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Ehrlich gesagt, konnte ich mich in meiner HiFi-Karriere noch nie groß mit dem Glauben anfreunden, dass Gerätekombis idealerweise aus einer Herstellerhand stammen sollten. Zum einen liegt es daran, dass meine Augen recht hart im Nehmen sind: Was soll denn daran bitteschön stören, wenn das eine Gerät schwarz, das andere silbern und das dritte lila-grün gestreift ist? Elektronika aller Designschulen führen bei mir seit Jahren ein kongeniales Crossover-Happening auf. Ich verstehe es einfach persönlich nicht, wie man ein Quäntchen Klangperformance gegen ein krudes Ideal wie „Einheitliche Frontplatten, bitte!“ eintauschen kann. Manche meinen allerdings, ich gehöre einer Minorität an. Zum anderen aber habe ich in entsprechend gelagerten Testberichten den Satz „In der Kombination spielen die Geräte des Herstellers XY besonders gut zusammen“ gefühlte 5.678mal gelesen, und sagen wir einmal so: Er entbehrt gewisser Überraschungsmomente.
Freilich ließ sich hierdurch der herstellerseitige Wille, mir zusätzlich zum Amp auch den CD-Spieler der Prelude-Linie, den PC-1, zuzusenden, nicht bremsen. Und prompt habe ich ein Problem: Denn leider muss ich zugeben, dass die Electrocompaniet PC-1 / PI-2-Kombination gut zusammenpasst, da die klanglichen Grundausrichtungen der einzelnen Bausteine sich ergänzen – aber keiner wird mir glauben! Oder ist das nur meine Paranoia? Nun denn, ich habe sogar einen passenden Lautsprechertipp in petto – später mehr dazu. Erstmal zum Amp – „solo betrachtet“.
Es dauerte ein wenig, ihm auf die Schliche zu kommen beziehungsweise den springenden Punkt zu finden, der den besonderen Charme dieses Integrierten erklären hilft. Denn er ist nun wahrlich keine „Rampensau“, jemand, der ins Wohnzimmer hineinmarschiert und durch (zunächst faszinierende) Exzentrik auf sich aufmerksam macht. Und den man dann nach einer Stunde wieder herauskomplimentieren möchte. Nein, so ist er nicht, man kann ihm stundenlang zuhören, es tönt aus einem Guss, nichts nervt, und fehlen tut eigentlich auch nichts. Schon mal gute Voraussetzungen, den Hörer langfristig zufriedenzustellen: er spielt feinsinnig und ausgewogen und pflegt dabei ein gewisses Understatement. Schlecht hingegen, wenn man einen griffigen Einstieg in die Klangbeschreibung sucht …
Bisweilen hilft es, sich zu erinnern, wann man etwas ähnliches schon mal vernommen hat. Leider fiel mir spontan kein Vollverstärker ein … Doch als ich Zappas Yellow Shark einlegte, poppte plötzlich ein CD-Player (!) vor meinem geistigen Auge auf: der Creek Destiny. Warum? Nun, auch der konnte unheimlich relaxt aufspielen – doch nie nachlässig! – auch er tönte unterschwellig voll und warm – doch nie zu warm! – auch er beherrschte die räumliche Darstellung ganz famos – doch nie in dieser blendend-hellen und skizzenhaften Art, welche schon mal angeschlagen wird, wenn ein Grundtonmangel in eine Transparenztugend umgemünzt werden soll.
Und so spielt auch der Electrocompaniet PI-2 wohl eher auf der wärmeren Seite von Neutral, doch ohne dass dies Nebenwirkungen wie eine gewisse Behäbigkeit, mangelnde räumliche Transparenz oder gar einen tonalen „Sepia-Effekt“ nach sich ziehen würde. Im Gegenteil: Gerade die selbstbewusst-bestimmte Art, mit der den Akteuren ihr Platz zugewiesen wird, die feindynamische Finesse und das tonale Differenzierungsvermögen gefallen. Und der geradezu prächtige Grundton des Electrocompaniet-Amps sorgt für Leben, Natürlichkeit und eine griffige körperliche Note bei Stimmen und Instrumenten. Very sexy.
Freilich stimmt es auch, dass der (Tief-)Bassbereich schon mal trockener übertragen wurde. Der PI-2 gibt sich hier semiseco, was man – richtig kombiniert – durchaus als Tugend betrachten darf. „Trockenheit“ ist kein Wert an sich, sie kann auch zu dünn und staubig tönen. Mit unkontrolliert vor sich hinschwabbelnden Lautsprechern sollte der EC-Amp aber besser nicht gepaart werden. Wie auch Wandler mit ausgebauter Oberbassbetonung nicht die passende elektrische (Diät-)Kost gereicht bekommen.
Der Hochton gerät über den Electrocompaniet sehr sauber und offen, Härten oder raue Stellen gibt’s jedenfalls keine zu vernehmen. Weder wird etwas unterschlagen noch auf dem Silbertablett serviert. Die oberen Oktaven tönen so balanciert und integriert, dass man sie quasi als natürliche Verlängerung der Mitten bezeichnen könnte. Und so soll das, wenn Sie mich fragen, auch sein: nicht überpräsent, nicht näselnd, nicht metallisch-grell, nicht matt verhangen, nicht spitz, nicht stumpf … die Liste der Adjektive, die nicht zum Electrocompaniet-Hochton passen, könnte länger werden. Er ist einfach da – als ob das so einfach wäre! – und mir fällt nix zum Nörgeln ein.
Ich erwähnte schon, dass mich die räumliche Darstellung des Electrocompaniet-Amps sehr überzeugt. Es ist (sorry) nicht diese extrem-luftige, super-crispe und taghelle Manier der Raumausleuchtung, mit welcher andere Komponenten bisweilen aufwarten – und die unmittelbarer „ins Ohr fällt“. Das Erste, was beim Prelude meine Aufmerksamkeit auf sich zog, war vielmehr sein sinnenfroher Grundtonbereich, seine entspannte und sehr untechnische Art der Musikpräsentation. Erst beim mehr „kopflastigen“, kritischen Zuhören fällt dann auf, dass die Tiefenstaffelung ja tatsächlich ausnehmend gut gelingt, dass die Lokalisationsschärfe überdurchschnittlich hoch ist, dass insgesamt eine sehr freie Abbildung der Musik zur Aufführung gelangt. Scheinbar unspektakulär kommt dieser Norweger daher, aber gerade deshalb auch nicht artifiziell oder gar ermüdend – und hört man ihm länger zu, staunt man, was es sonst noch alles zu entdecken gibt. Kein vordergründiger Typ, dieser Amp …
Test: Electrocompaniet Prelude PI-2 | Vollverstärker