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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Wahre Größe
  2. 2 WiiM Amp Pro – Klangtest und Vergleiche

Das Alte macht Platz, das Neue kommt. Gemäß dieser Maxime funktioniert die Welt, doch ausgerechnet bei WiiM, dem in China produzierenden Tochterunternehmen des kalifornischen Herstellers Linkplay Technology, ticken die Ingenieure anders: Mit dem WiiM Amp Pro (459 Euro | https://www.audiotra.de/) bringen die Streaming- und Verstärkerspezialisten die nächste Entwicklungsstufe in den HiFi-Orbit, während man den „Vorgänger“ WiiM Amp einfach weiter seine Bahnen ziehen lässt.

Früher verstand man unter einem integrierten Verstärker die Verschmelzung von Vor- und Endstufe in einem Gehäuse. Fertig war der Vollverstärker. Heuer geht man einen Schritt weiter und integriert genauso selbstverständlich noch einen Netzwerkplayer. Ein Paar passive Lautsprecher angeschlossen, fertig. Solch ein Streaming-Verstärker mit seinen Zugängen zu Cloud oder NAS ist im Grunde eine Komplettanlage, im Falle des nur 19 Zentimeter breiten WiiM Amp Pro gar eine so ziemliche Kompaktanlage. Wenngleich eine puristische, doch Plattenspieler, CD-Player, DAT, Spielkonsole und TV lassen sich freilich jederzeit mit ins Spiel nehmen, ich komme noch darauf zurück. Bidirektionales Bluetooth gibt es noch on top.

Die Front des eingeschalteten WiiM Amp Pro

Streamingverstärker oder „Kompaktanlage“? Der WiiM Amp Pro ist irgendwie beides …

Schaffensdrang

Vor zirka drei Jahren trat WiiM zunächst mit einem unscheinbaren, puckförmigen Netzwerkstreamer, dem WiiM Mini in Erscheinung. Danach folgten mit dem WiiM Pro und dem WiiM Pro Plus zwei kompakte Netzwerkplayer, die sich lediglich aufgrund ihrer Wandler-Bestückung, nämlich „ESS“ beim Pro und „AKM“ beim Pro Plus, und entsprechend ihrer so oder so günstigen Preise unterscheiden. Danach, und das dürfte nunmehr grob ein Jahr her sein, ließ man den schlicht Amp getauften, ersten All-In-One-Verstärker vom Stapel. Auf der letztjährigen High End in München begegneten mir schließlich erstmals der in der Produkthierarchie an oberster Stelle rangierende Streamer namens WiiM Ultra sowie der WiiM Amp Pro. Parallel zu diesen Hardware-Launches veröffentlicht WiiM in schöner Regelmäßigkeit Softwareupdates, die nicht nur der Fehlerbereinigung, sondern auch dem Hinzufügen neuer Features dienen. Solch Schaffensdrang bin ich von den meisten anderen Herstellern eher nicht gewohnt.

Gesagt, getan …

Gleiches gilt für die Kommunikation mit Kunden im eigenen Forum:  Dort werden nicht nur Entwicklungsziele und kommender Funktionsumfang in Form einer Road-Map definiert, sondern wird auf Fehlermeldungen oder Kritik umgehend reagiert. Ein Beispiel: Ein Nutzer stellt fest, dass bei der USB-Ausgabe (beispielsweise an einen externen DAC) der Subwooferausgang stumm bleibt, somit auch kein Bass-Management (High Pass / Low Pass etc.) möglich ist. Ein WiiM-Entwickler gibt zu, dass das eine knifflige Angelegenheit darstelle, verspricht dennoch, sich gleich an die Umsetzung zu machen. Vor Kurzem war der Beta-Test-Status vorbei und das Feature via Updates von Firmware und App aufgespielt.

