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Breit und tief ist das Analog-Programm von Transrotor (https://transrotor.de/), bietet das Traditionsunternehmen doch nicht nur zahlreiche Laufwerke, sondern nebst Zubehör auch Phono-Vorstufen, Tonabnehmer und eigene Tonarme an. Die Entwicklung letzterer wurde indirekt wohl mitinitiiert durch die recht eigenwillige Entscheidung von SME, die begehrten Arme nicht mehr solo zu verkaufen – nicht einmal an so gute Kunden wie Transrotor, die ihre Plattenspieler vormals gerne mit ihnen ausstatteten. Nun, dann manchen wir das eben selbst, dachten sich die Bergisch-Gladbacher. Zwar sind Rega-, Reed- und Ortofon-Modelle weiterhin erhältlich, aber eben auch zwei eigene, sehr hochwertige Exemplare, die die von SME würdevoll ersetzen.
Eines davon – der Transrotor TRA Studio – steckt auf dem aktuellen Testmodell, dem Bellini TMD Schiefer. Inklusive Transrotors zweitgrößtem MC-System Figaro kostet dieser Plattenspieler 13.110 Euro. Wer das MC Figaro nicht benötigt, weil er vielleicht schon einen Tonabnehmer besitzt – soll ja vorkommen – und auch auf die edle Acryl-Abdeckhaube verzichten möchte, kann knapp 3.000 Euro von dieser Summe abziehen. Ich bin allerdings froh, dass das Transrotor MC Figaro mit an Bord ist, einfach schon deshalb, weil ich es sehr gut kenne, spielt es doch seit Jahr und Tag auf meinem SME Model 15. Das macht die Vergleiche zwischen diesen Plattenspielern natürlich einfacher. Mehr dazu später.

Alter Bekannter: Das MC Figaro ist Transrotors zweitgrößter Tonabnehmer und uns wohlvertraut. Unser Testmuster des Bellini TMD Schiefer kam mit ihm – am Tonarm TRA Studio
Transrotor Bellini TMD Schiefer – Laufwerk, Lager, Antrieb
Der Bellini TMD Schiefer ist ein relativ neues Modell – er wurde zur High End 2024 erstmals gezeigt – und stellt eine Variation des „normalen“ Bellini TMD dar. Der einzige Unterschied zwischen den Laufwerken: Die 1.400 Euro günstigere Standardversion besitzt ein Chassis aus klarem Acryl. Das wirkt optisch natürlich ganz anders als die Schiefervariante. Jedes Design wird seine eigenen Fans haben. Beim Gewicht tut sich damit natürlich auch etwas, der Bellini TMD Schiefer wiegt circa zehn Kilo mehr. Seine 34 Kilogramm weisen ihn klar als Massekonzept aus.
Doch Schiefer ist nicht nur schwerer, sondern durch die Schichtstruktur des Steins und die damit einhergehende hohe Dämpfung unerwünschter Vibrationen klanglich bestimmt nicht von Nachteil. Es gibt den Transrotor Bellini TMD Schiefer auch in einer geschliffenen Variante, ich finde ihn mit der rauen Oberfläche aber stimmiger. Den Stein beziehen die Räkes übrigens von den Highend-Kollegen Fischer & Fischer, die mit den Schiefer-Lautsprechern. Das passt.
Einen hübschen Kontrapunkt zum rauen Stein setzt das silbern glänzende Metall des Plattentellers, des Motors und der drei Stellfüße. Das Oberflächenfinish ist erste Sahne, Transrotor weiß, wie man das macht. Fast mehr noch als die Optik gefällt mir das haptische Erlebnis, das die Füße bieten, wenn man das Laufwerk „ins Wasser“ bringt. Die Höheneinstellung läuft derart smooth-präzise, dass ich fast bedauere, die Justage nur einmal vornehmen zu müssen.

