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Vergisst man die unteren anderthalb Oktaven, dann spielt die kleine aktive Dynaudio wunderbar neutral – insgesamt tendiert sie also zur leicht schlanken Seite. Was prinzipbedingt ist und keine besondere Schwäche darstellt, schließlich hat ‘ne CD mehr Fläche als dieses Basschassis und mancher Schuhkarton mehr Volumen als dieses Gehäuse. Tatsächlich würde ich bei der Focus ausnahmsweise sogar mal die Aussage „Für ihre Größe erstaunlich Basspotent“ unterschreiben, was dem Umstand geschuldet sein muss, dass es sich eben um eine Aktivbox handelt – jedenfalls fehlen mir andere Erklärungsmodelle. Doch ganz, ganz unten ist eben nicht mehr viel los: Deutlich wird das beispielsweise beim Tuxedomoon-Song „A Home Away“ (Tuxedomoon / Cabin In The Sky), bei dem der Basslauf ab und an fast schon ins Subsonische abdriftet. Diese Bereiche sind über Dynaudios 110er so gut wie weggeschnitten, übrigens im Unterschied zu anderen, größeren Kompakten: Nein, auch die Quadral Rondo oder die Thiel SCS4 schaufeln lange nicht bis ganz nach unten – aber sie machen gewisse Andeutungen. Für mich klingt es so, als würde die Dynaudio Focus 110 A bei circa 50-60Hz ziemlich steilflankig abfallen, während andere noch ein wenig „Luft fächern“, da sie die Subregion weniger scharf ausblenden. Nun, im Grunde komme ich hier nur meiner Chronistenpflicht nach, denn die Erkenntnis ist banal: Wer echten Tiefbass braucht, kauft sich keinen Kompaktlautsprecher – oder einen aktiven Subwoofer dazu. Ist ja nicht so, als hätten die Dänen keine im Angebot. Qualitativ zeigt sich der Bassbereich der Fokus 110 A jedenfalls von der „schnellen“, trockenen und sehr konturierten Seite. Er ist das genaue Gegenteil von ausnehmend voll, weich und hinterherhinkend.
Die korrekten Worte für die Mitten- und Hochtonabteilung der Dynaudio Focus zu finden, fällt mir zugegebenermaßen recht schwer – diese Bereiche werden weitgehend „eigenschaftslos“ präsentiert, im positiven Sinne verstanden. Neutral und monitoresk, wie die Focus 110 A hier vorgeht, hängt das Ergebnis einfach weitgehend davon ab, welche Quelle Verwendung findet beziehungsweise mit welcher vorgelagerten Kette man den kleinen Aktivling ausführt. Wenn es eine Tendenz gibt, dann die, dass der Grundtonbereich eher ins sportlich-schlanke geht, denn ins Üppige. Doch schon nach einem Wechsel des DA-Wandlers (von HIFIAkademie auf Benchmark), gilt die eben niedergeschriebene Aussage nur noch so halb – okay, vollmundig tönt es immer noch nicht, besonders schlank aber genauso wenig. Neutral halt. Besonders zu loben wäre da eigentlich nur noch der Hochton, der ausnehmend offen und frei agiert, völlig artefaktefrei bis in die allerobersten Oktaven spielt, nichts verschweigt und aber auch nichts besonders exponiert – aber das alles liegt doch auch schon weitgehend im Wortsinn von „neutral“, oder etwa nicht?
Interessant fand ich den Vergleich der aktiven Dynaudio Focus 110 A (1.800 Euro) mit der passiven Thiel SCS4 (2.200 Euro). Der erste Versuchsaufbau war etwas „schräg kombiniert“, da hier die Verstärkung (in Relation zum Lautsprecher) völlig überdimensioniert ausfiel – die Kette bestand aus Logitech Squeezebox (Streamer), Benchmark DA-Wandler, dem Octave HP300 Vorverstärker und den Monoendstufen SAC il piccolo, welche schließlich die Thiel antrieben. Zum Vergleich wurden dann die SAC-Monos abgeklemmt und der Octave Pre direkt mit der Dynaudio verbunden. Versuchsaufbau Nummer zwei darf da sicherlich als „realistischer proportioniert“ gelten, wurde dabei doch die Vor-/End-Kombi gegen den Vollverstärker Electrocompaniet PC-2 (2.200 Euro) ausgetauscht, wenn die Thiel lief beziehungsweise komplett aus dem Signalweg genommen, als es über die Focus 110 A ging: Der DAC von Benchmark besitzt einen regelbaren Hochpegelausgang und mehr braucht die Dynaudio ja eigentlich nicht.