Blick auf frische Updates in der WiiM Home App

Blick auf frische Updates in der WiiM Home App

In die Hand genommen

Nehmen wir den WiiM Amp Pro kurz mal  in die Hand. Mit einem Gewicht von knapp zwei Kilogramm, Abmessungen von 19 x 21,7 x 6,6 Zentimetern (BxTxH) und dem Gehäusedesign – gerade Linienführung, stark gerundete Ecken – erinnert mich das unaufgeregte Design des Verstärkers an Apples Mac mini. Das eloxierte Aluminium ist in  „Spacegrau“ gehalten, so der Herstellersprech, eine alternative silberne Variante wie beim günstigeren WiiM Amp gibt es beim Pro nicht.

An der grundsätzlichen Verarbeitungsqualität des WiiM Amp Pro finde ich nichts zu kritteln, lediglich die Lautsprecherklemmen bieten Anlass zur Kritik. Zwar nehmen sie Bananas mit festem „Griff“ auf, aber warum sich die Stecker nicht vollständig versenken lassen, erschließt sich mir nicht wirklich.

Die Lautsprecherklemmen am Streamingverstärker WiiM Amp Pro

Kleiner Kritikpunkt: Bananas sitzen in den Polklemmen des WiiM Amp Pro zwar fest, lassen sich aber nicht vollständig versenken

Ein kurzer Rundgang ums Gerät

Die Front des Amps glänzt durch Abwesenheit eines Displays, macht aber eigentlich nichts, dafür gibt es ja die WiiM Home App, die auf Tablet oder Smartphone (Android & iOS) tadellos Dienst verrichtet. Ansonsten vermittelt die Farbe der frontseitigen Status-LED immerhin Auskunft über den angewählten Eingang. Überdies erwachen LED-Punkte kurzzeitig zum Leben, sofern man die Laustärke verändert. Wer mag, kann die Volumeanzeige auch permanent leuchten lassen. Ganz rechts findet sich schließlich der zugehörige Lautstärkeregler, der mit leichtem Widerstand eine gute Dosierung erlaubt.

Der Regler ist zugleich auch Drucktaster, erkennbar am Dreieckssymbol. Damit lässt sich die Wiedergabe starten und pausieren, per Dreisekunden-Druck außerdem die WLAN-Konfiguration initiieren. Noch länger sollte man allerdings besser nicht drücken, denn ab zehn Sekunden geht der Amp Pro auf seine Werkseinstellungen zurück.

Der Lautstärkeregler am Streamingverstärker WiiM Amp Pro

Der Drehregler am Streamingverstärker WiiM Amp Pro ist gleichzeitig auch Taster, mit dem sich etwa die Wiedergabe pausieren oder die WLAN-Konfiguration initiieren lassen

Schauen wir nochmal auf die Rückseite, natürlich finden sich Lautsprecherklemmen für ein Boxenpaar, für mehr reicht der Platz auch nicht. Ferner gibt’s einen Subwoofer-Ausgang mit Phasen-, Pegel- und Übernahmefrequenz-Einstellungen, überdies lässt sich ein synchrones Spiel zwischen Hauptlautsprechern und Sub mittels Einmessung (über besagte WiiM-App) realisieren. Damit nicht genug: Über einen Bypass kann dem Subwoofer ein komplett ungefiltertes Signal zugewiesen werden. Oder man experimentiert, ob selbst große Standboxen von einer externen Bassunterstützung profitieren oder man ihnen diese Arbeit mittels via App einstellbarer Filterung einfach abnimmt und sie nur dem spezialisierten Sub zuweist.

Was geht?

Für Plattenspieler (entsprechenden Phono-Pre-Out nicht vergessen) und alle anderen Quellen mit analogen Ausgangssignalen wie CD-Player oder Tape-Deck steht ein A/D-Wandler (TI Burr Brown PCM1861) parat, der qualitativ sicher nichts verkehrt macht. Der optische S/PDIF-Eingang des WiiM Amp Pro kommt mit Auflösungen von bis zu 24 Bit/192 kHz sowie auch Dolby Digital 5.1 zurecht. Wer noch höhere und damit quasi exotischere Auflösungen bis hin zu DSD als unerlässlich betrachtet, schaut in die Röhre.

