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Zum ersten Hören will man kein Neonlicht, im Gegenteil ist es ja durchaus sinnvoll, den optischen Sinn etwas weniger zu reizen, wenn man sich auf den auditiven konzentrieren will. Doch zu erkennen, wo links und wo rechts ist, geht vor allem beim kupferfarbenen E50C als nicht gerade leichte Aufgabe durch, so klein und kontrastarm sind „L“ und „R“ neben die Kabelauslässe an den Ohrteilen aufgebracht. Gut: Nach kurzer Zeit wird man auch im Schummerigen wissen, an welchem Kabel die kleine Steuereinheit angebracht ist. Aber wenn man wie ich manche Hörer länger nicht benutzt … Den „Passivtest“ – also mit eingesetzten Hörern, aber noch ohne Signal – gewinnen bei mir die mittelgroßen Silikonoliven: Sie sorgen für festen Sitz in meinem Gehörgang, der Außengeräusche ausreichend stark fernhält und die leichten Ohrteile ausreichend fixiert.
Den Clip befestige ich am T-Shirt. Sie wissen schon: Motorhead-Horten-Walkman-Tritt-Trauma. Ein wenig überträgt das schwere Kabel Bewegungen auf die Ohrteile, aber das wird nichts sein, was den Musikgenuss nachhaltig mindert. Sehr gut aber: Es hat nicht diesen Nestbaudrang vieler anderer Kabel. Es verheddert kaum und hat kein starkes Kabelgedächtnis, das den leidigen „Telefonkabeleffekt“ hervorruft und den Besitzer zu Tode nerven kann. Spitze!
Den Vortritt beim Testhören des Soundmagic E50C bekommen Queen mit „It’s late“ von der News Of The World (auf Amazon anhören). Schei … Entschuldigung. Aber das Stück ist immer wieder irre. Freddies Stimme, die hier so reich und so nah, dennoch stellenweise etwas hohl klingt und mühelos über drei Oktaven hüpft, kann einen einfach nicht kalt lassen, ob man nun Queen-Fan ist oder nicht. Ich bin eigentlich keiner. Eigentlich. Vielleicht sollte ich es mir aber nochmal in Ruhe überlegen. Die Soundmagic E50C liefern schließlich gemeinsam mit dem Song des 1977er-Albums sehr viele Argumente dafür.
Ich staune immer wieder von neuem über diesen Song aus Brian Mays Feder, aber diesmal staune ich doppelt: Die Kopfhörer, über die ich das höre, kosten wirklich nur knapp 70 Euro? Das ist schon eine kleine Sensation. Und die liegt darin, dass es verschiedene Wiedergabeeigenschaften gibt, die man in dieser Qualität von In-Ear-Kopfhörern durchaus verlangen kann – aber eigentlich nicht in dieser Preisklasse. Ich suche nach Löchern, Überbetonungen oder sonstigen Unausgewogenheiten im Frequenzgang, kann aber so schnell nichts finden. Kann das sein? Ich schicke den emotionalen Musikhörer meines Ichs in den Tiefschlaf und lasse den analytischen Tontechniker die Ärmel hochkrempeln. Vierzig Durchläufe hintereinander verliert ja auch jedes Musikstück seinen Reiz. Schritt für Schritt, mit einer Abhakliste versehen und verschiedenen anderen Abhörsystemen zum Vergleich, mache ich mich so richtig auf die Suche. Wollen wir doch mal sehen!
Beginnen wir mit dem Bassbereich, da findet man doch immer etwas zu mosern. Aber nein: John Deacons knarziger Rockbass ist neutral und konkret, das Fundament selbst beim tiefen E sauber und konturiert. Das gilt sogar im Zwischenteil („I ain’t got long“), in welchem der Bass geradezu „blubbert“ und „bläst“. Bei vielen anderen Kopfhörern offenbart die Bassgitarre auf diesem Stück Unausgewogenheiten, wenn sie oktaviert wird, mit dem Soundmagic E50C behält das Instrument die Balance. Roger Taylors mächtige Bassdrum flattert ein wenig, aber das ist auch so auf dem Tonträger – es ist ein typischer Rockbassdrum-Bestandteil, wie er auch bei John Bonham von Led Zeppelin zu hören ist. Selbst die wuchtige Standtom bleibt scharf umrissen, schön zu hören am Ende von „It’s late“. Auch nach Hören anderer Referenzproduktionen kann ich festhalten: Zu bauchig und wummerig ist der Bass der Soundmagic E50C nie. Ganz anders agieren sämtliche Ohrhörer, mit denen ich verglichen habe, also alle Apple EarPods, Audio-Technicas Bluetooth-Hörer mit Außengeräuschunterdrückung ATH-ANC40BT und natürlich die „Billigheimer“ Panasonic RP-HJE120-PPK aus dem Regal im Elektronikmarkt. Der einzige in diesem Preissegment, der diesbezüglich einigermaßen mithalten konnte war der notorische Koss Porta Pro – der allerdings ohraufliegend ist.
