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Transrotor Crescendo – Technik

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Transrotor Crescendo - Technik

Transrotor Crescendo von oben

Mir fiel es anfangs schwer, die Form des Crescendo zu erfassen, so dass ich das Laufwerk als „irgendwie unruhig“ empfand. Dies liegt an drei Umständen – erstens sind die Seiten des Dreiecks nicht gerade, sondern leicht gebogen. Zudem sind sie zweitens auch unterschiedlich lang. Diese beiden Aspekte dienen der Vermeidung von stehenden Wellen beziehungsweise Resonanzen im Chassis. Drittens wird eine Seite des Chassis, jedenfalls beim Betrieb mit „kurzen“ Tonarmen, vom Tonarmausleger abgedeckt, der seinerseits auch wieder eine Krümmung aufweist. Nach ein paar Wochen im Wohnraum wurde aus „irgendwie unruhig“ allerdings Gefallen daran, dass der Plattenspieler immer wieder neue Blickwinkel bietet und dadurch optisch auch auf Dauer nicht langweilig wirkt. Übrigens: Die Grundform der Zarge gab dem Laufwerk seinen Namen: Von oben betrachtet, ähnelt das Laufwerk dem Zeichen, das in der Notation von Musikstücken ein Anschwellen der Lautstärke, italienisch „Crescendo“, anzeigt.

Die gleiche Sandwich-Konstruktionsweise wie beim Chassis, aber mit dünneren Materialstärken, findet sich auch beim drehbar befestigten Ausleger für den Tonarm. In der Entwicklung des Laufwerks sollte dieser Ausleger ursprünglich allein aus Acryl gefertigt werden. Bei hohen Lautstärken konnte es mit einem solchen Ausleger aber zu Resonanzen durch Rückkopplung kommen. Also machte Transrotor auch hier Nägel mit Köpfen.

Ausleger des Transrotor Crescendo, seitlich betrachtet

Der Tonarmausleger ist nach Lösung einer Verschraubung in einem weiten Bereich verstellbar. Mit passenden Einsätzen zur Aufnahme von Tonarmen ist der Crescendo dadurch äußerst flexibel, was die Verwendbarkeit unterschiedlicher Arme angeht. 9- und 12-Zöller können problemlos aufgenommen werden, die immer beliebter werdenden 10,5-Zoll-Arme natürlich auch. Für 220 Euro liefert Transrotor für quasi jeden auf dem Weltmarkt erhältlichen Tonarm die passende Aufnahme. Für 790 Euro ist auch eine zweite Basis nebst Aufnahme erhältlich, mit der der Betrieb von zwei Armen auf dem Crescendo möglich wird.

Der zehn Zentimeter hohe Teller wird aus einer massiven Aluscheibe gedreht. Von unten ist er in verschiedenen Stufen abgedreht; dies dient einerseits dazu, dem unter dem Teller positionierten Motor nebst Antriebspulley den notwendigen Platz zu verschaffen, sorgt andererseits aber auch dafür, dass der Teller akustisch recht tot ist, da sich stehende Wellen in ihm kaum ausbilden können.

Teller des Transrotor Crenscendo

Klopft man mit einem harten Gegenstand auf den abgenommenen Teller, gibt es ein kurzes, metallenes „Pock“. Macht man dasselbe mit dem auf das Innenlager aufgesetzten Teller, wird der Ton noch einmal kürzer und bis auf das mechanische Geräusch des Gegenstandes, mit dem der Teller angeschlagen wird (bei mir ein Lineal), bleibt eigentlich gar nichts übrig. Offensichtlich bedämpfen Teller und Lager sich gegenseitig.

Die äußerlich sichtbare Flanke des Tellers ist übrigens nicht ganz plan, sondern leicht ballig, also mit einer leichten Verrundung, gedreht. Dies sehe einfach besser aus, meint Herr Räke, auch wenn es den Herstellungsaufwand erhöhe. In den Teller ist eine Vertiefung für eine – abnehmbare – Acrylplatte eingefräst, auf der die Schallplatte aufliegt. Dies sei klanglich die beste Lösung, so Räke weiter. Unter der Acrylauflage finden sich feine Rillen, die die Auflage am Wandern auf dem Teller hindern. Mitgeliefert wird auch ein Plattenauflagegewicht, das für eine gute Kopplung der Schallplatte an die Acrylauflage sorgen und zugleich Schwingungen innerhalb der Platte selbst dämpfen soll. Dass es sich bei dem Gewicht um ein massives, hochglanzpoliertes Aluteil handelt, haben Sie jetzt schon als selbstverständlich angesehen? Gut.

Die Füße sind massiv, enthalten also keine Federn, Kunststoffdämpfer oder ähnliches, und stehen auf ebenfalls aus massivem Aluminium gedrehten Untertellern. Wir haben es mit einem klassischen, ungedämpften Masselaufwerk zu tun. Sollte die Aufstellung zu Problemen mit dem von den Lautsprechern abgestrahlten Schall führen, empfiehlt Transrotor, das Laufwerk auf eine schwere, gedämpfte Platte zu stellen. Dies sei besser als die von anderen Herstellern bevorzugten Subchassis, da diese konstruktionsbedingt immer in Bewegung seien und damit für eine latente Unruhe im Klangbild sorgten.