Streamingverstärker WiiM Amp Pro

Brüder, nicht nur im Geiste: Die Rückseiten von WiiM Amp Pro (oben) und WiiM Amp

Ansonsten verdaut der WiiM Amp Pro selbstverständlich nahezu sämtliche Formate von FLAC, ALAC, WAV bis hin zu MP3. Das vorhandene TV-Gerät findet an der HDMI-Buchse Anschluss, die ebenfalls mit Dolby 5.1 und zudem mit praktischer ARC-Funktionalität aufwartet. Ach ja, der Amp Pro versteht sich außerdem mit Dolby Atmos, die drahtlose Übertragung zu entsprechenden Lautsprechern ist technisch noch nicht abschließend realisiert, aber schon mal sowas wie ein Versprechen in die Zukunft.

Per USB-Schnittstelle liest der WiiM-Verstärker USB-Sticks oder Festplatten aus, deren Inhalte sich über die App anwählen lassen, für USB-Audio vom Rechner ist die Schnittstelle hingegen nicht gedacht. Für die Ausgabe an nachgelagerte USB-DACs hingegen schon, was ein Stück weit das Manko des fehlenden Kopfhörerausgangs wettmacht, erlaubt dies doch die Auswahl eines Kopfhörer-DACs nach Gusto. Wer USB-Eingang und -Ausgang gleichzeitig betreiben will, kann einen USB-Hub nutzen, was klanglich allerdings mit Abstrichen einhergehen kann.

Apropos Kopfhörer: Bluetooth-Kopfhörer sind freilich eine weitere Idee, der WiiM Amp Pro empfängt nicht nur, sondern sendet auch, was ziemlich praktisch ist. Kleiner Wermutstropfen: Auf hochwertige Codecs wie LDAC oder aptX/aptX HD muss verzichtet werden, es gibt nur SBC oder AAC.

Der Amp Pro als Networker

Der Ethernetanschluss des Streamingverstärker WiiM Amp Pro

Der rückseitige Ethernetanschluss des WiiM Amp Pro  – WiFi 6E geht aber ebenso

Ins Netzwerk integriert sich der Amp Pro per Ethernet und ebenso gerne drahtlos. Das eröffnet den Zugang zu einem Reigen an Streaming-Plattformen aus der Cloud. Qobuz, Tidal, Spotify, Amazon Music, … Außerdem Alexa und Google Cast, natürlich auch Tidal Connect und Spotify Connect, Sprachsteuerung von Alexa, Google-Home-Gerätschaften, alles ist möglich. Was nicht geht: Alles von Apple.

Die weiteren Netzwerktricks des kleinen WiiM: Mehrere Amps und ebenso die Streamer-Familie (Pro, Pro Plus, Mini) von WiiM können zu synchroner Wiedergabe und damit Multiroom gruppiert werden. Das funzt sogar mit Google, Echo und Alexa. Nice: Gibt es mehrere WiiMs im Haus, kann die Lieblingsschallplatte aus dem Wohnzimmer über das Netzwerk synchron auf ein WiiM-Gerät in der Garage gestreamt werden. Das alles ist kinderleicht – wie ich finde – über die übersichtlich gestaltete und userfreundliche WiiM Home App zu bewerkstelligen. Und logo lassen sich Inhalte vorhandener Laufwerksfreigaben (PC/Mac) oder auf NAS schlummernde Musikbibliotheken einfach via UPnP/DLNA abrufen. Wer Plex oder LMS (Logitech aka Lyrion Music Server) nutzt, kann auch darauf zugreifen und deren Features nutzen. (Anm: Rein theoretisch sollte über LMS und dessen DSD/DOP-Plug-in eine Wiedergabe von in PCM gewandeltem DSD ebenfalls möglich sein, aber da ich solche Spielereien nicht nutze, habe ich das jetzt auch nicht ausprobiert, die Lyrion-Community hat dennoch etliche tolle Plug-ins in petto …)

