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Die Charmeoffensive des Esoteric setzt im Mittenband ein, exemplarisch macht mir das Tori Amos‘ „Blood Roses“ klar, gerade im Vergleich zur schon erwähnten Vor-/End-Kombi, die in den Mitten aus doch recht deutlich anderem Holz geschnitzt ist. Als Ersteinordnung ließe sich sagen: Der Esoteric besitzt mehr Wärme, die Kombi geht frischer ans Werk.
So erfolgt der Anriss der Saiten des Cembalos über die Kombi gehört härter, durchdringender, unmittelbarer, „stahliger“, wenn mir der Neologismus gestattet ist, während der japanische Vollverstärker körperlicher, fülliger und etwas weicher vorgeht. Dito bei der Stimme: Drei-vier Grad wärmer temperiert, als ich’s sonst gewohnt bin, kommt Amos‘ Gesang rüber. Angenehmerweise scheint sie mir auch gewachsen zu sein, die Stimme wirkt also größer in der räumlichen Abbildung, wenngleich nicht mehr ganz so griffig-plastisch umrissen. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, der Esoteric tauche alles in ein goldenes Licht, aber gleichwohl tendiert die Gesamtstimmung jetzt eher Richtung Bronze denn Silber; dies ist ein gefälliges, ja, fast elegantes Licht, kein kalt-analytisch-entblößendes, wenn Sie wissen, was ich meine.
Nun. Auch wenn der I-03 im Grundton etwas saftiger zu Werke geht, der wesentliche Unterschied scheint mir eher im Präsenzbereich zu liegen: Knapp zwei Minuten des Songs sind gelaufen und Frau Amos schreit jetzt näherungsweise. Das bei erwachsener Lautstärke über mein Standardsetup gehört, und es klingelt in den Ohren. Das tut weh. Nicht so mit dem Esoteric. Keine Sorge, die Dame schreit weiterhin, ein wattierter Vortrag geht ganz anders, aber sie tut es doch obenrum abgemilderter, weniger durchdringend, weniger penetrant. Vor die Wahl gestellt, gnadenlos ehrlich zu sein oder einen konzilianteren Ton anzuschlagen, schlägt sich der Esoteric I-03 ins diplomatischere Lager. Dies lässt sich durchgehend feststellen, sei’s bei harten E-Gitarrenriffs, sei‘s bei forcierten Klavieranschlägen – dem Japaner ist ein leicht abmilderndes Moment zu eigen. Bisweilen fehlt mir da ein wenig „harte, ehrliche, nüchterne Gangart“, stimmt. Aber im Sinne der Langzeitverträglichkeit ist das natürlich schon und wenn Sie wie ich die eine oder andere dürr abgemischte CD besitzen, ist es Balsam für die Ohren. Ich kann mir im Gegensatz zu meiner eigenen Verstärkerkombi kaum eine Situation, sprich: Anlage/Musikauswahl vorstellen, in der der Esoteric I-03 jemanden auf die Nerven gehen könnte.
Transformator des Esoteric I-03
Wenn sie „Ihre Mitten“ freilich sehr drahtig, entschlackt und direkt-präsent in der Ansprache mögen, werden Sie mit dem Esoteric wohl nicht warm. Denn seinige sind halt etwas wärmer und weicher. Oder „deutlich besser“, wie Kollege Jörg meinte, Miles Davis „My Funny Valentine“ einmal über die Kombi, einmal über den Esoteric I-03 hörend. Die Trompete sei „wärmer, angenehmer, irgendwie organischer und natürlicher“. Kann man durchaus so sehen.
Test: Esoteric I-03 | Vollverstärker