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Am RHA CL1 Ceramic fällt recht schnell seine ins analytisch-helle tendierende Abstimmung in den oberen Lagen auf, die sich auch nach einer langen Einspielzeit nicht signifikant verändert. Hierfür könnten die auf 40 kHz hochgezogene Wiedergabebandbreite sowie die keramische Beschaffenheit des Treibers verantwortlich sein. Die recht silbrige Spielweise des In-Ears ist bereits seitens des Herstellers bzw. des deklarierten Frequenzverlaufs (leichte Erhöhung des Bereichs an der Übernahmefrequenz um 8 kHz) dokumentiert und an sich kein Makel, wenn man Wert auf eine hochauflösende und detailfreudige Spielweise legt.
Gerade bei Stücken, die man in- und auswendig zu kennen glaubt, fallen plötzlich allerfeinste Details auf, die sonst schlicht überhört wurden. So beispielsweise das Luftholen von James Blake in Sekunde 20 beim Stück „Radio Silence“ (auf Amazon anhören) aus dem in 24 Bit/48 kHz vorliegenden Album The Colour In Anything (per NePlayer App über ein iPhone 6S Plus dem Dacamp L1 zugeführt). Klar und deutlich wahrnehmbar serviert der CL1 diese Kleinigkeit wie auf dem Silbertablett. Bei sehr komplex arrangierten Stücken führt der schottische In-Ear geradezu mühelos jede noch so feine Verästelung vor – alles breitet sich mit sehr plastischer, greifbarer Darstellungsweise vor einem aus. Während sich James Blake auf einer Hintergrundspur in sakraler Manier die Tonleiter hoch und runter windet, zeigt der CL1 den hier vorhandenen Nachhall mühelos auf. Eindrucksvoll demonstriert der schottische In-Ear, dass sich Ebenen eines Stückes, die sonst eher gerne überdeckt werden, plötzlich gut heraushören lassen.
Was die Räumlichkeit anbelangt, zeigt sich der RHA CL1 Ceramic weder zugeschnürt noch fügt er übertriebene Tiefe oder Weite bei. Im Unterschied zum Astell & Kern AK T8iE, der – ebenfalls ohne jeglichen Anflug von Künstlichkeit – eine breiter aufgestellte und in der Ausdehnung weiter gestaffelte Tiefe vermittelt, fühlt sich der RHA eher der präzisen Positionierung und Ortung verpflichtet. So als würde er den Hörer in die Position des Dirigenten bitten wollen, um jedes noch so kleine Detail nicht unentdeckt zu lassen. Der Wechsel auf das mitgelieferte Mini-XLR-Kabel offenbart einen Hauch mehr Feinheit und Struktur im Obertonspektrum, ohne Zunahme weiterer Schärfe oder Härte. Auch scheint mir die Abbildungstiefe im Vergleich zum Klinkenkabel marginal deutlicher und weitläufiger zu sein.
Die Attacke und die Zackigkeit, mit welcher der Schotte im Hochtonbereich förmlich zum Sturm bläst, könnte aber wiederum dem einen oder anderen Musikfreund etwas zu viel des Guten sein. Hart angeschlagene perkussive Elemente wie jene zu Beginn des Stücks besitzen zwar sehr viel Definition und Umrissschärfe, weisen jedoch gleichzeitig eine leichte Härte und Glasigkeit auf – eine warmweiche, sanfte Darstellungsweise ist die Sache des RHA CL1 jedenfalls nicht.
Das passt zu den Sibilanten des Gesangs, die markant in Erscheinung treten, ohne dabei aber zu sehr zu überziehen oder Gefahr zu laufen, kantig zu wirken. Eine Frage der persönlichen Präferenz auch hier: Wer Wert auf Transparenz und Auflösung legt, wird auf seine Kosten kommen, wer es weniger schonungslos und wärmer mag, für den empfiehlt sich beispielsweise der im direkten Vergleich sanfter und fülliger aufspielende RHA T20i.
Interessant ist übrigens der Vergleich mit meiner persönlichen In-Ear Referenz Astell & Kern AK T8iE (Preis: 1.000 Euro), die hohe Auflösung mit einem enormen Maß an Leichtigkeit und Luftigkeit vereint. Im Vergleich zum Astell & Kern stellt unser Proband die Obertöne heller und gnadenlos akkurat dar, wirkt dynamisch noch direkter und lässt unterm Strich die Musik noch unmissverständlicher und konkreter ertönen.
Was die Klangfarben des RHA CL1 Ceramic anbelangt, so gefällt mir besonders bei Jazz- und Klassiktiteln seine unaufgeregt nüchterne Darstellungsweise. Gerade bei über den Dacamp L1 zugespielten Stücken wie dem in DSD 64 vorliegenden „Stompin At The Savoy“ von Joe Pass aus seinem Album Intercontinental (auf Amazon anhören) scheint er sich in seinem natürlichen Habitat zu bewegen. Abermals schwelgt er nicht in dominant gezeichneter Farbenpracht, sondern bleibt eher sachlich-natürlich und wiederum der transparenten Spielweise zugeneigt. Was ich hier durchaus als angenehm wahrnehme, scheint es dem konzentrierten Musikhören doch dienlich zu sein – besonders wenn mit leisen Pegeln gehört wird, da dem Klangbild eine angenehme Lebendigkeit erhalten bleibt. So oder so: Der RHA CL1 ist wohl bei jedweder Musik eher der analytischen Spielweise zugeneigt und in seiner Darstellungsweise recht schonungslos. Schlechte Aufnahmen klingen auch wirklich so, während gelungene Werke ihre klangliche Brillanz erst recht zu offenbaren vermögen.