Ganz schön nerdy

 Quellspezifische EQ- und Pre-Gain-Einstellungen in der WiiM Home App

Entdecke die Möglichkeiten: Quellspezifische EQ- und Pre-Gain-Einstellungen lassen sich mit der WiiM Home App unter anderem realisieren

Der Funktionsumfang der App ist im Hinblick auf die persönliche Individualisierung schier endlos. EQ? Für jede Eingangsquelle einzeln konfigurierbar? Ja und ja, und das mit zehn Bändern, entweder parametrisch oder grafisch. Dazu je nach Musikgenre, Hörumgebung oder Hörvorliebe 24 Voreinstellungen für jene, die es bequem mögen. Eine Raumkorrektur ist ebenfalls an Bord, ganz schön nerdy, wenn sie mich fragen. Allerdings kann diese meiner Meinung nach nicht zaubern und hat eher Luft nach oben. Erfreulich ist hingegen, dass sich die Lautstärke jedes Eingangs separat auf ein Maximum voreinstellen lässt. Auch der Pegel der Eingänge und letztlich des ausgebenden Line-Out sind über einstellbare Eingangssignalpegel (Pre-Gain) stufenlos (+/- 10 dB) einstellbar. Ich könnte noch seitenweise Features näher beschreiben, aber ich belasse das lieber in dieser Kurzfassung.

Amp oder Amp Pro?

Falls Sie sich jetzt die Frage stellen, worin oder woran sich Amp und Amp Pro unterscheiden, dann ist das zunächst schnell erklärt. Haptisch zunächst am Lautstärkeregler, der sich beim WiiM Amp Pro mit hochwertigerer Anmutung beim Drehgefühl einfach feinfühliger dosieren lässt.

Streamingverstärker WiiM Amp Pro und WiiM Amp

Die Streamingverstärker WiiM Amp Pro (oben) und WiiM Amp unterscheiden sich optisch nur wenig, technisch hingegen schon etwas stärker

Optisch hingegen eigentlich kaum, abgesehen von den zusätzlichen zwei Höhenzentimetern des Amp Pro, die vor allem auffallen, wenn man beide Amps direkt nebeneinander stellt. Und preislich anhand der 90 Höheneuros, ist der Amp doch bereits für 369 Euro zu haben.

Für die neunzig Steine erhält man beim Pro höhere Störabstände (120 dB statt 108 dB beim D/A-Wandler, ESS 9038 Q2M vs. ESS 9018 K2M), WiFi 6 anstelle WiFi 5 sowie eine modernere Bluetooth-Sektion (5.3 statt 5.1). AirPlay2, Siri-Sprachsteuerung sowie die Gruppierung von HomePods hat allerdings wiederum der kleinere Amp exklusiv. Einige weitere Specs sind – zumindest augenscheinlich – größtenteils identisch: Sowohl Amp als auch Amp Pro werden von einem Quad-Core-A53-Prozessor koordiniert und greifen auf jeweils 512 MB DRAM sowie zusätzliche 512 MB Flash-Speicherkapazität zurück.

Und beide Amps überlassen die Signalverstärkung stromabwärts einem TPA3255-Modul von Texas Instruments. Die besondere Schaltung (PFFB), die den Verstärker unempfindlicher gegenüber schwankender Lautsprecherimpedanz machen soll – eine typische Class-D-Baustelle übrigens –, hat allerdings nur der Amp Pro intus.

