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Welchen Klang erwarte ich von der 1.5? Von der Optik her würde ich sagen: Auf eine gewisse Weise dezent, weder allzu grell in den Höhen noch pfundig im Bass, eher „edel“, wohlaufgelöst, speziell im Mittenband, und natürlich erwarte ich auch eine sichere, präzise Räumlichkeit, wie sie generell als Stärke von Zweiwege-Kompaktlautsprechern gilt.
Und was sagt die Pressemitteilung zur Venere-Serie? Hier heißt es: „Frisch, raumfüllend, tonal ausgewogen und dabei unmittelbar fesselnd. Ein Klang, der den Gelegenheitshörer überrascht und gleichermaßen den anspruchsvollsten Audiophilen zufriedenstellt.“ – Nun, das sind hohe Ziele, aber wenn die Venere 1.5 sie erreichen würde; ich hätte nichts dagegen. Und nun in den Hörraum!
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Venere 1.5 hat mich in einer Kategorie von Anfang an überzeugt: Die Art der Raumabbildung ist, um im preußischen Idiom zu bleiben, absolut knorke. Das Adjektiv „raumfüllend“ aus der Pressemitteilung trifft es gar nicht übel; die Musik löst sich dermaßen spielend und federleicht von den Lautsprechern, dass sich der Raum geradezu im Wortsinne belebt.
Zum Beispiel beim Esbjörn Svensson Trio und der CD Strange Place for Snow. Track 2, „Serenade For The Renegade“ ist ein ausgeruhtes Stück, das mit sparsamen Klavierakkorden beginnt, es kommen ein leicht kratziges Cello und reduziertes Schlagzeugspiel hinzu. Später dann hören wir diverse Percussioneffekte wie Rainmaker und Beckenwirbel, bis ganz am Schluss allerlei schräge elektronische perkussive Sounds hinzukommen. Die Venere 1.5 liefert gleich bei den ersten Tönen einen „begehbaren“ Konzertflügel, der sich weit von links (tiefe Lagen) nach rechts (Diskant) im Raum auffächert und restlos von den Lautsprechermembranen löst. Die kurze, knackige, mit Besen gespielte Snare millimetergenau halbrechts im Panorama. Das Cello mittig, leicht im Hintergrund.
Der Konzertflügel klingt fantastisch, zum Reinlegen, absolut natürlich und vollmundig (sicherlich nicht nur ein Verdienst der Sonus Faber Venere 1.5, sondern auch der Tonmeister und Produzenten im Aufnahmestudio). Saitenresonanzen werden hörbar, ebenso wie die merkwürdig stumpfen Obertöne, die entstehen, wenn eine Taste bei halb getretenem Sustain-Pedal angeschlagen wird. Und als der erste Rainmaker-Effekt von links nach rechts durchs Panorama swoosht, möchte man fast erschrecken, weil dies wirklich im Hörraum stattzufinden scheint.
Und wissen Sie was? Eigentlich wollte ich nur ein, zwei Titel anspielen – es endete damit, dass ich die CD komplett bis zum Schluss hörte. Woran das lag? Ich glaube, es ist die absolute Entspanntheit, die von diesen Lautsprechern ausgeht. Sie treten völlig in den Hintergrund und lassen einfach die Musik in den Raum. Gute Voraussetzungen, es auch einmal mit Orchestermusik zu versuchen.
Anton Bruckners Sinfonie Nr. 8 c-moll besteht aus vier Sätzen, deren zweiter und dritter nicht gegensätzlicher sein könnten. Der zweite beginnt als Scherzo, Allegro moderato und liefert knackige, scharfe Bläserattacken, während der dritte (Adagio, „feierlich langsam, doch nicht schleppend“) für mich einige der schönsten, herzerfüllendsten Momente der klassischen Musik überhaupt bereithält. Höchst behutsame, sanft schmelzende Streicher mit janusköpfigen, jederzeit von Dur nach Moll umschlagen zu vermögenden Akkorden, und an der kitschigsten Stelle packt Bruckner auch noch ein Harfen-Arpeggio drauf, man möchte glatt ins Schwärmen geraten.
Und über die Venere 1.5 stellt sich da echter Hochgenuss ein. Auch hier ist wieder nach wenigen Takten genau klar, wo und wie die Bühne umrissen ist, man glaubt fast, sie abschreiten zu können. Auffällig ist, dass diese Bühne nicht nur realistisch breit erscheint, sondern auch überraschend hoch. Die erste Geige und auch die Blechbläser ragen deutlich über die reale Vertikalachse der Lautsprecher hinaus. Möglicherweise liegt dies an der nach oben strebenden Bauform des Lautsprechers.
Auffällig auch, wie leichtfüßig die Venere 1.5 sowohl kantige Blech-Attacken, als auch tiefe Paukentöne in den Raum wirft. Man glaubt wirklich nicht, vor einem Kompaktlautsprecher zu sitzen, wenngleich dieser Effekt vermutlich durch eine kleine Oberbassbetonung erzielt wird, doch zur Tonalität später. Tatsache ist, dass mich der Tieftonbereich bei Zimmerlautstärke nicht unbedingt hilfesuchend nach einer Standbox schielen lässt. Im Gegenteil: Dadurch, dass die Bassreflexöffnung vorne sitzt, kann sich der Hörer über ein ungemein präzises, unvermumpftes, den Raum nicht mehr als nötig anregendes Tieftonerlebnis freuen.
Als Kontrast zum etwas raubauzigen zweiten Satz nun der dritte Satz der Sinfonie: Hier gefällt, wie unglaublich zart die Sonus Faber Venere 1.5 die quasi aus dem Nichts erscheinenden Geigentöne langsam zur Entfaltung bringt. Als dann Harfen-Solotöne aufklingen, muss der Rezensent beinah‘ ein Taschentuch zücken, so schön ist das. Dieses zarte, alles andere als durchsetzungsfähige Instrument kann sich über die Venere 1.5 doch locker und mühelos gegen die in der gleichen Lage spielenden Streicher durchsetzen, was für ein gutes Auflösungsvermögen der Mitten spricht.
Aber beschreiben wir das Ganze noch ein wenig „technischer“, faktenbetonter …
Test: Sonus Faber Venere 1.5 | Kompaktlautsprecher