Kommen wir zu den Bassqualitäten des CL1. Hier gefällt mir bei „Erase“ von Robot Koch aus dem Album Tsuki die tief hinabreichende, ansatzlos direkte und trockene Basswiedergabe. Auch wenn der zum Vergleich herangezogene RHA T20i hier etwas dunkler und aufs erste Hören fülliger rüberkommt, bemerkt man spätestens nach dem abermaligen Umschwenken auf den RHA CL1, dass da in Sachen Durchhörbarkeit und Konturierung noch etwas mehr geht. Der straffe Tiefton und die damit einhergehende Präzision und Kontrolle der unteren Oktaven harmonieren mit der tendenziellen Detailverliebtheit unseres Probanden und fügen sich zu einem konsistenten Klangbild.
Sowohl der RHA CL1 als auch der Astell & Kern AK T8iE agieren in den unteren Oktaven mit hoher Agilität, die frei von „Dicklichkeit“ zu einer fließenden und mitreißenden Darstellung des Tieftonbereichs führt. Tief hinabreichend und präzise gehen beide gleichermaßen zu Werke, sodass sich für mich in puncto Bass keine Präferenz für den einen oder anderen Kandidaten ergibt.
Schwenken wir zum zweiten Teil des Duos, dem RHA Dacamp L1, der mit RHA CL-1, RHA T20i, Astell & Kern AK T8iE sowie Chord Mojo und Audio-Technica AT-PHA 100 verschiedenen Spielpartnern und „Gegenspielern“ in die Augen blicken muss.
Am neutralen Beyerdynamic DT 880 angeschlossen, heftet sich der RHA Dacamp L1 beim Stück „New York, New York“ von Cat Powers Album Jukebox (auf Amazon anhören) dem famos aufspielenden Chord Mojo unmittelbar an die Fersen. Die Darstellung des treibenden Schlagzeugspiels gelingt ihm mit reichlich Druck und konturiert präzisen Tiefgang. Dabei verkneift er sich die eher sattere, wärmere Fülle des Chord Mojo sowie das elegant Vornehme des Audio-Technica AT-PHA 100, der insgesamt ein wenig schlanker auftritt. Er trifft vielmehr die goldene Mitte und vermittelt eine genau richtige Intensität, die mit Druck und Schwärze bis in tiefste Lagen für sich einzunehmen versteht.
Dazu passt im Grunde, was bei der sehnsuchtserfüllten stimmlichen Intonation von Chan Marshall aka Cat Power zu vernehmen ist. Denn wird das Augenmerk auf das sensible Mittenband gerichtet, zeigt sich der Dacamp L1 abermals weder übersättigt oder sonst wie artifiziell, sondern stellt die Stimmkolorierung mit viel Natürlichkeit und Authentizität dar. Zudem drängt sich die stimmliche Präsenz nicht in den Vordergrund, vielmehr bettet sie sich ebenso homogen wie klar gefasst in die Instrumentierung ein.
Lob auch in Sachen Hochton, der mit fein granulierter Auflösung und ohne sich dabei über Gebühr in den Vordergrund zu stellen die Hi-Hats mit deutlicher Struktur und Umriss aufblitzen lässt. Hier bleibt der RHA Dacamp L1 eher einer kohärent feinfühligen Spielweise zugeneigt, er schiebt nicht ungestüm an, sondern liefert ein ausgeglichen transparentes, unaufgeregt harmonisch wirkendes Obertonspektrum. Gleichwohl stellt der Chord Mojo – mein persönlicher Maßstab nicht zuletzt sowohl bei Tonalität als auch Transparenz/Auflösung – im direkten Vergleich dann doch noch das eine oder andere subtilere Detail trennschärfer heraus. Und tönt vielleicht aufgrund seiner höheren Leistung auch etwas luftiger und leichtfüßiger – jedoch, wohlgemerkt, in Nuancen. Insgesamt jedoch spielt die feinziselierte, unaufdringliche Hochtonabstimmung – die bei alledem keineswegs warm-weich oder britisch zurückhaltend daherkommt – der eher hellen Abstimmung des RHA CL1 definitiv besser in die Karten.
Während das Gespann aus RHA CL1 und Chord Mojo bei weniger guten Aufnahmen deren Unzulänglichkeiten teilweise wie mit der Lupe vergrößert und sie quasi ungeschminkt an die Ohren lässt, leidet der Zuhörer mit dem RHA-Duo deutlich weniger. Zumal über die Klangregelung auch ein gezielter Eingriff in die Höhendosierung erfolgen kann. Wovon ich bei manchen Stücken durchaus Gebrauch machte, um das helle Spiel des CL1 in für mich genehmere Bahnen zu lenken.
Die Verarbeitung von leiseren Musikelementen bis zu hin zu abrupt einsetzenden Crescendo-Passagen – wie beispielsweise beim Klassiker Carmina Burana von Carl Orff – gelingt dem Dacamp L1 mühelos, hier schenken sich der Chord Mojo und der Dacamp L1 nichts. Übrigens: Die Fähigkeit des RHA-Amps, dynamische Impulse quasi wie selbstverständlich aus dem Ärmel zu schütteln, zeigt nicht zuletzt in aller Deutlichkeit auf, warum ein externer Amp so vorteilhaft sein kann.
Last but not least: Was die Bühnendarstellung angeht, so gewährt der Dacamp L1 im Vergleich zum Audio-Technica einen präziseren Einblick in die Tiefe und Weite des Geschehens. Dem Chord Mojo gleichziehend, spannt der Dacamp L1 ein aufschlussreicheres Panorama auf und dröselt dank seiner hohen Lokalisationsfähigkeit die Reihen der Gesangsstimmen im Chor feiner und deutlicher auf.
Test: RHA CL1 Ceramic & RHA Dacamp L1 | Kopfhörer, Kopfhörer-Verstärker