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Doch auch Subtiles, wie das hintergründig eingemixte „Plattenspielerrauschen“ im wunderbaren Titel Bloodstain, mit Alice Temple am Mikrofon, wirkte, ohne dass ich hierbei nun erbsenzählerisch hin- und herverglichen hätte, sonorer und entspannter, ja, wenn man so will, einfach einen Tick realistischer.
Was mir an diesem Abend zudem recht schnell klar wurde und die nächsten Tage immer wieder Bestätigung fand: Die Verständlichkeit und Lebensechtheit, mit derer die Thiel SCS4 bei der Wiedergabe von Stimmen zu Werke geht, kann zweifelsohne unter „großes Kino“ einsortiert werden. Vorbildlich beispielsweise, wie Alice Temples Gesang einerseits klar umrissen und mit penibel ausgearbeiteter Textur in den Hörraum transportiert, andererseits aber auch anstandslos warm, voll und geschmeidig gereicht wird.
Ja, überhaupt die Mitten – fast schon sonderbar intim und unmittelbar gerät’s, als Edward Ka-Spel (The Legendary Pink Dots, Album: Plutonium Blonde, 2008) mir einige Tage später das psychedelisch-ironische Stück „An Arm And A Leg“ mit eindringlicher Stimme über die Thiel vorträgt. Aber auch das Banjo im Titel Mailman weiß nicht minder zu beindrucken: Organisch-echt in puncto Klangfarbe, wird es zudem tadellos leichtfüßig, feindynamisch und mit angenehmem musikalischen Fluss gereicht. Kompliment …
Ja, die Mittel-Hochtonübertragung der Thiel SCS4 wartet im Vergleich zur größeren CS 2.4 durchaus mit eigenständigen Charakterzügen auf: Einerseits vermögen beide Wandler einzelne Klangereignisse klar herauszukristallisieren, ihnen die nötige Kontur und Trennschärfe zu verleihen. Zu verwaschen, zu verschmieren, aufzuweichen, Töne ihrer Impulskraft zu berauben, sie zeitlich zu verschleppen etc. ist die Sache beider Thiels nun überhaupt nicht.
Doch während die größere CS 2.4 das Innere, den Körper, das Sustain von Tönen bisweilen etwas nachlässiger, etwas ausgedünnter zeichnet – was das Gebotene manchmal etwas härter und mitunter auch präsenter erscheinen lassen kann – brennt an dieser Stelle bei der Thiel SCS4 rein gar nichts an. Einzelne Klangereignisse werden innerhalb ihrer Konturen, so scheint’s, einfach satter sowie vielschichtiger ausgemalt.
Dennoch, die SCS4 geht – bei aller Unangestrengtheit und Natürlichkeit, die sie trotz ihrer Präzision mit adäquater vorgeschalteter Elektronik entwickelt – als recht kompromisslose Abhöre durch, die nicht ganz „sauber“ spielende Verstärker, CD-Player, Kabel usw. sicherlich unangenehm zu Gehör bringen kann.
Mit den erwähnten Fonel-Komponenten als Zuspieler wusste die kleine Thiel im Mittel-Hochtonbereich aufgrund ihrer Transparenz und feindynamischen Qualitäten sogar besser zu gefallen als meine hochgeschätzten Sehring S703SE (ca. 5.600 Euro). Dies änderte sich jedoch nach einem probeweise vollzogenen Komponenten-Downgrade. Die Einwechslung des ungleich preiswerteren Vollverstärkers Abacus Ampino (530 Euro) wurde sogar noch erstaunlich gut verdaut, wenn auch die zuvor vom Fonel Emotion vermittelten höheren Dosen an Bass-Energie sowie Hochtongeschmeidigkeit der Thiel SCS4 gut zu Gesicht standen. Der Austausch des Fonel Simplicité gegen meinen mittlerweile etwas in die Jahre gekommenen Audiomeca Obsession II machte das Maß aber insofern voll, als dass nun zumindest grenzwertig aufgenommene CDs keinen rechten Spaß mehr bereiten wollten, sprich doch recht schnell ermüdeten.
Bleiben aus meiner Sicht noch drei Dinge, die als weiterhin erwähnenswert durchgehen:
Bühnentechnisch leistet die SCS-4, was sollte man auch anderes erwarten, Famoses. Klar strukturiert, offen, ortungsscharf, aber nicht künstlich gerastert sowie eindrucksvoll plastisch und ungefähr von der gedachten Grundlinie zwischen den Boxen aus agierend, gibt sich die kleine Thiel in Sachen Räumlichkeit keine Blöße.
Über ausgemachte „Rockerqualitäten“, unter denen ich die nächsten beiden Punkte zusammenfassen möchte, verfügt sie aber nicht:
Unten rum geht die SCS4 – wie über den restlichen Frequenzbereich auch – vorbildlich rhythmisch und konturiert zu Werke. In Sachen Druck und Tiefgang liefert sie ordentliche, aber keine überragenden Ergebnisse. Eine vergleichsweise zu Rate gezogene Quadral Rondo – die für eine Kompaktbox dieser Größenordnung den Bassbereich grundsätzlich recht souverän meistert – versieht beispielsweise in Celebrations „Holiday“ sowohl die Bassdrum als auch den fetten Basslauf (der sich im Idealfall recht eindringlich durchs Stück ziehen sollte) mit jeweils einem Tick mehr Druck und Tiefgang.
Zudem: Die Thiel SCS4 spielt leise gut. Und bei Zimmerlautstärke. Und wenn der Nachbar so ganz langsam anfängt, sich zu ärgern, ist bei Ihnen im Hörraum auch noch alles im Lot. Wenn’s aber darum geht, den Nachbarn so richtig zum Grooven bringen zu wollen, dann ist das zwar bestimmt möglich, richtig angenehm wird’s dann aber weder mit dem Nachbarn, noch mit der aufgelegten Musik – Partypegel sind die Sache der kleinen Thiel eher nicht.
Test: Thiel SCS4 | Kompaktlautsprecher