Blick von oben auf den Bellini TMD Schiefer, ohne Plattenteller: Mittig zu sehen, der Subteller mit dem TMD-Lager, das über eine Magnetkupplung den Teller „mitzieht“
Zur Ausstattung des Plattenspielers gehört natürlich das Transrotor-Magnetic-Drive-Lager, wie der Name Bellini TMD Schiefer ja schon nahelegt. Dabei handelt es sich um eine so bewährte wie raffinierte Konstruktion: Der untere Subteller des TMD-Lagers zieht über eine Magnetkupplung den oberen mit, auf dem wiederum der gut neun Kilogramm schwere Plattenteller ruht. Das sorgt für eine weitere Entkopplung vom an sich schon sehr ruhigen Antrieb, für den der hinten links stehende Synchronmotor zuständig ist, der sein Drehmoment via Gummiriemen auf besagten unteren Subteller überträgt.

Gut entkoppelt: Der Synchronmotor des Transrotor TMD Bellini treibt über einen Riemen den unteren Teil des Transrotor-Magnetic-Drive-Subtellers an
Für die Stromversorgung des Motors ist Transrotors Netzteil Konstant Eins zuständig, das die Geschwindigkeiten 33,3 und 45 U/min erlaubt und eine Feinjustage des Zielwerts ermöglicht. Wer mag, kann an dieser Stelle upgraden: Drei weitere, noch hochwertigere Netzteile offerieren die Bergisch-Gladbacher für ihren Bellini TMD Schiefer.
Tonarm Transrotor TRA Studio
Transrotor bietet dem Analogfreund wie gesagt ein großes „Baukastensystem“ an, aus dem sich Laufwerke, Stromversorgungen, Tonabnehmer und Tonarme nach Gusto und Geldbeutel zusammenstellen lassen.
Man kann sich also durchaus auch anders entscheiden – doch unser Testmuster des Bellini TMD Schiefer kam mit dem TRA Studio in der 9-Zoll-Variante, dem kleineren der beiden Transrotor-Tonarme. Mit einem Solo-Preis von 3.750 Euro liegt er deutlich (nämlich 1.750 Euro) unter dem TRA 9, den wir – chromglitzernd – seinerzeit auf dem Award-prämierten Transrotor Strato bewundern durften.
Deshalb ist der Transrotor TRA Studio natürlich auch etwas einfacher gehalten als das größere Modell. So gibt es kein doppeltes, konisches Tonarmrohr aus Aluminium, sondern ein gerades. Zudem ist der Gegengewichts-Mechanismus etwas simpler gestrickt, aber trotzdem sehr präzise, und das Kabel sei „eine Stufe darunter“, wie mir Dirk Räke verrät. Es ist übrigens fest verbaut, auf Wunsch kann man allerdings eine 5-polige DIN-Buchse bekommen.
Löblich am Transrotor TRA Studio ist nicht allein die Verarbeitung, sondern auch der Umstand, dass man mit ihm alles einstellen kann, was das Phono-Herz begehrt. Bei der VTA-Justage musste ich dann allerdings schon zwei-drei Mal tief durchatmen: Eigentlich ist das ja eine ganz gute Idee mit den beiden Gewindestangen links und rechts vom Lager, mit denen sich die Höhe präzise einstellen lässt. Doch der Schaft des Tonarms hat recht viel Spiel in der Buchse der Armbasis, wenn die beiden Madenschrauben gelöst werden, die ihn dort fixieren – das macht die Sache nicht gerade superintuitiv. Doch was soll’s, so etwas macht man (okay: ich) ja meist eh nur einmal und dann ist‘s gut.
Transrotor Bellini TMD Schiefer: Hörtest und Vergleiche
Schön ist‘s, wenn Audiogeräte sich klanglich deutlich voneinander unterscheiden, denn dann kann der Tester hübsch kontrastieren, unterscheiden und Kontrapunkte setzen. Das ist gut für die Dynamik eines Textes. Doch so leicht will es mir der Transrotor Bellini TMD Schiefer offenbar nicht machen. Die Vergleiche mit meiner „Haus und Hof“-Benchmark SME Model 15 offenbaren zunächst einmal – eine ziemlich große Ähnlichkeit. Doch ähnlich heißt natürlich nicht identisch.
