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Kaum zu glauben: Ich habe in den letzten 25 Jahren fast zwanzig Phono-Vorverstärker besessen und noch dazu einige testen dürfen, aber darunter war kein einziger des walisischen Herstellers Tom Evans Audio Design (Vertrieb: https://www.wittmann-hifi.de/).
Warum das so erstaunlich ist? Nun, seit Tom Evans 1999 mit seinem ersten Phono-Vorverstärker Groove die analoge Weltbühne betrat, haben seine Kreationen nicht nur viel Aufmerksamkeit erregt und etliche Preise eingeheimst, sondern aufgrund ihres eigenwilligen Konstruktionskonzepts auch eine gewisse Sonderstellung eingenommen, weshalb ich als eingefleischter Analogfan eigentlich schon längst näheren Kontakt zu diesen Preziosen hätte suchen müssen. Okay, total verschlafen, mea culpa … Aber mit unserem aktuellen Testgerät Tom Evans Groove Plus SRX mk2.5 (Preis: 5.950 Euro) hat dieser missliche Zustand endlich ein Ende.

Der Groove Plus SRX mk2.5 ist ein reiner MC-Phonovorverstärker und das drittgrößte Modell im Tom-Evans-Lineup
Dank dafür gebührt dem gleichfalls analogbesessenen Stuttgarter HiFi-Händler Oliver Wittmann, der sich seit gut zwanzig Jahren vertrieblich in Deutschland, Österreich und der Schweiz um die Verstärker von Tom Evans kümmert. Im Gespräch mit ihm bemerke ich sofort eine ungebrochene Leidenschaft für die britischen Phonovorstufen. Wenn jemand wie Wittmann, der Zugriff auf die besten und teuersten Tonabnehmer, Laufwerke und eben Phonovorverstärker des Marktes hat, von der Einzigartigkeit der Tom-Evans-Produkte schwärmt, hinterlässt das schon einen gewissen Eindruck.
The Groove Plus SRX mk2.5 – ein reinrassiges Konzept
Der Groove Plus SRX mk2.5 ist ein reinrassiger MC-Phonovorverstärker und das drittgrößte Modell im Tom-Evans-Universum. Der Verkaufspreis von knapp 6.000 Euro dürfte vermutlich die Portokasse der meisten Haushalte sprengen, da soll es nicht unerwähnt bleiben, dass die Produktrange von Tom Evans bereits bei 720 Euro für einen Microgroove mk2 startet.
Aber was macht die Verstärker von Tom Evans und speziell unseren Testprobanden The Groove Plus SRX mk2.5 nun eigentlich zu etwas Besonderem? Anders als die Gehäuse vieler Wettbewerber sind die der Tom-Evans-Verstärker aus dunklem, leicht transparentem Acryl gefertigt. Evans verwendet sie nicht nur wegen ihrer unerwünschte Energiespeichereffekte vermeidenden Resonanzeigenschaften, sondern insbesondere auch, um der Beeinträchtigung des Signalflusses durch sogenannte Wirbelstromverluste vorzubeugen. Deren Klangschädlichkeit schätzt er höher ein als die möglicherweise reduzierte Einstrahlfestigkeit gegenüber üblichen Chassis aus Metall. Doch Evans nimmt sich auch dieser Problematik an, indem er Netzteil und Signalplatinen im Inneren mit geerdeten Epoxidharz-Platten abschirmt.

Das „Kistchen“, das die eigentliche Verstärkerschaltung beherbergt, wiegt nur knapp 2 Kilogramm – was daran liegt, dass das Netzteil ausgelagert wurde und der Groove Plus SRX mk2.5 im Acrylgehäuse kommt
Punkt zwei sind spezielle, in diskreter Class-A-Technik realisierte Spannungsregler, die sich in allen seinen Verstärkern finden. Evans nennt dies die Lithos-Technologie. Grundsätzlich sind die Lithos-Module, welche die Spannungsregulatoren beinhalten, in allen Evans-Verstärkern gleich aufgebaut, doch je höher man in der Hierarchie aufsteigt, desto mehr dieser Module finden in den Geräten Verwendung. Der Waliser führt als Vorteil seiner Lithos-Technologie unter anderem extreme Rauscharmut und besonders geringe Klirrwerte an, was gerade bei Phonovorverstärkern, die mit den geringen von Tonabnehmern generierten Spannungen auskommen müssen, äußerst kritische Parameter sein können. Unser Testkandidat Groove Plus SRX mk2.5 erhielt vor kurzem ein Upgrade in Form neuer und verbesserter Lithos-Module (Lithos 7.5A), weshalb aus SRX mk2 der SRX mk2.5 wurde.
