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Abgehört: System Audio Saxo 30

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System Audio Saxo 30

Und ja, der Erwartungshaltung entsprechend, ist vor allem die Räumlichkeit als ein besonderes Schmankerl hervorzuheben – wenn man zwei Dinge beherzigt: Zum einen sollte man hier durchaus mit einer leicht erhöhten Basisbreite experimentieren. Das klassische Stereodreieck ist ja ein gleichseitiges; mit Blick auf die System Audio Saxo 30 zeigt sich aber, dass man selbst in kleineren Räumen durchaus etwas mehr Seitenabstand der Lautsprecher wagen sollte. Auch eine direkte Einwinkelung aufs Ohr war nicht die ideale Lösung für mich: Richtig gut klang es bei einem Hörabstand von 2 Metern und einer Basisbreite von 2,80 Metern – die Lautsprecher standen dabei parallel zur Grundlinie und zielten somit knapp 45 Grad am Ohr vorbei. So aufgestellt, war das Ergebnis nachgerade beglückend.

babyshamplesDer Song „There She goes“ von den Babyshambles (Album: Shotter‘s Nation) zeigt gleich mehrere Talente der Saxo 30 auf. Der Titel gehört zu den wenigen „nicht krachigen“ Songs des fragilen Ensembles rund um den nicht minder fragilen Pete Doherty. Der Rhythmus wird von einem bauchigen, gezupften Bass und dem mit Besen spielenden Schlagzeuger vorgegeben. Eher nach links und rechts gemischt sind die Gitarren; die rechte fungiert als sparsam eingesetzte Rhythmusgitarre, während die linke in erster Linie begleitende Einsprengsel liefert. Mittig, wie gewohnt, die heisere, kehlige Stimme von Doherty. Bei richtiger Aufstellung der Lautsprecher scheinen selbige völlig zu verschwinden – der Klang verteilt sich weit und voluminös über den Raum. Die mit Hall versehenen Gitarren schwingen wie befreit aus den Ecken meines Wohnzimmers, das Schlagzeug baut sich realistisch in einem kleinen Kreis um die Mitte herum auf – und Gesang wie Bass stehen festgenagelt im akustischen Zentrum. Das ist überzeugend und wirkt sehr überraschend: So wenig Platz nehmen die Lautsprecher ein, und gleichzeitig liefern sie doch jede Menge Raum. Ich möchte mich fast zu der Äußerung versteigen, dass in Sachen Raumbreite und -tiefe auch weitaus teurere Lautsprecher als die Saxo 30 angesichts dieser Leistungen ins Schwitzen kommen. Beeindruckend.

System Audio Saxo 30

Ebenfalls erfreulich: der quicklebendige Antritt und die ausgezeichnete Auflösung der Mitten und Höhen. Die Saxo 30 ist enorm spielfreudig und reaktionsschnell. Die kleinen hektischen Punktierungen und Akzente des Schlagzeugspiels, die verspielten Gitarreneinwürfe, aber auch die treibende, den Gesamtbeat forcierende Bassdrum – all das kommt ohne jeden Zeitverzug, flink, rhythmisch und musikalisch. Im Zusammenspiel mit der Raumdarstellung stellt sich ein realistisches Live-Gefühl ein, der Zuhörer wähnt sich tatsächlich auf einem Konzert, zumindest aber fühlt er sich direkt in den Aufnahmeraum hineingebeamt. Wie bei den Babyshambles üblich, hat man auch bei dieser Aufnahme darauf verzichtet, unnötige Störgeräusche zu glätten oder gar herauszufiltern – jedes Atmen, jedes Nebengeräusch wird hörbar; der leichte Klirr der offenbar mikrofonierten Gitarrenverstärker wird 1:1 hörbar, insgesamt herrscht eine ausgesprochen lebendige Klarheit, Brillanz, Präzision. Gerade was den Mittel- und Hochtonbereich angeht, gehört die Saxo 30 zu den sehr fein auflösenden und tendenziell eher licht als „angewärmt“ spielenden Lautsprechern. Erstaunlich, wie sauber die Saxo 30 die Gitarren tonal voneinander absetzt und somit als eigenständige Einheiten erfahrbar macht. Ganz ehrlich: Für den von System Audio aufgerufenen Kurs bekommt man so viel Feinauflösung und Differenzierungsvermögen wirklich selten. Gefällt mir ausgezeichnet, vor allem weil es hier zu keiner Zeit ins „Zischelige“ geht.

