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An Lautsprechern herrscht wahrlich kein Mangel, und trotzdem versuchen immer wieder neue Hersteller, sich am Markt zu etablieren. Sogar Kenner der Szene wundern sich manchmal, was da alles – häufig zur Münchner High End – an Marken Premiere feiert. Viele der Newcomer setzen das Preisschild freilich ausnehmend sportiv nach oben – für mehr als ein Dutzend Boxenpaare im Jahr reichen die Produktionskapazitäten wohl nicht aus, aber ein Milliönchen will man schon verdienen. Ach – war das jetzt zu böse? Nun, das kaufmännische Kalkül einiger Highend-Newbies wirkt halt etwas befremdlich auf mich.
Die Marke Saxx (Web: https://saxx-audio.de) ist ebenfalls ziemlich neu – und ganz anders drauf. Ihre Preisschilder hängen ziemlich tief, die Lautsprecher werden dort angeboten, wo der Wettbewerbsdruck am höchsten sein dürfte, nämlich im bezahlbaren Bereich. Beispiel: Ihr ganz neues „Statement im High-End-Bereich“ (Zitat Saxx), das hier zum Test ansteht, also das Teuerste vom Teuren im Produktprogramm, liegt bei 2.398 Euro. Das Paar, versteht sich.
Um das Portfolio insgesamt preislich attraktiv zu halten, werden Entwicklung, Vertrieb und Marketing in Deutschland besorgt, die Produktion dagegen in Fernost. Damit die Qualität nicht darunter leide, habe man eigene Leute vor Ort, die die Fertigungsqualität genau überwachen, so Benjamin Wilke, Geschäftsführer der SaxxTec GmbH. Übrigens: Alle Saxx-Produkte gibt es ausschließlich im Direktvertrieb, also so, wie man das auch von Platzhirschen wie Nubert und Teufel kennt. Der Versand der Ware erfolgt kostenlos, vier Wochen lang darf man die Boxen daheim zur Probe hören.
Unser Proband nennt sich Saxx clubSound CLX 9 und ist der einzige Standlautsprecher jener clubSound genannten neuen Top-Linie, die darüber hinaus noch zwei Kompaktmonitore sowie einen Center umfasst. Wer sich noch an unseren Test der coolSound CX 90 von vor gut anderthalb Jahren erinnert und diesen Lautsprecher mit dem aktuellen Testkandidaten vergleicht, wird nach einem kurzen Blick vielleicht mutmaßen, dass der Preis sich zwar verdoppelt, aber sonst wenig getan habe. Doch der erste Eindruck täuscht. Tatsächlich ist die Saxx clubSound CLX 9 ein ganz anderer Lautsprecher, auch wenn der Look sich kaum geändert hat.
Zwar wurde das Grundkonzept beibehalten: Beide Boxen sind klassische Dreiwege-Konstruktionen mit Doppelbassbestückung und rückseitigem Bassreflexport. Beide setzen im Hochton einen Air Motion Transformer (AMT) ein und die Maße der Lautsprechersäulen sind zumindest sehr ähnlich, mit 112 cm reckt sich unser Testkandidat nur einen Zentimeter weiter nach oben als die CX 90, auch in Breite und Tiefe tut sich nicht viel. Aber die Umsetzung des Konzeptes ist anders: andere Chassisbestückung, andere Weiche, andere Innenverkabelung. Terminal? Anders! Gehäusekonstruktion? Dito.
Um beim Letztgenannten zu bleiben – zunächst einmal hat man für die Saxx clubSound CLX 9 auf kräftigere Gehäusewandungen gesetzt, denn sie wird aus 22 mm starken MDF-Platten gebaut. Auch sind einige zusätzliche Verstrebungen hinzugekommen: eine unter dem Mitteltöner und drei weitere im Tieftonabteil. Zudem wurde die Kammer hinter dem Mitteltonchassis deutlich kleiner dimensioniert, so sollen Resonanzen besser bedämpft werden – und den Tieftönern steht hierdurch, logisch, mehr Gehäusevolumen zur Verfügung. Apropos Resonanzen: Um die im Zaum zu halten, wurden die Wände des Bassdepartments zusätzlich mit schwerem Verbundschaum ausgekleidet – im Zusammenspiel mit klassischer Dämmwatte sollen so Gehäusevibrationen noch weiter minimiert werden.