Zum Tom-Evans-Konzept gehört zudem, die für die Schaltungen eingesetzten Bauteile nach ihrer klanglicher Eignung und der langfristigen Einhaltung ihrer Spezifikationen auszusuchen. Evans legt dabei, anders als so mancher Edel-Hersteller, allerdings keinen Wert auf den audiophilen Nimbus oder eine besondere Exklusivität seiner Bauteile.
Das Testgerät The Groove Plus SRX mk2.5 kommt dann auch in einem schlichten, aber ausreichend stabilen Karton bei mir an. Dieser enthält neben dem eigentlichen Verstärker das externe Netzteil und eine knapp gehaltene Bedienungsanleitung in englischer Sprache.
Die auffallend leichte Phonostufe (ohne Netzteil) erinnert mich an die legendären Amps der gleichfalls britischen Verstärkerschmiede DNM, deren Entwickler Dennis Morecroft seit den späten 1970er Jahren viel Zeit darauf verwendete, die Ursache und Vermeidung von Wirbelstömen in HiFi-Verstärkern sowie die Segnungen möglichst störungsfreier Stromversorgungen zu erforschen. Auch die DNM-Verstärker verfügten über Gehäuse aus Acryl und waren ziemliche Leichtgewichte. Ich erinnere mich gut, wie dieser Ansatz damals vielen Highendern, die zumeist vor allem in schwerem Gerät klangliche Exzellenz vermuteten, so manches Kopfzerbrechen bereitete.
Allgemein besteht die Bereitschaft, gerade britischen HiFi-Herstellern eine gewisse Schrulligkeit nachzusehen, was nicht bedeutet, dass man bei Tom Evans darum verlegen ist, konstruktiven Lösungen einleuchtende technische Erklärungen folgen zu lassen. Geht es allerdings um die eigentliche Schaltungstopologie, sind die Informationen doch eher spärlich gesät. Man erfährt nur, dass es sich beim Groove SRX um einen Dual-Mono-Aufbau handelt und dass die eigentliche RIAA-Entzerrung mittels integrierter Schaltungen bewerkstelligt wird.
Die fixe Verstärkung sei für MCs mit Ausgangsspannungen zwischen 0,2 mV und 0,6 mV ausgelegt. Auf Wunsch sind auch andere Verstärkungsfaktoren zu bekommen. Sollte ein Tonabnehmer eines Kunden eine andere als die werkseitig vorhandenen Impedanzen benötigen, so kann auch ihm geholfen werden.
Aufgrund der konzeptionell eingeschränkten Einstrahlfestigkeit wird von Vertriebsseite vorsorglich geraten, dass externe Netzteil des Groove Plus etwas entfernt vom eigentlichen Verstärker aufzustellen. In meiner Kette, auf der obersten Ebene eines Copulare-Racks, herrscht aber auch Seite an Seite mit den empfindlichen Verstärkerschaltungen absolute Totenstille.
Die Anschlüsse stellen niemanden vor Probleme. Rückseitig führen zwei Cinchbuchsen ins Gerät hinein und ebenso viele wieder hinaus. Natürlich ist auch eine Schraubklemme für die Erdung vorhanden. Drehregler gibt es keine, dafür aber pro Kanal zwei Mäuseklaviere. Mit den oberen acht Dipschaltern lassen sich Impedanzen zwischen 112 und 1000 Ohm einstellen. Die vier Schalter darunter ermöglichen eine kapazitive Anpassung in Hunderter-Schritten zwischen 100 pF und 500 pF.

Mit Dip-Schalter lassen sich beim Groove Plus SRX mk2.5 Abschlussimpedanz und – ungewöhnlich bei einer reinen MC-Vorstufe – Kapazitätswerte einstellen
Die Schaltung unterschiedlicher Kapazitäten kennt man eigentlich von MM-Verstärkern. Doch auch der ASR Basis Exclusive HD und zuletzt Manley Audios Steelhead konnten mit Anpassung der Kapazität in den MC-Zügen aufwarten. Da sich hier in Abhängigkeit vom eingesetzten Phonokabel mitunter erstaunliche klangliche Unterschiede auftaten, ist die Möglichkeit, auf die Kapazität Einfluss zunehmen, kein überflüssiges Gimmick und gehörmäßig auch rasch erledigt.
Quellseitig mit meinem TW-Acustic Raven AC, den MCs Lyra Titan i und Aventurin von Steinmusic am Graham-Phantom-Tonarm verbunden, geht es über den The Groove Plus SRX mk2.5 weiter zum kräftigen Integrierten Isis M75D von Analog Domain, der die Endverstärkung übernimmt. Und wie bereits erwähnt, herrscht eine wunderbare Stille. Selbst mit dem Ohr nahe an den Chassis meiner Acapella Harlekin 2 ist nicht mehr als ein diskretes Rauschen zu vernehmen, was sich auch bei weiterem Aufziehen des Volumenreglers am Isis kaum ändert. Damit gehört der Waliser zu den leisesten und rauschärmsten Phonostufen, die ich je in der Kette hatte.