System Audio Saxo 30

Und der Bass? Nun. Es geht natürlich insgesamt mehr – aber angesichts der zierlichen Baugröße liefert die System Audio Saxo 30 auch hier eine respektable Vorstellung. Bei Zimmerlautstärke ergibt sich ein erfreulich bruchlos an die unteren Mitten angekoppeltes Klangbild. Die Saxo 30 bringt mehr Tiefgang als man erwarten würde, wenn auch nicht mit überbordendem Volumen. Es gibt ja diesen wirklich körperlich erfahrbaren Bass: Er fährt in die Magengrube, er bringt den Raum zum Atmen, hier wird richtig Luft „geschoben“. Diese Art von Bass kennen wir von Rockkonzerten, wenn stehende Töne die in der Hand gehaltene Bierflasche zum Vibrieren bringen, aber auch aus der eigenen Wohnung, wenn ein deftiger Subwoofer es in der Besteckschublade klingeln lässt. Ganz klar, das liefert die Saxo 30 nicht. Sie liegt diesbezüglich eher irgendwo zwischen üblichen Kompakt- und Standboxen. Der Bass klingt bei begrenzten Lautstärken rund und vollständig, was jedoch ein Mindestmaß an Verstärkerleistung erfordert – mit meinem kleinen Yarland-Verstärker mit 2 x 10 Watt kam da jedenfalls nicht viel rüber. Ich habe den Babyshambles-Song mit meiner Abacus-Endstufe bei angehobener Zimmerlautstärke gehört – und es kam nicht unbedingt der Wunsch nach einem zusätzlichen Subwoofer auf, denn auch, wenn der Bass nicht wirklich voluminös ist, geht er doch bei limitierten Pegeln angemessen tief hinunter. Beim Anheben des Hörpegels auf „richtig laut“ war dann aber ein gewisses Komprimieren und „Schlabbern“ zu erkennen, was allerdings bei dem speziellen Song auch mit daran liegt, dass der Bass im Mix bewusst angedickt wurde.

swellEin Quervergleich mit dem Song „At Lennie’s“ von Swell (Album: Too Many Days Without Thinking, auf Amazon anhören) kann diese Eindrücke verifizieren. Auch dieser Titel baut auf einem sehr satt-fetten Bassgerüst auf. Die für Swell typischen, recht brachialen Laut-Leise-Wechsel werden musikalisch hauptsächlich dadurch gebildet, dass wir in der Strophe recht spitze, obertonreiche Akustikgitarren hören, die dann im Refrain durch enorm komprimierte Fuzzgitarren ersetzt werden, während der Bass im Refrain schlicht und einfach noch einen Tick lauter wird. Bei Zimmerlautstärke liefert die Saxo 30 wiederum angesichts ihrer Baugröße ordentlich Wums (wenn auch nicht so, dass es in der Magengrube schubbert); wenn man deutlich weiter aufreißt, hört man in den Höhen und Mitten irgendwann eine gewisse Körnigkeit, was eben anzeigt, dass man die System Audio Saxo 30 pegelmäßig zu sehr fordert.

Ein Umkabeln auf meine sechsmal so teuren Referenzlautsprecher Tannoy Turnberry Gold Reference brachte einerseits erwartbare Effekte: Jau, jetzt föhnte einen der Bass gutgelaunt weg und die Eiswürfel im Drink klackerten – andererseits ging überraschenderweise doch tatsächlich eine gewisse Luftigkeit und Transparenz im Oberspektrum „flöten“ und die Bühnendarstellung wirkte zudem kompakter, enger. Erstaunlich, denn eigentlich sind die Turnberries schon ganz gute „Raumfluter“. Den System Audio Saxo 30 kommt beim Thema „Räumlichkeit“ sicherlich zupass, dass sie durchaus präsent in den Höhen und Mitten spielen und zudem viele Details zischel- und artefaktefrei zu Gehör bringen. Was aber auch bedeutet, dass man sie für ein ausgewogenes Hörerlebnis im Regelfall mit einem neutral bis tendenziell eher etwas mild im Obertonbereich beziehungsweise wärmer aufspielenden Amp paaren sollte.

