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Der Tonarm Acoustic Solid WTB 213 ist ein 9-Zoll-Modell mit geradem Rohr, das in drei Materialausführungen angeboten wird: Aluminium, Holz oder, wie beim Testmuster, Karbon. Der Preis für die Metall-/Karbon-Varianten liegt bei 1.250 Euro, für das Holzrohr werden 100 Euro mehr verlangt. Der WTB 213 hat einen größeren Bruder, oder besser gesagt einen längeren, denn der WTB 313 misst 12 Zoll: er kostet 100 Euro mehr, sein Armrohr ist gebogen und ebenfalls in den genannten drei Ausführungen erhältlich.
Einen fürs Geld richtig gut klingenden Arm habe man bauen wollen, auch wenn der in Sachen Justage nicht unbedingt als Einsteigermodell durchgeht, so Herr Wirth. Hindernisse größerer Art konnte ich beim WBT 213 aber gar nicht entdecken.
Okay: Der VTA wird eingestellt, indem an der Tonarmbasis eine seitlich platzierte Inbusschraube gelöst wird, die die äußere Hülle des Tonarmschafts fixiert – und diese wird dann nach oben/unten verschoben bis der vertikale Spurwinkel passt. Da gibt es in dieser Preisklasse schon elegantere Lösungen, aber funktionieren tut’s auch so einwandfrei. Gleiches gilt fürs Gegengewicht: Feinfühliger ginge es wohl, wenn man durch Drehen des Gewichtes die Auflagekraft einstellen könnte. Hier muss wieder ein Inbusschräubchen gelöst werden, und … na, Sie können es sich denken. Praktikable Lösung.
So auch die Justage von Überhang und Azimut – das obligatorische Inbusschräubchen hält hier eine kleine Stahlstange, an der das eigentliche Headshell befestigt ist, das man vor und zurück bewegen und verdrehen kann. Und wenn erst einmal der Überhang eingestellt und das Schräubchen wieder halbfest angezogen wurde, lässt sich durch leichtes Verdrehen der Azimutwinkel optimieren, ohne dass man sich damit gleich wieder den Überhang versaut. Abschließend noch eine halbe Drehung an der Inbusschraube – fertig. Klappt einwandfrei, auch wenn dieses Headshell für manchen Analogfreund „etwas komisch“ ausschauen könnte. Justageprobleme hatte ich jedenfalls keine.
Da an die Machine Small drei Tonarme montiert werden können, wurde genau das auch gemacht: Neben dem WTB 213 waren noch ein Jelco-9-Zöller (sehr ähnlich dem Acoustic Solid „WBT 211“ für 520 Euro) und der SME M2 12-Zöller mit von der Partie. Wenn man einmal alles durchjustiert hat, sind recht schnelle A/B/C-und-wieder-von vorne-Vergleiche möglich – und das fand ich schon interessant.
Wobei, zugegeben, am Ende des Tages sind große Überraschungen ausblieben: Das beste Preis-Leistungsverhältnis weist der Jelco auf, ein sehr guter Tonarm fürs Geld – auch wenn er in fast allen Belangen weder an den SME noch an Herrn Wirths 213er-Arm herankommt.
Der SME erfüllte sozusagen das Klischee: Er gab sich von den dreien tonal am neutralsten, löste am besten auf, zeigte die transparenteste Bühnendarstellung – und wurde von mir kurzerhand „Der Wissenschaftler“ getauft.
Manchen kommt dergleichen freilich etwas knöchern und trocken vor. Wem es so geht, für den hält der WTB 213 eine etwas emotionalere Ansprache bereit. Und das ist wirklich nicht schlecht gemacht, muss ich sagen.
Emotional? Was soll denn das bedeuten? Nun, für mich stecken dahinter letztlich drei Dinge. Erstens: Man kann schon sagen, dass der 213er neutral agiert, aber im Bass-/Grundtonbereich zwinkert er einem keck zu. Zweitens: Von einem eingebauten Boogie-Woogie-Gen zu sprechen wäre übertrieben, aber swingen kann der schon und grobdynamisch gute Laune verteilen auch. Drittens: Einen halben Schritt auf den Hörer zuzukommen ist noch lange nicht distanzlos, also platzieren wir die Musiker doch einfach ein wenig nach vorne. Und wenn ich oben sagte „nicht schlecht gemacht“, dann meint dies, dass die genannten Punkte eben auch nicht übertrieben werden – es bleibt austariert.