Tom Evans Groove Plus SRX mk2.5: Hörtest und Vergleiche
Wie üblich, lege ich zu Beginn etwas Ruhiges auf den Plattenteller. Finks The LowSwing Sessions, eine 45er Doppel-LP, passt gut und verfügt mit dem Cover von Soundgardens „Black Hole Sun“ über einen Song, der sich ausgezeichnet in den etwas roh wirkenden Sound des Albums einfügt.
Durchhörbar dynamisch
Fin Greenalls Stimme wird vom Groove Plus SRX mk2.5 direkter und präsenter als vom Chord Symphonic (4.500 Euro) gewohnt dargeboten. Der Gesang mutet mit meiner Phonovorstufe mitunter etwas verwaschener und nicht besonders gut durchhörbar an, wie beim Umstieg auf den acrylbewehrten Waliser auffällt. So lassen sich auch subtile Details, wie die leichte Rauigkeit in Greenalls Stimme oder einzelne Saiten beim Anschlagen der begleitenden Gitarre, eindeutiger heraushören. Und irgendwie ist da auf einmal auch mehr Zug in der Wiedergabe, so als ob die Bandmitglieder den Song zehn Sekunden früher als üblich beenden wollten. Das bekommt der Gesamtperfomance des vom audiophilen Standpunkt etwas unentschlossen wirkenden Albums recht gut.
Die besondere dynamische Qualität, die sich mit der aktuellen Version des Tom Evans The Groove Plus einzustellen scheint, zeigt sich dann auch beim „Mercury Blues“ des 2023 leider verstorbenen David Lindley. Sein grandioses Solo-Debüt El Rayo X ist mir erst kürzlich beim örtlichen Second-Hand-Record-Dealer in die Hände gefallen. Übernimmt Tom Evans‘ Phonoverstärker die Entzerrung, flitzt der kalifornische Saitenmagier so rasant über seine sitzend gespielte Lap-Steel-Gitarre, dass mir fast der Atem stockt. Schlagzeug und Bass setzen ebenfalls deutlichere rhythmische Impulse und verleihen Lindleys „Signature“-Stück (er spielte es dem Vernehmen nach bei jedem seiner Live-Auftritte) eine geradezu ansteckende Unmittelbarkeit und Frische.
Frische und Unmittelbarkeit sind genau die Begriffe, die den Charakter der Tom-Evans-Phonovorstufe recht gut beschreiben. Bei Michel Jonasz 1988 live eingespieltem La Fabuleuse Histoire de Mister Swing begeistert vor allem das gut elfminütige „Le Temps Passe“ die audiophile Zuhörerschaft. Auch diesmal kann der Groove Plus SRX mk2.5 sein dynamisches Potential mustergültig unter Beweis stellen. Blitzartig vor einem tiefschwarzen Hintergrund hervorschnellende Impulse halten einen in Bann und gewährleisten ein Gefühl bestechend realistischer Wiedergabe.
Tonalität
Dabei werden die abgründig tiefen, nicht völlig staubtrockenen Bässe des Stückes mit einer solch lässigen Selbstverständlichkeit reproduziert, dass man schon zu erheblich teureren Phonovorstufen greifen muss, will man dies noch deutlich toppen. Spontan fallen mir die auf einer etwas länger zurückliegenden High End gehörte Tenor Audio Phono 1 und der mir kürzlich von Dartzeels Hervé Delétraz vorgeführter Prototyp einer Stand-Alone-Phonovorstufe der Schweizer ein.

Die Anschlussbuchse fürs Netzteil auf der Rückseite des Tom Evans Groove Plus SRX mk2.5 – hier wird dann auch gleich für die hauseigenen Lithos-Module geworben …
Mein derzeitiger, gleichfalls transistorierter Phonopre Chord Symphonic gelangt beim Tiefgang zwar noch recht nah an den Groove Plus SRX mk2.5 heran, kann dabei aber nicht mit dessen Festigkeit und Geschlossenheit konkurrieren.
Allerdings vermag einem der Chord im Mittenbereich die klangfarblich etwas intensiveren Eindrücke zu verschaffen. Jonasz leicht nölendes Organ reproduziert der Chord mit mehr emotionaler Inbrunst, nicht zuletzt deshalb, weil Tom Evans seinen Phonopre vergleichsweise eine Spur schlanker abgestimmt hat. Bei Hörern, denen es vor allem auf Durchzeichnung, Balance und Akkuratesse ankommt, dürfte die etwas leichtere Tonalität des Groove Plus freilich besonders hoch im Kurs stehen.