System Audio Saxo 30

Ein wenig erinnert mich die Saxo 30 übrigens an die etwas teurere, ebenfalls hier bereits getestete und immerhin „fairaudios’s favourite“ prämierte Quadral Rondo, die mir derzeit im Verbund mit dem NuForce Icon-2 sehr gute Monitordienste an meinem Clavia Nord Digitalpiano leistet: Tonal klar und offen, im Bass agil, aber nicht übermäßig voluminös, räumlich sehr stark – alles das trifft auch auf die kompakten Hannoveraner zu, wenn diese auch im höchsten Oberton etwas weniger feinauflösend zu Werke gehen als die Saxos und dafür „untenrum“ eine kleine Schippe drauflegen. Der Grund für Letzteres: Zum einen scheinen mir die Quadral Rondo eine leichte Oberbassbetonung mitzubringen, zum anderen handelt es sich bei ihnen hinsichtlich des Gehäusevolumens um eher überdurchschnittlich große „Kompakte“.

Wenn man diese Hörerfahrungen differenziert und synthetisiert, kristallisiert sich ein klares Bild heraus: Wer Thrashmetal und mit subsonischen Bässen operierende Elektronikmusik in eher grenzwertiger Lautstärke liebt, der sollte vielleicht besser nach einem anderen Lautsprecher schauen. Wenn man dem skandinavischen Lautsprecher hingegen zum Beispiel feinsinnige, nicht zu dick instrumentierte Kost vorsetzt, kann er geradezu brillieren:

eelsSo beispielsweise beim „Grace Kelly Blues“ der Eels (Album: Daisies of the Galaxy), wo wir es mit einem kammermusikalischen Ensemble zu tun haben, bestehend aus einem sanften und akzentuierten Schlagzeug, akustischen Gitarren, Bläsern, einer dezenten Orgel und einer Pedal Steel Guitar. Hier ist die System Audio Saxo 30 ganz in ihrem Element: Sie liefert ein überzeugendes Abbild des Raums, in dem das Schlagzeug aufgenommen wurde, nämlich mit kompaktem, natürlichen Raumhall. Sie bildet aber auch die vielen kleinen musikalischen Details mit einer angesichts dieser Preisklasse erstaunlichen Sauberkeit ab. Und – wieder einmal – füllt sie den Raum ganz organisch, breit und tief mit Musik. Nicht zuletzt schenkt sie dem Hörer das Gefühl, hier einer „runden Sache“ beizuwohnen, die Gesamtabstimmung des Lautsprechers erscheint konsequent. Das Preisschild im Kopf, schielt der herzlose Rezensent immer ein wenig nach dem, was bei diesem Song „fehlt“ oder „woanders besser geht“ – aber die Saxo 30 schlägt ihm lächelnd ein Schnippchen, der Titel wird äußerst stimmig präsentiert.

Georg Friedrich Händels Barockoper „Oreste“Gut funktioniert es auch mit klassischer Musik, insbesondere bei kleineren Besetzungen. Das Animato-Label hat im Jahr 2011 eine der überzeugendsten Einspielungen von Georg Friedrich Händels Barockoper „Oreste“ aufgelegt – aufgezeichnet in der Stadtkirche Besigheim mit dem bekannten Tonmeister Johannes Wohlleben, eingespielt von einem extra für diesen Zweck einberufenen Ensemble. Fantastisch, wie die System Audio Saxo 30 hier die Kirchenakustik wiedergibt und eine saubere Balance zwischen der Präsenz der Musiker und dem natürlichen Raumklang des Aufführungsortes schafft. Im zweiten Akt, bei Iphigenes Arie, zeigt sich auch die Fähigkeit der Saxo 30, Stimmen natürlich wiederzugeben. Gerade in den leiseren, zarten Passagen der Arie stellt sich wiederum beim Hörer das Gefühl ein, direkt vor Ort zu sein. Die Leise-Laut-Lastwechsel werden mit gebotener Geschwindigkeit und Dynamik wiedergegeben – insgesamt beschlich mich beim Hören nicht das Gefühl, hier, des schlanken Preisschildes unserer Probanden zum Trotz, etwas Substanzielles zu verpassen.

