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System Audio im Hörparcours

Inhaltsverzeichnis

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SA mantra 60

Bootsy CollinsWie war das Werbeversprechen? Schnelle, kontrollierte, knackige Bässe? Herr Collins, haben Sie mal eben einen Moment Zeit? Nein, nicht Phil Collins, sondern Bootsy Collins, das Album Play With Bootsy, der Track „Don’t Let Em“. Ein mörder-relaxter, ins selbstironische lappender Groove mit elektrisierenden Pausen, einem pumpenden Funky Bass – und über all dem der stets eine Viertelsekunde hinterm Beatdraufrappende Bootsy Collins. Die System Audio mantra 60 legt gleich forsch los – in den Bässen fehlt mir da erstmal „gor nix“. Sie spielt flink, tief, muskulös und reproduziert den trockenen Funk mit einer Art, die ich hier mal „mühelos“ nennen möchte. Dieser Einstieg macht Spaß und verleitet mich zu einem weiteren Ausflug in bassstarke Gefilde:

Babyshamble

Babyshambles‘ „Fuck Forever“, eines der grandios-kaputtesten Intros des letzten Jahrzehnts. Ein Gitarrenriff, der so simpel ist, dass man ihn auch noch mit drei Gramm harten Drogen im Blut sauber spielen kann, ein paar Offbeat-Schläge auf eine ungestimmte Snare, und dann kommt ein geradezu pornografisch bauchiger Bass. Der muss unmittelbar in den Unterleib gehen, sonst hat man die falschen Lautsprecher. Die mantra 60 verbeugt sich kurz entschuldigend und pumpert dann sehr kontrolliert und zackig los, wenn auch mit einem klitzekleinen Tick Distanziertheit. Ich habe diesen Song mit anderen Lautsprechern schon „schmutziger“ gehört – die System Audio mag es offenbar lieber gepflegt.

SpainEs darf dann jetzt also etwas feinsinniger werden. Spains Album The Blue Moods of Spain, der Song „Untitled #1“. Eine angezerrte Gitarre zur Rechten, Josh Hadens rauchiger Gesang und sein klarer, drahtiger Fender Jazzbass, ein reduziertes, präzises, mit Besen gespieltes Schlagzeug – all dies erzeugt inklusive des langsamen, eher gesetzten Songwritings eine Nachtclubatmosphäre, die zum sofortigen Rauchen einlädt und Gänsehaut schafft. Wie verhält sich die mantra 60?System Audio mantra Sie bügelt kurz das Nadelstreifensakko auf, legt ein Dupont-Feuerzeug bereit und überlässt den Hörer seiner Fantasie. Um es etwas nachvollziehbarer zu sagen: Sie hat wiederum eine ganze Menge Bass, einen lupenreinen, ausgesprochen gitarrenschmeichelnden Mittenbereich und präzise, aber nicht übertriebene Höhen. Und sie klingt ausgesprochen live. Was bei diesem geradezu kammermusikalisch arrangierten Song allerdings auffällt ist, dass die mantra 60 keine überbreite Bühne zeichnet, sondern eine tiefe, genaue und gut ausgeleuchtete. Effekthascherei gibt’s nicht, sondern ein ehrliches und ausgesprochen präzises Abbild der musikalischen Veranstaltung. Es gibt ja Lautsprecher, die einen ob ihrer „Raumbreite“ geradezu in Ehrfurcht erstarren lassen. Lernt man diese Lautsprecher mit der Zeit besser kennen, stellt man bisweilen fest, dass diese „Breite“ zu Lasten der Präzision und/oder Ortbarkeit geht. Die System Audio verzichtet auf diese Blendeffekte zugunsten eines differenzierten, klaren, zu jeder Zeit nachvollziehbaren stereofonen Panoramas.

The Innocence MissionBleiben wir bei ruhigerer Musik, bei perlenden Gitarren und klaren Stimmen. The Innocence Mission / Befriended, ein ätherisches Album voll elfengleichen Gesangs. „When Mac Was Swimming“, ein schlicht instrumentierter Song, Frauenstimme, glasklarer Hall, zwei Gitarren, Schellenkranz, ein paar Piano- und Streichertupfer – und dem Hörer geht das Herz auf. Wenn denn der Lautsprecher mitspielt. Das ist hier der Fall: Ein Instrument nach dem anderen stellt die System Audio mantra 60 in den Raum. Was am Ende herauskommt ist pure Harmonie. Robert Forsters Nachruf „Demon Days“ bestätigt diesen Eindruck: Akustische beziehungsweise halbakustische Musik scheint mir eine der großen Stärken dieses Lautsprechers zu sein.

TelevisionAuch Televisions Marquee Moon, ebenfalls eines dieser instrumentell minimalistischen Alben, macht mit der mantra 60 außerordentlich Freude. Wenn die Produktion aus heutiger Sicht auch etwas angestaubt erscheinen mag, nach einigen Minuten findet man mit diesen Lautsprechen in den Sound herein und hat das Album als begehbare Skulptur im Wohnzimmer. Packend, involvierend, realistisch. Ich habe jetzt Lust auf Supertramps Crime Of The Century in der Remastered Version. Erstaunlich, welche bizarren Hörreihenfolgen Lautsprecher manchmal evozieren können, oder? Supertramp„Dreamer“ ist einer ihrer eigentlich totgespielten Hits, die man jetzt nach fünfzehn Jahren Pause auch einfach mal wieder auflegen sollte. Das leicht nasale „Dreamer“-Gejammer und das unvermeidliche Wurlitzer zu Anfang weichen spätestens beim „Far Out, What A Day, A Year, A Life It Is“ und der von links nach rechts rüberzischenden Hi-Hat einer an Klarheit schwerlich zu überbietenden, raumöffnenden Klangsituation, die die mantra 60 mit großer Spielfreude in die Wohnung strahlt. Später, bei den hervorragend abgemischten Drums und dem Herumgenudel auf den Toms fällt übrigens wieder auf, dass die System Audio in den Tiefen ausgesprochen leichtfüßig und schnell spielt, allerdings bei den Drums ganz unten den letzten Tritt in den Hintern ein wenig in Watte packt.

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Test: System Audio mantra 60 | Standlautsprecher

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