „Whoop“, der auch fühlbar ist und den ich so sonst eher von Live-Konzerten kenne.

Progessive Audio Extreme III von hintenAndere Instrumente und Stimmen heben sich sauber vom Bass ab. Die weiblichen Häftlinge, die die Geschichten erzählen, die sie ins Gefängnis gebracht haben, stehen klar umrissen im Raum. Die Charakteristika der einzelnen Stimmen vermitteln die Progressive Audio Extreme III deutlich. Wobei: Der „Cellblock Tango“ gehört quasi zu meinem Pflichtprogramm, wenn ich Komponenten teste. Über entsprechend viele Lautsprecher habe ich das Stück gehört. Und irgendwie habe ich die Stimmen ein bisschen anders in Erinnerung als ich sie über die Extreme III gereicht bekomme. Ja, jede Stimme wird klar charakterisiert und unterscheidet sich von den anderen. Auch Feinheiten der Artikulation geben die Progressive Audio detailliert wieder. Dennoch höre ich einen schwer auszumachenden Unterschied im Vergleich dazu, wie beispielsweise meine Valeur Audio Micropoint 4 SE die Stimmen wiedergeben. Das Ganze spielt sich eher auf der Ebene von Nuancen ab und lässt sich wohl auch deshalb schwer fassen und bewerten. Aber achten Sie, falls Sie die Extreme III probehören, einfach mal gezielt auf die Stimmwiedergabe.

Bei Instrumenten kann ich diesen winzigen Unterschied nicht ausmachen. Unabhängig davon überzeugen die Extreme III mit klaren Klangfarben und ausgewogener Wiedergabe des Verlaufes der einzelnen Töne – vom Attack bis zum Release. Die Transientenwiedergabe der Progressive Audio ist schnell und exakt, dabei weder nervös noch überschärft, wie bei manchen auf „Geschwindigkeit“ gezüchteten Lautsprechern. Klaviermusik, etwa Die Händel Klaviersuiten eingespielt von Ragna Schirmer, perlt wunderbar leicht und transportiert die barocke Beschwingtheit der Stücke, die man sich einerseits gut auf einem Cembalo gespielt vorstellen kann – Die Händel Klaviersuitenandererseits bringt das moderne Klavier eine schöne Substanz, eine Erdigkeit ins Spiel, die der Interpretation von Frau Schirmer einen ganz eigenen Reiz verleiht. Und es ist einfach traumhaft, mit welcher Sicherheit und Homogenität die Extreme III alles von den feinsten Nuancen des Anschlags bis zur tiefsten, körperhaften Resonanz des großen Instruments in meinen Hörraum stellen.

Auch im Hochton überzeugen die Progressive Audio Extreme III. Die Dosierung gefällt mir in meinem normal bedämpften Hörraum gut. Wer viele Polstermöbel, dicke Teppiche und schwere Vorhänge, sprich: einen stark bedämpften Raum hat, kann die Hochtondosis über den Kippschalter auf der Rückseite um ein Dezibel anheben. Mehr braucht man nach Ansicht des Entwicklers nie. Insgesamt fügen sich die oberen Lagen exzellent in die Spielweise der Extreme III ein. Die Auflösung ist dabei sehr gut. Wenn ich nicht wüsste, dass hier mit entsprechendem Aufwand noch ein Quäntchen mehr herauszuholen ist, würde ich den Hochton für perfekt erklären. Lediglich ausgewiesene Hochtonspezialisten – wie etwa die mit Bändchenhochtönern bewehrten JMR Abscisse – schaffen hier noch etwas mehr. Was manch einem, der auf eine gelassenere beziehungsweise weniger akribische Wiedergabe aus ist, aber womöglich auch schon wieder zu viel des Guten sein kann.

Extreme III von innen
Ungewohnte Perspektive: Blick durch die Bassreflexöffnung ins Innere

Ein besonderes Talent, das mir bei den Progressive Audio Extreme I schon aufgefallen ist, zeichnet auch die Extreme III aus: Sie bilden Klänge sehr plastisch, dreidimensional-raumgreifend ab. Die tiefen Kontrabass-Töne des eingangs erwähnten Stückes von Patricia Barber „stehen“ nicht einfach auf einmal unvermittelt im Raum – man meint vielmehr förmlich zu hören, wie sich jeder Ton „ausbreitet“. Dabei scheint jeder Ton nicht nur einen klaren Ausgangpunkt zu haben, sondern zusätzlich noch einen Vektor, der die Ausbreitungrichtung beschreibt. Das gilt nicht nur für tiefe Töne. Den Kontrast zum phänomenalen Bassbereich bildet im genannten Stück zum Beispiel ein Triangel-Schlag, der ein kurzes Kontrabass-Solo beendet. Und auch hier hat man den Eindruck, dass der Ton wie ein aufblendender Scheinwerfer, bei dem man den Verlauf des Lichtkegels durch den Raum verfolgen kann, auf einen zukommt. So bringen die Extreme III eine selten zu hörende Plastizität in die Wiedergabe. Vor meinen geschlossenen Augen taucht beim Hören das Bild eines Feuerwerks auf. Die einzelnen Töne breiten sich wie ein Funkenregen aus, greifen ineinander, durchdringen sich und bilden eine Gesamtkomposition, obwohl jede „Explosion“ auch als solche zu erkennen ist. Keine Ahnung, ob Sie mit diesem Bild etwas anfangen können. Letztendlich ist es schlicht faszinierend, wie die Extreme III nicht nur die einzelnen Töne, sondern auch deren Verwobenheit ineinander im zeitlichen Verlauf abbilden.

Nach allem, was ich bisher über die sehr plastische Abbildung der einzelnen Töne geschrieben habe können Sie sich bestimmt denken, dass die Raumabbildung generell eine absolute Domäne der Progressive Audio Extreme III ist. Wie ich es an meinen ehemaligen Geithain ME 150 geschätzt habe, bauen die Extreme III das musikalische Geschehen nicht nur vor einem, sondern auch um einen herum auf. Es entsteht die Illusion, dass man sich nicht einfach vor einer Bühne befindet, sondern mitten im Konzertsaal, Opernhaus, Jazzkeller, Stadion etc. Dabei ist die Ortung von Sängern und Instrumenten immer klar möglich, auch die Abbildungsgröße wirkt sehr realistisch – klar, man ist ja mitten „drin“. Selten habe ich gehört, dass Lautsprecher Musik so raumfüllend, ja auch raumüberschreitend abbilden, wie die Extreme III. Diese involvierende Räumlichkeit, die den Hörraum einfach aufzuheben scheint, macht regelrecht süchtig.

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Genelec 8381A

Test: Progressive Audio Extreme III | Standlautsprecher

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