Alles in Balance – die tonale Lage
Tonalität ist Geschmackssache, behaupte ich gerne, allerdings bekommt man im Highend-Bereich inzwischen, wie mir scheint, sowieso nur selten echte Tendenzgeräte und kräftige Soundabstimmungen vors Ohr gesetzt. Die meisten Gerätschaften spielen rechtschaffen ausgeglichen auf, und der Transrotor Bellini TMD Schiefer macht hier keine Ausnahme.
Im Gegenteil: Auf mich wirkt es eher noch ein wenig ausgeglichener als ich‘s schon gewohnt bin, was daran liegen mag, dass der SME sich dann doch ein wenig Wärme in den Mitten gönnt, vielleicht um seine britische Herkunft nicht zu verleugnen. Wie auch immer, der Transrotor segelt jedenfalls ein Jota balancierter durch die unteren Mitten, aber groß ist dieser Unterschied nicht, da gibt es Kabel mit deutlicherem Einschlag. Und es fällt auch eher bei Männerstimmen (Bonny Prince Billy: einen Tick „klarer“) als bei Frauenvokals (Joanna Newsom: ununterscheidbar) auf.
Gespannt war ich darauf, ob der Bellini TMD Schiefer bei aller Balanciertheit denn auch so breitbandig wie der letzte Transrotor-Plattenspieler, den ich getestet habe, loslegt – sprich wie der Transrotor Strato. Das habe ich seinerzeit als ziemlich relevanten Unterschied zu meinem Setup empfunden. Allerdings scheint das wohl doch die Domäne des Strato zu sein und zu bleiben, weder Model 15 noch Bellini TMD Schiefer kommen da ganz mit, nicht im Tiefbass noch in den höchsten Höhen. Das Caribou-Album „Swim“ habe ich mit dem Transrotor Strato jedenfalls doch noch anders in Erinnerung als mit diesen beiden Drehern – nämlich als noch massiver im Subbass und etwas luftiger in den obersten Lagen.
Das bedeutet für unseren Testkandidaten aber: Er biete eine tolle Performance, denn dass ein 7.000 Euro teurerer Dreher die Frequenzgangenden noch etwas weiter aufzubohren versteht, den Tiefton ein wenig straffer präsentiert und grobdynamisch größere Reserven vorhält, darf, nein: sollte durchaus passieren – und gegenüber dem gleichfalls teureren SME tut sich im Grunde nicht so viel in Sachen Breitbandigkeit. Insofern: Schon deutlich mehr als nur okay für seine Klasse, dieser Bellini.

Der Motor des Transrotor Bellini TMD Schiefer – man kann ihr mit oder ohne Abdeckhaube (links neben dem Antriebspulley) laufen lassen
Lebendig!
Der Transrotor Bellini TMD Schiefer besitzt ein paar Stärken, die sich zu einem sehr angenehm lebendigen Vortragsduktus „aufsummieren“, wenn ich das mal so sagen darf. Er nimmt den Hörer mit, Kopf und Fuß wippen im Takt, und man hat eigentlich gar keine Lust, weiter herumzuanalysieren, woher der Effekt wohl rührt. Der Reporter in mir muss es aber doch, also fange ich mal an.
Mit dem Song „Like a King” von Ben Harper (Album: Welcome to the cruel world) kann man es ganz gut nachvollziehen, was ich meine. Zum einen ist da der schön definierte Bassbereich, der Drumset und E-Bass Gutes tut, denn rechtschaffen trocken-abgestuft treiben sie das Stück voran, da mumpft nichts im Ungefähren, sondern groovt auf den Punkt – auch wenn richtig bleibt, das besagter 20.000-Euro-Strato aus dem gleichen Haus noch konturierter vorgeht. Der Bellini positioniert sich in dieser Hinsicht ungefähr zwischen ihm und einem ebenfalls deutlich teureren Clearaudio Reference Jubilee, der freilich noch satter und tiefer aufspielt. Passt.
