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Zu den sofort ins Auge fallenden konzeptionellen Eigenheiten der Audioplan Kontrast V zählt sicherlich der separate Kopf – lediglich vier Kontaktpunkte aus Silikonschaum sorgen bei diesem Zwei-Wegler für die mechanische Verbindung mit dem Rumpf. Die 28mm Scan-Speak Hochtonkalotte soll derart entkoppelt möglichst ungestört vom Wirken des 14cm Audax Tief-Mittelkonus‘ agieren können. Aufgrund der vom Tiefmitteltöner ausgehenden Schwingungen hätte Thomas Kühn nämlich ansonsten die Befürchtung, dass innerhalb des Hochtonchassis unerwünschte Signale induziert werden könnten – mit ebenso unerwünschten, hörbaren Schallanteilen als Folge.
Die etwas unübliche Größe der Hochtonkalotte (gängiger sind ja Ein-Zoll- beziehungsweise Zweieinhalb-Zentimeter-Kalotten) rührt aus der Anforderung Thomas Kühns nach einer tieferen Resonanzfrequenz für seine Konstruktion: Die Resonanzfrequenz eines Chassis ist die Frequenz, bei der die Membrangeschwindigkeit ihren Höchstwert und der Treiber sein erstes Impedanzmaximum erreicht – für die Praxis entscheidend ist der Umstand, dass sich die abgegebene akustische Leistung erst ab diesem Punkt frequenzunabhängig zeigt, was eine lineare Wiedergabequalität im Prinzip erst möglich werden lässt. Der Arbeitsbereich eines Lautsprechers ist deshalb auch gemeinhin oberhalb seiner Resonanzfrequenz angesiedelt.
Aufgrund der mittels einer 28mm Kalotte tiefer zu ziehenden unteren Arbeitsgrenze der Hochtonabteilung kann ihr im Übergangsbereich zum Tiefmittelton mehr Energie abverlangt und gleichzeitig ein günstigeres Verzerrungsverhalten erreicht werden. Allerdings muss man im Gegenzug aufgrund des größeren Membran-Durchmessers nicht zuletzt auch mit einem etwas ausgeprägterem Bündelungsverhalten leben. Der Übergangsbereich zwischen den Treibern (gemeinhin ja eine sehr sensible, akustisch bedeutsame Zone, die in praxi – leider – meist in besonders hörsensiblen Gefilden anzufinden ist, auch die Kontrast macht da mit 2.500 Hz keine Ausnahme) sei Thomas Kühn zufolge elementar, um „eine besonders intime, emotionale Wiedergabe“ zu erreichen, die er persönlich als grundsätzliche Stärke von Zwei-Wege-Systemen ansieht.
Mit Blick auf ein möglichst lineares Phasenverhalten sei die Frequenzweiche so konzipiert, dass im unmittelbaren Bereich der Übernahmefrequenz mit flachen 6dB getrennt wird. Um die Vorteile von flacher und steiler Trennung so gut wie möglich unter einen Hut zu bekommen, steige die Steilheit der Filterung allerdings mit zunehmendem Abstand von der Übernahmefrequenz an, um so geringere Verzerrungen/eine höhere Belastbarkeit der Treiber zu ermöglichen (näheres zu diesem Thema finden Sie in unserem Lexikon: Frequenzweiche).
Und da wir gerade so schön bei den inneren Werten sind, noch ein paar Worte zur Dämpfung des Gehäuses: Üblicherweise versucht man diese zu erreichen, indem mit einem – wie auch immer spezifiziertem – Dämpfungsmaterial das Gehäuseinnere mehr oder weniger locker befüllt wird oder alternativ die Gehäusewände verkleidet werden. Thomas Kühn sieht beide Varianten eher kritisch:
Bei Letzterer läge die Dämpfung an höchst ungünstiger Stelle – was Herr Kühn mit der Tatsache begründet, dass die Schallschnelle (diese gibt an, in welchem Ausmaß die Luftmoleküle um ihre Ruhelage schwingen, nicht zu verwechseln mit der Schallgeschwindigkeit) in Wandnähe annähernd Null ist, und der Ort maximaler Schallschnelle eben woanders, nämlich im Gehäusezentrum liegt. Aus gleichem Grund sei auch die erste Alternative unzulänglich, da man mittels eine Komplettbefüllung zwar einerseits automatisch die Gehäusemitte erreiche, andererseits aber insgesamt „zu viel Dämpfung ins Gehäuse eingebracht wird“ – das in Wandnähe befindliche Material dämpfe zwar nicht unmittelbar, erhöhe aber die bewegte Masse.
Um das Dämpfungsmaterial an den Punkt maximaler Wirkung, sprich maximaler Schallschnelle zu bringen, hat Herr Kühn seiner Kontrast V im Inneren mehrere Kammern und ein Labyrinth aus formgestanzten Wollfilz-Platten mit auf den Weg gegeben, welches Mitteltonanteile effektiv bedämpfe (den Schallaustritt aus dem Bassreflexsystem möglichst frei von Mitten-Anteilen zu halten, gehört ja ebenfalls stets zu den grundsätzlichen Zielen einer solchen Entwicklung), indem diesen immer wieder dünne Dämpfungsschichten in den Weg gestellt werden. Gezielt gesetzte Materialbrüche sollen dabei sicherstellen, dass tieffrequente Schallanteile aber nicht gleichsam „miterschlagen“ werden, sondern vielmehr weitgehend ungehindert ihren Weg in Richtung fußseitiger Bassreflexöffung nehmen können.
Herr Kühn empfahl mir zur Überprüfung der Effektivität dieser Konstruktion tatsächlich meine Lauscher mal dicht an die Bassreflexöffnung zu drücken: „Sie werden nur tiefe Töne hören.“
Nun, wie dem auch sein – des mutmaßlich umfänglicheren Hörvergnügens wegen möchte ich im Folgenden doch lieber ausschließlich darüber berichten, wie’s mit der Kontrast V denn so an meinen angestammten Hörplatz beziehungsweise in angemessener Entfernung klingt …
Test: Audioplan Kontrast V | Standlautsprecher