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Tasten wir uns vom Jazz mal vor zu einer spannenden Mischung aus Kammermusik und Elektronik: Die österreichische Pianistin und Gesangselfe Anja Plaschg, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Soap & Skin. Ihr Album Lovetune For Vacuum ist ein überwiegend düster-theatralisches Werk. Viel Schmerz in Wort und Klang, aber auch viele Momente irisierender Schönheit. Der Track „Extinguish Me“ beginnt mit Klavierarpeggien und Anja Plaschgs tremolierender Stimme, langsam schleichen sich Streicher hinzu, die Stimme schwingt sich durch Dopplungen zum Chor auf – und ziemlich genau in der Mitte des Stücks ein strahlender Refrain mit vehement einsetzender Gesangsattacke. Die Elac unterstreicht wiederum die bisherigen Klangeindrücke. Geradezu erfreulich ausgewogen klingt das Klavier – und auch der Gesang hat sehr viel Natürlichkeit. Nicht selten kennt man von Lautsprechern dieser Preisklasse eben doch den gewissen Hang zum „Näseln“, zu kleinen tonalen Aushöhlungen oder Verfärbungen. Die Elac schlägt sich hier mehr als wacker.
Bei der Dynamik, und zwar Grob- und Feindynamik, muss ich hingegen leichte Abstriche machen. Die plötzliche Gesangsattacke kenne ich spitzer, schärfer, „böser“, hier empfinde ich die Performance der Elacs tendenziell als gutmütig. Das ist hier klar auf den dynamischen Antritt bezogen, nicht auf die Tonalität – denn selbst wenn ich rückseitig die +3 dB Höhenbetonung der Lautsprecher anwählte, bleibt der genannte Eindruck erhalten, zwar „gleißt“ es nun in den Höhen mehr, aber der eigentlich gewünschte Effekt, dass einen die Stimme überraschend wegbläst, der kommt hier nicht ganz so zum Tragen. Vom selben Album der Song „The Sun“ – hier kommt zu den Instrumenten noch überraschend einsetzende Elektronik (Sequenzer, rhythmische Geräusche, Surren und Rauschen) hinzu. Die Elacs bringen’s effektvoll, glaubwürdig und – vom fehlenden Tieftonfundament abgesehen – tonal reif rüber. Was die räumliche Darstellung angeht, verhält sich die Elac sehr nahfeldmonitortypisch: Sie bildet bei nicht zu komplexer Besetzung horizontal hinreichend präzise ab, eine allzu große Raumtiefe oder die vielzitierte „holographische“ Wiedergabe hingegen ist eher nicht ihr Ding.
Radioheads „2+2=5“ – der Opener des Albums Hail to the thief – ist ein Stück, mit dem ich ebenfalls sehr gerne auf akustische Entdeckungstouren gehe. Es beginnt mit den typischen kratzigen Netzbrummgeräuschen, die beim Einstöpseln minderwertiger Klinkenstecker in die Gitarre bei gleichzeitig aufgerissenem Amp entstehen. Sodann eine puckernde Beatbox, leicht angezerrte Gitarre und Thom Yorkes mit viel Raumhall gemischter, zweistimmiger Gesang. So tröpfeln unter langsamer Hinzunahme einer zweiten Gitarre die erste Strophe und die Bridge vor sich hin, bis ohne jede weitere Vorwarnung ein veritabler Gitarren- und Schlagzeugorkan losbricht. Auf die Gefahr hin, dass ich sie langweile – es bestätigen sich ein weiteres Mal die bisherigen Eindrücke: Es macht Freude, jedes einzelne Instrument neu hinzukommen zu hören, weil jedes sauber klingt und seinen eigenen Charakter hat, man ertappt sich schon beim Gedanken: „Wie machen die so viel reifen Klang für so wenig Geld?“ Nur dass der losbrechende Orkan eben eher ein Sturm ist.
