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Der „Insigne“ aus Bergisch-Gladbach, leider produziert Transrotor den Dreher inzwischen nicht mehr, strahlt eine vornehme Distanz zum musikalischen Geschehen aus, behält stets die Übersicht und eine innere Ruhe, die sich nicht nur am völligen Fernbleiben irgendwelcher mechanischer Geräusche festmachen lässt, sondern auch auf einer nur schwer zu umschreibenden tonalen „Meta-Ebene“ funktioniert, die ich mit „im ganzen abgeklärter, eleganter und feiner“ auszudrücken versuche.
Der kleine Rega dagegen stürzt sich mit so viel Elan ins Getümmel, dass ihm das eine oder andere Detail schon einmal durchgeht und er auch räumlich, in Breite und Tiefe der Abbildung, enger staffelt. Angesichts des Preisunterschieds zum transparenten Rheinländer ist das aber auch logisch. Außerdem irgendwie sympathisch, charmant und nicht unbedingt ein Fehler. Denn dass man mit dem RP1 kein Highend-Produkt erwirbt, weiß man ja vorher. Wichtig ist, dass er es versteht, der Musik eine Seele zu geben.
Und wie bereits angedeutet, hat das englische Klangbrett Potenzial, welches mit höherwertigen Tonabnehmersystemen weiter ausgeschöpft werden kann. Als MM-Upgrade probierte ich ein japanisches Shelter 201, für MC-Freunde die Denon-Legende DL-103. Wider Erwarten vermochte es nur eins der beiden Systeme, die Performance des preiswerten Puristen nachdrücklich anzuheben: Kollege Ralph versprach mir vorab am Telefon einen „Porno-Bass“ beim Shelter. Tatsächlich sollte er damit richtig liegen: Hatte ich vor einigen Zeilen erwähnt, dass dem Rega im Werkstrimm etwa anderthalb Oktaven der Kelleretage fehlen? Hier sind sie. Und wie.
„Ernten, was wir säen“ von den Fantastischen Vier (Album: Fornika) kommt nicht nur bassmäßig fett aus den Lautsprechern, sondern straff, zackig und mit Kontur. Schwabbelbässe sind nicht die Sache dieses britisch-japanischen Gespanns, nachdrücklich dürfen sie aber schon sein. Dabei ist es nicht notwendig, die Auflagekraft von rund 1,7 Gramm, die zuvor beim Ortofon-System eingestellt war, zu verändern. Wer den Bassbereich weniger markant mag, kann etwas Gewicht raus drehen, nimmt sich dabei allerdings einen Gutteil des Spaßfaktors. Der bezieht sich beim Shelter 201 aber nicht nur auf die tiefen Töne. Über den gesamten Frequenzbereich bildet es vollmundiger, harmonischer und differenzierter ab als das Ortofon OM 5E. Zudem läuft es wesentlich ruhiger in der Rille, was nicht überraschen kann, kostet es doch im Fachhandel je nach Anbieter so um die 230 Euro. Gemessen an dieser Investition könnte man sich gleich einen kostspieligeren Dreher kaufen, meinen Sie? Klar, das könnte man. Aber mir geht es hier darum, aufzuzeigen, wie viel klangliches Potenzial bereits in einem Plattenspieler der Einsteigerklasse steckt. Und außerdem muss man ja nicht gleich hoch einsteigen, sondern kann sich langsam an sein persönliches Klangideal herantasten.
Mein persönlicher Aufsteiger-Tipp für preiswerte Plattenspieler heißt „Vinyl Master Red“ von Ortofon. Das sehr gut verarbeitete MM gibt´s für etwa 140 Euro und es funktioniert absolut problemlos an leichten bis mittelschweren Armen, klingt dabei ausgewogen, dynamisch mit einer ganz leichten Bevorzugung des Präsenzbereiches, was für eine gewisse Spritzigkeit sorgt. Für diesen Test stand es mir leider nicht zur Verfügung, ich habe es aber bereits an so vielen Drehern und in so vielen Konstellationen gehört, dass ich guten Gewissens empfehlen kann, es einmal auszuprobieren.
Als eher unpassender Spielpartner für den puristischen Briten erwies sich in diesem Zusammenhang das Denon-MC. Mit etwas Glück für deutlich unter 200 Euro zu ergattern und mit zahlreichen Vorschusslorbeeren gesegnet, passt es gleichwohl nicht zum Rega RP1. Der Grund: Der Tonarm ist zu leicht für dieses System, es gelingt nicht recht, ein Auflagegewicht von zwei Gramm und darüber hinaus einzustellen – aber so viel sollte es schon sein, wenn das DL-103 klanglich überzeugend spielen soll. Am richtigen Arm, etwa Regas RB 250 oder RB 300, wirkt es souverän und räumlich groß, fast schon lässig. Der kleine Rega RB-101-Arm klang mit ihm dagegen gestresst und inhomogen, im Bass verwaschen und aufgebläht. Ganz klar: Da nützt das beste Pickup nichts, wenn es am falschen Tonarm hängt. Spannend war der Versuch dennoch, man muss ja auch mal wissen, was nicht geht … Noch ein kleiner Hinweis zur Auflagekraft des RB-101: Rega wirbt ja mit „Plug & Play“ und weist in der Bedienungsanleitung des Plattenspielers darauf hin, dass man das Tonarmgewicht lediglich bis zum Anschlag des kleinen O-Rings schieben müsse, um eine Auflagekraft von rund 1,7 Gramm zu erhalten. Dies sei so exakt, dass man die Angabe nicht nachmessen müsse. Ich empfehle: Tun Sie es trotzdem. Bei mir stimmte die Auflagekraft nicht exakt, sondern war – zwar minimal, aber signifikant – zu hoch.
Besondere Aufmerksamkeit sollten Sie zudem der Aufstellung – genauer: dem Aufstellungsort – des Rega RP1 widmen. Konstruktionsbedingt ist er recht empfindlich gegenüber Trittschall und anderen Störquellen. Ein sehr stabiler Rackboden oder besser noch eine Wandhalterung (der Hersteller hat eine im Angebot, mit ein wenig handwerklichem Geschick und überschaubarem Budget kann man sich aber auch selbst eine bauen) sind ideal für den smarten Engländer.
Test: Rega RP1 | Plattenspieler