Layers of Light vom Emil Brandqvist Trio klingt mit dieser Auslegung dann auch angenehm entschlackt und ausgezeichnet durchhörbar. Der Jazz der drei skandinavischen Musiker zeichnet sich weniger durch komplexe Arrangements als durch Transparenz und filigrane Klanggespinste aus. Genau das Richtige nach einem anstrengenden Arbeitstag, und auch die Aufnahmetechnik passt. Geradezu exemplarisch ist „Layers of Light“, dass fast schon poetische Titelstück des Albums. Tuomas A. Turunens Pianospiel, im Hochton feinperlig und elegant wie guter Champagner, reproduziert der Tom Evans Groove Plus in den Mitten schlank und definiert, aber eben nicht ausgezehrt. Die Basslinie Max Thornbergs erweist sich als ungemein bewegliche, ja geradezu swingende Basis des Stücks. Damit beweist Tom Evans‘ Phonovorstufe neben der bereits konstatierten exzellenten grobdynamischen Qualität auch eine feingeistige, sprich feindynamisch kompetente Seite. Das gelingt ihm über den gesamten Frequenzbereich, wird aber gerade im Bass besonders deutlich, wenn er den sacht hingetupften Bassnoten Thornbergs eine ebensolche Glaubwürdigkeit verleiht wie zuvor dem massiven Tieftongrollen auf „Le Temps Passe“.
Auflösung
Beim Abba-Cover „Lay All Your Love On Me“ von Caroline Shaw und dem Ensembles Sō Percussion (Album: Let the soil play its simple part) gleichen die kaskadenartig hinzutretenden Vokals am Ende einer dichtgewebten Wand von Stimmen, weshalb es schwierig wird, sie einzeln differenzieren zu können.
Zwar hatte der Tom Evans Groove Plus SRX mk2.5 bei der puristischen Aufnahme mit Fink noch einige Details mehr als mein Chord Symphonic offenlegen können, doch bei diesen komplexen Gesangslinien haben beide Phonos Mühe, die Stimmen jederzeit präzise verfolgbar zu reproduzieren. So läuft alles auf ein Patt der beiden Entzerrer beim Auflösungsvermögen hinaus. Immerhin darf ihnen mindestens gutes Klassenniveau bescheinigt werden, denn eine mit 7.600 Euro deutlich teurere ASR Basis Exclusive HV vermochte die Gesangslinien nur unwesentlich eindeutiger herauszuschälen.
Bühnenbau
Will man partout etwas Kritik an der Evans‘schen Phonovorstufe üben, ließe sich anführen, dass sich Liebhaber besonders weiträumiger Klangbilder an der etwas kompakteren Tiefenstaffelung des Groove Plus womöglich reiben könnten.
Auf Acousences Aufnahme des Concert Champêtre für Cembalo und Orchester von Francis Poulencs mit den Duisburger Philharmonikern und dem jungen Cembalisten Justin Taylor wurde aufnahmeseitig eine beachtliche Raumtiefe eingefangen. Hier kann meine mit Röhren verstärkende Phonovorstufe Rike Audio Sabine (um 7.000 Euro) mit ausgeprägter Weiträumigkeit und reichlich Luft zwischen den Musikern eine besondere Duftmarke setzen, während sich Chords Symphonic etwas darunter positioniert.
Mit dem Tom Evans rückt das Cembalo zwar mehr in den Vordergrund, doch gruppiert sich das Orchester dichter um den Solisten und auch die Raumtiefe scheint beschränkter. Überzeugend gelingt die Staffelung des Duisburger Orchesters in der Breite, denn in meinem Setup reiht der Groove Plus SRX mk2.5 die Musiker säuberlich von Wand zu Wand auf und bespielt nicht lediglich den Raum zwischen den Lautsprechern.
Haarspalterei? Schon möglich, zumal alle drei genannten Phono-Vorstufen auf hohem Niveau performen und ich mit jeder einzelnen von ihnen glücklich und zufrieden durch meine Plattensammlung surfen könnte. Je nach Neigung und Hörgewohnheit wird man sich letztlich mehr von der einen oder anderen angesprochen fühlen. Kommt es einem vor allem auf das dynamische Potenzial an, markiert die Phonovorstufe aus Wales in ihrer Klasse für mich derzeit das Maß der Dinge und dürfte vermutlich auch einigen teureren Wettbewerbern das Leben schwer machen. Und ja, es ist nicht zu leugnen, dass mein über die Jahre liebgewonnener Chord Symphonic um einige Nuancen fahriger unterwegs ist und im direkten Schlagabtausch nicht dieselbe Stabilität im Klangbild erreicht, die dem Tom Evans Groove Plus SRX mk2.5 zu eigen ist.
Test: Tom Evans Groove Plus SRX mk2.5 | Phono-Vorstufe