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„Aah, bestimmt schön warm und vollmundig“. So in etwa lauteten die spontanen Reaktionen meines Hifi-affinen Umfelds, wenn ich gerade ansetzen wollte, etwas über die Olympica 2 zu erzählen. Es lebe das Klischee: Geboren in Italien und mit einem organisch geformten Gehäusekörper sowie einem gediegenen Gewand aus Lack und Leder aufwartend – wie sollte es da auch anders klingen?
Aber gemach, ich will an dieser Stelle noch gar nicht zu viel verraten – hören wir uns die Sonus faber Olympica 2 einfach mal in Ruhe an.
Und konfrontieren sie mit Musik, die ihnen in ihrem normalen Leben wohl eher selten in die Schwingspulen fährt. Gleichwohl sind viele der brachialen, meist von rauem, verzerrtem Gesang flankierten Elektronik-Stücke der kanadischen Industrial-Combo Skinny Puppy im Grunde optimaler Teststoff, zumal häufig mit tadelloser Soundqualität aufwartend: Komplexe, dichte Arrangements mit vielen einzelnen subtilen Linien, ein Abfordern des gesamten Frequenzbereichs vom Tiefbass bis zum (Super-)Hochton, ein hoher Dynamikumfang und eine Fülle feinster Details sind regelmäßig typische Merkmale der Songs.
Aber werden wir konkret: An Becken/Hi-Hats gemahnende, zarte elektronische Perkussion, kurzes Aufleben eines sphärischen Choreffektes, ätherische Pianoklänge, diverses Gezirpe hier und Geraschel dort: Die Sonus faber Olympica 2 haben die höchst abwechslungsreiche Detail- und Hochtonwelt von „Ovirt“ (Album: HanDover, auf Amazon anhören) sowas von exakt im Griff, dass man selbst als von sämtlichen Italien-HiFi-Klischees unbelasteter Hörer durchaus mal staunend die eine oder andere Augenbraue hochziehen darf. In Sachen Auflösung, Feindynamik und Hochtonpräzsion liegen die Sonus faber Olympica 2 mindestens auf dem Niveau meiner Sehring 902 (12.000 Euro) und allgemein würde ich behaupten, dass auch Bändchen- oder AMT-Fans, die sich in der Preisklasse unserer Probanden nach Lautsprechern umsehen, mal unverbindlich ein Ohr beim Händler riskieren dürfen. Umgekehrt heißt das: Wer einen lauschigen Hochton präferiert, der (klang-)farblich romantisch-güldene Sonnenuntergänge des letzten Italienurlaubs in Erinnerung ruft, wird nicht unbedingt gleich „Amore!“ rufen, wenn er unsere Probanden probehört.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Zu artifiziellen Zischlauten oder Härten neigen die Sonus faber Olympica in keiner Weise: Ob die Sibilanten in Peter Gabriels „Sledgehammer“ (das mir in einer recht spröde klingenden CD-Version vorliegt) oder die in Primus‘ „My Name is Mud“ (Album: Pork Soda, heißer Tipp für „Schräghörer“, auf Amazon anhören) auf dem rechten Kanal stoisch geschlagene Hi-Hat, die, zumindest während sie offen ist, fürchterlich vordergründig an den Hörnerven zerren kann – unsere Probanden meistern solche Schikanen absolut audiophil. Es wird zwar nicht an Salz und Pfeffer gespart – aber schon gar nicht überwürzt. Wenngleich sich der Hochton bei alledem im Zweifelsfall einen Deut auf der lichteren Seite von neutral befindet, was allerdings auch von der Aufstellung der Lautsprecher bestimmt wird – ich selbst hatte die Hochtöner knapp neben meine Ohren zielen lassen.
Dass unsere Probanden auch sehr gut mit akustischen Instrumenten können, liegt nicht zuletzt an ihrem Mittenbereich, der sich ebenso frei von grisseligen, kristallinen oder graustichigen Anklängen wie der Hochton zeigt. Klangfarben, mithin einzelne Instrumente wirken gleichermaßen angenehm „untechnisch“ wie vorbildlich differenziert: So füllen in Rachel’s „Lloyd‘s Register“ (Album: The Sea and the Bells, auf Amazon anhören) unter anderem eine erdig-grummelige Bassklarinette, eine angenehm ausbalancierte Bratsche und licht funkelnde Pianoanschläge den kompletten Mittenbereich in Form eines dichten „Gesamtkunstwerks“ aus, jedoch bleiben die einzelnen Instrumente und ihre feinfühligen Interaktionen über die Sonus faber Olympica 2 jederzeit auch dediziert nachverfolgbar. Als Hörer hat man quasi die Möglichkeit, die Ohren nach Lust und Laune auf Makro- oder Mikro-Modus zu schalten. Ja, das sind selbst mit Blick aufs schon ambitionierte Preisschild erstaunlich hohe audiophile Weihen, nach denen die Olympica 2 hier streben – stark. Übrigens: Die von klassischer, aber auch experimenteller Musik inspirierte, teils mit minimalistischen Arrangements aufwartende US-Combo Rachel’s ist einen nachdrücklichen Anspieltipp wert – The Sea and the bells stammt aus dem Jahr 1996; nach dem Tod zweier Mitglieder hat sich die Band leider vor fünf Jahren aufgelöst.
