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Grundlegendes …
Als erstes könnte man sich vielleicht fragen: Warum haben die Lautsprecher eigentlich so überstehende Kanten – etwa damit’s hübscher aussieht? Eine Frage, die auch auf Nuberts Website anschaulich behandelt wird, aber der Vollständigkeit halber auch kurz hier erläutert werden soll: Nubert will damit Störeinflüsse von durch Beugung entstehenden Kantenreflektionen im Zaum halten, deren Schallanteil sonst Gefahr läuft, für (die Musikqualität merklich beeinträchtigende) Interferenzen zu sorgen. Die zu allen Seiten hin überstehende und um fünf Grad gebogene Schallwand sorgt nämlich dafür, dass diese Kantenreflektionen zwar nicht grundsätzlich ausgelöscht, aber zumindest weg vom Hörer nach hinten gebeugt werden.
Auf den Störeinfluss „Kantenbrecher“ zielt aber – um noch etwas weiter zu gehen – auch die asymmetrische Anordnung der Hochtöner ab: Der Abstand eines Treibers von der Gehäusekante bestimmt nämlich, bei welcher Frequenz dieser Störeinfluss auftritt. Ist der Abstand des Treibers von der Gehäusekante zu allen Seiten hin unterschiedlich, „verdünnt“ sich die Problematik auf mehrere Frequenzen. Übrigens ein Umstand, dem die meisten Boxenbauer bei der Treiberpositionierung (mehr oder weniger) Tribut zollen – siehe zu dem Thema beispielsweise auch die Ausführungen im Bericht über die AudiaZ ETA.
Interessant beim Nubert-Konzept ist aber, dass nicht das Chassis als Ganzes, sondern lediglich die Membran asymmetrisch positioniert ist …
Klar, ökonomisch pfiffig ist das einerseits: Linkes und rechtes Gehäuse können so, trotz Asymmetrie, in gleicher Weise und damit in einem Rutsch – Stichwort „Rüstkosten-Minimierung“ – gefertigt werden. Andererseits wird damit aber auch das Thema „Bekämpfung von Kantenreflektionen“ auf die Spitze getrieben: Denn Kantenreflektionen hat’s genaugenommen nicht nur an den Rändern des Gehäuses, sondern freilich auch am Übergangsbereich des Gehäuses zum Chassis selbst – natürlich umso ausgeprägter, je weniger die Treiber bündig versenkt werden (andere Hersteller nutzen diesen Umstand dagegen bewusst und versenken die mit genau definierten Rändern versehenen Chassis gerade nicht: z.B. Sehring). Die Nubert’sche asymmetrische Membrananordnung sorgt also für eine „Reflektionsverdünnung“ an gleich zwei kritischen Stellen.
Aber Nubert verdünnt noch weiter: Und zwar die Gehäuseresonanzen betreffend, welche bei der nuVero 4 vornehmlich zwischen 300 bis 600Hz (grundsätzlich abhängig von der der Gehäusegröße und Konstruktionsweise einer Box) ihr Unwesen zu treiben (versuchen). Die an den Innenwänden der nuVero zu entdeckenden (und etwas schlecht zu fotografierenden) Dreiecke sorgen nun für eine Zerlegung bzw. breitere Verteilung der entstehenden Moden, was die Resonanz-Spitzen deutlich – um bis zu 10db – absinken lässt.
Als Treiber dienen bei der Nubert nuVero 4 eine speziell konzipierte 26mm Hochton-Gewebekalotte auf Basis eines Modells von Seas sowie Bass-/Mittelton-seitig ein 180mm Konus, der mit einer Glasfaser-Zellstoff-Verbundmembran ausgestattet ist. Letzterer stammt von Peerless und gelangt erstmalig bei Nubert zum Einsatz – normalerweise vertrauen die Schwaben eher dem Material Polypropylen, da Gewebestrukturen (wie eben Glasfaser, aber z.B. auch Karbon) stärker zu klangverfälschenden Partialschwingungen neigen: Die bei der nuVero 4 gewählte Sandwichbauweise der Verbund-Membran soll diese Neigung aber minimieren und sich bei großen Signalen zudem formstabiler erweisen als eine vergleichbare Variante aus Polypropylen.
Getrennt wird das Treiber-Duo bei vergleichsweise niedrigen 2kHz. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass man bei Nubert alles andere als ein Fan minimalistischer 6dB-Weichenkonzepte ist. Eine flache 6dB-Trennung begünstigt nach gängiger Meinung ja die Gruppenlaufzeiten bzw. die Zeitrichtigkeit eines Lautsprechers. Zumindest in der Theorie. In praxi – so Firmenchef Günther Nubert – wird „der theoretische Vorteil von 6 dB-Weichen durch das elektrische (Rück)Wirken der Lautsprecher-Chassis innerhalb der Kette dramatisch verschlechtert.“
Der Fakt, dass Lautsprecher keine rein ohmsche, sondern vielmehr eine komplexe Last (vergleiche dazu z.B. Impedanz im fairaudio-Lexikon) darstellen, führe zu der Tatsache, dass der Hochtöner fast immer verpolt angeschlossen werden muss (dies ist dem Umstand geschuldet, dass die komplexe Last des Hochtöners in praxi Phasenverschiebungen von um die 180 Grad bei 6dB-Weichen provoziert) sowie – so jedenfalls Herr Nubert – zu „schlecht unterdrückter Hochtöner-Resonanz, zu einem eingeengten vertikalen Winkelbereich infolge eines zu breiten Überlappungsbereichs [der zu trennenden Arbeitsbereiche der Treiber, der Autor]und zu stark ansteigendem Klirrfaktor im Hochtonbereich bei höheren Lautstärken.“
Nubert setzt bei seinen Frequenzweichen deswegen generell auf eine höhere Flankensteilheit bei der Trennung – in der nuVero 4 kommt beispielsweise eine 12dB Weiche zum Einsatz, die des Weiteren durch eine spezielle Zusatzbeschaltung die störend einwirkende Rückinduktion der Treiber (die ja ihrerseits auch immer wie Generatoren wirken) minimieren soll. Den Signalweg betreffend, sind bei der nuVero 4 übrigens ausschließlich hochwertige MKP-Kondensatoren anzutreffen.
Test: Nubert nuVero 4 | Kompaktlautsprecher