Die Bestückung ist ebenfalls eine andere, aufwendigere. Der in der clubSound-Serie zum Einsatz kommende AMT-Hochtöner nennt sich etwas reißerisch „Xpand“ und unterscheidet sich von dem der coolSound-Baureihe durch geringere Toleranzen und ein stärkeres Magnetfeld – Lohn der Mühen sei ein nochmals geringerer Klirr. Verzerrungsärmer arbeiten dem Vernehmen nach auch die drei 6,5-Zoll-Konusse für den Mittel- und Tieftonbereich. Statt einer Membran aus beschichtetem Papier wird Fiberglas eingesetzt, ein leichteres und gleichzeitig stabileres Material, was nicht zuletzt zu einer verbesserten Impulswiedergabe führe, so Wilke. Auch der Antrieb falle hochwertiger aus, die Überhangschwingspulen arbeiten in einem homogeneren, symmetrischeren Magnetfeld – und statt Körben aus Blech werden solche aus Aluminiumdruckguss verwendet.
Geblieben ist dagegen die Montageart, die hier aber trotzdem eine Erwähnung wert ist, da man sie in dieser Preisklasse selten sieht: Die Treiber werden nämlich von hinten auf die Schallwand gesetzt, sodass vorne keine Schrauben, Zierringe oder Ähnliches zu finden sind. Diese perfekt gearbeiteten, verrundeten Chassisaussparungen auf der cleanen, hochglänzenden Front – das macht wirklich was her. Für den bombenfesten Sitz der Treiber sorgen, unsichtbar, jeweils 14 Schrauben.
Klangeindruck Saxx clubSound CLX 9
Da die Saxx clubSound CLX 9 flammneu bei mir ankam, wurde sie erst einmal gut 100 Stunden eingespielt – danach ging’s in die „ernsten“ Hörrunden. Verstärkerseitig wurden die vor allem mit den Hochleistungs-Monos von Musical Fidelity sowie einem mittelkräftigen Röhrenvollverstärker von Unison bestritten. Ergebnis: Beides funktioniert sehr gut. Weder klingt die Saxx am „strengen Transistor“ knöchern oder überreguliert, noch an der Röhre undefiniert und allzu weich. Nur von sehr schwachen (Röhren-)Verstärkern würde ich eher abraten. Als ich den Unison probehalber in den Triodenmodus (circa 2 x 20 Watt/8 Ohm) switchte, beeindruckte die Saxx clubSound CLX 9 zwar mit einer noch „sexyeren“ Stimmwiedergabe als eh schon, ließ es aber an Durchzeichnung im tonalen Untergeschoss vermissen, was sich natürlich auch im Rhythmus- und Timingverhalten bemerkbar machte. Etwas mehr Power und Kontrolle darf es also schon sein.
Besonderer Allrounder
Als HiFi-Tester versucht man immer, das Besondere, Spezifische einer Komponente zu fassen zu kriegen und möglichst klar rüberzubringen – und dann kommen klangliche Allrounder daher und machen einem das Leben schwer. Was für den potenziellen Käufer eine Tugend ist, ist für den Redakteur eine Herausforderung. Schreiben Sie mal einen profilierten Text zum Profil „kann alles ziemlich gut“. Ja, darauf will ich hinaus: Die Saxx clubSound CLX 9 darf zu den klanglichen Generalisten gerechnet werden.
Nachdem ich ihr länger zugehört habe, fällt mir aber doch eine Besonderheit auf, auch wenn das eher etwas Subtiles ist: Selten habe ich einen Lautsprecher dieser Preisklasse erlebt, der gleichzeitig entspannt-lässig und doch so musikalisch involvierend auftritt. Das entscheidende Wort ist hier: „gleichzeitig“. Die Saxx macht also weder mit Hau-Drauf-Dynamik auf sich aufmerksam – und strengt dabei zuweilen an –, noch lässt sie ein allzu warmes Wellnessvollbad einlaufen, in dem man dann sanft einschläft. Vielmehr hört man ihr zu, ist tiefenentspannt – und will immer mehr Musik hören. Ein gutes Zeichen. Doch wie kriegt die CLX 9 das hin?
