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Knipex sei Dank, ist die Verkabelung dann doch rasch erledigt und es geht daran, die richtige Position im Raum zu finden. Die beiliegenden Spikes bleiben dabei erst mal in der Verpackung, das macht es leichter, die Lautsprecher hin und her zu rücken. Trotz besseren Wissens stelle ich die Trenner & Friedl Osiris zunächst da auf, wo sich meine Valeur Audio am wohlsten fühlen. Ok, das ist nix. Kein Bass, Sängerinnen in Zwergengestalt – nö. Aber sonst: dynamisch, sauber, vielversprechend. Sodann wandern die Trenner & Friedl Osiris in Richtung Wand und Raumecken, und siehe da, auf einmal rastet es ein. Die Herren Trenner & Friedl kennen ihre Boxen eben. Vielleicht sollte ich jetzt noch einen Blumentopf … Nein, lassen wir das, die Sache macht auch so Spaß, und zwar ordentlich.
Letztendlich finden die Trenner & Friedl Osiris ihre Plätze mit einem für meine Verhältnisse großen Abstand von circa 3,20 Meter zwischen Lautsprechern und Hörplatz. Jetzt haben Sänger und Sängerinnen wieder ihre natürliche Größe. Nach einigen diesbezüglichen Versuchen halte ich Abstände von weniger als 3 Meter für nicht empfehlenswert.
Auf der Bühne
Was mir noch sofort auffällt ist die breite Bühne, die die Trenner & Friedl Osiris aufziehen. Und das, obwohl die Lautsprecher zueinander in einem Abstand von „nur? 2,70 Meter stehen. Damit ergibt sich ein Hördreieck mit spitzem Winkel, was meiner Erfahrung nach nicht unbedingt zu einer breiten Bühnenabbildung führt. Da sind die Osiris mit ihren Koax-Chassis offenhörbar anders. Ähnliche Erfahrungen habe ich mit meinen Geithain ME 150 gemacht, mit denen ich lange Musik gehört habe und bei denen Tiefmittel- und Hochtöner ebenfalls koaxial angeordnet sind.
Die Tiefendimension bilden die Osiris dagegen nicht ganz so ausgeprägt ab wie ich das von meinen Micropoint 4SE (um 8.000 Euro) gewohnt bin. Was meiner Meinung nach an der Wand im Rücken der Lautsprecher (Abstand circa 30 cm) liegt. Hier kommen die von der hinteren Wand zurückgeworfenen Schallreflexionen recht früh am Ohr des Hörers an, was Auswirkungen auf das „Bühnenbild“ hat. Andererseits ist die Bühne auch alles andere als flach. Im Vergleich zu meinen Valeur Audio bilden die Trenner & Friedl Aufnahmeräume einfach mit einer etwas anderen Geometrie ab, breiter und dafür nicht ganz so tief. Damit kann ich gut leben.
Im Untergeschoss
Gut leben kann ich auch mit dem Bass, den die Osiris bei wandnaher Aufstellung wiedergeben. Der geht recht tief herunter, ist gut kontrolliert und besitzt vor allem eine gewisse Leichtigkeit, einen Swing, wie ich ihn eher von Basshörnern oder von guten geschlossenen Konstruktionen kenne. Den „Bassreflex-Plopp?, diesen seltsamen Nachdruck, mit dem viele BR-Konstruktionen Bass in der Nähe ihrer Abstimmfrequenz wiedergeben, höre ich bei den Osiris nicht. Hornreflex: twelve points. Dabei kommen die Österreicherinnen wie gesagt auch ordentlich tief hinab. Das tiefe Synthie-Wummern auf James Blake „Limit to Your Love? (Album: James Blake, auf Amazon anhören) geben die Osiris beispielsweise mehr als nur andeutungsweise wieder. Gut, so brachial kontrolliert wie etwa die Nubert NuVero 140 (circa 4.500 Euro) meinen Hörraum vibrieren ließen, ist das natürlich nicht – aber immerhin. Perkussives in den Raum „knallen? können sie übrigens auch ganz famos und pulverisieren damit meine persönlichen Vorbehalte gegen nach unten abstrahlende Bassreflexöffnungen.
Gradlinig
Mit der Original-Version von „Limit to Your Love?, die sich auf Feists Album The Reminder (auf Amazon anhören) befindet, fühle ich als nächstes dem Mittelton auf den Zahn. Die Stimme von Leslie Feist klingt über die Trenner & Friedl Osiris ein wenig anders als ich es gewohnt bin. Auf den ersten Eindruck hin würde ich sagen: „frischer?, eine Nuance schlanker, irgendwie auch etwas „gradliniger?. Ein paar Querchecks mit anderen Stimmen und nicht zuletzt mit dem „Nonnenchor? in „Hail Holy Queen? aus dem Soundtrack zu Sister Act (I) machen mir dann klar, dass meine Valeur Audio auf der tonalen Ebene Stimmen sonorer, sprich mit etwas mehr Grundton wiedergeben und dass sie dabei eine höhere Auflösung bieten. Was nicht heißen soll, dass die Osiris hier etwas falsch machen – sie klingen alles in allem in sich stimmig und schlüssig. Insgesamt geben sich die Osiris etwas straffer/schlanker als 100 % neutral. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Röhrenverstärker, der im Grundton etwas nachhilft, ein prima Spielpartner für sie ist. Immerhin betonen die Österreicher die „Röhrentauglichkeit“ ihrer Lautsprecher explizit.