Der Streamingverstärker WiiM Amp Pro von unten

Die Lüftungschlitze des WiiM Amp Pro finden sich bodenseitig

Übrigens: Der TPA3255 begegnet mir in letzter Zeit auffällig oft – beispielsweise beim V3 Mono oder dem ZA3-Amp von Fosi Audio oder dem Douk Audio A5 – und scheint in Sachen Class-D-Verstärkung ein potenter und regelrechter Heißsporn zu sein. Klar, Wärmeabgabe ist ein Thema, aber in praxi zeigt sich beim WiiM Amp Pro das „Heat Management“ ein Quäntchen effizienter als beim normalen Amp. Gut zu sehen nicht zuletzt an den minimal höher bauenden Standfüßen des Amp Pro, die eine bessere Luftzirkulation ermöglichen. Im Alltag wird der Amp Pro dann auch eher mäßig bis gering warm, und die 2 x 60 Watt an 8 Ohm und 2 x 120 Watt an 4 Ohm sind zwar nicht bäumeausreißend, nichtsdestotrotz ausreichend kräftig, wie ich persönlich finde.

Wer mehr will und/oder Bi-Amping wertschätzt, der kann auf folgendes Feature zurückgreifen: Die sogenannte Stereo-Koppelung zweier Amps via App mit dedizierten Verstärkern für den linken und rechten Kanal. So schlägt nach Adam Riese die doppelte Ausgangsleistung zu Buche.

WiiM Amp Pro – Klangtest und Vergleiche

Einsatzbereit: Streamingverstärker WiiM Amp Pro

Einsatzbereit: Der Streamingverstärker WiiM Amp Pro

Gehört wird der WiiM Amp Pro – und genauso der Wiim Amp – zunächst über den eingebauten Streamer sowie zur besseren Vergleichbarkeit auch mit dem Linn Sneaky DS sowie dem WiiM Ultra. Beim Öffnen (Schraubverschluss, leider) des Zwei-Sterne-2020er Cabernet Franc vom Weinfactum Bad Cannstatt beschäftigt mich tatsächlich zunächst die Frage, wie sehr sich das Klangbild des „kleinen“ WiiM Amp vom „großen“ WiiM Amp Pro unterscheidet. Vorweg: Die Unterschiede sind nicht gewaltig. Dennoch: Der WiiM Amp Pro punktet – bei unüberhörbarer, tonaler Verwandtschaft – in Sachen Lebendigkeit, Präzision und letztlich Intensität. Aber eins nach dem anderen …

Ganz oben

The Good Life Till BrönnerStarten wir mit der Begutachtung der hohen und höchsten Lagen und ziehen hierfür das Stück „The Good Life“ von Till Brönners gleichnamigem Album heran. Die Percussion inklusive Besenspiel mutet ausgewogen herausgearbeitet an, ich nehme neutrale, „akzentfreie“ Höhen wahr – keineswegs gibt sich der Amp Pro betont hell oder analytisch, um den Hörer ein luzides Auflösungsvermögen vorzugaukeln. Stattdessen gibt’s eine – und das gilt für beide WiiM-Amps – angesichts der Preisklasse geradlinig-ehrliche Auflösung, die Klarheit schafft, aber keine Spur aufgesetzt wirkt. Aber: Ich empfinde den WiiM Amp Pro dennoch als etwas prononcierter, dessen Klangbild schimmert im Vergleich zum WiiM Amp eine Nuance feinpolierter, feinglänzender, was meiner Meinung nach hauptsächlich, und darauf komme ich gleich noch zurück, von einer höheren Mitten-Transparenz herrührt.

Runde Gehäusekanten bei den Streamingverstärkern WiiM Amp Pro und WiiM Amp

Kurzer Seitenblick: Ein Elac EA101EQ-G (800 Euro) vermittelt eine ähnlich klar eingefasste Hochtonqualität, legt bei der Transparenz gleichwohl eine kleine Schippe drauf, der Norddeutsche agiert noch einen Tick feinziselierter und löst seidiger auf. In die gleiche Kerbe schlägt auch der deutlich teurere Waversa WSlim Lite (2.000 Euro), der die Messlatte nochmal signifikant höher legt und mit gesteigerter Klarheit und Luftigkeit brilliert. Die Kombination aus Eversolo DMP-A10 und der passenden Endstufe AMP-F10 (zusammen 6.360 Euro) arbeitet bei geradezu maßstabssetzender Luftigkeit dann auch noch die allerfeinsten Schwebungen heraus. Heißt: Mit Blick aufs Preisschild und den Featurereichtum des WiiM Amp Pro bin ich mit seiner Hochtonwiedergabe und der musikdienlichen Transparenz mehr als nur einverstanden.