Ein Baustein dafür ist sicherlich die Basswiedergabe. Die ist auf der leicht volleren Seite von neutral daheim, und zwar insgesamt und nicht nur im Oberbass, sorgt somit für eine solide tonale Basis, auf der das Klangbild aufbauen kann. Souverän fundiert wirkt es, und wenn’s gefordert wird, kann es richtig groß und mächtig werden. Wie eine vordergründige Betonung kommt das aber nie rüber, dafür ist die Saxx viel zu feinsinnig unterwegs. Die Tieftonqualität ist ebenfalls balanciert: Ich habe heftige Bassdrumkicks schon mal noch härter, explosiver gehört – und gestrichenen Kontrabass verbummelter, ungenauer, weniger differenziert. „Halbtrocken“, beschreibt die Bassqualität ganz gut. Fun ist Pflicht, Durchzeichnung die Kür – in ebenjener Reihenfolge.
Das Gute an diesem spaßorientierten Tiefton ist, dass er die Mitten nicht zusuppt. Die sind allenfalls leicht angewärmt, also gerade so, wie die meisten es mögen. Frauenstimmen haben nicht nur Kopf, sondern Körper, eine Violine besteht nicht allein aus Saiten, sondern auch aus Holz. Die mittleren Lagen – also das Zentrum der Musik – hinterlassen einen physisch glaubhaften Eindruck, ohne dabei brühwarm oder schmalzig serviert zu werden. Das Löbliche hier: wieder mal die Balance. Und die Kombination von subtil-sonorer Tonsubstanz und preisbezogen gutem Auflösungsvermögen.
Welches übrigens immer besser wird, je höher man die Frequenzleiter hinaufklettert. Der AMT setzt zwar erst bei 3.000 Hz ein, wirkt aber durchs sehr minutiös aufgefächerte Obertonspektrum und die ausnehmend zackige Impulswiedergabe auf die Mitten zurück – nicht zuletzt klangfarblich. So wird das Timbre von Instrumenten für eine Box dieser Liga sehr gut herausdifferenziert. Großartig etwa der Auftakt bei „Where the wild roses grow“ von Nick Cave and the bad seeds (auf Lovely Creatures, sehr schön gemachtes, 3 LPs umfassendes Best-of-Album, auf Amazon anhören): Die Streicher schweben vollflächig in den Raum hinein, mit schöner Holznote und detailreich, physisch-plastisch und mit reichlich Textur versehen – kurz und gut: erstaunlich echt.
Und noch eine Stärke, wo wir schon bei diesem alten Kitsch-Hit sind: die Stimmwiedergabe. Sie profitiert natürlich auch von der gelungenen Mischung aus Körperhaftigkeit und Auflösungsvermögen, egal ob Nick singt oder Kylie haucht – Gesang gerät deutlich realistischer und ergreifender als ich das, ehrlich gesagt, von einer Box dieser Klasse erwartet hätte. Klar, da bleibt immer noch Luft nach oben – eine Dynaudio Contour 20 etwa, die Anfang des Jahres bei mir zu Gast war, spielte noch aufgelöster, transparenter und plastischer auf. Aber so sollte das angesichts des fast doppelten Investments ja auch wohl sein. Für ihren Preisbereich bietet die Saxx clubSound CLX 9 eine sehr gute Stimm-Performance.
Übrigens, das wurde ja noch gar nicht erwähnt: Gehört habe ich überwiegend mit um 2 dB reduziertem Hochtonpegel. Zwar spielt die Saxx clubSound CLX 9 in Neutralstellung obenrum eben – neutral. Aber mit leicht gedimmtem Pegel im Obergeschoss wirkt sie, zumindest auf mich, etwas homogener: Das Auflösungsvermögen im Tief- und Mitteltonbereich ist für die Preisklasse gut – im Hochton aber ist es hervorragend. Wer diesen frappierenden Detaillierungsgrad des AMTs in vollen Zügen genießen möchte, belässt den Justageschalter am Bi-Wire-Terminal auf neutral oder legt sogar noch 3 dB drauf. Und wer wie ich stärkeren Wert auf ein nicht nur tonal, sondern auch auflösungstechnisch kohärentes Gesamtbild legt, bremst den AMT halt etwas ein. Schön, dass man die Wahl hat.