Als nächstes landet das 1961 im Kölner Gürzenich aufgenommene Konzert des Oscar Peterson Trios (auf Amazon anhören) auf meiner Playlist. Und ja, so ein Stoff beflügelt die Trenner & Friedl Osiris. Hier können sie zum Beispiel ganz wunderbar ihr perfektes Timing ausspielen. Der swingende Jazz Petersons lebt von Synkopen, Offbeats, von den winzigen rhythmischen Ausbrechern des Klaviers, mit dem Peterson den klaren Beat von Schlagzeug und Bass umspielt – oder umgekehrt, wenn er den Rhythmus hält und seine Mitspieler hier und da mal ausbrechen dürfen. Auch was an Dynamik und Atmosphäre in der alten Aufnahme steckt, kitzeln die Osiris sehr gut heraus.
Gut funktioniert auch großes Orchester über die österreichischen Ägypterinnen. Aufgrund ihrer breiten Abbildung verstehen sie es, Solisten und Instrumentengruppen sauber aufzufächern. Auch die Tiefenstaffelung kommt dabei nicht zu kurz. Insgesamt umreißen die Osiris vielleicht nicht jedes Instrument einzeln, dafür präsentieren sie Klangfarben sehr klar und sauber, sodass man nie im Zweifel ist, wo gerade welche Instrumente spielen. Und ihre grob- wie feindynamischen Talente machen hier besonderen Spaß.
So von wegen Osiris und altes Ägypten wäre es natürlich stilecht, Aida zu hören. Aber a) sind Opern nicht so mein Fall und folglich habe ich b) keine Opern in meiner Musiksammlung. Also gibt es anstelle des Triumphmarsches von Verdi Les Préludes von Liszt (Georg Solti, London Philharmonic Orchestra). Und die Osiris begeistern vom piano pianissimo bis zum forte fortissimo durchweg: Bei den leisen Tönen des Intros etwa zeichnen sie wunderschön und in der Lautstärke fein abgestuft das Säuseln der Streicher nach. Auch deren feine Klangfarben kommen gut zur Geltung. Beim Hauptmotiv machen die Osiris die Dynamiksprünge ansatzlos mit. Die schmetternden Bläser haben Energie, das Schlagwerk Durchsetzungskraft. Toll.
Winter im Sommer
Auch mit kleineren Besetzungen kommen die Osiris wunderbar zurecht. Kürzlich hat es eine Schallplatte geschafft, dass ich wieder die Vier Jahreszeiten von Vivaldi hören kann. Ein Reissue einer 1992 in einer kleinen Kirche in Teviso durch das Ensemble Sonatori da la Gioiosa Marca auf Originalinstrumenten eingespielten Aufnahme (auf Amazon anhören). Die macht unglaublichen Spaß, die Musiker spielen die – leider oft von viertklassigen Kurorchestern durchgeleierten – Konzerte mit einer Geschwindigkeit und Spielfreude, die begeistern. Die Osiris vermitteln dabei ganz wunderbar die beinahe intime Stimmung, die während der Aufnahme in der Kirche geherrscht haben muss. Die Instrumente sind räumlich klar umrissen, der Nachhall der Kirchenschiffes löst sich deutlich vom Direktschall und auch hier tun die sauber differenzierten Klangfarben ein Übriges, um den historischen Instrumenten ihre Eigenwilligkeit zu lassen. Was klanglich dabei herauskommt, ist faszinierend. Beim „Winter? fange ich trotz des Hochsommers an zu frieren.
Dass die Osiris die Kälte so gut wiedergeben, liegt sicher nicht zuletzt auch an ihrem Hochton. Nein, die Lautsprecher klingen nicht per se kühl – sie können es aber. Wer mit Violinen immer einen warmen, weichen Klang verbindet, kann hier lernen, dass es auch anders geht. Hier zeigen die Geigen, dass sie wirklich klirrende Kälte darstellen können. Und nicht zuletzt dank ihres klaren und nicht seidigen oder gesofteten Hochtons vermitteln die Osiris das eindrucksvoll. Keine Sorge – aggressiv ist das nicht. Eine ehrliche Ansage dagegen schon. Um zu hören, wie kompatibel das mit problematischen Aufnahmen ist, greife ich auf Patricia Barbers Album Modern Cool (auf Amazon anhören) zurück. Passenderweise heißt das zweite Stück gleich „Winter?, so bleibe ich beim Thema. Die Stimme von Frau Barber, die auf dieser Aufnahme gerne zum Zischeln neigt, lässt mich allerdings nicht erschauern. Schön, damit ist klar: Die Trenner & Friedl Osiris agieren im Hochton deutlich, aber sehr sauber.
Test: Trenner & Friedl Osiris | Standlautsprecher