Was übrigens nicht heißen soll, dass die AM 150 nicht grundsätzlich auch rocken könnten. Ein kleiner Schlenker zurück zu Nada Surf mit dem Song „Always love“: 16 Takte Intro mit Gesang und cleaner Gitarre – und dann wird man von einer brutalen Gitarrenbreitseite weggeföhnt: Macht die Elac durchaus kernig und potent und zeigt sich damit wenn auch nicht als Grobdynamikwunder so auf jeden Fall aufgrund ihrer generell vorhandenen Schubkraft als dem Rock’n’Roll zugeneigt und gewachsen. Schön ist auch, dass die AM 150 zwischen leise und laut keinen großen Qualitätsunterschied machen. Man kann sie durchaus richtig laut krachen lassen, sie gehen erst spät in die Knie, was sich in erster Linie durch einen gewissen Verlust an Übersichtlichkeit äußert. Ins üble „Zerren“ kriegt man sie bei einigermaßen vernünftigen Pegeln kaum. Im Doppelpack mit einem Subwoofer ist sie durchaus als Partybox zu gebrauchen. Ein kleiner Seitentest mit dem Nubert AW-441 bestätigte dies, die beiden wurden schnell Freunde.
Zu guter Letzt ein wenig Soul/Electric Jazz: „Loran’s Dance“ von Idris Muhammad. Eine gut zehn Minuten lange, geradezu unverschämt ausgeruhte Midtemponummer, die auf einem einfachen Fender-Rhodes-Groove beruht und dem Drummer Idris Muhammad die Möglichkeit gibt, sich einmal richtig mit Muße und ohne Virtuositätszwang freizuspielen. Wow – das gefällt über Elacs AM 150 ausnehmend gut. Das Rhodes kommt zu gleichen Teilen samtig und glockig; die Posaune, die das Thema aufnimmt, flufft bestens und die Drums kicken bei aller Entspanntheit richtig gut. Man muss sich ein bisschen an das leicht paradoxe Gesamtbild gewöhnen: Diese doch eher nach Kleinstudio und Homerecording aussehenden Lautsprecher scheinen gerade bei dieser entspannten Musik absolut in Ihrem Element zu sein. Die zwar durchaus attackreichen Bläsersoli sind auf dieser 70er-Jahre-Aufnahme etwas defensiv produziert – und vermutlich auch mit der guten, alten, unfreiwilligen Tape-Kompression versehen – aber dadurch werden sie von den AM 150 umso lockerer aus dem Ärmel geschüttelt. Das macht ohne jedweden Abstrich richtig Freude!
Soweit meine Erfahrungen mit dem analogen Eingang. Wie schlägt sich nun der digitale? Das lässt sich schön A-B-testen, denn dazu kann ich einfach mit zwei langen Cinchkabeln eine zusätzliche Verbindung zum Digital-out meines Marantz-SA 7001 SACD-Spieler herstellen und sodann an der Rückseite des Lautsprechers zwischen analogem und digitalem Eingang hin- und herschalten. Um es vorwegzunehmen: Der Unterschied ist nicht dramatisch, aber schon hörbar. Mir scheint das Musikmaterial über den digitalen Input insgesamt etwas druckvoller, kantiger und antrittsstärker zu klingen. Das ließ sich bei der oben genannten Helmut Brandt-CD gut reproduzieren, aber auch bei dem durchaus mit ein paar Effekten versehenem Album von Soap & Skin. Welten liegen nicht dazwischen, aber schon mehr als nur Nuancen. Mir würde trotzdem auf Dauer in der Kombination mit dem Marantz der analoge Eingang besser gefallen, da mir der Klang insgesamt etwas harmonisch-weicher und somit langzeittauglicher vorkommt, aber das kann auch mal eine Frage der Musikrichtung sein. Wer die Elac AM 150 mit einem CD-Spieler betreibt, sollte die Möglichkeit nutzen, beide Szenarien dauerhaft zu verkabeln – so kann man dann einfach mal nach Gusto umschalten.
Test: Elac AM 150 | Aktivlautsprecher, Kompaktlautsprecher