Aber klar: Ein neuerliches Umkabeln auf die deutlich teurere, 30 Kilo schwere und mehr als dreimal so breite Tannoy Turnberry Gold Reference offenbarte – natürlich, muss man sagen – hier und dort noch Potenziale: Ein Tutti ließ den Raum nun mehr erbeben, auch in den unteren Mitten wirkte die Musik noch körperlicher, saftiger, mit mehr Schmelz versehen – zum Beispiel bei Celli und Bratschen. Doch das wurde eben insbesondere im schonungslosen A/B-Vergleich offenbar. Hört man „nur“ über die Saxo 30, dann zeigt sie sich als insgesamt sehr sorgfältig abgestimmter Lautsprecher, der nicht an der einen Stelle eine „künstliche“ Verbesserung erzwingt, indem er an einer anderen Stelle etwas abzwackt. (Im Übrigen sei daran erinnert, dass es im Portfolio von System Audio ja durchaus Subwoofer für die Tieftonergänzung gibt – ich persönlich stehe zwar nicht so auf dieses Prinzip, weil ein Treiber in einem separaten Gehäuse mit separater Verstärkung auch neue Probleme aufwerfen kann, aber dem einen oder anderen Hörer könnte ein solcher Subwoofer die möglicherweise „letzte“ noch fehlende Dröhnung schenken.)

System Audio Saxo 30

Spannend war auch ein Direktvergleich mit der kompakten Nubert nuBox 101, die ich seinerseits nach der Rezension als Drittlautsprecher behalten habe und deren Tiefmitteltöner in Baugröße und Aussehen denen der Saxo 30 fast schon zum Verwechseln ähnlich erscheinen: Ja, die nuBox scheint – obwohl sie eine Kompaktbox ist – auf den ersten Blick tatsächlich etwas mehr „Pfundigkeit“ im Bass zu liefern. Möglicherweise ist das auch ein psychoakustisches Phänomen, denn von so einem Winzling würde man per se erst mal so gut wie gar keinen Bass erwarten. Wenn man dann aber näher hinhört, bemerkt man den Unterschied. Die 101 wirkt erstens „untenrum“ etwas voluminöser, weil „obenrum“ ein wenig fehlt. Zweitens hat sie aber hinsichtlich der absoluten unteren Grenzfrequenz dann doch nicht so viel Tiefgang wie die System Audio Saxo 30. Davon kündet auch das Datenblatt der nuBox, das hier 78 Hz ausweist. Vor allem aber fällt die nuBox 101 hinsichtlich der Durchzeichnung und Feinauflösung, insbesondere in den Höhen, gegenüber der Saxo 30 spürbar ab. Auch beginnt die Raumdarstellung der nuBox 101 eher auf der Grundlinie, während die Saxo 30 mehr nach vorne spielt, was ich sehr schätze.

Soweit zu den typischen Qualitäten, mit denen man Lautsprechern üblicherweise auf den Zahn fühlt. Doch es gibt ja nicht nur die Einzelheiten, es gibt auch eine Summe, eine Quintessenz. Bei mir manifestiert sich diese immer ganz konkret: Nämlich bei der Frage, ob ich sie nach dem Schreiben emotionslos verpacke und zurückschicke – oder ob ich ein paar Sekunden darüber nachdenke, sie zu erwerben. Und die Saxo 30 gehört ganz klar zu den Rezensionsobjekten, die ich ungern zurückschicke, weil sie zu meinen anderen Lautsprechern nochmal eine schöne – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes – Ergänzung bildet. Wenn ich nicht schon vier Paar Lautsprecher zuhause hätte …

System Audio Saxo 30

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Test: System Audio Saxo 30 | Standlautsprecher

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