Inhaltsverzeichnis
… und freuen uns darüber, dass das erste zu vernehmende Geräusch ein leichtes mechanisches Rütteln der vom Strom wachgeküssten Transformatoren ist! Dergleichen verströmt die Aura von schwerem elektrischen Gerät und lässt alle Kinderherzen höher schlagen – und genau weil‘s so ist, vermute ich ja, dass das gar nicht die Trafos sind, sondern dass man extra einen kleinen Rappelmotor eingebaut hat … aber Sie müssen meiner Paranoia hier auch nicht folgen. Ansonsten gibt sich der Evolution 845 sehr ruhig, sprich: brummen tut’s nur wenig. Man muss das Lautstärkepoti schon gehörig aufreißen und Lautsprecher höherer Empfindlichkeit an den Amp hängen, damit am Hörplatz ein leichtes Summen zu vernehmen ist.
Dass der Mastersound Evolution 845 einen eher lustvoll-eleganten denn streng wissenschaftlichen Zugang zur Musik bietet, lässt sich ihm ja fast schon ansehen. Was ihn vor allem auszeichnet, ist eine gewisse Tonalität und eine gewisse Art der räumlichen Darstellung der Musik. Alles klar? Wohl kaum …
Um mit Erstgenanntem zu beginnen, unten anzufangen und streng wissenschaftlich zu werden: Fürs Geld, das man hier los wird, lässt sich tiefergehender, konturierterer, schnellerer und auch durchgezeichneterer Bass einkaufen. Der letzte Transistoramp, mit dem ich mich näher befasst habe – der Plinius 9200 -, liegt preislich nicht mal bei der Hälfte des Mastersounds und besitzt ein trockeneres Untergeschoss. Wenn’s das ist, was Sie brauchen, weil Ihre Musiksammlung zur Hälfte aus mit bösen Synthibässen gespickter Elektronica besteht, werden Sie Probleme mit dem Mastersound bekommen. Andererseits: Wenn auch nicht in Relation zum Geld, so muss man doch angesichts des technischen Konzepts des Evolution 845 – nämlich Class-A, Single-Ended, kaum Gegenkopplung, Triode -, von ganz erstaunlicher Basspotenz sprechen: Sehr tief geht es hinunter, mit Kraft und Durchzeichnung – für einen SET-Amp.
Blick von unten aufs Bodenblech …
Und damit ist ganz klar gesagt: Wer bei Single-Ended-Trioden-Designs reflexartig mutmaßt, als Musik funktioniert jetzt nur noch Frauenstimme vor leichtem Klaviergeklimper, ist hier falsch gewickelt. Für handgemachten Rock der Marke „One, Two, Three, Four und ab dafür“ eignet sich der Mastersound nämlich ausgezeichnet. Man mag hierbei an die Dire Straits oder die Stones denken oder, wie ich es tat, die Violent Femmes und Live hören, mehr oder weniger gilt: Echter Tiefbass ist kein Problem, da bei dieser Musik sowieso nicht in relevantem Umfang enthalten – und darüber hinaus besitzt der Italiener ordentlich Schmiss und Punch. Bevor Sie mich jetzt ob der Pauschalaussage schlagen, werde ich etwas konkreter: Die Bassmenge/-energie, die der Mastersound so ab Bassdrumkick aufwärts in den Raum stellt, ist allemal hinreichend. Ja, hier wird sogar ein zusätzliches, spaßförderndes Schnäpschen mehr verteilt. Man darf getrost von einem saftigen Bass-/Grundtonbereich sprechen und das hat handgemachtem Rock noch nie geschadet, oder? Und wie schaut’s qualitativ aus?
… und unter das Bodenblech
Gleich mein erster Eintrag ins Notizheftchen lautet: „Bass insgesamt üppig, saftig, zwar nicht allzu trocken, aber trotzdem differenziert und beweglich.“ Und so kommt es auch, dass, vergleiche ich bei den Live-Klassikern „I Alone“ und „All Over You“ den Mastersound Evolution 845 mit meiner Vor-/Endkombi (Octave HP300 MK 2 + Electrocompaniet AW180), der Italiener sogar den potenteren Eindruck im Untergeschoss vermittelt: Er schiebt hier ein wenig mehr Energie rein, während die norwegischen Monos strenger kontrollieren, was zwar „theoretisch richtiger“ ist, bei dieser weder übertrieben fett tönenden noch audiophilen Rockplatte aber vergleichsweise kraftloser/nüchterner klingt. Apropos: Da ist mit dem Mastersound auch mehr Grundtonpower bei den E-Gitarren-Schrammeleien der Songs zu vernehmen, was mir ausnehmend gut gefällt. So klingt es substantieller.
Endröhrensockel im Detail
Überhaupt lässt sich die tonale Mixtur im Mittenband zur Hälfte aus einer leichten Grundtonbetonung (siehe Frequenzbereiche), zur anderen Hälfte aus einer Dezenz im Bereich der oberen Mitten erklären. Diese Abweichungen von der gedachten Neutrallinie halte ich nicht für Sündenfälle und sie sind auch nicht beträchtlich – aber sie bestimmen doch konsequent das Bild. Sei’s, dass ich Joanna Newsoms Stimmchen auf Have One On Me insbesondere bei höheren Pegeln piksigser in Erinnerung habe und nun die Parole „Gefahr gebannt!“ ausgegeben wird – was als Gewinn durchgehen kann -, sei’s, dass manche Männerstimmen in „Extrasonor“ ausgegeben werden: Der Evolution 845 mag’s rund, voll und etwas weicher. Letzteres muss ich mit Blick auf so manche Frauenstimme – entgegen dem Quatsch, den ich vor zwei Sätzen schrieb – dann doch für sündig erklären. Gut so.
Freilich kann man auch der Meinung sein, dass dieses leichte Abschleifen von Präsenzspitzen einer als „originalgetreuen Impulshärte“ empfundenen Hörgewohnheit nicht in allen Fällen voll gerecht wird. Beispielhaft führte mir das der Jazzsong „Tilldess“ vor: Ich liebe den Mastersound dafür, wie fett und prächtig er das Saxophon in den Raum stellt – aber diesen metallischen Biss hat’s nun nicht mehr so ganz, zahnlos ist’s beileibe auch nicht, aber zahmer eben doch. So wie auch der Klavierpart im Mittelteil des Stückes: Ab einer gewissen Abhörlautstärke kenne ich das eigentlich so, dass die hart angeschlagenen Klaviernoten quasi wie kleine Lanzen auf mein Ohr zielen. Das muss nicht jeder mögen, aber wenn man mich fragt, darf Musik gelegentlich auch schon mal wehtun. Das sieht der Evolution 845 ein wenig anders. Die tonale Balance in den mittleren Lagen ist natürlich Geschmackssache und darüber hinaus stark abhängig von der jeweiligen Paarung mit dem Lautsprecher und dessen Charakter. Was sich aber schon verallgemeinernd festhalten lässt: Der Mastersound ist auch im Mittenband ein Italiener und kein Preuße.
Test: Mastersound Evolution 845 Reference | Vollverstärker