Die sanfte Anmache
Oben schrieb ich vom involvierenden Charakter der Saxx – nun wurde schon einiges zur Tonalität und dem Auflösungsvermögen gesagt, weniger aber dazu, woher dieser „leicht anmachende“ Charakter rührt. „Bestimmt von der tollen Dynamik“, vermuten Sie? Jein.
Also: Verkehrt ist die ja nicht. Sei’s grob, sei’s fein – das passt schon. Nur fällt die Saxx dynamisch eben auch nicht besonders auf, sie liegt auf dem Niveau, das man angesichts der Größe und Preisklasse des Lautsprechers erwarten darf. Und man darf einiges erwarten. Eine Jawil Ragnarök 2 (ca. 3.000 Euro) hat aber beispielsweise in Sachen Dynamik mehr drauf, fällt in diesem Bereich deutlich mehr auf (und kann dafür die Auflösung der Saxx im Obertonbereich nicht bieten). Also: Saxx clubSound CLX 9 & Dynamik: Haken dran. Aber kein Ausrufezeichen.
Nein, der „Trick“, mit dem mich die Saxx in die Musik hineinzieht, ist ein anderer. Ich mache hier vor allem ihre Art der Raumdarstellung verantwortlich. Vielleicht in einem Satz, was man nicht erwarten sollte: dass sich ab der Boxengrundlinie ein tiefer Kasten nach hinten öffnet, in dem alles peinlich genau fixiert wird und aus dem heraus sich nichts nach vorne traut. Orchesterkartografen, die mit Klemmbrett und gespitztem Bleistift in der Hand vor ihrer Anlage sitzen, werden hier nicht vollumfänglich bedient.
Ja, die Saxx macht’s anders. Zunächst einmal beim durchaus üppig bemessenen Bühnenraum selbst: Dieser öffnet sich im Halbrund hinter den Boxen – aber eben genauso auch nach vorne, man hat es also eher mit einer „liegenden Ellipse“ zu tun, deren schmalere Rundungen bei den Lautsprechern zu verorten sind, als mit einem „Guckkasten ab Grundlinie“. Folge 1: Die musikalischen Akteure kommen auf einen zu, stehen nicht reserviert im Abseits, sondern recht nah vor mir. Und wie der Kollege Benjamin Baum so schön an anderer Stelle über die Croft-Verstärker schrieb, lautet auch hier die Devise: „Spaß nach vorne!“ Wenn im Mix etwas zentral herausstechen soll, tut’s das auch. Sehr ansprechend nach meinem Empfinden. Folge 2: Klar gib es eine Vorne/Hinten-Differenzierung der Klangquellen, und die ist auch gut – und in der Bühnenmitte ausgeprägter als an den Rändern (Stichwort: Ellipse). Wer die Tiefendimension mit dem Millimeterpapier nachzeichnen möchte, ist hier aber falsch. Die Musiker werden eher zwanglos hintereinandergestaffelt denn richtiggehend herausgelasert. Man kann das „nicht 100%ig akkurat“ nennen – oder „natürlicher, da weniger HiFi-mäßig“.
Ähnlich verhält es sich mit den einzelnen Stimmen und Instrumenten, die diesen Bühnenraum bevölkern. Die Lokalisationsschärfe ist gut, aber auch nicht gleich Ultra-HD. Klänge werden im Zweifel eher größer als kleiner dimensioniert und dabei rund-organisch eingefasst statt scharfkantig voneinander abgegrenzt. Ja – es könnte ruhig noch etwas mehr Luft zwischen den einzelnen musikalischen Akteuren sein. Da aber nicht nur die Einzelklänge großzügig bemessen sind, sondern auch der Bühnenraum insgesamt Platz bietet, stoßen die Musiker nun auch nicht aneinander.
Groß, rund, organisch, im Vorwärtsgang – zusammenfassend lässt sich zur virtuellen Bühne sagen: Das hier ist eher die Hedonistennummer als was für Buchhalter. Und gerade deshalb wirkt das Klangbild der großen Saxx so entspannend wie involvierend.
Test: Saxx clubSound CLX 9 | Standlautsprecher