Beim Motor handelt es sich um einen seit Jahrzehnten bewährten 20-Pol-Synchronmotor, der von einem externen Netzteil mit Spannung versorgt wird. Der Motor benötigt nur 100 Milliampere. Das zum Serienumfang des Crescendo gehörende, für 420 Euro aber auch separat erhältliche Netzteil Konstant Studio kann jedoch 800 Milliampere liefern, was für den eingebauten 24-VA-Trafo immer noch keine merkliche Belastung darstellen sollte. Die Überdimensionierung bietet laut Transrotor klangliche Vorteile, weil der Klirr in der Antriebsspannung minimiert wird. Das Netzteil erzeugt zwei verschiedene Schwingungen, ausgelegt für 33 1/3 und 45 Umdrehungen pro Minute.

Transrotor Netzteil Konstant Studio

Die Geschwindigkeitsumschaltung erfolgt über einen Drehschalter am Netzteil und die Feinjustage über kleine Schrauben. Die Taktfrequenzen werden nach alter Väter Sitte über eine Wienbrücke erzeugt („Bei uns gibt’s noch nicht mal im Netzteil was Digitales!“). Eine Einrichtung zur Überprüfung der Drehzahl gehört nicht zum Lieferumfang, bei mir stimmte die Geschwindigkeit im Auslieferungszustand jedoch sehr genau.

Der Motor sitzt in einer Aussparung des Chassis unter dem Teller und ist im Betrieb nicht sichtbar. Hochglanz-poliert ist das Motorgehäuse natürlich trotzdem. Haben Sie von Transrotor anderes erwartet? Für die Aufstellung liefert Transrotor eine Schablone, die die Positionen für die Unterteller der Füße und den Motor fixiert. Die Aufstellung gelingt dadurch in wenigen Minuten. Im Betrieb ist das Motorgehäuse nicht mit dem Chassis verbunden (außer über den Riemen natürlich), so dass keine Vibrationen übertragen werden können.

Praktische Aufbau-Schablone
Die praktische Aufbau-Schablone

Über einen kurzen Gummiriemen treibt der Motor das Tellerlager. Dabei handelt es sich um das sogenannte TMD-Lager (Transrotor Magnet Drive). Der Crescendo ist das preiswerteste Laufwerk im Transrotor-Programm, das serienmäßig mit diesem Lager ausgerüstet ist. Das Lager ist in zwei Hälften geteilt. Die untere Hälfte sitzt fest auf der Lagerachse und wird vom Gummiriemen angetrieben. Die obere Hälfte ist in Kugellagern gelagert und trägt den Teller. Die Kopplung zwischen beiden Hälften erfolgt magnetisch: In die Hälften sind kleine, aber sehr starke Neodym-Magneten eingelassen (die auch noch antimagnetisch geschirmt sind, damit das Magnetfeld nicht in den Tonabnehmer einstreut). Treibt der Motor die untere Hälfte an, schleppt das Magnetfeld die obere Hälfte hinter sich her.

Plattentellerlager des Transrotor Crenscendo

Der Clou daran ist, dass die Kraftübertragung ein kleines bisschen Schlupf erlaubt. Gleichlaufschwankungen vom Motor werden auf diese Weise geglättet, behauptet Transrotor, was zu einem sehr ruhigen und stabilen Klangbild führe. Vom Motor erzeugte Schwingungen müssen sich über die Fläche, auf der das ganze Laufwerk aufgebaut ist, durch die Füße, das Chassis und das entkoppelte Lager kämpfen, um die Abtastung noch zu stören. Auch bei sehr hoch eingestellter Abhörlautstärke, so viel vorweg, konnte ich in Leerrillen nichts hören, was ich als Motorgeräusch hätte identifizieren können. Die Entkopplung des Motors von der Abtastung ist Transrotor hervorragend gelungen.

Das Laufwerk kostet „nackt“ 4.700 Euro. Zur Standardausstattung gehören der Tonarm Transrotor TA800S (offensichtlich ein Jelco ST250) und das Tonabnehmersystem Transrotor Merlo. Bei letzterem handelt es sich um ein modifiziertes Goldring Elite. Transrotor lässt sich das System mit einer etwas „gnädigeren“ Nadel mit einer Verrundung von 8 x 40 Mikron an einen Alu-Nadelträger bauen, damit das Klangbild nicht zu analytisch wird. Arm und System kosten einzeln je 800 Euro. Kauft man sie im Paket mit dem Laufwerk, gibt’s je 20 Prozent Rabatt, sodass der fertige Plattenspieler, so wie er uns zur Verfügung gestellt wurde, letztlich 5.980 Euro kostet. Natürlich gibt’s auch Pakete mit den Transrotor-Varianten der großen SME-Arme – Räke ist SME-Importeur für Deutschland – und dem Tonabnehmer Merlo Reference, dessen Nadel schärfer geschliffen ist.

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Test: Transrotor Crescendo | Plattenspieler

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