Bei aller Akkuratesse und Überzeugungskraft, die von der Mittenwiedergabe unserer Probanden ausgehen – Ausbünde an Mittenwärme sind sie nicht. Allerdings geben sie in dieser Sache auch nicht den Problembären: Beim eben genannten Rachel’s-Album fiel mir dieser Charakterzug nicht einmal ins Ohr, bei einem aufnahmetechnisch etwas strahlender eingefangen Stück hingegen wie „No one’s Fault“ des aus deutschen Landen stammenden Jazztrios Trioscene (ein echt hörenswertes Stück übrigens, das nicht zuletzt Erinnerungen an E.S.T. aufkommen lässt) erscheinen mir Schlagzeugbesen, Becken, Viola und Piano etwas offensiver, tonal weniger geerdet als gewohnt. Im Grunde heißt das nur eins: Paaren Sie die Sonus faber Olympica 2 ruhig mit etwas üppiger zeichnenden Verstärkern, wenn Sie auf sonore Mitten stehen – oder leinen Sie alternativ etwas zusätzliche Wärme ins Spiel tragende Lautsprecherkabel an.
Dass die Sonus faber dynamisch nichts anbrennen lassen sollten, lässt sich anhand des bisher Gesagten bereits erahnen, will ich gleichwohl mit dem vom Briten Kevin Martin ins Leben gerufenen Dubstep-Projekt The Bug noch einmal gesondert überprüfen. Auf dem 2008er-Album London Zoo finden sich schwergewichtige, vielschichtige, dennoch rhythmisch stets packende Soundgewitter, die auch heuer noch progressiv anmuten. Die peitschenden Bassschläge oder der hysterische, aber vom Timing hochpräzise Sprechgesang der Gastmusikerin Warrior Queen – ja, der Künstlername passt – im Song „Insane“, der am Ende noch augenzwinkernd „Mad World“ von Tears for Fears zitiert, werden rhythmisch so zackig und fettfrei geliefert, dass ich an die Sonus faber Olympica 2 in Sachen Timing & Speed im Grunde nur Höchstnoten vergeben kann.
Etwas anders sieht es beim Titel „Skeng“ vom gleichen Album aus, wo so abgrundtiefe, massive Basseruptionen abgeliefert werden, dass ich bei meinen ehemaligen Spendor SP100R² regelmäßig Angst um deren 12-Zöller bekam, wenn ich den Lautstärkehahn stärker aufdrehte. In Sachen Speed ist mit den Sonus faber bei diesem Stück natürlich ebenfalls wieder alles bene, aber zum Kriterium Grobdynamik zählt für mich nicht nur, wie schnell und exakt ein Lautsprecher Basssignale in den Hörraum zu schaufeln vermag, sondern auch „wie viel Bass“ sich jeweils auf der Schaufelfläche befindet. Nun, die Sonus faber Olympica 2 reichen weniger tief hinunter und entwickeln weniger massiven Druck in den untersten Lagen als das bei Standlautsprecher in dieser Preisklasse üblich ist. Was wiederum den Vorteil bietet, dass es zu keinem Dröhnen oder Resonieren des Mobiliars in meinem Hörraum kommt, wie das sonst bei „Skeng“ und höheren Pegeln regelmäßig der Fall ist. In puncto raumakustischer Verträglichkeit in durchschnittlich großen Wohnzimmern kann die Abstimmung der Olympica 2 also auch durchaus echte Vorzüge bieten. Zumal es untenrum auch keinesfalls anämisch zugeht, unsere Probanden liegen in Sachen Bassautorität eindeutig über Kompaktboxen-Niveau.
Last but not least: „Akkuratesse“ ist abermals das richtige Stichwort, wenn es um das Bühnentalent unserer Kandidaten geht. Plastizität und insbesondere Ortungsschärfe sowie die Dimensionierung der Größenrelationen innerhalb der Abbildung befinden sich auf einem Niveau, wie man das in dieser Preisklasse erwartet, eher noch einen Tick drüber. Es bedarf übrigens einer längeren Einspielzeit, bevor sich die Musik schön nach vorne Richtung Hörer von den Lautsprechern löst, wenngleich ich meine, dass die – auch „über alles“ noch etwas kohärenter spielenden – Sehring 902 den Hörer noch einen Hauch stärker ins Geschehen einbinden. Interessant ist, dass die vertikale Ausdehnung des Bühnenbilds trotz obig platzierten Hochtöners nicht wesentlich über die Boxenoberkanten hinausragt – ich kenne das zum Beispiel auch von den Spendor SP 100R², bei denen die Tweeter allerdings unterhalb des Mitteltöners angeordnet sind.
Test: Sonus faber Olympica 2 | Standlautsprecher