Inhaltsverzeichnis
Akusmatik A90 – klangliche Erfahrungen
Schwieriger wird die Sache im Hochtonbereich. Hier bündeln die Breitbandchassis vernehmlich. Während die horizontale Ausrichtung durch eine auf den Hörplatz eingewinkelte Aufstellung noch problemlos möglich ist, bekomme ich mit den A90 ein Problem bei der vertikalen Ausrichtung. Da die Treiber ganz oben auf den recht hohen Gehäusefronten sitzen, liegt ihr Zentrum in circa einem Meter Höhe. Durch die schräg gestellte Front strahlen die Treiber zudem noch leicht nach oben ab, sodass der Sweet-Spot sich bei meinem Hörabstand vermutlich auf 1,5 Metern befindet. Hier würde ich mir doch ein wenig mehr Praxisbezug wünschen. Wenn ich mir vorstelle, das die Hörabstände in meiner Wohnung eher am unteren Ende dessen liegen, was mit den A90 möglich ist, möchte ich nicht wissen, was bei einer richtig großzügigen Aufstellung notwendig ist, um in den vollen Hochtongenuss zu kommen.
Gerald Hüpfel, Inhaber der Hornmanufaktur und Entwickler der A90, erklärt, das sei Absicht, da man bei den A90 nicht im unmittelbaren Schallfeld sitzen müsse. Ich teile diese Ansicht aber nicht. Für meinen Geschmack gibt es dann nämlich eine Spur zu wenig Hochton. Allerdings sei erwähnt: Herr Hüpfel bietet unterschiedlich hohe Hinterfüße an, sodass der Lautsprecher je nach Gusto auch vertikal(er) auf den Hörplatz eingestellt werden kann. Das finde ich sinnvoll.
Zur Einstimmung höre ich erst mal leichte Kost: Pop. Von Breitbändern heißt es, dass sie in den stimmlichen Lagen gern ein wenig verfärben. Bei der A90 kann ich nur sagen: Stimmen sind ein Traum. Ich habe mal wieder in meiner Kitschecke gekramt und höre mir die Filmmusik von Sister Act (I) an. So differenziert habe ich die einzelnen Stimmen des Chors selten wahrgenommen. Und das Faszinierende ist: Man meint förmlich jede Nonne in ihrer körperlichen Ausdehnung zu hören. Ich glaube sogar die Körpergröße der einzelnen Sängerinnen heraushören zu können.
Technisch ist das natürlich Quatsch. Die Performance der A90 ist bei Stimmen aber wirklich eindrucksvoll: Sei es nun der Cellblock-Tango aus dem Soundtrack des Filmes „Chicago“ oder die kleine Messe von Rossini – ich frage mich ernsthaft, wann ich das letzte Mal einen Lautsprecher gehört habe, der die einzelnen Stimmen derart sauber voneinander zu trennen verstand – sowohl räumlich gesehen als auch von ihrer tonalen Charakteristik. Ich bin hin und weg!
Wenn Sie jetzt glauben, es ginge bei den A90 nur um Spaß und die einzig richtige Kost für diese Lautsprecher sei folglich U-Musik – liegen Sie völlig daneben. Als nächstes steht Klassik auf meinem Hörprogramm. Und wenn schon Klassik, dann bitte richtig: Beethovens Neunte von den Berliner Philharmonikern unter Karajan, das Ganze von der Deutschen Grammophon.
Eine respektable Darstellung hätte ich von den A90 erwartet – aber nicht das! Die Selbstverständlichkeit, mit der die Österreicherinnen den großen Konzertsaal in mein Wohnzimmer projizieren und das Orchester darin aufstellen, ist nichts weniger als ganz großes Kino. Dabei steht nicht die Lokalisationsschärfe einzelner Instrumente im Vordergrund. Es ist vielmehr das Gesamtbild.
Zudem: Meiner bescheidenen Meinung nach sind Lautsprecher, die bei Klassik ein überzeugendes Live-Gefühl vermitteln können, rar gesät. Und daher ist es wirklich genial, wie diese Wandler die volle Dynamik des Orchesters rüberbringen. Völlig mühelos geben sie leisen Passagen Raum (und zwar den ganzen – der Konzertsaal „atmet“ immer mit). Und wenn es dann richtig zur Sache geht, bringen sie völlig unmittelbar auch das heftigste Crescendo rüber. Und zwar unkomprimiert – nie hat man den Eindruck, es würde jetzt aber zu laut. Ich muss schon sagen: Selten habe ich so begeistert meine Klassik-Aufnahmen durchgehört.
Test: Hornmanufaktur Akusmatik A90 | Standlautsprecher