So wird mir das Cello auf der schon erwähnten Platte von Agnes Obel mit dem WTB 213 sonorer, voller präsentiert – sowohl im Vergleich zum Jelco wie auch zum SME. Letzterer dröselt mir zwar den Bogenstrich feiner („sauberer knarzend“) auf und klingt nach oben hinaus etwas freier – das Instrument strahlt mehr -, aber die körperlich-füllige Note gelingt dem Acoustic-Solid-Arm besser. Zu dem tonal leicht wärmeren Vortrag gesellt sich mit dem WTB 213 zudem noch eine gewisse Art der Nachdrücklichkeit, die Einsätze erfolgen bestimmter … nicht, dass der Cellist sagen würde „Hallo, ich bin auch noch da!“, nein, so nun auch nicht, aber der Vortrag klingt nun eben engagierter, lebendiger, beherzter. Der SME kümmert sich dafür minutiöser um die feindynamischen Schattierungen, er differenziert hier schon ein wenig mehr als der WTB 213 – aber auf gewisse Art und Weise tönt er auch ein wenig distanzierter. Zumindest könnten manche Hörer das so empfinden.
Ähnliches lässt sich über Gesang sagen: Frau Obels Stimme wirkt grundierter mit dem WTB und wird nun auch etwas größer abgebildet. Letzteres mag ein tonaler Effekt sein oder daran liegen, dass sie einen halben Schritt auf mich zukommt, jedenfalls steigert dieses Größenwachstum auch das Gefühl von „Präsenz im Raum“ – da steht jemand. Mit dem SME klingt die Stimme eine Spur klarer, freier, leichter … Geschmackssache.
Apropos Raum: Dass der WTB 213 leicht nach vorne spielt, also nicht alles auf und hinter die Grundlinie der Boxen verortet, erwähnte ich schon – und dies vermittelt ein involvierendes, leicht anmachendes Gefühl, was aber weit davon entfernt ist, richtiggehend frontal zu wirken. Die Dimensionen der virtuellen Bühne – Breite wie Tiefe – sind durchaus großzügig bemessen, und die einzelnen Akteure werden sauber platziert. Gegenüber dem (auch deutlich günstigeren) Jelco ein deutlicher qualitativer Schritt nach vorn. Der Vergleich mit dem SME M2 ist interessanter: Der kommt mir so vor, als würde er die Klänge noch präziser einfassen. Aber gleichzeitig sind sie auch kleiner dimensioniert und es spielt – relativ gesehen – entfernter. Der „Mitmach-Faktor“ ist damit geringer ausgeprägt, dafür herrscht ein etwas strukturierteres Bild, eine Art „präzise Draufsicht von außen“ auf die Musik. Jetzt fragen Sie mich mal, was richtiger ist … Für meinen Geschmack bietet der SME bei komplexer, üppig instrumentierter Musik Vorteile; bei „normalem“ Jazz, Rock, Pop und Kammermusikalischem gefällt mir die Raumdarstellung des WTB 213 besser, da direkter in der Ansprache und damit etwas involvierender.
Der WTB 213 langt im Bassbereich kräftiger zu als der Jelco, zudem kann er auch Tiefbass differenziert darstellen und gibt sich insgesamt konturierter als dieser. Gegenüber dem SME hört er sich leicht runder und voller an – allerdings reicht er nicht ganz an dessen Tempo und Durchzeichnung heran. Nun, für den federnden Bass beim CocoRosie-Song „Raphael“ (ein traumhafter Song, im doppelten Wortsinn: youtube) ist das genau richtig: Der Jelco schlägt sich tapfer, aber etwas mehr Schub und Durchsicht wären schon schön. Das kann der SME sehr gut, allerdings ist mir das fast schon zu korrekt. Der WTB 213 geht ausladender, mit mehr Lässigkeit zu Werke, und zwar im positiven Sinne – das muss eben satt-federn-freischwingend kommen, und nicht extra-dry. Aber alles hat zwei Seiten und so lässt sich auch rasch ein Gegenbeispiel finden: Der Song „Jungle Shadow“ auf dem Album Balkan Beats Vol.3 kommt gut mit dem WTB 213, aber treibender und schneller mit dem SME, einfach weil der die Beats des flotten Stücks einfach noch mal präziser einpackt, knackiger verabreicht und so die rhythmische Struktur noch klarer auf den Punkt bringt. Tja, man kann eben nicht alles haben – vielleicht ist es deshalb gar nicht so dumm, mehrere Tonarme an ein Laufwerk zu bauen?!
Test: Acoustic Solid Machine Small mit WTB 213 | Plattenspieler