Schoko in den Mitten

Als richtiggehende Schokoladenseite des WiiM Amp Pro empfinde ich dann das wohl wichtigste „Soundareal“ überhaupt: den Mittenbereich. „The midrange is where we live“, postulierte ja bereits Paul W. Klipsch. Gegenüber dem preiswerteren WiiM Amp gibt sich der Pro hier schon merklich durchhörbarer, akkurater – und für meine Ohren schlussendlich involvierender. So gerät etwa der metallische Charakter von Blechblasinstrumenten nachvollziehbarer und originalgetreuer. Und nicht nur das: Ohne bei der Neutralität den Pfad der Tugend zu verlassen, reichert der Pro die Mitten mit einem Hauch Wärmegrundierung an, was nicht zuletzt dem Trompetenspiel von Till Brönner mehr Substanz und Habhaftigkeit verleiht – oder dem LoFi-Barden Bill Callahan eine attraktivere Sonorität. Der WiiM Amp Pro ist überdies in der Lage, die feinen stimmlichen Phrasierungen von Tori Amos herauszuarbeiten, ohne sie auch nur die Spur ausgedünnt oder überbelichtet wirken zu lassen. Der Vollständigkeit halber: Mit Attributen wie rau, zu direkt oder kühl haben weder der WiiM Amp Pro noch sein kleiner Bruder was am Hut.

Streamingverstärker WiiM Amp Pro seitlich und von vorne

Das angenehm temperierte Mittenband zählt zu den besonderen Stärken des WiiM Amp Pro

Das Mittenband des WiiM Amp Pro und dessen Zusammengehen von Transparenz und „Fleisch am Knochen“ steht hier den Qualitäten des erwähnten Elac kaum nach, das firmiert schon eher unter Geschmackssache. Und sogar der Waversa muss sich ein bisserl strecken, um den Amp Pro auf Abstand zu halten, erst die Eversolo-Kombi definiert eine eigene Liga. Ergo: Preisklassenbezogen ist die Mittenqualität insbesondere beim Amp Pro, im Grunde eigentlich bei beiden WiiM-Amps, schlichtweg beachtlich.

Und auch dunkle Schokodade …

Es ist gerade Ostern, da passt eine weitere Schokoladenseite ganz gut: der leckere Tiefton. Ganz gleich, ob es sich dabei um elektronisch generierte Basswogen oder einen Kontrabass handelt, hier glänzt der WiiM Amp Pro auch im Vergleich zum Pro-losen Geschwister mit nachvollziehbar mehr Kontrolle, strafferen Konturen und somit insgesamt präziserer Tieftondarbietung. Außerdem ist mehr Druck und Energiegeladenheit im Spiel. Und das sowohl an den gutmütigen Regalboxen B&W CM 5 als auch an den fordernderen KEF LS50 Meta.

Tonal folgt der Bass einer Stilistik, die zwar eher etwas satt als leichtgewichtig, dennoch gegenüber dem restlichen Frequenzband nicht wirklich angehoben anmutet. Im direkten Vergleich nimmt sich auch der Elac-Amp in Sachen Druck und Schwärze etwas zurück, wirkt eine Spur magerer, unaufgeregter. Ich persönlich mag den kernigeren, kraftvolleren Druck des Pro – und davon liefert erst der Waversa deutlich mehr. Ja, mit dem Südkoreaner wird es dann richtig erwachsen. Die Eversolo Kombi? Das mit der eigenen Liga hatten wir ja schon …

Die Betriebsanzeige-LED des WiiM Amp Pro

Önologie, Räumlichkeit und Weitläufigkeit …

Um die räumlichen Kompetenzen des WiiM Amp Pro abzuklopfen, ziehe ich Carl Orffs Oper „Die Kluge“ in die Playlist und bei einem abermals vom Weingut Weinfactum Bad Cannstatt stammenden, im Barique gereiften Drei-Sterne-Cabernet-Franc den (echten!) Korken.

