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Da wir gerade bei den Körperteilen sind – auf der CD Shri Durga von DJ Cheb i Sabbah gibt’s den Track „The Baba Bulley Shah & Baba Farid Mix: Gazelle Memories“. Dieser Track wird von einem verzerrten Streichinstrument namens Srangi eröffnet. Wie das im Original klingt, habe ich zwar keine Ahnung, aber die Wiedergabe über den V 70 SE ist von solch großer Intensität, dass ich nicht weiß, ob mir das Herz oder die Tränendrüsen aufgehen sollen. Der Octave macht kleinste Änderungen in der Lautstärke deutlich und transportiert damit den Ausdruck der Musiker in ungewöhnlich hohem Maße. Wenn im Röhren-Klischee die Röhre ein bisschen übertreibt und dadurch der Musik Seele einhaucht, dann macht der Octave deutlich, dass bei erfreulich vielen Alben solche künstliche Beseelung gar nicht nötig ist. Wenn die Wiedergabe so klar gerät wie hier, wenn der von den Musikern beabsichtigten Wirkung irgendwie weniger im Wege zu stehen scheint als bei manch anderem Gerät, dann ist das schon ernsthaftes High End. Dass auch der Rest des Tracks mit seinen für meine westlichen Ohren „vertrackten“ Rhythmen mitreißend wiedergegeben wird, versteht sich schon fast von selbst.
Der australische Sänger, Musiker und Produzent Louis Tillett wagte sich 1987 auf seiner CD Egotripping at the gates of hell an ein Stück von Allen Toussaint, „On your way down“. Tillett nennt seine Lebensphilosophie „Hoffnung durch Verzweiflung“ – bei diesem Titel hört man beides. Der Octave V 70 SE bringt das auf Stimme, Gitarre und Piano reduzierte Stück mit einer so großen Intensität, dass einem schier der Atem stockt. Das meine ich nicht als schriftstellerische Emphase – ich habe mich tatsächlich dabei ertappt, kurz den Atem angehalten zu haben, um nur ja nichts von der Wiedergabe zu verpassen. Grandios. Die Textverständlichkeit ist hervorragend, auch schwierige Laute wie das englische „th“ oder Sibilanten werden ohne Schärfe wiedergegeben. Das Piano wird so körperhaft präsentiert, wie es die Aufnahme zulässt, und steht auch bei Impulsen fest an seiner Stelle auf der virtuellen Bühne.
Die Tendenz, dass Stimmen etwas weiter vorne spielen als gewohnt, wie Kollege Werner beim V 80 seinerzeit feststellte, konnte ich für den V 70 SE bei mir so nicht bestätigen. Stimmen traten nicht weiter aus dem Mix hervor als über die überwiegend bei mir laufende Vor-/End-Kombi aus Tom Evans Audio Design The Vibe Plus und Jeff Rowland 102, eher sogar einen kleinen Tick besser ins Gesamtbild integriert. Die Abbildung über den Octave ist unauffällig; weder geraten Klangbilder erheblich kleiner als von der TEAD-Rowland-Kombo gewohnt noch erheblich größer.
Octave V 70 SE – optional ein Öko
Zu den klanglichen Auswirkungen der Black Box kann ich dem, was Martin Mertens im Test des V 40 SE schrieb, nichts Substanzielles hinzufügen. Auch an den JBLs, auch bei moderaten Lautstärken, brachte die Black Box mehr Klarheit, mehr Autorität.
Wer das einmal gehört hat, wird in der Regel nicht mehr darauf verzichten wollen, auch wenn ich persönlich es störend empfinden würde, dann doch wieder ein zweites Kästchen im Regal stehen zu haben, wenn ich doch vielleicht durch die Anschaffung eines Vollverstärkers den Gerätepark gerade überschaubar halten oder sogar reduzieren wollte. Ich würde auf jeden Fall über eine möglichst unsichtbare Aufstellung nachdenken wollen.
Röhrenfassungen des Octave
Wenn der Lautsprecher passt, ist der Bass des V 70 SE ohnehin eine positive Überraschung für jeden, der mit Röhren noch verwaschen-verrundete Wiedergabe von tiefen Frequenzen verbindet. Natürlich geht da mit starken Transistor-Endstufen noch mehr, aber so viel mehr auch nicht. Der Bass des Octave lässt auch ohne Doping nicht viele Wünsche offen – trocken, locker tief genug, um auch Subbassorgien à la Portishead wiederzugeben, und vor allem beweglich. Mit der Black Box gewinnt der Bass dann auch ein Stück an Transparenz im „optischen“ Sinn: Man kann Instrumente noch besser „sehen“, noch einfacher lokalisieren und in ihren Ausmaßen abschätzen. Schallereignisse sind schärfer fokussiert.
Test: Octave V 70 SE | Vollverstärker