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Und wo wir bei Tendenzen sind: Ich würde dem Rega Elicit eher ein besonderes Talent zur fließenden Musikpräsentation bescheinigen wollen als eine hoch-rhythmische Spielweise. Recht aufschlussreich geriet in diesem Zusammenhang der Quervergleich mit dem Myryad MXI 2080 – ein Vollverstärker, der als ziemlich „impulsiv“ durchgehen darf. Egal ob Drum-Set, Gitarre, Klavier oder Harfe – fast immer hatte der Myryad-Amp beim Anschlags- beziehungsweise Anreißmoment leicht die Nase vorn, war schneller unterwegs. Der Rega zeigte hier ein normales Tempo, ausnehmend impulsschnell spielte er nicht – der Myryad schon. Doch man kann und muss die Sache auch von der anderen Seite betrachten oder besser gesagt hören: Denn geht‘s um das freie Ausschwingen von Klängen, technischer formuliert: um die Sustain-Release-Phase (siehe Wikipedia) eines Tons, versteht Regas Elicit richtig zu punkten:
Hier soll gar nicht mal das Gefühl der Körperlichkeit von Klängen angesprochen werden, welches sicherlich auch durch ein akkurates Nachzeichnen von Ausklängen gefördert wird und beim Elicit ebenso auf der Habenseite steht. Mir geht’s vielmehr um eine audiophile Finesse, die man – sorry, da müssen Sie jetzt durch: „zeitliches Changieren von Klangfarben beim Verklingen“, nennen könnte. Hierauf achtet der Rega Elicit nämlich sehr genau. Ich könnte mich auch kürzer fassen und einfach vom elegant-musikalischem Fluss des Regas reden. Aber was erklärt das?
Meine These ist, dass, wenn wir von „Fluss“ reden, auch von „Timing“ sprechen sollten, oder umgekehrt, dass wir beim Stichwort „Timing“ nicht nur an „Impulswiedergabe“ denken sollten – denn die Zeit nach dem Impuls ist wesentlich länger als dieser selbst und allein schon deshalb keinesfalls unwichtig. Das feine Ineinandergreifen von Ein- und Ausschwingvorgängen erklärt für mich ein Gutteil des Mysteriums „musikalischer Fluss“ – und der Elicit ist damit in besonderem Maße gesegnet. Ganz deutlich wurde mir das, als ich nach längerer Abstinenz mal wieder Tori Amos‘ CD Under The Pink einlegte, den Song Icicle ansteuerte und dann vom Rega auf den Myryad wechselte: Geradezu stoffelig klang Letztgenannter im Vergleich, und da tröstete mich das minimal genauer herausgearbeitete Klavieranschlagsmoment vom Myryad auch nicht drüber hinweg.
Der Rega Elicit stellt Klänge körperlich dar – ich sagte es schon. Und meiner Meinung nach ist das auch das Pfund, mit dem er in Sachen Bühnenabbildung / Bühnenorganisation wuchert. Stimmen und Instrumente besitzen diese angenehme physisch-plastische Note und arrangieren sich zu einem natürlich wirkenden Ganzen – ein holographisches Klangbild mit millimetergenauer Ausrichtung ist es freilich nicht. Er trennt die Klangereignisse gut voneinander – aber mit eher weichen Übergängen als mit scharfen Kanten. Die virtuelle Bühne besitzt Breite und Tiefe – aber als seine „Spezialstärke“ sehe ich dies nicht an. Der elegant-entspannte Duktus des Elicits zeigt sich eben auch in der Art und Weise, wie er die Musik räumlich präsentiert: Die Bühne gerät glaubhaft dimensioniert, statt spektakulär weitläufig, die einzelnen Klänge werden körperlich gestaltet, aber nicht streng gerastert. Spektakulär fallen dagegen schon eher die grobdynamischen Fähigkeiten des Briten aus – nimmt ein Orchester richtig Anlauf und schwingt sich auf, dann geht’s zur Sache. Da dürfen dann gerne auch ein paar Pauken mit dabei sein, denn auf die Pauke hauen kann der Rega, wenn es sein muss …
Test: Rega Elicit | Vollverstärker