Zum anderen tragen natürlich die gute Impulsverarbeitung und Feindynamik zur lebendigen Gangart bei: Die Toms knallen und das leise Schnarren und Sliden auf der Gitarre wird, als wäre es nichts, feinsinnig nachgezeichnet. Diese mikrodynamische Finesse vermittelt „Livefeeling“ und kommt auch Harpers Stimme zugute : Man fühlt sich nah dran und bekommt die Lautstärkevariationen gefühlt 1:1 mit. Allerdings spielt hier noch etwas anderes mit hinein – nämlich die Art, wie der Transrotor Bellini TMD Schiefer die Musik auf die Bühne stellt.

Der Transrotor Bellini TMD Schiefer mit Abdeckhaube – sie lässt sich leicht an- und abmontieren. Gehört haben wir natürlich ohne
Denn das ist wohl die dritte Zutat, die auf besagte „Lebendigkeit“ einzahlt: Der Bellini TMD Schiefer kommt gerne mal ein Schrittchen auf den Hörer zu, zumindest im Vergleich zu dem, was ich gewohnt bin. Und was näher bei mir ist, nimmt mich in der Regel auch leichter mit. Nicht nur, doch vor allem Stimmen sprechen mich direkter an. Bisweilen geht so ein leichter „Hang nach vorne“ allerdings damit einher, dass Stimmen beziehungsweise generell die Klänge etwas größer porträtiert und weniger scharf umrissen werden. Das kann ich dem Bellini nicht nachsagen, im Gegenteil: Ben Harper steht präziser, randschärfer gezeichnet vor mir als ich es vom SME her kenne. Okay, nicht viel, aber immerhin trotz „leichtem Zoom“ griffiger und knackiger. Find‘ ich sehr gut.
Raumdarstellung, die Zweite
Zur virtuellen Bühne des Transrotor Bellini TMD Schiefer gibt es allerdings noch ein wenig mehr zu sagen.
Zum einen: Die präzisere, griffigere Abbildung nehme ich in der Stereomitte wahr, also dort, wo die meisten Sänger/Sängerinnen stehen. Links und rechts davon und weiter hinten wirkt es ebenfalls akkurat, aber von „besser“ kann ich jetzt nicht reden. Eher von gut passend zur Preisklasse.
Zum anderen: Das mit der Verortung und den Dimensionen der Bühne ist letztlich wohl Geschmackssache. Einerseits, weil nicht jeder es schätzt, wenn der „Bühnenkasten“ einen kleinen Schritt auf ihn zu macht. Manche mögen es distanzierter. Und andererseits trifft der Bellini TMD Schiefer weniger den Nerv derer, die es ganz besonders weitläufig mögen. Breite und Tiefe der Bühne sind zwar sehr angemessen, fallen aber auch nicht groß auf. Das ist Normalmaß. Und klar ist, das der große Bruder Strato in jede Richtung noch einmal ein Schrittchen mehr macht, weshalb ein Orchester, wie etwa beim Hélène-Grimaud-Album Reflection, mit ihm mehr Platz zur Entfaltung spendiert bekommt. Klar, das sind Unterschiede auf einem generell schon sehr hohen Niveau, aber das sollte ja klar sein, was denken Sie, was ich hier mache …? Typisch ist es zudem: Je höher man die audiophile Leiter erklimmt, desto eher tut sich dann noch ein bisschen was in Sachen Raum und Auflösung.
Apropos Auflösung
Wobei die Unterschiede bei der Auflösung tatsächlich eher marginal ausfallen. Mag sein, dass noch teurere Laufwerke die eine oder anderer Hallfahne oder das Ausklingen eines Klavier-Akkords noch „länger“ und akribischer nachverfolgen, aber viel ist das nicht – und zudem habe ich im Stimmbereich den Eindruck, dass ich mit dem Bellini TMD Schiefer eher mehr als weniger mitbekomme als sonst. Und da er zudem die Klangfarben schön ausdifferenziert und dies für den Bassbereich ebenso gilt, darf von einem hohen Auflösungsvermögen gesprochen werden.
Test: Transrotor Bellini TMD Schiefer | Plattenspieler