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Angeleint & angehört: Spendor SP100R² (Teil 3)

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  1. 4 Angeleint & angehört: Spendor SP100R² (Teil 3)

jesus lizardEin weitere unbedingt erwähnenswerte Stärke der Engländer: Stimmen und Instrumente werden mit einer sehr authentizitätsförderlichen räumlichen Aura vermittelt – im amerikanischen Sprachraum gerne auch mal „Bloom“ genannt: Selbst bei etwas rüderen Aufnahmen wie dem ebenso lärmig-sperrigen wie genialen Album Goat der leider nicht mehr existenten Noise-Rocker Jesus Lizard (für Hartgesottene ein echter Tipp), hat man stets das Gefühl, der Gesang hätte etwas „locker-atmend-bewegliches“ und käme aus einem physisch fassbaren Raum – und sei es nur sowas wie der Proberaum, wie man beim Hören der Chicagoer Krachkapelle herauszuhören meint. Ja, sicherlich hat das auch damit zu tun, dass es die Spendor offenbar vermögen, das eingefangene Verhältnis von Direkt- und Diffusschall sehr unverfälscht zu transportieren.

Wie gesagt, fällt es mir ein wenig schwer, den Hochton von alledem getrennt zu beschreiben, trägt er zu den genannten Meriten nicht unwesentlich bei, dennoch lässt sich sicherlich behaupten, dass unsere Probanden ganz oben herum keine Ausbünde an Air und Prägnanz sind, sondern sich in dieser Hinsicht eher auf der leicht defensiven Seite zu Hause fühlen. Die Vielschichtigkeit komplexer Hochtonwelten reichen sicherlich auch viele preisgünstigere und womöglich mit Bändchen oder AMT ausgerüstete Wandler noch blankgeputzter, analytischer ans Ohr.

spendor sp 100 r2

Nicht, dass die Engländer feindynamisch nicht auf der Höhe wären oder einzelne Details unter den Tisch fallen ließen, im Gegenteil: Grundsätzlich ist alles da, aber sie lenken die Ohren weniger auf die Einzelheiten der Musik, versuchen den Hörer weniger mit dem Vor-Ohren-halten von Detailreichtum in den Bann zu ziehen, als dass man das Gebotene eher als etwas Ganzheitliches erfasst, bei dem einen Feinheiten eigentlich nur dann bewusst werden, wenn man gezielt auf sie achtet.

Hm, je nach Hörgeschmack könnte man sagen: „Ja, genau so soll‘s auch sein“, oder: „Da fehlt mir ein bisschen Hochton-Schmiss und Analytik.“ Aber sagen wir es mal so: Die Entwickler der SP100R² haben sich bei der Frage, ob es oben herum auch mal spektakulär offen oder sicherheitshalber durch die Bank unaufgesetzt-natürlich klingen soll, ganz offensichtlich für Letzteres entschieden. „Schon weniger Glitzer als mit den Thiel“, empfand meine Freundin Maria als ich sie testweise mal von den SP100R2 mit den Einstürzenden Neubauten beschallen ließ, „mag die Neuen aber trotzdem mehr.“

Spendor Sp100 R2

Okay, ist ja alles ziemlich schick bisher – aber was macht der Bass? Für alle, die sich womöglich ein wenig um amtlichen Tiefgang und Schub sorgen sollten, da man sich mit den Spendor ja keine echten Standboxen ins Haus holt: Es geht so tief hinunter, tiefer beispielsweise als mit meinen verflossenen Referenzen Sehring 703SE und fast ähnlich tief wie mit den Thiel CS 3.7, dass es eigentlich auch in der Standboxenklasse >10.000 Euro nicht viel zu meckern gäbe. Und Schub ist auch genügend da. Eher sogar ein kleines bisschen zu viel, urteilt man von einer streng neutralen Warte aus: Der Bass geht durchaus ein bisserl in Voluminöse, was auch die tonale Gesamtabstimmung ins Warme driften lässt. Einen Deut schlanker wären mir die Engländer zwar noch ein bisschen lieber, aber es läuft auf der anderen Seite nie Gefahr unangenehm aufzudicken – neutrale bis schlanke und kontrolliert agierende Verstärker wie meine Audionet-Monos oder auch den kleinen Abacus-Ampino-Verstärker freilich vorausgesetzt.

Musikstücke, die mit dicht arrangiertem Getümmel aufwarten – insbesondere, wenn schnell aufeinanderfolgende Bassbeats oder ähnliches zu akzentuieren sind – gehören bei alledem nicht gerade zum Spezialeinsatzgebiet unserer Probanden, stellen aber auch keine Mission Impossible dar: Die Spendor gehen, was intronausDynamik und Timing im Bass angeht, weder als Sportflitzer durch wie meine Thiel CS 3.7 noch als dickschiffige Limousinen. Sondern fahren sich in dieser Hinsicht – um im Bild zu bleiben – vielmehr wie ein alltagstauglich motorisierter Mitteklassewagen. Was immerhin ausreicht, die schon fast maschinengewehrartigen Doublebassanschläge in „Killing Birds With Stones“ oder „The Welding“ der Progressive-Metal-Combo Intronauts (Album: Habitual Levitations – Instilling Words with Tones) hinreichend zackig-sauber zu akzentuieren. Es perlt und knallt zwar nicht derart, dass man automatisch den Kopf einziehen würde, bleibt aber zufriedenstellend durchhörbar – genussabträglich verschmieren oder verwischen tut zumindest nix.

Was übrigens auch für niedrige Abhörlautstärken gilt – die SP100R² können (sehr) laut betrieben werden, müssen es aber nicht, damit sich Hörspaß einstellt. Die Ansprache beziehungsweise das Timing der Basstreiber soll aber auch zu den Verbesserungen gegenüber den Vorversionen gehören, die ich zwar selber noch nicht zu Ohren bekommen habe, denen aber bisweilen schon eine stärkere Bassträgheit nachgesagt wird.

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Erfüllt man die eingangs genannten „Vorbedingungen“ in Sachen Aufstellung, Verkabelung und Aufstellung, so lässt sich auch in Sachen „Bühne“ sehr Erfreuliches berichten: Neben anstandsloser Ortungsschärfe gefällt vor allen Dingen, dass sich die Darbietung angenehm nach vorne öffnet, die SP100R² liefern nicht bloß eine nüchterne Draufsicht aufs Geschehen, sondern zeichnen gerade bei höheren Lautstärken ein sich involvierend plastisch nach vorne ausdehnendes Klangbild, das den Hörer offensiv am Geschehen teilhaben lässt und sicherlich auch größere Hörräume zu fluten vermag. Dabei stellen die Engländer aber keine allzu hohe Wall of Sound in den Raum – die vertikale Ausdehnung der virtuellen Bühne liegt in etwa auf Höhe der Boxen-Oberkante, ein im Grunde nicht sonderlich störender Umstand, der meinen Erfahrungen nach nicht untypisch ist für Lautsprecher, bei denen die Hochtöner unterhalb der Mitteltontreiber montiert sind.

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Test: Spendor SP100R² | Kompaktlautsprecher

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