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Klara Lewis & Nik Colk Void – Full-On

Die schwedische Produzentin Klara Lewis und Nik Colk Void aus London gehen auf Full-On ungewöhnlichen Klängen nach, die mal bis zur Unkenntlichkeit verzerrt sind, mal ihre Natürlichkeit behalten, immer aber experimentell bearbeitet werden. Dabei bedient sich das Duo natürlicher Klänge aus Feldaufnahmen, Samples und digitaler Manipulation. Da jeder Song für sich steht, die Abfolge aber dennoch wie ein Fluss wirkt, schicken die beiden die Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihren 17 neuen Songs in ein außergewöhnliches Hörerlebnis.

Klara Lewis & Nik Colk Void - Full On

Das internationale Duo hat einen ganz eigenen Sound, der gleich im ersten Song brachial präsentiert wird: „Say Why“ ist mit so viel Verzerrungen und Subbass unterlegt, dass es zunächst schwerfällt, zu identifizieren, woher die Noise-Geräusche überhaupt kommen. Doch nach und nach lichten sich die Geräusche und man beginnt, einzelne Motive zu erkennen. Sogar Melodien kommen zum Vorschein, die allerdings so „vergrisselt“ klingen, dass man fast meint, das Schnee- und Bildrauschen eines alten Fernsehers herauszuhören.

Ohnehin klingt das Album, als würde man durch eine Reihe von Fernsehkanälen zappen. Der nächste Song „In Voice 1“ kündigt im Titel die mit vielen Effekten aufgeladene Stimme an, doch bald schon geht es in „Junk Funk“ in ein Bass-Gitarren-Motiv über, das richtig groovt und punkig wirkt. Mit zwei- bis dreiminütigen Soundschnipseln geht’s dann weiter durch alle möglichen Gefühlswelten: Mal herrscht euphorische Stimmung irgendwo auf dem Balkan (durch das treibende Motiv von „Ski“), mal ruhige Meditation mit sanften Klängen bei „Swimming“ oder Gitarrensounds („Guitar Hero“) fließen zunächst clean durch die Boxen, bis Lewis und Colk Void sie immer mehr auseinandernehmen.

Man merkt diesem inspirierenden Album an, dass Lewis einen Hintergrund in Filmgeschichte und Kunst hat, aber auch ohne dieses Wissen ist klar, dass man es hier mit einem großartigen Werk zu tun hat, das noch lange nachhallen wird. Unbedingt anhören!

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Miss Tiny – DEN7

Die EP DEN7 von Miss Tiny ist verträumt, unprätentiös und klingt nach einem perfekten Jam im Proberaum. Dan Carey, der unter anderem schon Kae Tempest, Wet Leg und andere Größen der britischen Musikszene produziert hat, rief das Projekt mit Vokalist und Drummer Benjamin Romans-Hopcraft ins Leben, mit dem er schon seit Jahren spielt – „Just for the pleasure of doing it“, wie sie sagen.

Miss Tiny - DEN7

Die fünf Songs der EP zeigen die Bandbreite der beiden. Der Opener „River Hands“ erinnert an Beck in seinen besten Tagen und kombiniert Jazzakkorde mit einem schrammelnden Bass, der sich aber nie in den Vordergrund drängt. Romans-Hopcrafts Gesang wirkt irgendwie gedehnt, die musikalische Untermalung baut sich langsam auf und wird immer lauter. Bei Minute 2:30 durchbricht dann eine verzerrte Gitarre die Klangwand mit einem Solo, das aus einem einzigen sich stets wiederholenden Motiv besteht.

Der nächste Song „Sailing“ erinnert dagegen an beste Pop-Rock-Klassiker mit unbeschwertem Schlagzeug, perlenden Gitarrenklängen und einem tiefen Gesang, der einen wunderbaren Kontrast dazu bildet. Besonders schön ist, dass die beiden Musiker das Stück nicht allzu perfekt werden lassen und im richtigen Moment ein paar Bending-Gitarrentöne einstreuen, die nicht ganz den Ton treffen und leicht dissonant klingen.

Mit den folgenden Songs, die auch als Singles veröffentlicht wurden, offenbart die EP weitere Highlights. „The Beggar“ verströmt eine faszinierende und unbehagliche Atmosphäre. Schlagzeuger Romans-Hopcraft brilliert hier mit vorgezogenen Drum-Fills, die sich wie ein Stolpern übertragen und die Stimmung weiter anheizen. „The Sound“ passt sich der unbehaglichen Stimmung an. Sie wird hier durch fast reibende Gitarrensounds erzeugt, die sich wie ein Brett durch den Track schieben. Bei einer solchen Songauswahl wird schnell klar, dass Miss Tiny sich nicht klein machen müssen, wie der Name vermuten lässt. Im Gegenteil, hier entsteht eine neue Größe.

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King Krule – Space Heavy

Mit seinem neuen Album Space Heavy überzeugt Archy Marshall als King Krule auf ganzer Linie. Seine röhrende Baritonstimme verleiht jedem Song etwas Besonderes. Sie vermittelt Punk-Attitüde und Verletzlichkeit zugleich. Der Londoner, der inzwischen mit seiner Familie aufs Land gezogen ist, schafft es, alle möglichen Stile wie Dark Wave, Dub und Hiphop mit punkigem Jazz zu verbinden.

King Krule - Space Heavy

Besonders der Mix mit Jazzelementen klingt manchmal überraschend, wie bei dem Song „Pink Shell“. Hier läutet ein belebtes Bassriff den Song ein und setzt sich mit King Krules rockiger Stimme fort. Doch nach der ersten Strophe schleicht sich unerwartet ein jazziges Saxophonsolo in den Song und durchbricht diese rockige Stimmung. Auch die später hinzugefügten Gitarrenakkorde geben dem kurzen 2-Minuten-Stück eine besondere Note. Im nächsten Stück „Seaforth“ lässt es King Krule dann ruhiger angehen. Seine Stimme kommt hier gar nicht zum „Röhren“, der Bass betont nur die erste Zählzeit und die Gitarren kreieren eine atmosphärische Stimmung.

In der melancholischen Nummer „That Is My Life, That Is Yours” kommt dann das Saxophon wieder ins Spiel. Plätschernde Gitarrenakkorde bauen den Song auf, ein Drumcomputer setzt Akzente und die Stimme rückt wieder in den Vordergrund. Der Song ist in Text und Noten so außergewöhnlich poetisch gehalten, dass man King Krules Können einfach bewundern muss – er endet nach einer Klimax, die von jazzigen Akkorden und schrillem Bläserspiel eingeleitet wird, so ruhig, wie er begonnen hat. Bravo!

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