Inhaltsverzeichnis
Zudem glaube ich, dass iNNoSounds direkte Digitaleinspritzung in den Verstärker einen Betrag dazu leistet, dass es so außergewöhnlich unmittelbar klingt. Ich habe auch schon andere Komponenten gehört, die den Texas Instruments USB Chip an Bord haben – diese “wolkenlos, klarer Himmel“-Gangart war bei ihnen aber weniger ausgeprägt.
Aber mal weg von der Elektronik der Piccolos (obwohl natürlich Treiber und Elektronik grundsätzlich als untrennbare Einheit anzusehen sind): Ein offensichtliches Plus an Fundament und damit einhergehend an tonaler Glaubwürdigkeit vermag der ausgewachsenere Breitbänder in Glow Audios ungleich größeren Voice One zu leisten – da können selbst die ähnlich dimensionierten Nu Force Lautsprecher nicht mithalten. Klar, sowohl die NuForces als auch die Glow Audios kommen mit eigenen Subwoofern daher, welche den Piccolos quasi den Stinkefinger hinhalten und selbst Techno und harte elektronische Beats eindrucksvoll in den Hörraum schleudern. Mit Blick auf die Piccolos hört sich derartiges zwar okay, aber sicherlich nicht großartig an – dafür können unsere kleinen Probanden einfach nicht genug Luft bewegen.
Kommen wir aber noch mal zum Anfang zurück. Hojin Jang wies ja insbesondere auf die Wiedergabe von Frauenstimmen hin. Was vielleicht eher als Ausdruck südkoreanischer Zurückhaltung anzusehen ist. Aber es scheint in der Tat, dass die Piccolos bewusst darauf getrimmt sind, Stimmen zu meistern – dennoch sind sie freilich durchaus in der Lage, ein breiteres Anwendungsspektrum abzudecken, ohne dass es dabei nun zu irgendwelchen Katastrophen käme. Ein vergleichbarer Lautsprecher aus der Hand eines westlichen Entwicklers wäre wohlmöglich etwas wuchtiger und rockender abgestimmt – würde im Vergleich aber sicherlich Minuspunkte einfahren, wenn man ins Feld führt, wie tief die Piccolo in echtes HighEnd Territorium vordringt, was die Stimmwiedergabe angeht.
Eine aufschlussreiche Testmaßnahme besteht darin, sich einfach mal von den Lautsprechern zu entfernen, vielleicht gar ein paar Treppenstufen zu nehmen oder um die Ecke zu gehen und dabei audiophile Kriterien wie Bühnenaufbau, Ortungsschärfe etc. beiseite zu packen. Was bleibt sind Ton, Dynamik und Timing. Wenn sich Transienten gänzlich unverschleppt darstellen, unnatürliche Schärfen seitens des Hochtons – der auch immer das Zepter über den Mittelton schwingt – ausbleiben, wenn Obertöne sich zu einem harmonischen Ganzen mit ihrem Grundton vereinigen, wenn Musik schwingt und atmet und eben nicht nur wie ein Metronom oder eine Nähmaschine präzise den Takt einhält, wenn man sich als Hörer angesprochen, angetriggert fühlt – ja, dann macht das, was immer da auch den Sound generiert, grundsätzlich etwas richtig. Wobei “grundsätzlich” fast das falsche Wort ist. Es schwächt – je nach Sinnverständnis – die wirkliche Bedeutung in diesem Zusammenhang fast ein wenig ab. Doch das Grundsätzliche meint hier das Fundamentale. Und stimmt’s mit diesem schon nicht, verliert auch alles andere seine Bedeutung.
Es mag vielleicht ein wenig verwundern, die Piccolo zu der Sorte von Lautsprecher zu zählen, welche dieses Fundamentale beherrscht. Ja, aber es ist tatsächlich so. Hojins Studienfreund, welcher bei der Abstimmung der Piccolo letztlich den Hut auf hatte, verstand während der einjährigen Entwicklungszeit offenbar sein Handwerk, wie auch folgende Beispiele zeigen:
Romane und Stochelo Rosenberg geben mit ihren Manouche-Gitarren Jazz-Riffs zum Besten, begleitet von einem funky Double-Bass und verzögerten, jeweils auf den zweiten Schlag erfolgenden Growls (zusätzliche, mehr oder weniger undefinierte, tiefere Töne, die gemeinhin eine Zusatzportion Aggressivität in die Musik tragen, die fairaudio-Redaktion) – was insgesamt recht heftig swingt. Das metallische Funkeln der nur so dahinfliegenden Arpeggios (Akkorde, bei denen die Noten einzeln gespielt werden, die fairaudio Redaktion) gerät keinesfalls übertrieben. Die tiefen Basselemente der Musik werden freilich nur in abgeschwächter Form verabreicht, sind aber dennoch merklich wahrnehmbar, sprich befinden sich auf dem Spielfeld und nicht gänzlich in Vergessenheit geraten im Seitenaus …
Das Gleiche gilt für Natacha Atlas‘ Song „Oully Ya Sahbi“, ein richtiger Folklore-Kracher vom Album MishMaoul. Das Stück steht und fällt mit seinem recht tief verlaufenden Clubgroove. Oder für das Tord Gustavsen Trio mit den auf dem Tastenfeld weit nach links ausuferndem Pianoläufen und dem stramm angerissenen Bass. Oder Ojos de Brujos „Get Up Stand Up“ – Latino-Reggae vom Album Techari Live. Oder Paula Morelembaums Titel „Canto de Ossanha“; sowie Stücken von Pat Metheny (Missouri Skies). Alle diese Songs benötigen ein ordentliches Fundament.
Und wenn die Piccolos auch keine echten Wunder vollbringen können, das Vortäuschen eines solchen kann ebenfalls sehr beeindruckend sein – gerade weil eben nicht das Gefühl eines Mangels suggeriert wird. Am erstaunlichsten bleibt aber, wie offen der Mittenbereich gerät und dass es – trotz der Plastik-Wangen des Gehäuses – niemals nach Plastik oder billig klingt.
Was es allerdings auf jeden Fall zu vermeiden gilt, ist, die Piccolos direkt an eine Wand zu stellen, mit irgendetwas Voluminösen im Bassbereich zu füttern und den Pegel aufzureißen. Denn dies führt unweigerlich dazu, dass der eigentlich sehr bündig integrierte Oberbass zu vordergründig gerät, was wiederum den wunderbaren Mittenbereich verschmieren ließe.
Aus einer Laune heraus packte ich die Piccolos schließlich einfach mal in meinen Subaru und fuhr sie zu Serge Schmidlin von Audio Consulting …
Test: iNNosound Piccolo | Aktivlautsprecher, Kompaktlautsprecher