Die Dynaudio und die Thiel besitzen so einige Gemeinsamkeiten: Beiden ist ein hochauflösender Zug zu eigen, beide verstehen sich auf eine erstklassige Raumdarstellung und zum Dritten: Bei beiden darf die Feindynamik als echte Stärke gelten. Letzteres wurde zur Focus 110 A von mir noch gar nicht vermerkt und sei hiermit dick unterstrichen: Wie die kleine Dänin geradezu an Gitarrensaiten klebt und jede Schwingung, jedes Auf und Ab mitmacht, wie sie hauchzarte Pegeländerung im Stimmbereich nachvollzieht – das ist ziemlich klasse. Dito bei der Thiel SCS4. Beide Wandler besitzen sogar ähnliche Schwächen: Zu einer veritablen grobdynamischen Attacke reicht es hier wie dort nicht und Maximalpegel sucht man besser auch woanders …
Bei allen Ähnlichkeiten klingt es gleichwohl unterschiedlich (und die Unterschiede blieben weitgehend die Gleichen, egal ob über Kette 1 oder 2): Unterm Strich tönt die Thiel etwas ausgeglichener, die Balance zwischen Auflösung hier und Charme dort wird noch konsequenter durchgehalten – was vor allem an ihrem, relativ gesehen, substantielleren Bass- und Grundton-Bereich liegt. Eine Folge dessen dürfte auch sein, dass die Bühne über die Thiel SCS4 „erdgebundener“, ausladender und fundierter wirkt, während die Dynaudio Focus 110 A „luftiger“ zeichnet und damit noch etwas offener und transparenter rüberkommt. Die Dänin besitzt etwas mehr Hochton-Air, die Amerikanerin etwas mehr Sexappeal, da die unteren Lagen besser ausgebaut sind. Gut, die zwei Anlagen mit der Thiel am Ende klingen für mich irgendwie erwachsener und highendiger – aber der Vorsprung ist weiß Gott nicht riesig. Und zudem Geschmackssache: Das ist meine Wahrnehmung und für manch einen mag es sich wohl umgekehrt verhalten. Der Einwand, dass die kleine Dynaudio doch noch aufgelöster spielt als die Thiel, ist nämlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Unglaublich. Diskutieren könnte man darüber, ob denn Auflösung alles sei – und schon sind wir, wie gesagt, mitten im Reich subjektiver Präferenzen. Mal ganz davon abgesehen, dass eine Anlage mit der aktiven Focus als Lautsprecher deutlich weniger ins Geld geht.
Doch nicht nur deshalb macht es Spaß, Elektronik zur Seite zu stellen: Wer sagt denn, dass es beispielsweise mit einem Vorverstärker vorneweg besser klingen muss? Keiner. Bei mindestens der Hälfte aller Musikstücke gefällt es mir klanglich noch besser, hänge ich die Dynaudio Focus 110 A direkt an einen regelbaren DA-Wandler beziehungsweise CD-Player. So spart man doch gerne! Überhaupt eignet sich dieser Aktivling ausgezeichnet für Minimalisten oder diejenigen unter Ihnen, die nicht schon ein ganzes Regal voll HiFi-Equipment ihr Eigen nennen. Liegt Ihre Musiksammlung auf dem Rechner und haben Sie den Eindruck, PC-Lautsprecher sind nicht der Weisheit letzter Schluss – dann könnte die Dynaudio Focus 110 A der richtige Schritt sein. Gönnen sie sich noch eine passable externe Soundkarte und halbwegs anständige Cinchstrippen – man muss es ja nicht übertreiben – und fertig ist das HiFi-Set der anderen Art für um die 2.000 Euro. Auch wenn es nicht ultra-highendig zugeht – aufrüsten lässt sich immer noch. Denn die Dynaudio ist hier garantiert nicht der Engpass.
HiFi-Anlagen der anderen Art: Laptop, Soundkarte und die aktive Dynaudio Focus 110 A …
Mag man keinen Rechner ins Wohnzimmer stellen, lässt sich die komplette Anlage auch durch einen Netzwerkplayer plus Focus 110 A zusammenstellen.
… welche natürlich auch nur mit einem Netzwerkplayer verbunden werden kann.
Doch klanglich streben Sie höheres an? Okay – ein externer Wandler mit regelbarer Ausgangsstufe muss her …
Doch das klangliche Ergebnis gewinnt mit einem hochwertigen DA-Wandler wie beispielsweise dem Benchmark …
Mein aktueller Liebling unter den Minimalistenlösungen ist freilich die Dynaudio Focus 110 A plus HIFIAkademie cdPlayer, denn nicht nur CDs kann man mit dem abspielen, sondern er gewährt auch vier weiteren Digitalquellen Zugang (damit erledigt sich die Vorverstärker-Frage, wenn Sie aufs analoge Vergnügen verzichten können), und da der Player (der gleichzeitig ein DA-Wandler ist) eine Lautstärkeregelung besitzt, kann er direkt mit der aktiven Focus verbandelt werden. Bei Dreisechs liegt das Gespann, und wenn Sie mich jetzt fragen, was – klanglich betrachtet – Alternativen sein könnten, muss ich erstmal eine längere Gedankenpause einlegen. Vom hohen WAF ganz zu schweigen.
… wobei es besonders schön ist, wenn ein CD-Player auch als DA-Wandler zu gebrauchen ist, lassen sich so – wie hier beim HIFIAkademie-Gerät – doch CDs abspielen sowie weitere Digi-Quellen einbinden.
Test: Dynaudio Focus 110 A | Aktivlautsprecher, Kompaktlautsprecher