Demnächst im Test:

Billboard
Teufel

Seun Kuti – Black Times

Obwohl man schon bei den ersten Tönen mit den Füßen wippt und durch die positive Energie der Musik gute Laune bekommt, enthält Seun Kutis neues Album Black Times nicht nur fröhliche Songtexte – es ist vor allem ein Aufruf zum Protest.

Seun Kuti – The Last Revolutionary

Der Sohn des Afrobeat Begründers Fela Kuti hat den aktivistischen Spirit seines Vaters geerbt – er möchte die Welt verändern und geht in seinen Texten gegen Ungerechtigkeit, Rassismus, Korruption und Heuchelei in der Gesellschaft vor. Black Times ist aber auch eine Hommage an alle, die das schon vor ihm getan haben. Er selbst sagt über die neuen Songs: „Ich ehre damit meine Eltern und jeden Revolutionär, der vor mir kam und die Welt verändert hat.“ Als sein Vater 1997 verstarb, war er erst 14 Jahre alt. Inzwischen ist er erwachsen, hat eigene Kinder und sieht viele Dinge mit anderen Augen. „Heute brauchen wir echte Anführer“, sagt er und fordert von der Gesellschaft in seiner Single „Black Times“: „Expose the truth!“

Ganz im Spirit seines Vaters, der überall auf der Welt spielte und Musiker verband, richtet Kuti sich an Menschen auf allen Kontinenten und nicht nur an die seiner Heimatstadt Lagos. Musikalisch wird er in diesem Song von Carlos Santana an der Gitarre und der legendären Band Egypt 80 unterstützt. Der treibende Beat regt zum Tanzen an und die Hooks des Chorus zum Mitsingen. Zusätzlich lockern Bläsereinwürfe die Stimmung weiter auf – Kuti selbst spielt Saxofon, belässt es auf dem Song aber bei den melodiösen Gitarrensoli von Santana.

Auf den weiteren sieben Songs wird er von großen Namen wie dem Jazz-Pianisten Robert Glasper, Hiatus Kaiyotes Frontfrau Nai Palm und dem Rapper und Künstler Yasiin Bey unterstützt. Bei seiner Energie und Mission ist das kein Wunder. Man kann sich seinen Forderungen in „Black Times“ nur anschließen: Let the black light shine!

Seun Kuti – Black Times auf Amazon anhören

 

Nils Frahm – All Melody

Nils Frahm überzeugt mich vor allem durch sein Klavierspiel. Er komponiert innovativ, baut aber in seinen Liedern oft pathetische und gefällige Spannungsbögen ein – das Mittel zum Erfolg, denn so erreicht er ein großes Publikum. Seine Konzertreihe in Berlin Ende Januar war schon weit im Voraus ausverkauft.

Nils Frahm – All Melody

Klassisch geschult, vereint Frahm in seiner instrumentalen Musik Pop und Elektro. In seinem neusten Album All Melody experimentiert er auch mit der menschlichen Stimme, die er instrumental einsetzt – es kommen immer wieder langgezogene „Aaahs“ vor. Trotz der Variabilität der Stimmfarben kann diese Komponente die Stücke aber nicht bereichern. Die meisten der ineinander verwobenen, elektronischen Tracks sind leider ermüdend. Ein einfaches Klavier ohne Effekte bekommt man hier selten zu hören. Für den Aufbau der elektronischen Stücke benutzt Frahm Syntheziser, elektronische Orgeln und Bässe, die geloopt einen Klangteppich ergeben. Doch ohne die Live-Inszenierung ist das leider nicht so spannend.

Im Konzert kann man sich von Frahms Qualitäten überzeugen: Dort tänzelt er als Solist zwischen den vielen Tasteninstrumenten auf der Bühne, bedient alles gleichzeitig und nebeneinander. Die Magie eines Konzerts von ihm entsteht durch diese Inszenierung, in der er gekonnt mit den Fingern über die Tasten und Schalter der vielen Pulte und Instrumente schwebt. Dabei kommt mehr zustande als auf der Platte. Denn live improvisiert Frahm regelmäßig, seine Musik wird so lebendig.

Auf dem neuen Album können nur die Lieder, bei denen Frahm alleine am Klavier sitzt, überzeugen. Das Bild eines Pianisten, der solo an seinem Instrument sitzt, entsteht zum Beispiel beim Stück „Fundamental Values“. Zwar wird der Track durch langgezogene Streichertöne und eine Trompetenmelodie angereichert, doch das Klavier steht klar im Vordergrund. Dieses einfache Spiel lässt die langen elektronischen Kompositionen glatt alt aussehen.

Nils Frahm – All Melody auf Amazon anhören

 

MGMT – Little Dark Age

Der Durchbruch der Electro-Rock-Band MGMT ist schon etwas länger her. Mit ihrer Party-Kracher-Single „Kids“ wurden sie 2007 schlagartig bekannt – auf einmal waren sie in aller Munde. Der plötzliche Erfolg in den 00er-Jahren lässt sich durch den Sound der Band erklären. MGMT verbanden elektronische Synthesizer-Klänge und Ohrwurm-Melodien mit einer Rockbandbesetzung. Damals etablierte sich das Genre des Electro in den kommerziellen Charts. Nachdem Bands wie Kraftwerk den Musikstil in den 70ern formten, wurde er in den 00er-Jahren massentauglich. MGMT trafen den Nerv der Zeit. Zehn Jahre später bringt die New Yorker Band mit Little Dark Age ihr fünftes Studioalbum auf den Markt. Hat sich die Band inzwischen musikalisch weiterentwickelt?

MGMT – Little Dark Age

Nun, der Titelsong der neuen Platte klingt so, als hätte sich MGMTs Sound nicht wirklich verändert. Der Song hört sich wie eine Hymne aus den 80er-Jahren an. Das Schlagzeug klingt synthetisch nach Drum-Machine, die Stimme ist mit viel Hall belegt und Sänger Andrew Vanwyngarden singt eine eindringliche Melodie über Synthie-Klänge. Im Chorus wird das Elektro-Gedudel im Hintergrund so laut, dass es den Gesang in den Hintergrund rücken lässt.

Doch es geht auch anders: In der anschließenden Single „When You Die“ steht die klassische Bandbesetzung aus Gitarre, Bass, Gesang und Schlagzeug im Vordergrund – und die Ironie des Textes zieht sich bis in das Arrangement des Songs hinein. Die hohen gezupften Gitarrentöne wirken ein bisschen verstimmt und im Hintergrund erklingt immer wieder eine lachende Stimme. Nach der Hälfte des Liedes kommen dann doch ein paar Electro-Instrumente zum Einsatz und reichern den Sound atmosphärischen an. Dieser Song ist wohl der untypischste des ganzen Albums.

Die weiteren Lieder definieren sich in der Hauptsache über ihren Electro-Beat und strahlen lyrisch wie musikalisch eine gewisse Melancholie aus. Die Unbeschwertheit von „Kids“ mit der fröhlichen Synthie-Melodie am Anfang, die im Kontrast zum eher seriösen Songtext steht, wird nicht wieder aufgegriffen. Eine richtige musikalische Weiterentwicklung ist dieses Albums nicht – und eine große Hitsingle wird es wahrscheinlich ebenfalls nicht geben. Trotzdem bleiben die Melodien im Kopf und auch das Gefühl der 80er-Jahre ist bei den beiden Gründungsmitgliedern, die Kinder dieses Jahrzehnts sind, eine interessante Geste.

MGMT – Little Dark Age auf Amazon anhören

Billboard
Econik-Lautsprecher

Über die Autorin / den Autor