Am Gaumen zeigt sich ein weitläufig ausprägender önologischer Unterschied – und am Ohr eine tiefere Raumausdehnung zuzüglicher besserer Ausleuchtung der Seitenränder der Bühne. Letzteres hat vielleicht auch etwas mit der nuancierteren, transparenteren Wiedergabe des WiiM Amp Pro gegenüber dem WiiM Amp zu tun, die mit eindeutiger definierten Zwischenräumen zwischen den Akteuren auf der Bühne und im Orchestergraben einhergeht und damit automatisch eine höhere Ortungspräzision vermittelt. Der Pro liefert schlichtweg mehr räumliche Feininformation aus. Auch die Paukenschläge tönen nicht nur zackiger und impulsiver, sondern einen Tick plastischer als über den kleinen WiiM.

Die Bühnendarstellung des WiiM Amp Pro startet wie die des Amp um die Boxengrundlinie herum – macht im Vergleich zum Amp Pro aber einen gefühlten halben Schritt auf den Hörer zu, was zu einer weniger flachen, direkteren, offensiveren Darstellung beiträgt. Beide Amps sind dennoch keine Meister der Ausleuchtung der Bühnentiefe, was mit Blick aufs Preisschild allerdings vollkommen in Ordnung ist.

Der rechte Bereich der Frontseite des WiiM Amp Pro

Denn ein plötzliches Changieren zwischen linkem und rechtem Kanal oder ein wie aus dem Nichts erklingendes Fagott definiert der WiiM Amp Pro räumlich so oder so tadellos.  Mit Blick auf die Bühnenqualitäten schleicht er sich gekonnt hinter einen größer und weitläufiger abbildenden Nubert ampXL und ist fast auf Augenhöhe mit dem Elac. Das sind zwar wohlgemerkt alles keine gewaltigen, aber an fein auflösenden Magnetostaten wie den Magnepan LRS dennoch heraushörbare Unterschiede.

Entschlossen

Noch ein Wort zu den fein- wie grobdynamischen Fähigkeiten. Gerade bei Opern oder klassischen Stücken zeigen sich kleine, dynamische Schwankungen im Pegel, die zu einem lebhaften, entschlossenen Spiel beitragen – oder eher einen bemühten Eindruck hinterlassen. Der WiiM Amp Pro tönt auch in dieser Sache eine Spur engagierter als sein kleiner Bruder – wenngleich es sich wieder eher um Nuancen dreht. Grobdynamisch sind sowohl der WiiM Amp Pro als der Amp keinen Rabauken, aber auch, wenn es nachbarschaftsschädigend laut wird, überzeugt der Amp Pro mit mehr Kontrolle, speziell im Bassbereich. Das Einsetzten der Schutzschaltung oder hörbare Verzerrungen wollte ich zwar nicht provozieren, dennoch kann ich festhalten, dass beide WiiM-Amps bei Bedarf die Lautsprechermembranen ordentlich auf Trab bringen. Wer gerne wilde Partys feiert oder schwierig anzutreibende, impedanzkritische Lautsprecher besitzt, dem sind naturgemäß andere Kaliber zu empfehlen, beispielsweise der bereits erwähnte, von mir getestete Nubert ampXL. Aber ganz ehrlich, die Zeiten in denen günstige Amps per se früh klippen, sind doch eher passé.

 

Die Fronseite des WiiM Amp Pro

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Dan D'Agostino

Test: WiiM Amp Pro | Streaming-Verstärker

  1. 1 Wahre Größe
  2. 2 WiiM Amp Pro – Klangtest und Vergleiche

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