Etwas weiter oben im Frequenzbild, in den Mitten, sind Brian Mays Gitarre, Roger Taylors Snaredrum und Hi-Hat sowie Freddie Mercurys Stimme die beherrschenden Signale. Und was soll man sagen: Die Soundmagic E50C leisten sich auch hier keinen Fauxpas. Tylors recht breite und einnehmende Hi-Hat-Becken schmiegen sich an die anderen Signale, ohne in manchen Frequenzen hervorzustechen oder unterzugehen, seine Snare behält genau die Balance bei, die ihr Rock-Produzent Mike Stone beim Mix zugedacht hat. Die „Red Special“, die von Brian und Vater May selbstgebaute E-Gitarre, kann mit ihrem drahtigen Crunchsound im Riff des Intros schon recht stark beißen – und tut das häufig mit verschiedenen Kopfhörern und Lautsprechern. Auf den Soundmagics aber nicht, selbst im Solo bleibt alles, wie es soll.
Etwas kritisch in der Produktion ist das gecrashte Ridebecken am Ende der Refrains. Dort hört man ein leichtes, nerviges Klingeln. Die E50C zeigen diese klangliche Unzulänglichkeit schonungslos auf. Und hier ist der Punkt, an dem jeder für sich entscheiden kann, ob er das will oder nicht. Es gibt Kopfhörer, die gehen wohlwollender mit Musik um, verrunden stärker und haben einen etwas sanfteren Fingerabdruck. Soundmagics E50 sind bisweilen schonungslos, detailliert-eckig und präzise. Die Pendlertauglichkeit ist sehr sehr hoch, die Fernreiseeignung etwas weniger: Nach zwei Stunden Hören wurde es mir meist zu intensiv. In den Hochmitten und Höhen eine gleichzeitig detaillierte wie sanfte Charakteristik zu vereinen, ist dann auch eine Spagatübung, die vor allen Dingen deutlich teurere Systeme noch besser hinbekommen können.
Auch in den höchsten Höhen gibt es eine Menge zu entdecken, das mir beim früheren Hören der in meinem Geburtsjahr erschienenen Platte noch verborgen geblieben war: Die Vinylversion des Queen-Albums – meine allererste übrigens, wenn man Pumuckl- und Märchenplatten mal außen vor lässt – hat auf meinem Dual-Plattenspieler und dem Breitband-Lautsprecher schlicht und einfach keine verwertbaren Höhen hervorgebracht. Das leichte Rauschen der Originalaufnahme und die Obertonstruktur der Signale sind dagegen über den Soundmagic E50C fein gezeichnet, dennoch sind aber die Höhen nicht übertrieben und bleiben immer luftig. Detailliert, ausgewogen ist das Bild, mit einer Tendenz zum Analytischen statt zur Geschmeidigkeit.
Vorteil dieser Ausrichtung ist, dass die Headphones sehr schnell am Signal hängen: Dynamisch folgt die Schallausgabe den Instrumenten, ohne zu verschwimmen oder zu verwaschen – und das vom Subbass bis an die obere Hörgrenze.
Detaillierte Höhen und eine flotte Mikrodynamik sind gute Voraussetzungen für ein klares, scharfes Abbild auf der Stereobühne. Zwar lokalisiert man wie bei vielen anderen Hörern sehr klar links, rechts und im Kopfinneren, aber dadurch lassen sich die Bestandteile des Schlagzeugs gut voneinander trennen. Direkt am Anfang ist die versetzt gedoppelte Gitarre von Brian May sehr klar links und rechts zu orten, der typische Queen-Chor wundervoll breit. Und auch die Tiefenstaffelung der Signale kann gut nachvollzogen werden, Chor und Nachhall werden zur Dreidimensionalität erweckt. Erst pompösen Orchesterproduktionen mit Chor oder Orgel sowie Kirchenorgelaufnahmen könnte eine noch größere Tiefe guttun. Hier liegt auch einer der wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu teureren Systemen, aber auch der Vorteil eines offenen, ohraufliegenden Hörers, der diese Disziplin besser beherrscht.
Nicht zuletzt aufgrund seiner 51 Ohm ist der Soundmagic E50C schon direkt am Apple iPhone 5S laut und potent genug, wenngleich die Befeuerung mit einem hochwertigeren Kopfhörerverstärker ein qualitatives Upgrade darstellt, das wirklich jeder bemerken kann. Doch auch ohne: Hohe Pegel werden erst da problematisch, wo man sich in Bereichen gesundheitsgefährdender Einwirkungen auf das Gehör befindet. Die E50C indizieren ein „zu laut“ durch Bissigkeit und deutliche Verzerrung.
Der Soundmagic E80C am iPhone
Etwas anders als die E50C gehen die E80C zur Sache. Die positiven Grundeigenschaften bleiben weitestgehend erhalten, doch tendiert der Frequenzgang ein wenig zur „Badewanne“, es werden also tiefe und hohe Frequenzen etwas angehoben. Der Soundmagic E80C ist damit moderner, knackiger, brillanter, aber auch etwas kompakter. Die Straffheit im Bass, die den E50C so außergewöhnlich macht, kann er dabei nicht in diesem hohen Maße aufrechterhalten, aber das hätte auch sehr überrascht. Mit der Auswahl an Ohrpassstücken kann man diesem Effekt aber sicher etwas entgegenwirken.
Übrigens: Die Steuerung funktioniert zuverlässig an meinem iPhone 5S, der Sound des Mikrofons liegt auf dem Niveau, das man auch von den kabelgebundenen Apple-Kopfhörern her kennt.
Test: Soundmagic E50C und E80C | Kopfhörer